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5 DISKUSSION

5.1 Der Einfluss von PARP-1 auf Zellvitalität und Zellzyklus unter

PARP-1 erfüllt in der oxidativ gestressten Zelle eine duale Rolle. Auf der einen Seite ist dieses Enzym wesentlich an der Initiierung von DNA-Reparaturmechanismen und dem Abbau oxidativ denaturierter Proteine beteiligt [2]. Auf der anderen Seite ist PARP-1 in die Apoptose stark oxidativ geschädigter Zellen involviert und kann bei Überaktivierung zudem einen nekrotischen Zelltod auslösen [1,2,46].

Besonders unter mildem oxidativen Stress fördert PARP-1 Reparaturmechanismen [46]

und macht somit die Zelle resistenter gegen oxidativ schädigende Substanzen. Aktiviert durch Strangbrüche in der DNA, beginnt PARP-1 sich selbst und andere Kernproteine zu poly(ADP-Ribosyl)ieren, ändert damit deren Interaktionsmöglichkeiten mit der negativ geladenen DNA und ermöglicht u. a. Reparaturproteinen, wie z. B. „single strand break repair“ (SSBR)-Enzymen oder „base excision repair“ (BER)-Proteinen den Zugang zur DNA [2]. Sowohl SSBR als auch BER sind in Zellen mit PARP-1-Defekt beeinträchtigt, und PARP-1-Knockout-Mäuse sind hypersensitiv für verschiedene DNA-schädigende Noxen [2].

Darüber hinaus poly(ADP-Ribosyl)iert PARP-1 auch oxidativ geschädigte Proteine, z. B. Histone, und aktiviert das 20S-Proteasom zum Abbau oxidativ veränderter Proteine [4]. TUR-Zellen haben eine hohe PARP- und Proteasom-Aktivität [25,13] und sind daher in der Lage, oxidativen Stress besonders gut zu tolerieren [5]. Auch in anderen malignen Tumorzellen können hohe PARP-Aktivitäten sowie die Fähigkeit, einen höheren Grad an oxidativer Schädigung zu überstehen beobachtet werden [5].

TUR-Zellen mit eingeschränkter PARP-Aktivität, entweder durch PARP-Inhibition oder nach Transfektion eines antisense-PARP-1-Gens (TUR asPARP-Zellen), sind emfindlicher für das oxidativ schädigende Zytostatikum Adriamycin als TUR-Zellen mit ungeminderter PARP-1-Funktion [13].

Neben diesen zellerhaltenden Funktionen bei milder oxidativer Schädigung ist PARP-1 unter stärkerem oxidativen Stress dagegen in verschiedene Wege der Apoptose-Einleitung involviert, z. B. über die Translokation des proapoptotischen Proteins

Kondensation von Chromatin und die Fragmentierung der DNA zur Folge hat [46,2].

Darüber hinaus kommt es bei PARP-Überaktivierung im Rahmen schwerster oxidativer DNA-Schädigung zum nekrotischen Zelltod durch übermäßigen NAD+- und ATP-Verbrauch [1,46] sowie über eine PARP- und proteasomabhängige Aktivierung des Transkriptionsfaktors NFκB und eine daraus resultierende Expressionssteigerung von Entzündungsmediatoren [2,46,9]. Ein übermäßiger ATP-Verbrauch hemmt zudem den apoptotischen Zelltod, weil dieser Energie in Form von ATP benötigt [46]. PARP-Inhibitoren gewähren einen gewissen Schutz vor oxidativen Gewebeschäden im Rahmen von diabetischer Angiopathie, Schock, Arthritis, Kolitis sowie ROS-induzierten kardialen und zerebralen Ischämie-Reperfusions-Schäden [46,15]. Auch PARP-1-Knockout-Mäuse sind weniger emfindlich für Schlaganfall- und Diabetes-Schäden sowie für kardiale Ischämien [3,2]. Dieser Schutz nach PARP-Inaktivierung ist hauptsächlich auf eine Reduktion des nekrotischen Zelltods zurückzuführen [46]. Die Nekrose geht mit Zelllyse und der Freisetzung von schädlichen intrazellulären Proteinen, wie Proteasen, Lipasen etc., einher und stellt daher für den Organismus die gefährlichere Form des Zelltods dar [22]. Deshalb kommt es zu Beginn der Apoptose, d. h. des kontrollierten, programmierten Zelltods, zu einer Spaltung von PARP-1 durch Caspase-3 [1], so dass die im Rahmen der Apoptose stattfindende DNA-Fragmentierung nicht zu einer PARP-Überaktivierung mit ATP-Aufbrauch und daraus resultierender Nekrose führen kann [46].

Diese auf den ersten Blick widersprüchlichen PARP-1-Funktionen – Mitwirkung an Reparaturmechanismen und Überlebensschutz bei mildem oxidativen Stress und Auslösung von Zelltod bei stärkerem oxidativen Stress [46] – werden durch die in dieser Arbeit gezeigten Ergebnisse der Vitalitätsmessungen von TUR-, TUR asPARP- und TUR pTracer-Zellen nach Inkubation mit H2O2 bestätigt. Zu Anfang einer zweistündigen H2O2-Exposition sinkt die Vitalität der TUR asPARP-Zellen (TUR-Zellen mit niedrigerer PARP-1-Expression aufgrund eines transfizierten PARP-1-Gens in antisense-Richtung) deutlich rapider ab und ist signifikant niedriger als die der TUR- bzw. der TUR pTracer-Zellen (Kontrollzellen, die den leeren Transfektionsvektor enthalten). Die reduzierte PARP-1-Expression in den TUR asPARP-Zellen führt in diesem Abschnitt des Experiments zu einer erhöhten Sensibilität der Zellen gegenüber oxidativem Stress. Hier fehlt PARP-1 in erster Linie als Aktiviator von DNA-Reparaturvorgängen und Proteinabbau.

Nach langandauernder Inkubation mit H2O2 bleibt die Vitalität der TUR asPARP-Zellen allerdings langfristig auf einem signifikant höheren Plateau als die der anderen beiden Zelllinien. Bei längeren H2O2-Expositionen, bei denen ein Punkt erreicht wird, an dem die entstandenen Schäden an DNA, Proteinen und anderen Zellbestandteilen nicht mehr reparabel sind, scheint die Funktion von PARP-1 von Zellerhaltung zu Zelltod zu wechseln. Hier macht sich der Mangel an PARP-1 in den TUR asPARP-Zellen durch ein vermindertes Zellsterben bemerkbar, da der Zelle wegen des PARP-1-Mangels ein Mechanismus weniger zur Verfügung steht, der zur Apoptose führt. Dieser Zeitpunkt, an dem die PARP-1-Funktion von zellerhaltenden Mechanismen zur Veranlassung des Zelltods wechselt, fällt unter den gewählten Versuchsbedingungen in den Bereich um 50 min H2O2-Exposition.

Die in diesem Versuchsaufbau ebenfalls aufgefallenen Unterschiede in der Vitalität der TUR pTracer-Zellen zu den TUR-Zellen legen einen Effekt des Transfektionsvektors auf die Vitalität dieser Zellen unter oxidativem Stress nahe. Ein Teil des Unterschieds im Vitalitätsverhalten der TUR asPARP-Zellen ließe sich damit erklären. Allerdings unterschieden sich die TUR asPARP-Zellen in ihrer Vitalität unter H2O2-Inkubation, wie bereits beschrieben, signifikant von den TUR pTracer-Zellen, was nur durch die reduzierte PARP-1-Aktivität in den TUR asPARP-Zellen erklärbar ist.

Bei der Zellzyklusphasen-Bestimmung von TUR-Zellen nach Inkubation mit H2O2 im FACS wird eine Veränderung in der Verteilung der Zellen auf die Zyklusphasen deutlich, die in dasselbe Zeitfenster fällt. Zu Beginn sind in der Zyklusphasenverteilung der Zellen kaum Unterschiede zur unbehandelten Kontrolle erkennbar. Dies deutet darauf hin, dass die vital gebliebenen Zellen nach wie vor den Zellzyklus durchlaufen, unter Berücksichtigung des Effekts, dass zu einem gewissen Teil auch nicht mehr vitale Zellen in die FACS-Zellzyklusanalyse miteingehen, sofern die Fragmentierung von Zelle, Zellkern und DNA nicht allzu weit fortgeschritten ist.

Im weiteren Verlauf der oxidativen Exposition beginnt die Sub-G1-Fraktion, die apoptotische Zellreste enthält, stark zuzunehmen, während die übrigen Phasen, insbesondere die G0/G1-Phase, abnehmen. Diese Veränderung stützt die oben beschriebene Annahme, dass in den TUR-Zellen mit hoher PARP-Expression nach längerer oxidativer Exposition ein Punkt erreicht wird, an dem das Ausmaß der Schädigung nicht mehr reparabel ist und die Zellen von Reparatur auf Apoptose umschalten.

5.2 ROS-Abwehrproteine unter oxidativem Stress in