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5.2 Ergebnisse der biochemischen Analysen – Spätträchtigkeit

Ionenaustausch-Chromatographie

Im Western Blot mit PAG-Antiserum offenbarten zwei der 30 untersuchten Eluatfraktionen aus der Ionenaustausch-Chromatographie ein deutliches Signal bei ungefähr 66 kDa. Dabei zeigte Eluatfraktion 32 ein stärkeres Signal als das benachbarte Eluat. Eine relative molekulare Masse von ca. 66 kDa entspricht dem PAG-Proteincore mit vier N-Glykanen (KLISCH et al. 2005). Zum Zeitpunkt der Geburt ist die Expression der PAG-Formen boPAG-2, boPAG-8, boPAG-10 und boPAG-11 beschrieben worden (GREEN et al. 2000), von denen jedoch keine vier N-Glykosylierungsstellen besitzt. Die Sequenzen der PAG-Formen PAG-12, PAG-15, PAG-19 und PAG-20 weisen jeweils vier potentielle N-Glykosylierungsstellen auf (http://www.cbs.dtu.dk/services/NetNGlyc). Es wäre demnach möglich, dass eines oder mehrere dieser PAGs in der peripartalen Plazenta exprimiert werden.

Die Eluate hatten einen Gesamtproteingehalt von 2,28 bis 3,15 mg/ml, wobei der maximale Wert der mittleren Fraktion zukam. Die relative Menge an PAGs scheint

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anhand des im PAG-Western Blot festgestellten Intensitätunterschiedes der beiden Eluate nicht proportional zur Gesamtproteinmenge zu sein. Auch in den folgenden Western Blot Analysen mit PAG-Antiserum wurde keine höhrere Signalintensität der mittleren Fraktion festgestellt.

Deglykosylierung mit Peptid-Glykosidase F

Die enzymatische Abtrennung der N-glykosidisch gebundenen Zucker mit PNGase F zeigte in der Coomassie-Färbung einen Shift des Proteinbanden-Musters. Dabei waren die Hauptbanden vor der Enzymbehandlung in einem Bereich von 60 bis 76 kDa zu sehen. Nach Abspaltung der Zucker lagen die schmaleren Banden vor allem im Bereich von 56 bis 37 kDa. Unterschiede zwischen den drei Fraktionen fallen vor allem in der unterschiedlichen Intensität der Banden auf, die sich von Eluat 32 bis 34 vom höhermolekularen in den niedermolekularen Bereich zu verschieben scheint und vermutlich auf das größenabhängige Elutionsverhalten der Proteine während der chromatographischen Auftrennung zurückzuführen ist.

Die im folgenden Versuch durchgeführte Identifikation der so deglykosylierten und aufgetrennten Proteine als Mitglieder der PAG-Familie wies nach, dass die im Gel hauptsächlich darstellbaren Proteinbanden auch in chromatographisch aufgereinigten Proben nur zu einem sehr geringen Teil aus den gesuchten PAGs bestehen. Die geburtsreife Plazenta exprimiert demnach zwar eine große Anzahl von Glykoproteinen mit N-glykosidisch gebundenen Glykanen, an denen die PAGs jedoch nur noch einen geringen Anteil haben.

Western Blot mit boPAG-Antiserum

Die Identifikation der Proteinbanden im Western Blot mit PAG-Antiserum zeigte in den nicht deglykosylierten Proben eine Bande bei 66 kDa, welche im Eluat 32 sehr deutlich und im Eluat 33 nur schwach hervortrat; im Eluat 34 war keinerlei Signal sichtbar. Die abnehmende Intensität des PAG-Signals deutet darauf hin, dass die Menge der PAGs von der ersten zur letzten Probe hin stark abnahm. Dieses Ergebnis deckt sich mit dem aus dem initialen Western Blot gewonnenen Eindruck, dass das immunoreaktive Signal im Bereich von 66 kDa auch in der Eluatfraktion 32 am stärksten ausfällt. Nach der Behandlung mit PNGase F waren die Antikörper-markierten Banden nur schwach zu erkennen. Eine einzige Bande, nämlich diejenige im Bereich um 52 kDa erschien in allen drei Proben, während die anderen beiden

Diskussion 95 Signale bei 43 und 37 kDa auf das Eluat 32 beschränkt blieben. Die in den Proben 33 und 34 vorhandene Menge an PAG war wahrscheinlich zu gering, als dass die beiden niedermolekularen Banden vom Antikörper deutlich hervorgehoben werden konnten. So sind die PAG-Banden bei 66 kDa aufgrund ihres geringen Proteingehaltes auf dem Coomassie-gefärbten Gel im oben beschriebenen PNGase Verdau wahrscheinlich durch andere Proteine ähnlicher Molekularmasse überdeckt.

Sehr deutlich wird jedoch in diesem Versuch am Eluat 32 der Shift der markierten Proteine vor und nach der PNGase Behandlung. Das breite Signal der glykosylierten PAGs bei 66 kDa erfährt durch Abspaltung der N-glykosidisch gebundenen Zucker eine drastische Reduktion des Molekulargewichtes um 29 kDa, um die schmale Hauptbande bei 37 kDa zu bilden, welche das deglykosylierte Proteingerüst darstellt (ROBERTS et al. 1995, KLISCH et al. 2003).

Lektin-Western Blot

Ergänzend zu den histochemischen Analysen wurden die Lektine Dolichos biflorus Agglutinin, Phaseolus vulgaris Agglutinin und Maackia amurensis Agglutinin im Western Blot an nativen und deglykosylierten Proben der immunoreaktiven Eluatfraktion 32 eingesetzt. Den Untersuchungen von KLISCH entsprechend, zeigte das Lektin DBA an geburtsreifem Plazentamaterial erwartungsgemäß keine Bindung.

Dies bestätigt zum einen die Annahme, dass kein terminales GalNAc auf den Glykanen der peripartalen PAG vorhanden ist (KLISCH et al. 2005), zum anderen scheinen auch keine anderen Proteine den für die Bindung von DBA notwendigen Zucker zu tragen. Im Gegensatz dazu zeigte das Lektin PHA Bindung innerhalb eines relativ breiten Bereiches von 67 bis 85 kDa. Es ist also anzunehmen, dass einige Proteine dieser Molekularmasse Glykane des von PHA erkannten N-Acetyl-Laktosamintyps tragen, unter denen auch PAGs sein können, die in dem genannten Massenbereich liegen (67 kDa). Die durch MAL hervorgehobene schmale Bande bei ca. 72 kDa kennzeichnet das Trisaccharid Neu5Ac(α2-3) Gal (ß1-4) GlcNAc, welches demnach von einigen Glykoproteinen der Plazenta in dieser Phase exprimiert werden muss. Die Schwäche der PAG-reaktiven Bande lässt sich auf den bereits zuvor erwähnten Umstand zurückführen, dass in der Partus-Plazenta nur noch sehr geringe Mengen an PAG nachweisbar sind. Der PAG-Antikörper zeigte eine Bande bei ca. 66 kDa und lag somit in der Nähe der MAL-positiven Bande. Auch das durch MAL darstellbare Signal war recht schwach. Dies könnte mit einer, im Vergleich zum

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Antikörper, geringeren Affinität des Lektins zum Substrat, oder auch mit geringen Mengen an nachweisbarem Substrat zu erklären sein. Der Vergleich mit den Negativkontrollen bestätigt jedoch auch die undeutlichen Signale und verdeutlicht, dass die Entfernung der Zucker jede Lektinbindung verhindert.

Im Zusammenhang mit den lektinhistochemischen Untersuchungen der Plazenta zum Zeitpunkt der Geburt liegt die Vermutung nahe, dass die im Western Blot sowohl von PHA als auch von MAL gebundenen Strukturen den Glykanen der PAGs zugeordnet werden können.

Desialisierung der Proteine aus PAG-angereicherter Fraktion von Proteinen der Geburtsplazenta

Zunächst ist anzumerken, dass ein erheblicher Unterschied zwischen den mit den beiden benutzten Neuraminidasen erzielten Ergebnissen zu verzeichnen war. Für die hier untersuchten Glykoproteine scheint die schwerere Form des Enzyms (60 kDa, Roche Applied Science) eine bessere Desialisierung zu bewirken als die leichtere Form (43 kDa, New England Biolabs). In beiden Fällen handelt es sich um Enzyme, welche aus Clostridium perfringens gewonnen wurden und vorrangig an α-2,3 – Bindungen angreifen. Untersuchungen von ROGGENTIN et al. (1995) zu den unterschiedlichen Eigenschaften der großen und kleinen Clostridium perfringens – Neuraminidase unterstrichen, dass einerseits pH- und Temperatur-Optima, andererseits das Substrat selbst erheblichen Einfluss auf die Kinetik der beiden Enzymformen haben. Demnach besitzt die kleinere Form ein pH-Optimum bei 6.1, während die größere Form ihre Hauptaktivität bei pH 5 erlangt. Hinsichtlich der Reaktionstemperatur liegt das Optimum für die kleine Form bei 37 °C gegenüber 51

°C für die größere Form. Unter Berücksichtigung dieser Angaben hätte die 43 kDa-Form in den hier durchgeführten Untersuchungen die besseren Reaktionsbedingungen vorfinden sollen. Dass dennoch die schwerere Form der Sialidase hier zu deutlicheren Ergebnissen führte, ist wahrscheinlich mit der engeren Subtratspezifität der kleineren Neuraminidase im Vergleich zur größeren Form zu erklären. So scheint die kleinere Neuraminidase-Form ihre Spaltungsaktivität hauptsächlich auf Oligosaccharide zu beschränken und komplexere Strukturen nur sehr langsam anzugreifen. Einige bovine Ganglioside sind dem Enzym anscheinend selbst unter Einfluss von Detergenzien nicht zugänglich (ROGGENTIN et al. 1995).

Dieser Umstand könnte zum einen eine Erklärung für die geringe Aktivität der 43

Diskussion 97 kDa-Neuraminidase an boPAGs darstellen und zum anderen auf die komplexe Struktur der PAG-Glykane hinweisen.

Es muss hier jedoch ebenfalls die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass die Vorbehandlung der Proben einen Einfluss auf die Enzymwirkung gehabt haben könnte. Obwohl die erhobenen Unterschiede der beiden Neuraminidasen auch in Vorversuchen mit identischen Proben bereits bestanden, soll hier angemerkt werden, dass die unvollständig desialisierten Proben im Gegensatz zu den vollständig desialisierten flüssigen Eluatproben einer Ethanolausfällung unterzogen worden waren.

KAMADA et al. (1991) postulierten eine generelle Resistenz des Sda-Epitops gegen Clostridium perfringens Neuraminidasen. Da nicht angegeben wird, welches der beiden Enzyme verwendet wurde, könnten diese Ergebnisse aus der Verwendung der kleineren Form herrühren.

Durch die enzymatische Entfernung der Neuraminsäure in Verbindung mit dem Bindungsverhalten der für spezifische Zucker affinen Lektine wurden weitere Details der Glykanstrukturen von PAGs offensichtlich.

Im Western Blot der unbehandelten Eluatfraktion 32 der Geburtsplazenta zeigte das Lektin Erithrina cristagalli-Agglutinin (ECA) nur undeutliche Signale im Bereich von 66 kDa. Nach Entfernung dieses Hindernisses ließen sich mit ECA jedoch drei deutliche Banden im Bereich um 71 und 76 kDa darstellen. Die Neuraminsäure verhindert offenbar den freien Zugang des Lektins zu dem von ihm erkannten Gal ß1,4-GlcNAc. Demnach schließt die nativ vorhandene Kohlenhydratstruktur das Trisaccharid eines sialylierten Galaktosyl-(ß1-4) N-Acetylglukosamins ein, welches als MAL-Ligand im oben genannten Versuch bereits bestätigt wurde.

Im Vergleich zu den beiden Hauptbanden des PAG-Antiserums liegen diese mit ca.

68 und 62 kDa nicht exakt auf gleicher Höhe mit den ECA-Banden. Möglicherweise befinden sich die verschiedenen hier exprimierten PAG-Formen nicht alle im Affinitätsbereich des eingesetzten PAG-Antiserums.

Im Falle des MAL ist die Neuraminsäure Teil des von ihm erkannten Kohlenhydratmusters. Infolgedessen verschwindet das in der nativen Probe deutliche Signal nach enzymatischer Desialylierung vollständig. Dabei deckt sich die MAL-Hauptbande bei 76 kDa mit der PAG-positiven Bande der nativen Probe.

Die peripartalen PAGs besitzen somit eindeutig die von MAL gekennzeichnete Struktur Neu5Ac(α2-3) Gal (ß1-4) GlcNAc als Teil ihrer Glykane.

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