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5. Darstellung der Forschungsergebnisse

5.2. Empowerment lebensweltlich-Möglichkeiten

Finanziell sehen sich alle drei Probanden als unabhängig. Ein männlicher Proband und eine weibliche Befragte sind trotz Frühpension finanziell unabhängig von Freunden und Familie, da sie auf Grund ihrer körperlichen Behinderung vom Staat ein monatliches Pflegegeld und die Invaliditätspension erhalten. Der dritte männliche Proband gibt an, nach einer Umschu-lung zum Verkäufer in seinem Tätigkeitsfeld erwerbstätig zu sein. Staatliche Förderungen erhält der Betrieb für ihn und er bekommt zusätzlich Pflegegeld. Vor seinem Unfall war er Feinmechaniker.

In der Mobilität als Möglichkeit zur Selbstständigkeit im Alltag zeigt sich, dass die Fahrt mit dem eigenen Auto oder mit dem Taxi bevorzugt wird. Kürzere Strecken werden mit dem

68 Rollstuhl bewältigt. Die Fortbewegung mit dem Rollstuhl wird als flexibel beschrieben, aller-dings wird auch die Wichtigkeit des Übereinstimmens vom richtigen Rollstuhl und den eige-nen körperlichen Fähigkeiten, erwähnt. Trotz gewisser Schwierigkeiten bei der Mobilität mit dem Rollstuhl, die folglich erwähnt werden, wird die öffentliche Präsenz körperlich behinder-ter Menschen als wichtig und auch als Möglichkeit erachtet, um der Gesellschaft widerzu-spiegeln, dass es auch Menschen gibt, die sich körperlich von der Norm differenzieren und auch öffentlich direkt zu zeigen, wie es diesen bei der Überwindung gewisser gesellschaftli-cher Barrieren ergeht und um mögligesellschaftli-cherweise ein Umdenken zu bewirken:

„Naja ich habe versucht so gut es geht im Laufe der Jahre meine Erfahrungen einzubringen und einen Rollstuhl zu haben, der dem entspricht, was ich kann und somit funktioniert die Mobilität recht gut“ (I. 2, Z. 18).

„Ich finde das aber wichtig, dass Behinderte draußen unterwegs sind. Auch wenn das nur Mikroerfahrungen für gesunde Menschen sind, finde ich es wichtig“ (I. 2, Z. 18).

Auch die eigenen Persönlichkeitsmerkmale, die die Probanden möglicherweise als Ressour-ce bereits in sich haben, um den Alltag leichter zu bewältigen, und auch jene, die sie in ihrem selbstbestimmten Leben hemmen, sollen hier ebenso genannt werden.

Die Probanden erzählen beharrlich, ehrgeizig und zielstrebig selbstgesetzte Vorhaben zu verfolgen, solange diese in ihren Augen auch realistisch sind:

„Wenn ich ein Ziel nicht stark genug im Kopf habe, dann fange ich gar nicht an es zu errei-chen. Aufgeschlossen sein, mich selbst ein bisschen zu kennen ist dabei ganz wichtig“ (I. 2, Z. 28).

Kritikfähig scheinen sie auch zu sein, solange die Kritik auch gerechtfertigt ist, ansonsten reagieren sie ebenso dementsprechend auf die Anschuldigungen, das heißt Selbstgerechtig-keit zähle ebenso zu ihren Eigenschaften.

Bezüglich neuer Situationen, die plötzlich in ihr Leben treten reagieren ein männlicher und eine weibliche Proband/Probandin ziemlich ähnlich. Es werden eher im Vorhinein, mit Weit-blick das Leben und der Alltag geplant, um Überraschungen zu vermeiden. Mit Stress und neuen, negativen Situationen könne, nämlich nur schwer umgegangen werden:

„Ich plane gerne, damit ich dann meine Ruhe habe und keine Überraschungen erlebe. Ich hasse nämlich nichts mehr als Stress. Das ist das Schlimmste. Mein ganzes System funktio-niert dann auch nicht mehr wirklich“ (I. 2, Z. 30).

Der jüngste Proband (30 Jahre) reagiert spontan und behauptet mit neuen Situationen richtig gut umzugehen.

Bei der letzten Frage nach den Persönlichkeitsmerkmalen, wurden sie gebeten eine Situati-on aus ihrem Leben zu nennen, in der sie besSituati-onders an ihre eigenen Fähigkeiten glauben oder geglaubt haben und eine Situation, in der sie an sich zweifelten.

Auffällig war, dass alle 3 Probanden unabhängig voneinander ähnlich geantwortet haben.

Gemeinsam war, dass sie an keine positive Situation dachten, alle nannten eine Situation in der sie an sich selbst zweifelten, nämlich ihren Unfall und die unmittelbare Zeit danach. Posi-tiv kann ausgewertet werden, es sei die einzige Situation im Leben gewesen, in der sie an sich selbst zweifelten. Die Bewältigung dieser Situation und Akzeptanz der Folgen (z.B. kör-perliche Behinderung), habe Selbstvertrauen und Stärke mit sich gebracht:

„Ja da fällt mir eine Situation ein, wo ich an mir komplett zweifelte. Das war ziemlich am An-fang nach meinem Unfall, weil ich das schon mit 17 erlebt habe und irgendwo aus meiner Blüte herausgerissen worden bin. Dinge, die man normal in der Jugend erlebt und macht haben plötzlich nicht mehr so funktioniert“ (I. 2, Z. 36).

„Ich habe gesehen, wenn so ein einschneidendes Erlebnis auf mich zu kommt, dass bei mir der Blick immer nach vorne gerichtet ist. Ich glaube, umso schwieriger die Situationen sind, umso leichter kann ich damit umgehen. Wenn es unrealistische Sachen sind, als würde ich jetzt fünf Meter hoch springen müssen, dann würde ich schon daran verzweifeln. Wenn die Situation aber realistisch ist, würde ich nicht aufgeben“ (I. 1, Z. 42).

Es wird ebenso erzählt, dass das Bewusstsein über die eigene Stellung in der Gesellschaft sehr wohl vorhanden sei, jedoch wird nicht darauf resignierend reagiert, sondern dafür plä-diert nach draußen zu gehen und viele neue Leute kennen zu lernen, um diese mit Behinde-rungen vertraut zu machen:

„Ich sehe sehr wohl meinen Platz in der Gesellschaft und der ist nicht vorne, sondern hinten und der wird auch immer dort bleiben. Wir sind aber alle Menschen und ein Teil der Natur, sowohl du als auch ich. Wichtig ist es daher, dass man nach draußen geht, Leute kennen-lernt, denn man kann nicht von jemandem etwas erwarten, was er nicht kennt“ (I. 2, Z. 36).

70 Diese gesellschaftliche Stellung von körperlich behinderten Menschen kann negativ und als Hemmnis betrachtet werden aber in diesem Abschnitt geht es um die Persönlichkeitsmerk-male, die Probanden haben, um mit diesen gesellschaftlichen und sozialen Barrieren umzu-gehen und die Ergebnisse zeigen, dass sich die Probanden nicht in eine Opferrolle drängen lassen.