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3. Krankengut und Methoden

3.2. Erhebung der Patientendaten

Das ursprünglich zur Datenanalyse ausgewählte Kollektiv umfasste 194 Patienten, die im Zeitraum von 2000 bis 2009 in der Chirurgischen Klinik und Hochschulambulanz I, Abteilung für Allgemein-, Gefäß- und Thoraxchirurgie der Medizinischen Fakultät Charité - Universitätsmedizin Berlin am Campus Benjamin Franklin, mit der Diagnose

„Rektumkarzinom“ operiert wurden. Von diesen Patienten wurden dann in mehreren Schritten die Stamm-, perioperativen und Nachsorgedaten, sowie schlussendlich Daten zur aktuellen Lebensqualität erhoben.

3.2.1. Erhebung der Stamm- und perioperativen Daten

In der elektronischen Datenbank der Chirurgischen Klinik und Hochschulambulanz I der Medizinischen Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin am Campus Benjamin Franklin wurden alle Stamm- und relevanten Klinikdaten kontinuierlich gespeichert.

Somit konnten die Stammdaten sowie die Daten zum Therapieschema, zu möglichen Komplikationen und zum Operations- und postoperativen Verlauf diesem

Datenspeichersystem entnommen werden.

3.2.2. Erhebung der Daten zu Tumornachsorge und Langzeit-OP-Outcome

Da die Tumornachsorge des Rektumkarzinoms zumeist ambulant erfolgt, wurden im Folgenden die betreuenden Hausärzte der Patienten, die die Einschlusskriterien erfüllten, postalisch kontaktiert. Die Briefe an die zuständigen Ärzte enthielten, neben einem Anschreiben einen für diesen Zweck erstellten Fragebogen für jeden sich bei ihnen in Behandlung befindenden Patienten. In diesem mit Namen und Geburtsdatum personalisierten Fragebogen wurden Daten zur Tumornachsorge, zum Überleben, zur Therapie sowie zum aktuellen Befinden des Patienten abgefragt (vgl. Tab. 12).

Die Fragen zur Tumornachsorge enthielten das Follow-up (in Jahren), das Datum des letzten Kontakts und eine Angabe darüber, ob die Nachsorge regelmäßig

wahrgenommen wurde. Wenn dem Hausarzt bekannt war, dass der Patient inzwischen verstorben war, war dies, wenn möglich, mit Todesursache und -zeitpunkt zu ergänzen.

Bezüglich der Therapie war anzugeben, ob der Patient im Rahmen der Nachsorge eine

multimodale Therapie erhalten hatte, beziehungsweise die Gründe falls dies nicht der Fall war. Im letzten Teil wurde der betreuende Hausarzt, sofern er noch in Kontakt mit dem jeweiligen Patienten stand, über den aktuellen Zustand des Patienten befragt.

Dabei sollte er sich darüber äußern, ob der Patient an einem Rezidiv oder sonstigen schwerwiegenden Begleiterkrankungen und wenn ja, an welchen, litt und auf einer Ordinalskala von „sehr gut“ bis „stark eingeschränkt“ die kognitiven Fähigkeiten dieses Patienten bewerten sowie den Grund von möglichen Einschränkungen angeben.

Tumornachsorge Überleben

-Follow-up -letzter Kontakt

-wurde die Nachsorge regelmäßig wahrgenommen

-Patient bereits verstorben?

-wenn ja, wann?

-Todesursache?

Therapie Aktueller Zustand

-hat der Patient eine multimodale Therapie erhalten?

-wenn nein, warum nicht?

-kognitive Leitungsfähigkeit 1-5 -wenn Einschränkungen, warum?

-schwerwiegende Begleiterkrankungen Tabelle 12: inhaltliche Zusammenfassung des Fragebogens an die Hausärzte der Patienten

Ziel der versendeten Briefe an die betreuenden Hausärzte und des darin enthaltenen Fragebogens war es, vor einer direkten Kontaktaufnahme mit dem Patienten, dessen möglichen Ausschluss aus der Studie aufgrund von Rezidiven, Tod oder schweren Begleiterkrankungen, zu ermitteln und eine professionelle und objektive Meinung über eventuelle kognitive und physische Einschränkungen sowie die Einhaltung der

Therapierichtlinien im Voraus zu erhalten.

Da einige Briefe nicht zugestellt werden konnten oder nicht beantwortet wurden,

beziehungsweise bei einigen Patienten die behandelnden Ärzte nicht mehr zu ermitteln waren, wurde zusätzlich versucht, das Überleben dieser Patienten mit Hilfe des

Gemeinsamen Krebsregisters für Berlin und die neuen Bundesländer, das einer ständigen Aktualisierung der Sterbedaten durch die Melderegister unterliegt, zu ermitteln.

3.2.3. Erhebung der Lebensqualitätsdaten

Den Patienten, die bisher keine Ausschlusskriterien erfüllt hatten, wurden nun Fragebögen zugesendet. Dabei handelte es sich um validierte und standardisierte Fragebögen, die von der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) zur Ermittlung der gesundheitsabhängigen Lebensqualität erarbeitet wurden. Verwendung fanden in dieser Arbeit der Fragebogen QLQ-C30, der die

allgemeine Lebensqualität abfragt und der krankheitsspezifische Fragebogen CR29, der speziell für Patienten mit kolorektalem Karzinom entwickelt wurde. Zusätzlich wurde noch ein eigener Fragebogen beigelegt, der Rezidive, andere Tumorgeschehen, andere schwere Erkrankungen und Medikamente erfragte, um schwerwiegende Einflüsse auf die angegebenen Lebensqualitäten ausschließen zu können.

Der QLQ-C30 ist ein Fragebogen zur allgemeinen Lebensqualität. Er besteht aus 30 Fragen, von denen zwei zur Ermittlung der aktuellen Gesamtlebensqualität und des Gesundheitszustandes dienen, 15 in die Auswertung von Funktionalitätsskalen

einfließen und 13 zur Erstellung von Symptomskalen verwendet werden (vgl. Anhang Abb. 3 und 4). Die fünf Funktionalitätsskalen, die jeweils aus mehreren Fragen

zusammengesetzt sind, beschreiben die körperliche, emotionale, soziale und kognitive Funktionalität sowie die Rollenfunktionalität des Patienten. Die Symptomskalen

hingegen ermitteln aus verschiedenen Fragen die Punkte Müdigkeit, „Übelkeit und Erbrechen“ und Schmerzen und erfragen als sechs Einzelpunkte Dyspnoe,

Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Obstipation, Diarrhoe und „finanzielle Probleme“. Die Werte aller Skalen und Einzelpunkte variieren zwischen 0 und 100, wobei hohe Werte bei den Funktionalitätsskalen und der Gesamtlebensqualität eine gesunde

Funktionalität bzw. hohe Lebensqualität bedeuten. Hohe Werte bei den Symptomskalen sprechen hingegen für eine ausgeprägte Symptomatik.

Der QLQ-CR29 ist ein spezieller Fragebogen zur Ermittlung der krankheitsbezogenen Lebensqualität bei Patienten mit kolorektalem Karzinom, unabhängig von

Krankheitsstadium und erhaltener Therapie. Bei diesem Fragebogen existieren unterschiedliche Fragen für Stoma- bzw. Nicht-Stoma-Patienten und Frauen bzw.

Männer. Neben 18 Fragen, die für alle Patienten gleich sind, haben Patienten mit einem Stomabeutel sieben spezifische, Patienten ohne Stomabeutel sechs spezifische Fragen

zu beantworten (vgl. Anhang Abb. 5 und 6). Am Ende des Fragebogens befinden sich für Männer und Frauen zusätzlich jeweils noch zwei Fragen zur sexuellen Aktivität.

Auch hier fließen die erhaltenen Antworten zum Einen in Funktionalitätsskalen und zum Anderen in Symptomskalen ein. Die Funktionalitätsskalen ermitteln Körperbewusstsein, Angst, Gewicht und sexuelle Funktionalität, während die 18 Symptomskalen, von denen sich drei aus je zwei Fragen zusammensetzten und die 15 restlichen Skalen als

Einzelpunkte erfragt werden, die krankheitsspezifische Symptomatik der Patienten ermitteln. Dabei werden beispielsweise Stuhl- und Harnfrequenz, Bauchschmerzen, Haarverlust und Xerostomie als Indikatoren zur Beurteilung der Schwere der

Symptomatik herangezogen.

Die Werte variierten auch bei diesem Fragebogen zwischen 0 und 100. Hohe Werte bedeuten auch hier, wie bereits beim Fragebogen QLQ-C30 erklärt, ein hohes Maß an Funktionalität beziehungsweise Symptomatik.

Erwähnt werden muss hier, dass die Funktionalitätsskalen für das sexuelle Interesse bei Männern und Frauen wie Symptomskalen berechnet werden, um vergleichbar einen hohen Wert für ein großes sexuelles Interesse zu erhalten.

Die Auswertung der Fragebögen erfolgt nach einer, von der EORTC ausgearbeiteten Anleitung. Dabei wird für jede Skala zunächst einmal der „Raw score“ ermittelt, der dem Durchschnittswert der in die Skala einfließenden Fragen entspricht.

Berechnung des Raw scores: Raw score= RS= (I1+ I2+ I3+ …In)/n

Anschließend wird der Raw Score durch lineare Transformation zu dem Endergebnis

„S“, zwischen 0 und 100 liegend, umgerechnet.

Lineartransformation:

Funktionalitätsskalen:

Symptomskalen:

Allgemeiner Gesundheitszustand/

Lebensqualität:

Mit „range“ wird die Bandbreite zwischen dem niedrigsten möglichen Wert und dem höchsten möglichen Wert bei der Antwort, bezeichnet. Dieser entspricht im QLQ-C30 bei den Funktionalitäts- und Symptomskalen dem Wert 3 und beim globalen

Gesundheitsstatus (allgemeiner Gesundheitszustand und Lebensqualität), zu dem sieben Werte als Antwortmöglichkeiten gegeben werden, dem Wert 6. Auch beim QLQ-CR29 beläuft sich die „range“ für alle, in die Berechnung einfließenden Fragen, auf den Wert 3.

3.2.4. Erhebung der Daten zur Beurteilung der Kontinenzleistung

Zur Einteilung der Stuhlinkontinenz wurde die klinische Einteilung nach Parks in drei Grade verwendet, wie in Tab. 13 dargestellt.

Stuhlinkontinenz nach Parks

Grad 1 Unkontrollierter Abgang von Winden

Grad 2 Unkontrollierter Abgang von dünnflüssigem Stuhl Grad 3 Unkontrollierter Abgang von geformtem Stuhl Tabelle 13: klinische Einteilung der Stuhlinkontinenz nach Parks [55]

Die Stuhlkontinenzleistung der Patienten wurde mit Hilfe von zwei Fragen aus dem EORTC-Fragebogen QLQ-CR29 ermittelt. Frage 19 dieses Fragebogens erfragte unfreiwillige Darmgasentweichungen beziehungsweise Flatulenzen, während Frage 20 ungewollte Stuhlabgänge thematisierte. Eine Unterscheidung in dünnflüssigen und geformten Stuhl gab es in dem Fragebogen nicht. Aus diesem Grund wurden bei der Auswertung der Fragebögen Inkontinenz Grad 2 und Grad 3 zusammengefasst.

Diese Fragen wurden Patienten mit und ohne Stoma separat gestellt, wobei die Patienten ohne Stoma nach Inkontinenz des natürlichen Darmausgangs und die Patienten mit Stoma nach Darmgas- und Stuhlabgang aus dem Stomabeutel befragt wurden.

Da die Kontinenzleistung klassischerweise nur bei Patienten mit natürlichem

Darmausgang betrachtet wird, wurden nur die Antworten der 55 Patienten ohne Stoma untersucht.

Bei den Fragen werden, wie bei allen Fragen des Fragebogens EORTC-Fragebogens QLQ-CR29, vier Antwortmöglichkeiten zur Verfügung gestellt. Ob die Patienten an ungewolltem Stuhl- oder Darmgasabgang litten, konnten diese mit „überhaupt nicht“ (1 Punkt), „wenig“ (2 Punkte), „mäßig“ (3 Punkte) oder „sehr“ (4 Punkte) beantworten. Zur Beurteilung der Kontinenzleistung wurden Patienten, die überhaupt keine oder wenig Probleme mit ungewollten Stuhl- oder Darmgasabgängen hatten als „stuhlkontinent“

betrachtet, während Patienten, die ihre Stuhlinkontinenz als mäßig oder sehr stark einschätzten, als „stuhlinkontinent“ definiert wurden.