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Erkenntnisse aus den Interviews

Im Dokument Fachspezifische Lehr Lernkulturanalysen (Seite 143-158)

6. Lehr-/Lernkulturanalyse in Präsenzstudiengängen mit Online-Anteilen

6.2 Lehren und Lernen im Fall „Betriebswirtschaft“

6.2.2 Erkenntnisse aus den Interviews

Nach der Darstellung der Ergebnisse aus den Chats werden im Folgenden die Erkenntnisse aus den leitfadengestützten Interviews mit den die Chats leitenden Dozierenden zusammengetragen.

6.2.2.1 Der (virtuelle) Raum Betreten und Verlassen

Auch in den Interviews wird betont, wie schwierig es war, die jeweiligen Chats zu betreten, was wohl teilweise daran lag, dass sich der Link zum Einloggen nicht finden ließ. Auch wurde im Interview mit der Dozierenden der Einführungsveranstaltung deutlich, dass es zwischenzeitlich zu Internet- oder Verbindungsproblemen im Chat kam und sich dann erneut eingeloggt werden musste. Für die Dozierende stellte sich hier die Frage, ob es an den Teilnehmenden oder an der Infrastruktur der Hochschule lag, dass die Chats abbrachen (vgl.

Dozierende 4, Z. 169-172). Weitere Hinweise, ob das Ein- und Ausloggen als anderweitige Störung empfunden wurde, ließen sich nicht finden. Dass einige Teilnehmende sich nicht an den Diskussionen beteiligten, sondern „nur“ mitlasen, kommentiert die Dozierende der Einführungsveranstaltung unbeirrt mit: „Man sah dann, dass sie irgendwann wieder rausgegangen sind.“ (Dozierende 4, Z. 144). Hier zeigen sich also keine bedeutenden Unterschiede zur Präsenzlehre, in der die Teilnehmenden ebenfalls unterschiedlich aktiv an den Veranstaltungen partizipieren.

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Chatdarstellung (Anzahl Teilnehmende und Kommunikation)

In den Interviews wird der virtuelle Raum dann thematisiert, wenn es um die Begrenzung der Teilnehmendenzahl geht. Die Problematik der Darstellung im Chat wird von der Dozierenden der Einführungsveranstaltung dann verdeutlicht, wenn es um die Anordnung der Chatbeiträge geht und nicht sichtbar ist, ob eine Person im Moment schreibt. Auch wurde dabei herausgestellt, dass mit einer größeren Anzahl an Personen der Ablauf recht unstrukturiert war. Die Dozierende gibt an, dass diesem Problem begegnet wurde, indem die Teilnehmenden aufgeteilt wurden:

„Also das war ziemlich unstrukturiert, so dass wir dann im zweiten Schritt überlegt haben, dass nur eine bestimmte Teilnehmerzahl mitmachen darf, damit das nicht ganz so durcheinander geht und haben dann, glaube ich, aufgegliedert die Buchstaben A bis K machen die erste Stunde und die anderen die zweite Stunde.“ (Dozierende 4, Z. 84-88)

Dazu wurde dann festgelegt, dass die Dozierende die Fragen weniger in chronologischer Reihenfolge beantwortet, sondern dass Fragen und Antworten zu einem Thema gebündelt werden.

Hier äußerte die Dozierende Kritik in der Hinsicht, dass eine farbliche Darstellung oder eine Unterteilung in Abschnitte für einen besseren Überblick nützlich gewesen wäre. Somit zeigt sich das Anliegen, den virtuellen Raum für die eigenen Bedürfnisse nutzbar und praktikabel zu machen. Von den Erfahrungen hinsichtlich einer möglichen Begrenzung der Teilnehmendenzahl aus der Einführungsveranstaltung profitierte anschließend der Dozierende der Mathematikveranstaltung. Dieser gibt dennoch zu bedenken, dass sich im Rahmen des ersten Chatversuchs bei den Teilnehmenden auch gewisse Vorbehalte gegenüber dem Format aufgebaut hatten:

„Und da hatten die Studenten untereinander schon gewisse Regeln für sich selbst aufgestellt, für den nächsten Chat bei mir dann, sodass dadurch auch wieder noch mal weitere Vorbehalte waren, dass vielleicht der eine oder andere sagte, das war da schon ein bisschen chaotisch, da gehe ich erst gar nicht wieder hin oder so. Man hatte sich da irgendwie auch selbst organisiert, so Regeln für sich selbst raus abgeleitet, was ich auch schon als positiv empfunden hatte, dass man sich da selbst irgendwie diszipliniert hat oder auch für sich organisatorische Regeln aufgestellt hat.“ (Dozierender 1, Z. 224-231)

Auf Grund der Beschreibung der Problematik hinsichtlich der Darstellung von Chatinhalten und der Notwendigkeit einer Aushandlung über die Strukturierung der Chats, könnte vermutet werden, dass wenige theoretische Vorkenntnisse über die Vor- und Nachteile von Gruppenchats bei den beiden Dozierenden bekannt waren. Da jedoch schnell eine Lösung gefunden wurde, wird dieses Thema auch in den Interviews nicht weiter vertieft.

Das Nicht-Verortet-Sein der Studierenden am Hochschulstandort, führt dazu, dass nach den Präsenzphasen „dann auch wieder jeder in seine Himmelsrichtung gefahren ist (Dozierende 4, Z. 238-239). Mittels der neuen Medien, wie der Online-Chat-Sprechstunde oder Videokonferenzen, könne diese Distanz gut überwunden werden (vgl. Dozierender 1,

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Z. 116). Der Dozierende der Mathematik gibt jedoch zu bedenken, dass die Studierenden möglicherweise Vorbehalte gegenüber dem Chat als Instrument haben könnten, da die mathematischen Möglichkeiten begrenzt seien. Dazu gibt er an, dass die Teilnehmenden eventuell auch die Anmeldung im Chat schon als eine Hürde sehen könnten:

„Also ich persönlich hatte den Eindruck, dass der eine oder andere Student Vorbehalte hatte, weil er eben genau diese Einschätzung schon im Vorhinein für sich getroffen hat, wie soll ich das selbst darstellen, eingeben, wie soll der Dozent das einstellen? Ich könnte mir vorstellen, dass der ein oder andere das vielleicht genutzt hätte, wenn er gewusst hätte, dass es abbildbar ist. Ich glaube, man hat sich das vielleicht selbst nicht zugetraut oder eben dem Programm nicht zugetraut oder den technischen Möglichkeiten nicht zugetraut, dass es überhaupt zu einem guten Chat kommen könnte.“ (Dozierender 1, Z. 161-168)

Hier lässt sich auch eine Einflussnahme auf den Inhalt erkennen, die im weiteren Verlauf noch mal deutlich wird.

Chatdarstellung (Inhalt)

Das eben dargestellte Zitat macht die Unterschiede zwischen Präsenz- und Online-Lehre und -Lernen besonders deutlich. Denn die Dozierende weist darauf hin, dass es für sie im Rahmen des Chats erschwerend war, die Anmerkungen nicht auf einer Tafel skizzieren zu können, wie bei einer Präsenzveranstaltung:

„Also wir haben das ganz oft genutzt, zu sagen, guck mal hier, und malen das als Übersicht und haben so Querverbindungen, und das fällt natürlich im Chat weg. Also man muss es dann so ein bisschen mühsamer umschreiben. Das macht es ein bisschen schwieriger. Ansonsten, ob man sich jetzt, vis-a-vis gegenüber sitzt, das wäre egal, also es kommt deswegen nicht zu Missverständnissen, sagen wir so. Aber dieses Skizzieren, das fehlt so ein bisschen.“

(Dozierende 4, Z. 70-74)

Dieser Problematik begegnete die Gruppe dann mit einer Erörterung in der Präsenzveranstaltung (vgl. Dozierende 4, Z. 277-278). So werden Ungelöstheiten aus dem virtuellen Raum in diesem Fall in die Präsenzzeit beziehungsweise in den realen Raum am Hochschulstandort verlagert. Zudem stellt die Dozierende der Einführungsveranstaltung auch weiteres Material über die eigene Homepage mit einem passwortgeschützten Zugang zur Verfügung. So konnten sich die Teilnehmenden der Veranstaltung Vorlesungen, Altklausuren oder Übungen herunterladen.

Insbesondere der Mathematik-Dozierende kritisiert die begrenzte Darstellbarkeit mathematischer Aspekte im Chat. Allerdings räumt er ein, „es auch nicht richtig ausprobiert“

(Dozierender 1, Z. 100) zu haben. Damit die Inhalte im Chat zielgruppengerecht präsentiert werden können, sollte also von Seiten der Dozierenden eine entsprechende Vorbereitung stattgefunden haben.

Ähnlich wie in der Einführungsveranstaltung wurden auch in der Mathematik zusätzliche Lernmaterialien ausgegeben. Der Dozierende gab vor der Veranstaltung Skripte per E-Mail raus, die die Präsentation in der Präsenzphase unterstützen, ergänzt durch Übungsaufgaben

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(inkl. Musterlösungen) und eine Formelsammlung (vgl. Dozierender 1, Z. 252-257). Diese Materialien können somit eine Verbindung zwischen der Präsenzlehre und dem Lernen außerhalb der Hochschule darstellen. Kurz vor der Klausur wurde dann in einer letzten Präsenzveranstaltung die Möglichkeit zur Klärung offen gebliebener Fragen gegeben:

„Also ich habe es sonst in anderen Gruppen generell gemacht, [>] dass wir die letzte Stunde inhaltlich nichts mehr zusätzlich machen, sondern das als Fragestunde nehmen und die ist ja ja dann immer zeitnah zur Klausur. Und dann biete ich an, wenn jetzt noch Fragen offen sind, dann dürft Ihr mich anmailen, so.“ (Dozierende 4, Z. 50-54)

Mit der Einführung des Chats verschob sich diese Fragerunde in den virtuellen Raum. Die Möglichkeit vor der Klausur auch noch mal zu mailen, wurde zwar weiterhin angeboten, aber nicht mehr genutzt. Stattdessen wurde nach der jeweils ersten Chatsprechstunde in beiden Modulen über die Eindrücke und Inhalte dieser virtuellen Veranstaltung in der Präsenzveranstaltung gesprochen.

6.2.2.2 Zeit als organisatorischer Rahmen Zeit als organisatorischer Rahmen

Im Interview mit der Dozierenden der Einführungsveranstaltung wurde auch eine Schilderung des zeitlichen Umfangs der Chats dargelegt, für die pro Gruppe (welche nach den Anfangsbuchstaben der Nachnamen eingeteilt wurden) eine Stunde geplant wurde (vgl.

Dozierende 4, Z. 87-88). Aus diesen Erfahrungen heraus wurde auch der Chat in dem Mathematikkurs durchgeführt (vgl. Dozierender 1, Z. 68-71 und Z. 79-80). So äußert die Dozierende der Einführungsveranstaltung, dass sie in der Zeit der Chat-Sprechstunde

„komplett ausgelastet“ (Dozierende 4, Z. 106) war. Allerdings lobt sie auch das Chat-Angebot:

„Und deswegen, also ich finde es eine gute Einrichtung und ich finde es ist auch kein Mehraufwand jetzt für die Dozenten, also dass man sagt, na ja, dann haben die noch mehr Stunden oder müssen da irgendwie noch mehr arbeiten.“ (Dozierende 4, Z. 363-365

In diesem Interview wird auch betont, dass vor der Einführung des Chats eine allgemeine Fragestunde zeitnah vor der Klausur stattfand und in dieser Präsenzzeit dann nicht mehr inhaltlich gearbeitet wurde. Die Dozierenden boten zusätzlich zum Chat an, dass die Studierenden ihre noch offenen Fragen auch per Mail senden könnten, was jedoch nicht genutzt wurde. Entsprechend reflektiert die Dozierende der Einführungsveranstaltung die Chat-Sprechstunde auch in zeitbezogener Hinsicht:

„Also die haben das wirklich komplett dafür genutzt, so dass das eben dann auch für mich zeitlich besser eingrenzbar war. Also, ja.“ (Dozierende 4, Z. 62-63)

Aus Sicht der Dozierenden ergibt sich durch das neue Angebot also ein Vorteil hinsichtlich der eigenen Zeitressourcen:

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„Ja und sonst, man sitzt ja schon da und denkt, diese, man weiß genau, die sitzen und lernen und dann, bevor man den PC herunterfährt, da guckt man abends um zehn doch noch mal rein und sagt, ach komm, ehe noch jemand unglücklich ist, gucke noch mal. Und so kann man dann wirklich sagen, von, es war ja immer so gegen Abend und von sieben bis neun oder so sitze ich und man kann, also zugegebener Weise nicht viel rechts und links tun.“ (Dozierende 4, Z. 373-377)

Neben der Zeitthematik ist hier auch ein bereits beschriebener sozial geprägter Moment im Lehr-/Lernsetting erkennbar, nämlich die Bereitschaft der Dozierenden, flexibel auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden einzugehen. Dennoch stellt der Dozierende der Mathematikveranstaltung heraus, dass die zeitsimultane Beantwortung der Fragen eine besondere Herausforderung war:

„[>] weil man natürlich keinerlei Zeit hat, sich auf die Frage, also sich auf die Antwort großartig vorzubereiten. Sondern die Antwort muss natürlich recht schnell erfolgen. Ändert aber dann eigentlich nichts zur eigentlichen Vorlesung, denn da muss man ja auch eigentlich sofort antworten können.“ (Dozierender 1, Z. 56-59)

Hinsichtlich der Zeitressourcen der Teilnehmenden sieht er jedoch große Vorteile:

„Ich denke, dass es mit dem Chat sicherlich eine gute Option ist, eben auch aufgrund dieser Berufsbegleitung. Man muss eben nicht noch mal extra nach [Stadt 1] kommen, auch ich muss nicht noch mal extra nach [Stadt 1] kommen, man kann einfach eben noch mal die Fragen auch von zu Hause aus klären, das hat ja auch seinen Charme.“ (Dozierender 1, Z. 433-437)

Damit wird deutlich, dass das Angebot der Online-Chat-Sprechstunde für die Klärung der offenen Fragen ausreichend war und dass dadurch keine persönlichen Einzelsprechstunden vor Ort stattfinden mussten.

Zeitbudget

Die Dozierende der Einführungsveranstaltung betont auch, wie komprimiert und damit zeitsparend für sie der Chat ist und dass dieser keinen Mehraufwand bedeutet:

„Aber ist es ja nicht, weil die Fragen kommen ja sowieso. Also ich, entweder sage ich, ich ist) charakteristische Erscheinung festgehalten werden. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die Sozialität. Die Dozierende sagt dazu:

„Also die Diskussionen hat man mitbekommen, dass sie sich da also außerhalb unserer Zeit wenig getroffen haben.“ (Dozierende 4, Z. 232-233).

Dazu trifft sie auch eine Abgrenzung zu den Studiengängen der grundständigen Lehre, wenn sie sagt:

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„Und das ist, glaube ich, etwas anderes bei den anderen oder den üblichen Studiengängen, die sowieso hier den Tag miteinander verbringen und Freistunden nutzen oder so.“ (Dozierende 4, Z. 241-242)

Der Dozierende der Mathematikveranstaltung hebt das Problem des Zeitbudgets für berufsbegleitende Studierende ebenfalls hervor:

„Sich dann freitags und samstags hier und da auch mal zur Uni zu schleppen, sicherlich, das braucht Disziplin, das braucht eine ordentliche Motivation, Selbstmotivation. Und das denke ich, ist schon mal ein ganz großer Unterschied. Die Belastung ist recht hoch, die Zeiten eben noch zu lernen umso geringer.“ (Dozierender 1, Z. 303-306)

An den Präsenztagen wurden Themenblöcke von 8.00 bis 17.00 Uhr angeboten, an denen ein Thema gebündelt von einer/einem Dozierenden abgehandelt wurde, sodass wenig inhaltliche oder personelle Abwechslung stattfand. Dazu gibt der Dozierende an, dass ihm bei solchen langen Blöcken auch Fehler unterlaufen könnten (vgl. Dozierender 1, Z. 365-367). Die langen Präsenztage wurden an zwei weiteren Stellen im Interview thematisiert (vgl.

Dozierender 1, Z. 458-462 und 469-470). Der Dozierende schlägt hier einen Dozierendenwechsel im Tagesverlauf vor, um Variabilität einzubringen. Im Gespräch merkt der Dozierende der Mathematik darüber hinaus an, dass ihm die zeitliche Spanne zwischen den einzelnen Blöcken als sehr groß erschien. Seine Wünsche hinsichtlich der Gestaltung habe er der Studiengangkoordination kommuniziert, sodass diese bei der weiteren Planung berücksichtigt werden konnten. Dabei wird eine flexible Gestaltung von Seiten der Hochschule, auch was Termine der Präsenzphasen anbelangt, gewünscht, die sich dem Lehr- und Lernsetting des berufsbegleitenden Studierens anpasst (vgl. Dozierender 1, Z. 448-458).

Für die Erhebung als problematisch stellte sich heraus, dass, wenn die Veranstaltung – wie im Fall des Mathematik-Kurses – zum ersten Mal durchgeführt wird, den Dozierenden der Vergleichswert zum Zeitaufwand zwischen E-Mail- und Chat-Sprechstunde noch fehlt.

6.2.2.3 Sozialität - Wissensvermittlung, Angstabbau und Moderation

Das Thema Sozialität findet sich auch in den Interviews mit den Dozierenden der beiden Module wieder. Dabei bilden sich als Themen erstens die Motivation der Dozierenden, zweitens das Verständnis für die Situation der Teilnehmenden und drittens die Möglichkeiten des Austauschens auf verschiedenen Ebenen heraus. Die plenarähnliche Situation des Chats wird auch auf sozialer Ebene als Vorteil „gegenüber der Beantwortung von Fragen durch Emails [I] [gesehen]: alle Beteiligten können von den Fragen und Antworten aller profitieren. Im Laufe des Dialoges können sich neue Fragen und Aspekte ergeben, die einzelne Teilnehmende ohne diesen Diskurs nicht entwickelt hätten.“ (Bremer 2005, S. 94)

145 Motivation Dozierende

Im Interview mit der Dozierenden der Einführungsveranstaltung geht diese darauf ein, dass sie den Studierenden eine Fragestunde vor der Klausur angeboten hat und dass dabei nicht mehr mit neuen Inhalten gearbeitet wurde. Sowohl die Dozierende der Einführungsveranstaltung als auch der Dozierende der Mathematikveranstaltung boten den Studierenden an, dass sie sich bei Bedarf per Mail melden können. Dazu gibt die Dozierende der Einführungsveranstaltung an, dass vor dem Chatangebot für gewöhnlich immer mehrere Mails vor der Klausur bei ihr eingingen. Mit der Gruppe habe sie vereinbart: „[I] wir gucken mal, ob wir das über diese Online-Sprechstunde soweit abdecken können.“ (Dozierende 4, Z. 58-59). Hier zeigt sich, dass auch die Dozierende erst einmal testen möchte, ob die Chat-Sprechstunde den Bedürfnissen entspricht. Der Dozierende der Mathematikveranstaltung spricht insgesamt von einer Neugier und der Lust, dieses Angebot ausprobieren zu wollen (vgl. Dozierender 1, Z. 61-62).

Dass Dozierende eher die Moderatorenrolle übernehmen wird deutlich, wenn es um die schon erwähnte Strukturierung der Teilnehmendenbeiträge während der Chat-Sprechstunden geht. Von dieser Strukturierung profitierte der Chat zur Mathematikveranstaltung, da die Schwierigkeiten schon bekannt waren (vgl. (Dozierender 1, Z. 68-71). Der Dozierende deutet an, dass er mitbekommen hat, wie die Studierenden über die Problematik der Strukturierung im Chat der Einführungsveranstaltung redeten (vgl.

Dozierender 1, Z. 218-221). Die Studierenden tauschen sich also auch außerhalb des Chats über diesen aus, was der Dozierende auch daran abliest, dass die Studierenden bereits zuvor Regeln zur Chatbenutzung für sich selbst aufgestellt haben (vgl. Dozierender 1, Z. 224-226). Somit konnte der Dozierende „auf den Erfahrungsschatz [I] der Studenten zurückgreifen“ (Dozierender 1, Z. 232-233).

Kommunikation für Verständnis der Lernsituation der Studierenden

Hinsichtlich der Auslastung gibt die Dozierende zu bedenken, dass sie während des Chats

„wirklich zwei Stunden gebunden [war] und [dabei ge]tippt [habe] wie wild“ (Dozierende 4, Z. 379). Dies lässt drauf schließen, dass ein reger Austausch stattgefunden hat. Auch für den Dozierenden des Mathematikkurses war die Art der Kommunikation zu Beginn herausfordernd, da er das Gefühl hatte, doch recht schnell antworten zu müssen:

„Ja also das Spannendste waren einfach diese spontanen Antworten und überhaupt, ob die Interaktion dann auch funktioniert, ob das technisch auch funktioniert.“ (Dozierende 1, Z. 62-64) Auf den Chat selbst angesprochen, betont der Dozierende aus dem Bereich Mathematik, dass ein Studium eben freiwillig sei und auch der Chat ein zusätzliches Angebot darstelle.

Dass dieses dennoch angenommen wurde, beruht auf dem Bedürfnis des Absicherns. Die Fragen würden „nur noch mal für die Gewissensberuhigung“ gestellt werden, um „einfach

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noch mal so die letzte Sicherheit sich zu holen und das soll ja auch recht sein“

(Dozierender 1, Z. 145-146). Die kleine Teilnehmerzahl im Chat der Mathematik-veranstaltung führt der Dozierende auch auf seine Präsenz-Lehre zurück:

„ [>] hat mir eine gewisse Bestätigung geben, dass wenig Fragen da waren, dass dann auch alle Fragen wahrscheinlich ausgeräumt sind.“ (Dozierender 1, Z. 148-149)

Und:

„Und eben einfach noch mal diese Sicherheit zu erlangen, für die Studenten oder die letzten Fragen noch zu klären, auch für den Dozenten kann das sehr angenehm sein. Wenn man ihm offen gegenübersteht, wenn man sich darauf einlässt. Wie gesagt vorbehaltlich natürlich, dass die technischen Rahmenbedingungen da eine gewisse Optimierung in irgendeiner Form finden.“ (Dozierender 1, Z. 437-442)

Auf den Austausch zwischen den Teilnehmenden geht er dabei nicht ein, hebt aber im Gespräch die Disziplin und Selbstmotivation hervor, mit der die Studierenden von berufsbegleitenden Studiengängen das Studium in Verbindung mit Berufs- und Privatleben verfolgen:

„Auf der anderen Seite, jemand, der das System, oder der das angeht und auch durchhält, der bringt auch in die Vorlesung einen gewissen Ehrgeiz mit. Das heißt, man hat so das Gefühl so die Haltung, wenn ich schon mal hier bin, wenn ich sowieso hier bin und dafür auch einen gewissen Zeitopfer und Betrag auch zahle und, und, und, dann ist der Ehrgeiz und die Motivation recht hoch.“ (Dozierender 1, Z. 307-311)

Hier wird deutlich, dass es sich hier um Lernende handelt, die in ihren Forderungen sehr direkt sein können. Dabei macht der Dozierende der Mathematikveranstaltung insgesamt auf die Heterogenität der Studierenden und die damit zusammenhängenden Herausforderungen für die Dozierenden aufmerksam:

„Also ich habe die Studentengruppe als sehr motiviert wahrgenommen, als äußert motiviert.

Sehr angenehme Gruppe, sehr motiviert, sehr angenehm, wissbegierig. Also sehr positiv im Prinzip. Natürlich auch schon recht erwachsen muss man dazu sagen, also die Allermeisten haben ja eine etwas größere Berufserfahrung, das Spektrum ist recht groß. Die Gruppe ist natürlich sehr heterogen, das war eine große Herausforderung auch für mich. [>] Das heißt, für jeden das mitzubringen, was derjenige eben braucht und das war eine der Hauptherausforderungen auch und auch spannend, von vornherein, weil man eben nicht wusste, wer sitzt da vor einem. Und für mich persönlich eben auch, weil der Altersunterschied eben teilweise kaum gegeben ist beziehungsweise ich ja jünger bin als der eine oder andere Studierende. Auch das war natürlich spannend für mich zu sehen und zu schauen, wie reagiert derjenige oder diejenige darauf und da reagiert ja auch jeder anders.“ (Dozierender 1, Z. 312-330)

In diesem Kontext spricht er einige Male vom Teamgedanken innerhalb der Studiengruppe:

„Und ich hatte den Eindruck, dass wir eigentlich ein ganz gutes Team waren“ (Dozierender 1, Z. 330-331). Er bezieht sich also in dieses Team mit ein:

„Aber es war für diesen organisatorischen Rahmen, der eben gegeben ist, mit dem man dann auch umgehen musste, haben wir es glaube ich ganz gut als Team hinbekommen dann auch.“

(Dozierender 1, Z. 343-345) sowie

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„Also es war, wie gesagt, ich sprech von Team, das war wirklich angenehm und das ist auch

„Also es war, wie gesagt, ich sprech von Team, das war wirklich angenehm und das ist auch

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