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7 Analyse der Befragungsergebnisse

7.3 Einschätzungen Teilnahme an Kundgebungen

Abbildung 7: Teilnahme an Kundgebungen

Von den 147 Befragten, deren Ergebnisse ausgewertet wurden, gaben 44% an, noch nie an einer Demonstration oder sonstigen Kundgebung teilgenommen zu haben, was im Umkehrschluss eine Teilnahmequote von 56% ergibt. Bei ermöglichten Mehrfachnen-nungen kam heraus, dass 54% der Antwortgebenden bereits an einer Demonstration partizipiert haben, 14% an einem Streik und 4% füllten das offene Feld „andere“ mit Besetzung, Blockade, Mahnwache und Regenbogenparade aus.

Information über politische Ereignisse

Die Frage „Wie informieren Sie sich über politische Ereignisse?“ ermöglichte Mehr-fachnennungen. Die wichtigste politische Informationsquelle sind mit 79% Zeitungen und Zeitschriften mit deren Onlineausgaben vor sozialen Netzwerken mit 69%, wobei Facebook, Twitter und Instagram explizit genannt wurden. Knapp dahinter rangieren Fernsehen und Radio mit 66% sowie Freund/innen und Bekannte mit 65%. Mit großem Abstand folgen sonstige Internetquellen, die 44% benutzen, Familie und ähnliche Le-bensformen, über die 42% der Befragten informiert werden. Eine geringe Rolle spielen

nein ja, an einer Demonstration ja, an einem Streik andere

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

Teilnahme an Kundgebungen

n = 147

Bücher mit 21% und Youtube mit 19%. Eine Person gab an, sich gar nicht über politi-sche Ereignisse zu informieren.

Politische Ausrichtung

Abbildung 8: Politische Ausrichtung

Die Frage nach der politischen Strömung war von großer Relevanz, da eine weit links oder weit rechts stehende politische Überzeugung möglicherweise ein extremistischeres Antwortverhalten im Laufe der Befragung aufweisen könnte. Es zeigt sich eine eher lin-ke Orientierung der Befragten. 29% gaben Sozialdemokratie/Mitte-Links (mit SPÖ und SPD als diese Richtung weitgehend repräsentierende Parteien) als ihre favorisierte poli-tische Strömung an, 18% Grüne, 15% Kommunismus/Links (KPÖ, Die Linke), 14% Li-beralismus (Neos, FDP), 3% Konservativ (ÖVP, CDU) sowie 1% Rechts (FPÖ, AfD).

Weitere 3% gaben eine andere politische Strömung an, beispielsweise eine Mischung, Anarchismus oder „alles außer Rechts“. 18% der Befragten fühlen sich schließlich kei-ner politischen Strömung zugehörig.

Daraus lässt sich eine starke Politisierung junger Erwachsener schließen, denn immer-hin fühlen sich 82% einer politischen Richtung zugehörig. Diese politische Gewichtung macht eine Auswertung des Fragebogens umso spannender. Sozialdemokratie, Grüne sowie Liberale sind unter den Befragten überrepräsentiert, Konservatismus und rechte

15%

Ideologie stark unterrepräsentiert. Die unverhältnismäßig zahlreich vertretenen kommu-nistischen bzw. linken Ideen (wenn man die Menschen, die sich keiner politischen Strö-mung zuordnen wollen, weglässt, würden KPÖ und Linke sogar auf einen Wert von 19% kommen, obwohl die KPÖ nichtmal im Nationalrat vertreten ist) sind vor allem auf Deutsche zurückzuführen, denn fast die Hälfte der Linken haben angegeben, deut-sche Staatsbürger/innen zu sein.

7.4 Einstellungen

Abbildung 9: Einstellungen zu Staaten, Institutionen und brisanten politischen Themen

Die Abfrage der Standpunkte gegenüber bestimmten Ländern und Institutionen war in Bezug auf die starke Ablehnung der USA und der NATO von sozialrevolutionären Ter-rororganisationen von Interesse. Die Frage nach der Einstellung zu bestimmten Staaten, Einrichtungen und einer hochpolitischen Frage brachte wie bereits erwähnt viele zum Abbruch der Befragung. Diejenigen, die eine Beurteilung vornahmen, lieferten teils er-wartbare, teils unerwartete Ergebnisse. So überrascht die nahezu uneingeschränkt positi-ve Bewertung der EU ebenso wie die starke Ablehnung Russlands. Zu den Details: Mit Abstand am positivsten wird die EU gesehen, 39% stehen ihr sehr, 52% eher positiv ge-genüber. Nur 8% bzw. 1% nehmen eine eher bzw. sehr negative Haltung gegenüber die-ser Institution ein. Das arithmetische Mittel liegt bei 1,71. Sehr spannend wird es, wenn man sich die Korrelation von politischer Strömung und Einstellung zu Ländern und In-stitutionen ansieht. So wird die EU von Kommunist/innen mit einem Mittelwert von

2,18 wesentlich schlechter bewertet als von den Liberalen, die eine fast uneingeschränkt positive Sicht auf die EU haben (arithmetisches Mittel von 1,38).

Die zweite Institution, die überwiegend positiv vernommen wird, ist die NATO mit ei-nem Mittelwert von 2,39. Diese wird nur von Linken mehrheitlich abgelehnt (Mittel-wert 2,91), von allen anderen aber positiv gesehen.

Die übrigen abgefragten Länder bzw. politischen Entscheidungen werden überwiegend negativ beurteilt. So wie die Flüchtlingspolitik, die einen Mittelwert von 2,61 hat. Sie wird von 8% sehr und von 36% eher positiv, von 43% eher und von 13% sehr negativ beurteilt. Zustimmung findet die Flüchtlingspolitik nur bei Linken, am negativsten wird sie von Konservativen und Rechten gesehen.

Die USA und China stoßen mit einem arithmetischen Mittel von 2,86 bzw. 2,90 annä-hernd gleichermaßen auf Ablehnung, wobei bei den USA ein gravierender Unterschied im Antwortverhalten zwischen Linken und Rechten gegeben ist. Während Konservati-ve/Rechte mit einem Mittelwert von 2,20 und Liberale mit 2,48 den Vereinigten Staaten positiv gegenüberstehen, fällt die Ablehnung des großen politischen Feindes unter Kommunist/innen und Linken mit einem Mittelwert von 3,27 sehr deutlich aus. Umge-kehrt erstaunt es, dass Russland unabhängig von jeglicher politischer Strömung glei-chermaßen negativ angesehen wird. Das arithmetische Mittel beträgt 3,10, insgesamt stehen nur 15% dem größten Staat der Welt positiv gegenüber, während 60% ein eher negatives und ein Viertel ein sehr negatives Bild darüber haben.

Über Terrorismus lernen

Die Frage „Wie viel haben Sie in der Schule über Terrorismus gelernt?“ war eine offene und zudem die einzige, die nicht gezwungenermaßen beantwortet werden musste. Trotz-dem haben sich 125 Teilnehmer/innen dazu geäußert. Von diesen hat mehr als die Hälf-te angegeben, während ihrer Schulzeit nichts über Terrorismus oder Radikalisierung ge-lernt zu haben. Bei 48 Befragten war den schriftlichen Darlegungen zu entnehmen, dass sie wenig darüber gelernt haben, bei 12 war es viel. Ein Fünftel der Teilnehmer/innen hat die Fächer erwähnt, in denen über Terrorismus gesprochen wurde. Davon entfällt die Hälfte auf Geschichte. Anderen Fächern kommt eine geringe Bedeutung zu. Jeweils dreimal wurde Politik und Religion, zweimal Geographie genannt. Eine Nennung ent-fällt jeweils auf Deutsch, Englisch, Italienisch und Ethik.

Viele Mitwirkende haben sich zu den Themen geäußert, über die im Unterricht gespro-chen wurde. Mit großem Abstand wurde der 11. September 2001 mit 14 Nennungen am meisten behandelt. Jeweils 6 Befragte gaben an, in der Schule über Radikalisierung be-zogen auf den Nationalsozialismus, über islamistischen Terrorismus sowie über die RAF, die einen großen Teil der vorliegenden Arbeit einnimmt, gelernt zu haben. Bei 3 Befragten war die Irish Republican Army (IRA) Teil des Unterrichtsstoffs, bei jeweils zwei die Geschehnisse im Nahen Osten sowie Radikalisierung im Allgemeinen. Eine Nennung erfuhren Rechtsradikalismus, Franz Fuchs, der Befreiungsausschuss Südtirol, die baskische Separatistenorganisation, die italienischen Brigate Rosse (im Italienisch-unterricht) sowie der arabische Terror in Wien in den 1970er- und 1980er-Jahren.

Bekanntheit von Terrororganisationen

Abbildung 10: Bekanntheit von Terrororganisationen

Ob man in der Schule über Terrorismus lernt oder nicht, entscheidet auch darüber, wel-che Terrororganisationen man kennt. Es stellt aber nicht das einzige Kriterium dar, man kann sich auch aus privatem Interesse über terroristische Gruppierungen informieren oder sie sind ohnehin in den Medien omnipräsent (wie gegenwärtig der IS oder einst Al Kaida). Die beiden Letztgenannten sind auch die bekanntesten Terrororganisationen.

99% der Befragten kennen den Islamischen Staat, 97% Al Kaida. Die für diese Master-arbeit besonders relevanten sozialrevolutionären terroristischen Organisationen sind für

weit weniger Menschen ein Begriff. Während die RAF (Rote Armee Fraktion) noch ei-nen Bekanntheitsgrad von 69% aufweist, liegt dieser bei den anderen deutschen linksex-tremistischen Terrorgruppen Bewegung 2. Juni (10%) und Revolutionäre Zellen (9%) im untersten Bereich. Die an den Zahlen der Todesopfer gemessene brutalste sozialre-volutionäre Terrororganisation Europas, die Brigate Rosse (Rote Brigaden) aus Italien kennen 27%, während ihr französisches Pendant, die Action Directe, auf einen heitsgrad von nur 5% kommt. Knapp mehr als die Hälfte (52%) weiß um die Bekannt-heit des deutschen NSU (Nationalsozialistischer Untergrund). Über ethno-nationalen Terrorismus wissen die Menschen relativ gut Bescheid: 54% kennen die IRA (Irish Re-publican Army) und 40% die ETA (Baskenland und Freiheit). Darüber hinaus haben 11 Befragte ins Feld „andere“ weitere ihnen bekannte Terrororganisationen geschrieben.

Genannt wurden Hamas, Hisbollah, Boko Haram, die österreichische VAPO (Volks-treue außerparlamentarische Opposition) und Befreiungsausschuss Südtirol. Ein Teil-nehmer nannte auch die NATO.

Weiterbildungsteilnahme

Um einen Bezug zur Erwachsenenbildung und deren Wirkung auf einen möglichen Ra-dikalisierungsverlauf oder eine Verhinderung derselben herzustellen, wurden die Teil-nehmer/innen gefragt, ob sie radikalisierungsbezogene Weiterbildungsveranstaltungen besucht haben. 8% (11 in absoluten Zahlen) der Befragten haben im Zuge ihrer berufli-chen Tätigkeit oder ihrer Ausbildung an Weiterbildungsveranstaltungen zum Thema Radikalisierung, 5% (8 Personen) an Präventionsprogrammen darüber teilgenommen.

Von den 11 Erstgenannten haben 5 auch an Präventionsprogrammen teilgenommen.

Insgesamt ergibt sich eine Gesamtzahl von 14 Teilnehmer/innen an Weiterbildungsver-anstaltungen oder Präventionsprogrammen zum Thema Radikalisierung. Von den 11 Weiterbildungsteilnehmer/innen leben 8 in Österreich und 3 in Deutschland. 7 von ih-nen haben während ihres (Lehramts-)Studiums themenbezogene Fortbildungen besucht, 4 im beruflichen Kontext als Büro- und Tourismuskaufmann bzw. als Sozialarbeiter (al-lesamt männlich). Bei der Frage nach den Präventionsprogrammen gibt es (abgesehen von der geringeren Anzahl) diesbezüglich keine Abweichungen. Hier sieht man ein gro-ßes Potential, dem die Erwachsenenbildung Rechnung tragen könnte.

Protest gegen gesellschaftspolitische Ereignisse

Abbildung 11: Protest gegen gesellschaftspolitische Ereignisse

Der hohe Politisierungsgrad der Teilnehmer/innen zeigt sich noch stärker bei der Frage nach gesellschaftlichen oder politischen Ereignissen, die eintreten müssten, damit sie protestieren würden. Dabei geben 10% an, dass es für sie keine Begebenheit gibt, gegen die es sich zu protestieren lohne. Da Mehrfachnennungen möglich waren, haben viele von anderen Auslösern für einen Protest Gebrauch gemacht. 82% würden bei antidemo-kratischen Vorhaben der Regierung protestieren, 73%, wenn die Bundesregierung es beabsichtigen würde, das Land, in dem die Befragten leben, aus der EU zu führen. Die-jenigen, die diese Antwortmöglichkeit gewählt haben, haben eine noch positivere Ein-stellung gegenüber der Europäischen Union als der Durchschnitt der Befragten. Knapp die Hälfte würde protestieren, wenn die Regierenden turbokapitalistische Vorhaben pla-nen. Diese Auswahl wurde überdurchschnittlich häufig von den Grünen und Linken na-hestehenden Teilnehmer/innen getroffen. Ein Drittel würde an einer Demonstration teil-nehmen, wenn davor ein Terroranschlag gegen eine politische Gruppierung, der sich die Befragten zugehörig fühlen, stattgefunden hätte. Anlass für diese Frage war vor allem der Anschlag des Rechtsextremisten Anders Behring Breivik auf Mitglieder der Jugend-organisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Norwegen 2011, bei der 77 Menschen getötet wurden. Auch bei dieser Antwortmöglichkeit waren Linke/Kommu-nist/innen stark überrepräsentiert, was auf einen hohen Politisierungsgrad hindeuten kann. 29% würden schließlich bei einem Terroranschlag gegen eine religiöse oder sons-tige wichsons-tige Einrichtung protestieren. 14% haben andere gesellschaftliche oder politi-sche Gründe angegeben, gegen die es sich zu protestieren lohnen würde. Mehrfach

ge-nannt wurden die Zurücknahme von Minderheiten-, Frauen-, Homosexuellen- und Men-schenrechten sowie Umweltzerstörung und die Machtergreifung rechter Parteien bzw.

Terroranschläge von rechts. Weitere Nennungen bezogen sich auf den Freihandelspakt TTIP, die NATO, Privatisierungsabsichten, einen Putsch oder Kürzungen im Sozial-und Bildungsbereich.

Widerstand gegen gesellschaftspolitische Ereignisse

Neben der Abfrage von Gründen, die Menschen zu Protesten motivieren würden, wur-den auch jene erhoben, die Leute so bewegen würwur-den, dass sie Widerstand leisten wür-den. Dabei war eine scharfe Trennung zwischen den Begriffen Protest und Widerstand notwendig. Diese Unterscheidung wurde im Fragebogen mit folgenden Hinweisen ver-sehen: Protest bedeutet eine meist spontane und temperamentvolle Bekundung des Missfallens, der Ablehnung. Protest läuft meist legal und gewaltfrei ab. Widerstand be-deutet aktives oppositionelles Handeln gegenüber der Regierung bzw. herrschenden Verhältnissen oder Verweigerung des Gehorsams.

Wie erwartet war die Bereitschaft, Widerstand zu leisten, geringer als jene zu protestie-ren. 18% sahen keine potentiellen gesellschaftspolitischen Ereignisse, die sie dazu brin-gen würden, sich zu widersetzen. Die einzelnen Antwortmöglichkeiten wurden jeweils von 12% (Antidemokratische Vorhaben der Regierung und Terroranschlag gegen nahe-stehende politische Organisation) bis 22% (Turbokapitalistische Vorhaben der Regie-rung) und 26% (EU-Austritt) weniger ausgewählt als bei der vorigen Frage, wobei sich die Reihenfolge der Häufigkeit nicht änderte. Dies bedeutet, dass zwar bei einem beab-sichtigten EU-Austritt drei Viertel der Befragten protestieren würden, aber weniger als die Hälfte würde Widerstand leisten. 10% der Befragten haben von der Möglichkeit Ge-brauch gemacht, das Zusatzfeld „andere“ zu füllen. Hierbei wurden von jenen, die schon bei der vorigen Frage dieses Feld ausgefüllt haben, die selben Gründe angegeben.

Die Ausnahme stellten zwei Befragte dar, die angaben, bei einem Verbot einheimischer Religion und Kultur Widerstand zu leisten bzw. bei antidemokratischen, turbokapitalis-tischen Vorhaben der Regierung und einem solchen, die EU zu verlassen.

Mittel zur Durchsetzung von Anliegen

Abbildung 12: Mittel zur Durchsetzung von Anliegen

Protest und Widerstand können bestimmte Wirkungen entfalten, setzten aber voraus, dass von Anderen bereits Handlungen gesetzt wurden, die einem nicht passen, da sie eine Reaktion darauf darstellen. Eine positivere Herangehensweise ist der Versuch, die eigenen Anliegen durchzusetzen. Welche Mittel Menschen dazu für geeignet halten, war Gegenstand dieser Frage, bei der Mehrfachnennungen möglich waren. 84% halten es für dienlich, an einer Protestkundgebung teilzunehmen. Nahezu zwei Drittel sehen es als zweckmäßig an, einem Verein oder einer Gruppe beizutreten und etwas mehr als die Hälfte würde einer Widerstandsbewegung beitreten. Wesentlich mehr organisatorischen Aufwand bedeutet es natürlich, einen Verein/eine Gruppe bzw. eine Widerstandsbewe-gung zu gründen. Dies schlägt sich auch im Antwortverhalten nieder: 25% bzw. 16%

ziehen diese beiden Möglichkeiten in Betracht. 37% der Befragten halten es für sinn-voll, ein politisches Amt zu bekleiden, um mittels demokratischer Mehrheiten das eige-ne Begehren durchzusetzen. Nicht zu verachten sind jeeige-ne 8% der Befragten, die Selbst-justiz als geeignetes Mittel zum Durchsetzen ihrer Anliegen sehen. Auffallend ist, dass vor allem Männer, Alleinstehende und Kommunist/innen diese Möglichkeit in Betracht ziehen.

Ebenfalls 8% geben andere Maßnahmen an, mit denen sie sich die Durchsetzung ihrer Anliegen vorstellen können, die teilweise Selbstjustiz in ihrer Radikalität in nichts nach-stehen. 2 von ihnen gaben „keine“ zur Antwort. Andere Ideen waren: auswandern,

Auf-kleber, Aufrufe in sozialen Medien, Aufklärung sowie persönliche Einflussnahme auf Mitmenschen durch Gespräche und Diskussion, Volksbegehren und Petitionen unter-zeichnen bis hin zu radikaleren Maßnahmen wie Gegenpropaganda machen, Gewalt, um sich selbst oder andere zu schützen und bewaffneter Widerstand oder Bombenterror.

7.5 Bewertung von Aussagen

Abbildung 13: Bewertung von Aussagen 1. Teil

Am Ende des Fragebogens wurden einige Aussagen getroffen, die die Befragten auf ei-ner Skala von 1 bis 4 bewerten sollen, wobei 1 für „stimme sehr zu“ und 4 für „stimme gar nicht zu“ steht. Für die vorliegende Masterarbeit, die von einem polarisierenden Thema handelt, macht eine polarisierendere vierteilige Skala aus meiner Sicht mehr Sinn, weil es Befragte zu einer Entscheidung zwingt. Für viele Teilnehmer/innen mag es schwer sein, sich bei einzelnen Fragen zwischen Zustimmung und Ablehnung zu ent-scheiden. Da die Befragten jedoch, wie die Ergebnisse zeigen, relativ politisiert sind und sich einige mit dem Themenbereich befasst haben, sollte eine Auswahl möglich sein. Es erleichtert jedenfalls die Interpretation der Ergebnisse, da eine oft vorhandene Tendenz zur Mitte vermieden wird und klarere Aussagen getroffen werden können. Es wurden Aussagen gewählt, die die Lebenszufriedenheit widerspiegeln und Ängste,

Sor-gen oder Wut über gesellschaftliche und politische Zustände erfraSor-gen sollen. Zudem wollte ich herausfinden, ob Aussagen, die von Linksterrorist/innen der 1970er-Jahre ge-tätigt wurden, heute noch anschlussfähig sind. Zum Schluss soll durch teilweise provo-kante Aussagen das terroristische Potential junger Erwachsener ergründet werden.

Lebenszufriedenheit

Zunächst ging es darum, die Lebenszufriedenheit der jungen Erwachsenen zu eruieren, um begünstigende Faktoren einer möglichen Radikalisierung zu erforschen. Die erste und dritte Aussage dienten als Kontrollfragen, um sicherzustellen, dass die Teil-nehmer/innen den Fragebogen wahrheitsgemäß beantworten. Diese beiden Aussagen weisen ein sehr ähnliches Antwortverhalten auf. Das arithmetische Mittel beträgt bei der ersten Frage 1,66, bei der zweiten 1,71. 46% stimmen der Aussage sehr zu, dass sie mit ihrer momentanen Lebenssituation zufrieden sind, 43% stimmen eher zu, 10% stimmen eher nicht zu und knapp 1% stimmt gar nicht zu. Die Aussage „Ich bin ein glücklicher Mensch“ bejahen 39% sehr, 51% eher, 9% eher nicht und wieder 1% gar nicht. Insge-samt lässt sich daraus eine Lebenszufriedenheit von 89% bzw. 90% ableiten, 10% sind mit ihrem Leben eher unzufrieden. Dabei darf das Phänomen der sozialen Erwünscht-heit nicht in VergessenErwünscht-heit geraten, da diese gerade bei den Themen Radikalisierung und Terrorismus eine große Rolle spielen, da diese Betätigungsfelder gesellschaftlich natürlich nicht erwünscht sind. Zudem ist es in Zeiten von Instagram und sonstigen Ap-plikationen üblich geworden, das eigene Leben positiver darzustellen, als es ist. Die bei der Umfrage für die vorliegende Masterarbeit erhobenen Werte ähneln jener der öster-reichischen Jugendwertestudie, die im Folgenden erläutert wird.

Die österreichische Jugendwertestudie von 2011, bei der 1.500 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 29 Jahren einer Repräsentativbefragung unterzogen wurden, weist eine hohe Lebenszufriedenheit auf. Auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 1 für „überhaupt nicht zufrieden“ und 10 für „völlig zufrieden“ steht, verorten sich 60%

der 20-29-Jährigen zwischen 8 und 10, was von einer hohen Lebenszufriedenheit zeugt.

Von allen Befragten sind 88% im zufriedenen Bereich angesiedelt, 12% im unzufriede-nen (vgl. Institut für Jugendkulturforschung 2012, S. 25-26). Die hohe Lebenszufrieden-heit korrespondiert mit einem optimistischen Blick in die Zukunft. Zwei Drittel sind

eher zuversichtlich, was ihre persönliche Zukunft betrifft. Ein Drittel sieht das Kom-mende gemischt und nur 4% sehen pessimistisch in die künftige Zeit. Die eigene Le-benszufriedenheit korrespondiert also mit den positiven Zukunftserwartungen. Bei der Befragung gilt: je älter, desto optimistischer: 64% der 20-24-Jährigen, aber 69% der 25-29-Jährigen sind eher zuversichtlich. Auch der Bildungsabschluss korrespondiert mit der Erwartung auf das Kommende: je höher die Bildung desto optimistischer die Zu-kunftsaussichten. Zwei Drittel der Befragten mit Matura oder Studium blicken positiv in die Zukunft, bei jenen ohne Matura sind es nur 60% (vgl. Institut für Jugendkulturfor-schung 2012, S. 26-27).

Auch die jungen Erwachsenen, die im Zuge dieser Masterarbeit befragt wurden, blicken optimistisch in die Zukunft. Den Aussagen „Ich mache mir Sorgen um meine berufliche (private) Zukunft“ stimmten 25% überhaupt nicht und 33% (36% bei der privaten Zu-kunft) eher nicht zu. 24% (27%) konnten sich mit der Aussage eher und 18 (12%) sehr identifizieren. Die Ergebnisse sind nicht ganz so eindeutig positiv wie bei der Jugend-wertestudie. Dies kann u.a. auch auf die relativ weite Skala mit einer Tendenz zur Mitte bei der Jugendwertestudie im Vergleich zur engen Skala bei der vorliegenden Radikali-sierungsumfrage zurückzuführen sein. Auch hier gilt: Je älter desto optimistischer.

Während 34% der 18-24-Jährigen der Aussage „Ich mache mir Sorgen um meine priva-te Zukunft“ eher nicht und 20% gar nicht zustimmen, sind es bei den 25-30-Jährigen 38% bzw. 29%

Im Gegensatz zu den optimistischen Zukunftsaussichten für das eigene Leben, sind jene für die Entwicklung der Gesellschaft wesentlich negativer. Bei der gesamten Skalenbe-wertung gab es nur einen einzigen Wert, der von niemandem angeklickt wurde: „stim-me gar nicht zu“ bei der Aussage „Ich mache mir Sorgen um die Zukunft der Gesell-schaft“. Jeweils 45,5% stimmen sehr bzw. eher zu. Nur 9% scheint die Zukunft der Ge-sellschaft wenig Sorgen zu bereiten. Dies ist noch wesentlich pessimistischer als bei der österreichischen Jugendwertestudie 2011, wie der folgende Absatz zeigt. Einschränkend muss gesagt werden, dass seither viele Jahre vergangen sind, sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen teilweise geändert haben und die Tendenz zur Mitte wieder eine Rolle spielen kann. Die Ergebnisse im Detail:

33% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen geben bei der Jugendwertestudie an, pessimistisch in die Zukunft zu blicken. 45% sehen das Kommende gemischt und nur 22% haben eine positive Vorstellung vom künftigen Leben der Gesellschaft. Wodurch ist das zu erklären? Der Gesellschaftspessimismus ist bedingt durch den hohen

33% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen geben bei der Jugendwertestudie an, pessimistisch in die Zukunft zu blicken. 45% sehen das Kommende gemischt und nur 22% haben eine positive Vorstellung vom künftigen Leben der Gesellschaft. Wodurch ist das zu erklären? Der Gesellschaftspessimismus ist bedingt durch den hohen