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Neben dem Einfluss der verschiedenen Haltungsbedingungen war ein weiterer Aspekt der vorliegenden Untersuchung, die Prüfung verschiedener zusätzlicher Beschäftigungsmöglich-keiten in Hinblick auf deren Auswirkung auf die Tiere. Dazu wurde der Lebensraum der drei im Zoo Frankfurt gehaltenen Menschenaffenarten, Bonobos, Sumatra Orang-Utans und Westliche Flachlandgorillas im alten Menschenaffenhaus zusätzlich zu der üblichen Beschäf-tigungen mit drei verschiedenen Systemen bereichert. Dabei handelte es sich um ein speziell

Material & Methode

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Abb. 85: K1 mit eingezeich-netem Lösungsweg (rote Markierung).

hierfür angefertigtes Kistensystem (K1), modifizierte Feuerwehrschläuche und präparierte Tennisbälle. Die Beschäftigungsmöglichkeiten standen den drei Arten an vier aufeinander folgenden Tagen zur Verfügung, die detaillierten Daten können der Tabelle 5 entnommen werden. Die Funktionsweise dieser Umweltbereicherungen basiert auf dem Prinzip eines (engl.:) ‚Puzzle-feeders‘, dies bedeutet, dass die Tiere durch Futtermittel motiviert werden.

Mit einer detaillierten Darstellung der Bereicherungen werden sich die folgenden Abschnitte beschäftigen.

Tab. 5: Darstellung der Beschäftigungszeiträume in Abhängigkeit von der Art und der Beschäftigung.

Art Beschäftigung Zeitraum

Gorilla g.gorilla Kistensystem 1 06.03. - 09.03.2007 Gorilla g.gorilla Feuerwehrschläuche 24.04. - 27.04.2007 Gorilla g.gorilla Tennisbälle 14.08. - 17.08.2007 Pan paniscus Kistensystem 1 24.03. - 27.03.2007 Pan paniscus Feuerwehrschläuche 26.06. - 29.06.2007 Pan paniscus Tennisbälle 10.03. - 13.03.2008 Pongo abelii Kistensystem 1 12.03. - 15.03.2007 Pongo abelii Feuerwehrschläuche 07.05. - 10.05.2007 Pongo abelii Tennisbälle 23.10. - 26.10.2007 3.2.1 Kistensystem 1

Beim Kistensystem 1 (K1) handelt es sich um eine Beschäftigungsmöglichkeit, die nach einer Idee des Reviertierpflegers Carsten Knott gebaut wurde, und bereits in Untersuchungen von MÜHL (2006), ZÖLLMANN (2006) und BEHRINGER (2006) sowie BEHRINGER ET AL.(2008) Anwendung gefunden hatte. Von K1 wurden im Zusammenhang mit den genannten Untersuchungen drei baugleiche Exemplare ange-fertigt (Abb. 85). Bei diesem System konnten die Menschen-affenarten unter Zuhilfenahme von Stöcken die eingebrachten

Nahrungsmittel aus den Futterboxen gewinnen. Dazu mussten die Tiere das am Stock aufgespießte Futterstück durch ver-schiedene Abteile der entsprechenden Kiste führen, um diese schließlich aus einer Öffnung am gegenüberliegenden Ende der Futterbox extrahieren zu können.

Material & Methode

Abb. 86: Aufhängung von K1.

Abb. 87: K1 nach der Modifi-kation.

Die Frontseite des K1 besteht aus 15mm starkem Makrolon, in der Größe 650 x 650mm. Die darin befindlichen Führungsschlitze weisen eine Breite von 115mm auf und die Öffnung für die Entnahme der Nahrungsmittel befindet sich – bei der

Betrachtung der Aufsicht – unten rechts und hat einen Durch-messer von 100mm (Abb. 86). Der Korpus der drei Kisten wurde aus wasserfestem, mehrfach verleimtem Sperrholz mit den Maßen 650 x 250mm angefertigt. Die Rückwand der Kisten besteht aus 630 x 630mm Plexiglas, das eine Wand-stärke von 10mm hat. In der oberen rechten Ecke – ebenfalls bei der Betrachtung der Aufsicht – befindet sich eine weitere Öffnung, die der Befüllung dient und durch einen dafür ange-fertigten Plexiglasschieber verschließbar ist. Die Kanten der Kisten wurden durch Metallwinkel verstärkt. In den Kisten

selbst befinden sich je drei Zwischenwände, die auch aus wasserfestem Sperrholz angefertigt worden waren, mit einer Stärke von 10mm, einer Tiefe von 150mm und einer Höhe von 480mm. Um eine Installierung der Kisten zu ermöglichen wurden je zwei Metallwinkel mit Überstand sowohl an der Ober- als auch an der Unterseite befestigt. Mit dieser Modifikation war es möglich, die Kisten in die Gehegegitter einzuhängen und sie mit Widerlagerhaltern und Schrauben zu fixieren (Abb. 86). Da der Korpus der Kisten den Tieren uneingeschränkt zugänglich war, wurde er auf der Frontseite zur Stabilisierung mit einem Metallrahmen versehen, der mit Rostschutz besprüht wurde (Abb. 87).

Bei den Bonobos und den Orang-Utans wurden die drei Kisten jeweils an den Gehegegittern zum Besucherraum hin befestigt (Abb. 86) und nach jedem Beobachtungs-zyklus aus den Anlagen entfernt. Bei den Gorillas wurden die Kisten für die Gesamtaufnahme fest in die Innenanlage installiert. Dabei befand sich eine der Kisten an der Zu-gangstür auf der linken Seite vom Besucherraum aus betrachtet. Eine weitere Kiste wurde an der erwähnten

Balustrade befestigt. Die dritte Kiste wurde an einer der Holzverblendungen im unteren Innenanlagenbereich kurz über Bodenhöhe angebracht.

Material & Methode

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Mit unterschiedlichen Nahrungsmitteln sollten die Menschenaffen zu Aktivitäten an den

‚Puzzle feedern‘ motiviert werden. Die dabei verwendeten Futtermittel können der Tabelle 6 entnommen werden. Die Anzahl der Nahrungsmittel variierte in Abhängigkeit von Tag und Kiste, jedoch waren immer mindestens zwei verschiedene Futtersorten in jeder Kiste vorhanden. Die Bestückung des K1s fand bei den Gorillas im Rahmen der morgendlichen Reinigungsarbeiten statt. Bei den anderen beiden Arten fiel die Befüllung der Kisten mit deren Anbringen und Fixieren zusammen. Zusätzlich wurden den Bonobos und den Orang-Utans Zweige als mögliche Manipulationswerkzeuge angeboten. Bei den Gorillas war dies aufgrund der natürlich bewachsenen Außenanlage nicht notwendig.

Nach Beendigung der Datenaufnahme bei den Gorillas, bzw. nach Abnahme der Kisten am Ende des Versuchstages, wurden die Kistensysteme gründlich gereinigt.

Tab. 6: Nahrungsmittel im Kistensystems 1 in Abhängigkeit von der Art und dem eingesetzten Tag.

Art Tag Futtermittel

Gorilla g.gorilla 1 Laubpellets, Rosinen, Brötchen Gorilla g.gorilla 2 Brötchen, Rosinen

Gorilla g.gorilla 3 Brötchen, Rosinen Gorilla g.gorilla 4 Trockenobst, Rosinen

Pan paniscus 1 Orange, Tomate, Rosinen

Pan paniscus 2 Birne, Orange, Zitrone, Trockenobst Pan paniscus 3 Ananas geviertelt, Avocado, Rosinen Pan paniscus 4 Birne, Orange, Rosinen

Pongo abelii 1 Avocado, Kiwi, Rosinen Pongo abelii 2 Brot, Birne, Orange, Rosinen

Pongo abelii 3 Papaya, Orange, Rosinen, Trockenobst Pongo abelii 4 Eier, Honigmelone, Birne, Rosinen 3.2.2 Modifizierte Feuerwehrschläuche

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden acht Feuerwehrschläuche (Druckschlauch Größe A) modifiziert. Diese sollten in mehr oder weniger stark ausgeprägter U-Form in den Gehegen angebracht und mit Nahrungsmittel bestückt werden. Die Tiere sollten durch Anhe-ben und Schütteln der selbigen die Futtermittel den Schläuchen entnehmen. Auch hier ist die Grundidee der möglichst zeitaufwendig gestaltete Zugang zu begehrter Nahrung.

Material & Methode

Abb. 89: Montierte Schläuche in der Bonobo-anlage.

Abb. 88: Aufhängung eines Feuerwehr-schlauches.

Die Schläuche wurden in verschieden lange Stücke von 5-15m zugeschnitten. In den Enden der Feuerwehrschläuche wurden 20cm lange

Metallrohre mit einem Durchmesser von 11 cm befestigt. Diese sollten die Enden der Schläuche offen halten, damit die Nahrungs-mittel eingefüllt und herausgeholte werden konnten. Die Metallrohe wurden mithilfe von

mindestens zwei Gewindestangen in den Schläuchen fixiert. Bevor diese Gewindestangen mit dem Metallrohr verschraubt werden konnten, wurden Metallketten an den Ge-windestangen befestigt, wie der Abbildung 88 zu entnehmen ist, die eine Installation der Feuerwehrschläuche in den Anlagen mit zum Beispiel Schäkeln (‚Kuhmäulern‘) ermöglichte (Abb. 89).

Wie der Tabelle 5 entnommen werden kann, wurden die auf die oben beschrie-bene Weise modifizierten Feuerwehr-schläuche zunächst in der Anlage der Gorillas, darauf bei den Orang-Utans und anschließend bei den Bonobos installiert. Bei den Gorillas wurde als Durchführungsraum die Innenanlage gewählt. Dort wurden die Schläuche in jeder der Ebenen in unterschiedlichen Höhen angebracht. Die Schläuche verblieben für den Versuchszeitraum in der Anlage und standen den Tieren damit auch nach Beendigung der Datenaufnahme weiterhin zur Verfügung. Bei den Sumatra Orang-Utans wurden mit den Schläuchen die beiden vergitterten Innenanlagen bestückt. Auch hier wurden die Schläuche in unterschiedlich stark ausgeprägter U-Form in differenzierten Höhen angebracht. Die Aufhängungsform und Weise ist kongruent für die Einrichtung der Feuerwehrschläuche in den Bonoboanlagen (Abb. 89). Bei den Bonobos wurden alle drei Innenanlagen mit der Beschäftigungsmöglichkeit ausgestattet. Sowohl bei den Bonobos als auch bei den Orang-Utans verblieben die Schläuche nach der Datenaufnahme wie auch bei den Gorillas in den Anlagen.

Material & Methode

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Abb. 90: Präparation der Tennisbälle.

Weil die Schläuche aufgrund der Versuchsanordnung erst nach vier Tagen wieder gereinigt werden konnten, wurden wenig verderbliche Nahrungsmittel zur Bestückung bevorzugt.

Außerdem mussten die betreffenden Futtermittel bei der Verwendung der Schläuche durch die Tiere auch extrahierbar sein. Deshalb wurden verschiedene Mixturen aus Erdnüssen, Walnüssen, Rosinen, Trockenobst und Sonnenblumenkernen gewählt. Nachdem die Daten-aufnahme abgeschlossen war, wurden die Feuerwehrschläuche abgebaut und zur Reinigung in den Keller gebracht und dort auch getrocknet.

3.2.3 Präparierte Tennisbälle

Neben der Verwendung von fest installierten Bereicherungsmöglichkeiten wurde das Verhalten der Tiere mit mobilen und leicht zu präparierenden Tennisbällen untersucht. Die Vorlage für diese Beschäftigungsmöglichkeit entstammt aus dem Enrichment-Katalog

„Environmental Enrichment – A manual for enriching the lives of great apes in human care“

(THE JANE GOODALL INSTITUTE & DER BERUFSVERBAND DER ZOOTIERPFLEGER E.V.). Diese Art der Beschäftigung wurde ebenfalls wäh-rend der Untersuchungen von MÜHL

(2006), ZÖLLMANN (2006) und BEHR

-INGER (2006) den Menschenaffen im Frankfurter Zoo angeboten.

Im Rahmen dieser Untersuchung wurden im Vorfeld 270 Tennisbälle gesammelt, die aufgrund von

Defek-ten etc. von Nadja Gattinger sowie dem TC Aumenau Langhecke und dem TSV Steeden zur Verfügung gestellt wurden. Von diesen Bällen wurden 230 präpariert (Abb. 90) und den Tieren, wie in Tabelle 7 aufgeführt, zur Verfügung gestellt. Durch Manipulation der Bälle sollten die Menschenaffen auch hier an den Inhalt der Tennisbälle gelangen.

Material & Methode

Abb. 91: Füllung eines Ten-nisballs mit Sonnenblu-menkernen.

Tab. 7: Anzahl der eingebrachten Tennisbälle abhängig von Art und Tag.

Art Tag Anzahl Bälle Davon nicht befüllt

Gorilla g.gorilla 1 20 0

Gorilla g.gorilla 2 20 0

Gorilla g.gorilla 3 alte + 15 0

Gorilla g.gorilla 4 20 0

Pan paniscus 1 16 pro Gruppe 5 Pan paniscus 2 16 pro Gruppe 5 Pan paniscus 3 16 pro Gruppe 5 Pan paniscus 4 16 pro Gruppe 5

Pongo abelii 1 20 5

Pongo abelii 2 20 5

Pongo abelii 3 20 5

Pongo abelii 4 20 5

Zur Präparation wurden die Tennisbälle mit einer Ahle angestochen, damit eine möglichst kleine Öffnung entstand. In diese wurde, wie in Abbildung 91 gezeigt, ein Plastiktrichter eingeführt, über den Hirse, Rosinen und Sonnblumenkerne in

verschiedenster Zusammensetzung in die Bälle eingefüllt wurden.

Bei den Gorillas wurden die Tennisbälle nach der Grundreini-gung am Morgen in der Anlage verteilt. Die alten Bälle wurden in diesem Zuge aus der Anlage entfernt. Am dritten Ver-suchstag konnten die Gorillas nicht abgesperrt werden, des-halb wurden zu den 20 verbliebenen Bällen vom zweiten

Versuchstag 15 neue Bälle hinzu gegeben (Tab. 7). Bei den Sumatra Orang-Utans wurden die Tennisbälle in den beiden zum Besucherraum hin vergitterten Gehegen verteilt. Auch hier wurden die Bälle erst am folgenden Tag im Rahmen der Reinigung aussortiert. Bei den Bono-bos stellten die Tennisbälle die einzige Beschäftigung dar, bei der die Gruppe getrennt blieb.

Deshalb wurden jeder Gruppe 16 Tennisbälle zur Verfügung gestellt, von denen, wie auch bei den Orang-Utans, je fünf Bälle keinen Inhalt hatten (Tab. 7). Die Bonobos bekamen die Bälle entweder über die Schlafboxen dargereicht oder aber wurden ebenfalls vorher abge-sperrt. Wie bei den beiden anderen Arten wurden auch hier die benutzten Bälle am Folgetag aus den Anlagen entfernt.

Material & Methode

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Die aus den Anlagen entnommenen Tennisbälle bzw. Tennisballteile wurden als Abfall entsorgt.