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1 EINLEITUNG

1.1 Oxidativer Stress

1.1.3 Abwehrmechanismen der Zelle gegen oxidativen Stress

Der Zelle stehen mehrere Wege zur Verfügung, um Schäden durch reaktive Sauerstoffverbindunden abzuwehren oder entstandene Schäden zu beseitigen. Zum einen gibt es eine Vielzahl zelleigener Antioxidantien, die ROS unschädlich machen, bevor Schaden entsteht. Zum anderen können oxidativ modifizierte Moleküle erkannt werden, um sie entweder zu reparieren oder abzubauen.

Bei den Antioxidantien werden nichtenzymatische und enzymatische unterschieden. Zu den nichtenzymatischen zählen α-Tocopherol (Vit. E), Ubichinon (Coenzym Q), β-Carotin (Pro-Vit. A), Ascorbat (Vit. C) und Glutathion. Sie reduzieren ROS und werden dabei selber oxidiert. Zum Teil sind hier noch weitere Coenzyme notwendig, um die Antioxidantien anschließend wieder zu regenerieren oder um Reaktionsprodukte ausscheidbar zu machen. Die Glutathion-Reduktase z. B. bringt oxidiertes Glutathion unter NADPH-Verbrauch zurück in seine reduzierte, antioxidativ wirksame Form [16,29].

Die Gruppe der enzymatischen Antioxidantien bilden Superoxiddismutasen (SOD), Katalasen und Peroxidasen. Die SOD wandelt 2 hochreaktive Superoxid-Anionen ( O2-)

zu einem Sauerstoff-Molekül und einem Peroxid-Dianion (O22-) um, welches mit 2 Wasserstoffionen zu H2O2 reagiert. Daraus entsteht mithilfe einer Peroxidase unter Oxidation eines Substrats Wasser. Als Alternative kann auch durch die Katalase aus 2 Wasserstoffperoxidmolekülen Wasser und Sauerstoff gebildet werden [16]. Die SOD kommt in Säugerzellen als kupfer- und zinkhaltige Cu,ZnSOD und als manganhaltige MnSOD vor. Die MnSOD ist überwiegend in der mitochondrialen Matrix, die Cu,ZnSOD überwiegend im Zytosol lokalisiert [17,18]. Eine Hochregulation der SOD wird bei vielen Krankheiten, die mit ROS in Verbindung gebracht werden, beobachtet.

Dazu zählen einige neurologische Erkrankungen, wie Mb. Parkinson, Mb. Alzheimer oder Amyotrophe Lateralsklerose, bestimmte anämische Störungen der roten Blutkörperchen sowie verschiedene maligne Neoplasien [17].

Ist es bereits zu Proteinschäden im Rahmen von oxidativem Stress gekommen, so können diese bis zu einem bestimmten Ausmaß von initial vorhandenen oder induzierbaren Reparaturproteinen rückgängig gemacht werden. Einige kovalente Modifikationen an der Primärstruktur von Proteinen können durch Enzyme, wie die Thioredox-Reduktase, die Disulfid-Isomerase oder die Methionin-Sulfoxid-Reduktase, behoben werden. Die Tertiärstruktur kann z. T. von Chaperonen durch erneute Faltung wieder hergestellt werden [11]. Chaperone sind Proteine, die zu den Hitzeschockproteinen (Hsp) gehören und mithilfe einiger Coenzyme die korrekte Faltung von neuen oder fehlgefalteten Proteinen unter ATP-Verbrauch katalysieren. Sie haben eine große Affinität zu hydrophoben Aminosäureresten, die bei abnorm gefalteten Proteinen an die Oberfläche treten. Indem Chaperone an diese hydrophoben Bereiche binden, verhindern sie die Bildung von großen Aggregaten aus fehlgefalteten Proteinen und schaffen gleichzeitig günstige Bedingungen für eine korrekte Faltung [22].

1.1.4 Abbau oxidativ geschädigter Proteine durch das 20S-Proteasom

Proteine, die so stark geschädigt sind, dass sie nicht repariert werden können, werden abgebaut, wie die gesteigerte Proteolyserate nach mildem oxidativen Stress zeigt [4].

Bei extremer oxidativer Schädigung nimmt die Proteolyse-Aktivität allerdings ab. Dies ist darauf zurückzuführen, dass gravierend veränderte Proteine in großen Aggregaten

einen bestimmten Grad an Schädigung, bei dem die Proteolyse maximal gesteigert ist.

Für Hämoglobin wurde z. B. eine maximale Abbaurate durch isolierte Erythrozyten-Proteasomen bei einer H2O2-Konzentration von 30 µM beobachtet [11].

Der Abbau von intrazellulären Proteinen findet hauptsächlich im Proteasom statt und ist komplex reguliert [7]. Proteasomen sind primär im Zytosol lokalisiert, kommen aber auch im Nukleus, in der Zellmembran sowie in Teilen des Zytoskeletts und des endoplasmatischen Retikulums vor. Einige α-Untereinheiten enthalten nukleäre Lokalisationssignale (NLS), was das Vorkommen von Proteasomen im Zellkern bestätigt [6].

Als Hauptformen des Proteasoms werden das ca. 700 kDa schwere 20S-Proteasom, das in Säugerzellen die vorherrschende Form darstellt [10], und das ca. 2000 kDa schwere Proteasom unterschieden. Das 20S-Proteasom, das auch die Grundstruktur des 26S-Proteasoms bildet, ist ein röhrenförmiger Proteinkomplex mit einer Länge von 17 nm und einem Durchmesser von ca. 12 nm. Er besteht aus insgesamt 4 Ringen, 2 äußeren α- und 2 inneren β-Ringen, die ihrerseits aus jeweils 7 Untereinheiten aufgebaut sind [6,11]. Die α-Ringe bilden Barrieren zwischen Zytoplasma und den proteolytisch aktiven Innenseiten der β-Ringe. Bestimmten β-Untereinheiten können verschiedene Peptidase-Aktivitäten zugeordnet werden. Die β1-Untereinheit schneidet chymotrypsin-ähnlich nach hydrophoben Aminosäuren, die β2-Untereinheit trypsinähnlich nach sauren Aminosäuren und die β5-Untereinheit caspaseähnlich nach basischen Aminosäuren. Daneben gibt es noch eine „branched chain aminoacid peptidase“

(BrAAP), die nach verzweigtkettigen Aminosäuren spaltet sowie eine „small neutral aminoacid peptidase“ (SNAAP), die nach kleinen neutralen Aminosäuren schneidet.

Mithilfe dieser Peptidasen baut das Proteasom Proteine zu Peptiden mit einer Größe von 3–25 Aminosäuren ab [6].

Dass auch oxidativ geschädigte Proteine proteasomal abgebaut werden, zeigen Versuche mit proliferierenden Zellen nach Stimulation mit H2O2. Nach mildem oxidativen Stress tritt eine Steigerung der Proteolyseaktivität auf, die durch Proteasom-Inhibitoren, wie Lactacystin oder NLVS, gehemmt werden kann [4,5,10]. Außerdem wurde in der humanen Leukämie-Zelllinie K562 eine zeitabhängige Steigerung der proteasomalen Aktivität nach Stimulation mit H2O2 gefunden, die nach 15 min ihr Maximum erreicht hatte und durch Lactacystin gehemmt werden konnte [4]. Von den beiden Haupttypen des Proteasoms, 20S und 26S, ist hauptsächlich das 20S-Proteasom für die Proteolyse oxidativ veränderter Proteine zuständig [11]. In K562-Zellen konnte

im Vergleich von oxidativ modifizierten und nativen Histonproteinen gezeigt werden, dass das 20S-Proteasom selektiv oxidativ veränderte Histone abbaut [4]. Passend zu dieser Aufgabe ist das 20S-Proteasom resistenter gegenüber oxidativer Schädigung durch H2O2 als das 26S-Proteasom [10].

Zu der Frage, wie das 20S-Proteasom oxidierte Proteine erkennt, bzw. wie der Abbau oxidativ geschädigter Proteine durch das 20S-Proteasom auf molekularer Ebene reguliert ist, gibt es verschiedene Beobachtungen. Zum einen bevorzugt das 20S-Proteasom hydrophobe aromatische und aliphatische Aminosäurereste. Während diese im unbeschädigten Protein durch die Tertiär- und Quatärstruktur nach innen gekehrt sind, treten sie durch Strukturänderungen im Rahmen der oxidativen Schädigung nach außen. So könnten diese hydrophoben Reste durch das 20S-Proteasom erkannt werden und ein Signal zum Abbau darstellen. Tatsächlich besteht eine Korrelation zwischen Oberflächenhydrophobizität und proteolytischem Abbau von Proteinen [11]. Zum anderen konnte gezeigt werden, dass der Abbau von oxidiertem Calmodulin durch isolierte 20S-Proteasome von dem Hitzeschockprotein 90 (Hsp90) abhängig ist [14].

Hsp90 kann an das 20S-Proteasom binden und wird in aufgereinigten 20S-Proteasom-Präparationen gefunden. Aus Erythrozyten isolierte 20S-Proteasome bauen in Ab-wesenheit von Hsp90 weder oxidiertes noch natives Calmodulin ab. Nach Zugabe von Hsp90 wird selektiv das oxidierte Calmodulin abgebaut. Außerdem kann die proteasomale Aktivität in der Zelle durch Hsp90-Inhibitoren reduziert werden [14].

Darüber hinaus wird das 20S-Proteasom durch die poly(ADP-Ribose)-Polymerase (PARP) dazu aktiviert, oxidativ geschädigte Proteine abzubauen. PARP wird, wie weiter unten beschrieben, durch DNA-Strangbrüche im Rahmen des oxidativen Stresses aktiviert. Unter Umsetzung von NAD+ bindet es polymere ADP-Ribosen u. a. an oxidativ geschädigte Histonproteine sowie an sich selbst. Auch das 20S-Proteasom wird nach Inkubation mit H2O2 durch PARP poly(ADP-ribosyl)iert, wie in Versuchen mit C14-markiertem NAD+ gezeigt werden konnte [4]. Weitere Hinweise für die essentielle Rolle von PARP beim proteasomalen Abbau oxidativ modifizierter Proteine ist zum einen die Tatsache, dass die Proteolyse von oxidierten Histonproteinen durch PARP-Inhibitoren gehemmt werden kann [4], zum anderen die Korrelation von proteasomaler Aktivität nach oxidativem Stress mit dem Expressionsniveau von PARP-Proteinen [5,24].

Neben dem Abbauweg oxidativ veränderter Proteine über das 20S-Proteasom wird auch eine Beteiligung des Immunoproteasoms am Abbau dieser Proteine diskutiert [10]. Ein

Immunoproteasom entsteht durch Austausch der β-Untereinheiten β1, β2 und β5 in die modifizierten Untereinheiten β1i, β2i und β5i nach Induktion durch verschiedene Zytokine, wie IFNγ, IFNβ und TNFα [6].

1.1.5 Andere Proteinabbauwege

Das 26S-Proteasom stellt neben dem 20S-Proteasom die zweite Proteasom-Hauptform dar. Es besitzt eine Grundstruktur, die dem 20S-Proteasom entspricht, und trägt zusätzlich an beiden Röhrenenden noch eine 19S-Regulatoreinheit (PA 700). Diese besteht aus zwei Subkomplexen mit insgesamt 17 Untereinheiten, darunter 6 AAA-ATPasen („ATPase associated with various cell activities“). Tatsächlich ist die Proteolyse im 26S-Proteasom, im Gegensatz zu der im 20S-Proteasom, ATP-abhängig [6, 10].

Ein weiterer Unterschied in der proteolytischen Aktivität der beiden Proteasom-Haupttypen 20S und 26S besteht darin, dass das 26S-Proteasom Proteine abbaut, die zuvor durch eine angehängte Poly-Ubiquitin-Kette markiert wurden. Ubiquitin ist ein 76 Aminosäuren großes ubiquitär vorkommendes Protein, das mithilfe der Enzyme E1 aktivierendes Enzym), E2 Carrier-Protein) und E3 (Ubiquitin-Protein-Ligase) kovalent an Substratproteine gebunden wird. Da es mehrere hundert verschiedene E3-Enzyme gibt, können je nach Bedarf und zellulären Bedingungen hochselektiv ganz bestimmte Proteine ubiquitiniert und somit zum Abbau markiert werden. Die Funktion der 19S-Regulatoreinheit des 26S-Proteasoms ist dabei die eines Türstehers. Mithilfe von Ubiquitin-bindenden Untereinheiten erkennt und bindet sie ubiquitinierte Proteine. Unter ATP-Verbrauch kann sie diese auffalten sowie den α-Ring des Proteasoms für das abzubauende Protein öffnen [6,7].

Das ubiquitinierte Substratprotein wird durch verschiedene Chaperone zum 26S-Proteasom geleitet. Eines davon ist das 97 kDa schwere „valosin containing protein“

(VCP oder p97). Es gehört zur Gruppe der AAA-ATPasen, ist hauptsächlich im Zytosol, aber auch im Nukleus lokalisiert und bindet an Polyubiquitin-Ketten. Es gibt Hinweise dafür, dass VCP das Substratprotein unter ATP-Spaltung aus dem es umgebenden Proteinkomplex herauslöst, um es für den Abbau im 26S-Proteasom vorzubereiten [27]. VCP spielt in Verbindung mit dem Ubiquitin-26S-Proteasom-System außerdem eine Rolle in verschiedenen Zellprozessen, wie Membranfusion, Zellzyklus-Regulation, Apoptose und zellulären Reaktionen auf Stress-Situationen.

Unter anderem wirkt VCP antiapoptotisch und proliferationsfördernd [28]. Dazu passend wird in vielen Tumorzellen eine gesteigerte VCP-Expression beobachtet [28].

Neben seiner primären Aufgabe, der Proteolyse, werden dem Proteasom, z. T. in Verbindung mit Ubiquitin, Beteiligungen an vielen verschiedenen Zellprozessen zugesprochen, darunter Zellzykluskontrolle und Zellteilung, Zellwachstum und Differenzierung, Transkriptions-regulation, Immun- und Entzündungsreaktionen, Signaltransduktion, Qualitätskontrolle und Beseitigung fehlgefalteter Proteine sowie Apoptose [6–8].

Beim Abbau oxidativ geschädigter Proteine spielt das Ubiquitin-26S-Proteasom-System allerdings keine große Rolle. Es konnte gezeigt werden, dass zum einen Zellen mit gestörter Ubiquitinierungsaktivität (nach E1-Inaktivierung) trotzdem oxidierte Proteine mit unveränderter Aktivität abbauen, und zum anderen die Oxidation bestimmter Proteine, wie Ferritin oder Lysozym, deren Ubiquitinierungsrate nicht steigert.

Außerdem kann der Abbau oxidativ geschädigter Proteine durch Zugabe von ATP nicht verstärkt werden, sondern nimmt in Erythrozyten nach Zugabe von ATP sogar um 10–20 % ab [10,11]. Diese Beobachtungen sprechen gegen den Abbau oxidativ geschädigter Proteine durch das 26S-Proteasom.

Eine andere proteolytisch aktive Zellstruktur stellt das Lysosom dar. Dies ist ein membranumgebenes Zellorganell, in dem verschiedene hydrolytische Enzyme lokalisiert sind, die ihr pH-Optimum im sauren Milieu haben. Im Lysosom können sowohl phagozytierte, exogene Proteine und größere exogene Partikel als auch endogene Proteine und Zellorganellen abgebaut werden.

Die lysosomale Proteolyse ist im Vergleich zur proteasomalen Proteolyse weniger spezifisch, da das Lysosom weder die unterschiedlichen Halbwertszeiten verschiedener endogener Proteine beachtet, noch auf wechselnde physiologische Rahmen-bedingungen, wie Nährstoffangebot, Hormonspiegel oder zellulären Stress, reagieren kann. Inhibition des Lysosoms hat einen gewissen Einfluss auf den Abbau langlebiger endogener Proteine, aber keinen auf den Abbau kurzlebiger [7]. Daher wird das Lysosom vor allem mit dem Abbau intrazellulärer Proteine mit langen Halbwertszeiten und dem ganzer Zellorganellen sowie extrazellulärer Proteine in Verbindung gebracht.

Für den spezifischeren Abbau von kurzlebigen und regulatorischen Proteinen sowie für den Proteinabbau als Anpassung auf wechselnde Bedingungen ist dagegen das Proteasom verantwortlich [7]. Bei der Reaktion auf oxidativen Stress und beim Abbau oxidativ geschädigter Proteine spielt das Lysosom keine besondere Rolle, wie Versuche

mit extrazellulärem, oxidativ geschädigtem Apolipoprotein B bekräftigen. Nach erfolgter Endozytose ins Lysosom wird dieses Protein nur in geringem Ausmaß abgebaut und akkumuliert vielmehr im Lysosom [11]. Darüber hinaus ist nach Endozytose die Halbwertszeit im Lysosom für oxidiertes Albumin länger als die für natives Albumin [11].

1.1.6 PARP-Aktivität bei oxidativem Stress

Eine unmittelbare Reaktion auf oxidative DNA-Schädigungen ist die Aktivierung der poly(ADP-Ribose)-Polymerase (PARP), die unter Verbrauch von NAD+ und Ab-spaltung von Nicotinamid verzweigte Ketten von bis zu 200 ADP-Ribosen an Akzeptorproteine kovalent bindet. Diese posttranslationale Modifikation kommt in fast allen kernhaltigen Zellen vor. Durch das angehängte, stark negative ADP-Ribose-Polymer verändern sich die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Akzeptorproteins. Dies beeinflusst z. B. die Interaktionsmöglichkeiten zwischen zwei Proteinen oder die Affinität von Kernproteinen zur ebenfalls negativ geladenen DNA.

Natürlicher Gegenspieler von PARP ist das Enzym poly(ADP-Ribose)-Glycohydrolase (PARG), das von ADP-Ribose-Polymeren terminale ADP-Ribose-Monomere abspaltet.

Damit diese in der Zelle keine weiteren Proteinschäden durch Ribosylierung verursachen, werden sie direkt nachfolgend von der ADP-Ribose-Pyrophosphatase in AMP und Ribose-5-Phosphat gespalten [1].

Die verschiedenen Mitglieder der PARP-Familie, von denen heute 18 bekannt sind, kommen in unterschiedlichen Zellkompartimenten vor [1,3]. Während über einige noch wenig bekannt ist, wurden andere mit verschiedensten Funktionen in vielen zellulären Prozessen in Verbindung gebracht, wie z. B. PARP-1, -2 und -3 mit DNA-Reparatur, Genom-Stabilitätssicherung und Transkriptionsregulation, Tankyrase-1 und -2 mit Mitose und Modulation der Telomer-Länge sowie vault-PARP mit der Regulation von endosomalem Vesikeltransport [1–3]. Auch an der Regulation des proteasomalen Proteinabbaus [4,5] und an Apoptosevorgängen sind PARP-Proteine beteiligt [46]. Das am besten erforschte Mitglied der PARP-Familie ist PARP-1, ein überwiegend nukleäres Enzym, das aus 3 Domänen besteht, die sich noch in 6 Module (A–F) unterteilen lassen. N-terminal befindet sich die DNA-bindende Domäne (DBD) mit zwei Zinkfinger-Motiven und einem nukleären Lokalisationssignal (NLS), das PARP-1 als Kernprotein ausweist. Zusätzlich besitzt PARP-1 eine Automodifikations-Domäne

und eine C-terminal liegende katalytische Domäne, die NAD+ binden, ADP-Ribose übertragen und Kettenverzweigungen katalysieren kann [1].

Einzel- oder Doppelstrangbrüche in der DNA, z. B. durch ionisierende Strahlen, Alkylantien oder Oxidantien, steigern die Aktivität von PARP-1 in wenigen Minuten um das 100fache. Das bedeutendste Akzeptorprotein für die poly(ADP-Ribosyl)ierung ist dabei PARP-1 selber. Neben dieser Automodifikation, werden aber auch andere, meist mit dem Chromatin assoziierte Proteine, wie Histone, Ligasen, DNA-Polymerasen, DNA-Topoisomerasen sowie die Transkriptionsfaktoren p53 und NFκB, poly(ADP-ribosyl)iert. Durch die Änderung von Struktur und Ladung dieser Proteine ändert sich auch ihre Beziehung zur DNA, was wiederum Änderungen in der Chromatinstruktur zur Folge hat [1,2]. Dies könnte Reparaturproteinen, wie z. B.

„single strand break repair“ (SSBR)-Enzymen, den Zugang zur geschädigten DNA ermöglichen. Auch die Rekrutierung des Reparaturfaktors XRCC1 an der geschädigten DNA wird durch PARP-1-Aktivität begünstigt. Unabhängig von ganzen DNA-Strangbrüchen tritt PARP-1-Aktivität auch nach Schäden an einzelnen Basen im Rahmen des „base excision repair“ (BER)-Prozesses auf. Dabei gibt es direkte Interaktionen zwischen PARP-1 und der DNA-Ligase III [2].

Auch am Abbau oxidativ geschädigter Histone ist 1 indirekt beteiligt. Bei PARP-Inhibition durch 3-ABA, 6(5H)Phenanthridinon oder 4-Amino-1,8-Naphthalimid ist der Abbau von oxidierten Histonen nach H2O2-Behandlung sowohl in vitro als auch in vivo deutlich gehemmt [4]. Durch poly(ADP-Ribosyl)ierung aktiviert PARP-1 das

20S-Proteasom, das oxidativ geschädigte Proteine abbaut [4]. In Versuchen mit [14C]-markiertem NAD+ und H2O2 mit und ohne PARP-Inhibitoren konnte in der

anschließenden Untersuchung des 20S-Proteasoms gezeigt werden, dass dieses tatsächlich selbst Substrat für die poly(ADP-Ribosyl)ierung durch PARP ist [4].

Abgesehen von der Reaktion auf oxidative Schäden erfüllt PARP-1 in der Zelle noch weitere Aufgaben. So gibt es z. B. Hinweise darauf, dass Mitglieder der PARP-Familie eine wichtige Rolle in der Stabilitätssicherung des Genoms während der Mitose spielen [2]. Des Weiteren wurden Interaktionen von PARP-1 mit verschiedenen Transkriptions-faktoren, z. B. NFκB, beschrieben, so dass PARP-1 möglicherweise eine Rolle an der Transkriptionsregulation spielt [1,25].

Wie bedeutend die Rolle von PARP-1 in der Sicherung der Integrität des Genoms ist, zeigen Versuche an Mäusen mit PARP-1-Defekt. Diese sind sowohl auf zellulärer Ebene als auch auf der Ebene des gesamten Organismus hypersensitiv für ionisierende

Strahlung, Alkylantien und Oxidantien [2]. Außerdem sind die Rekrutierung des Faktors XRCC1 beim „single strand break repair“ und bestimmte Schritte beim „base excision repair“ in Zellen mit PARP-1-Defekt beeinträchtigt [2]. Doppel-Knockout-Mäuse, die weder PARP-1 noch PARP-2, das ebenfalls durch DNA-Strangbrüche aktiviert wird und mit Proteinen des SSBR und BER interagiert, exprimieren, sind nicht lebensfähig und sterben sehr früh in der Embryonalphase ab [1,2].

Neben all diesen zellerhaltenden Funktionen ist PARP-1 auch in Apoptosevorgänge involviert. So wurden in frühen Apoptosephasen massive Formationen von poly(ADP-Ribosen) beobachtet [1]. Außerdem induziert PARP-1 nach Einleitung der Apoptose die Translokation des proapoptotischen Proteins „apoptosis-inducing factor“ (AIF) aus dem Intermembranraum des Mitochondriums in den Zellkern, wo dieses an der Kon-densation des Chromatins und der Fragmentation der DNA beteiligt ist. Darüber hinaus kann eine Überaktivierung von PARP-1 auch zu nekrotischem Zelltod durch einen übermäßigen NAD+-Verbrauch führen [1]. Aufgrund dieser beiden Mechanismen sowie über die Aktivierung des proinflammatorischen Faktors NFκB wird PARP mit einigen entzündlichen Erkrankungen und mit zerebralen und myokardialen Ischämie-Reperfusions-Schäden in Verbindung gebracht [1,2]. PARP-1-Knockout-Mäuse sind tatsächlich weniger vulnerabel für ischämische Hirn- und Myokardinfarkte, septischen Schock und auch für induzierbaren Diabetes mellitus [1–3].

1.1.7 Physiologische und pathophysiologische Beispiele für oxidativen Stress

Da in der mitochondrialen Atmungskette kontinuierlich geringe Mengen ROS als Nebenprodukte entstehen, gehören oxidative Modifikationen von zellulären Strukturen zu den natürlichen Konsequenzen des aeroben Stoffwechsels [18,11]. Die Aufsummierung dieser im Laufe des Lebens entstehenden Schäden tragen zum Alterungsprozess von Zellen, Geweben und Organismen bei. Gleichzeitig nimmt die proteolytische Aktivität und damit die Regeneration von Schädigungen im Alter ab [9,14]. Alterserscheinungen, wie Katarakt oder altersabhängige Muskeldegeneration, sind mit ROS-Schäden assoziiert [17]. Außerdem gehört die Produktion von ROS durch Abwehrzellen zur normalen Entzündungsreaktion. In aktivierten Monozyten kann durch H2O2 u. a. die Produktion der Inflammationsfaktoren Cyclooxygenase 2, Prostaglandin E2 und Matrixmetalloproteinase-1 (MMP-1) stimuliert werden [20].

Daher kommen oxidative Zellschäden auch bei entzündlichen und allergischen Erkrankungen, wie Arthritis, Sepsis, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Asthma vor [20,16]. Bei Ischämie-Reperfusions-Schäden, die z. B. bei Myokard- oder Hirninfarkten, bei Schockzuständen, Operationen an inneren Organen oder Organtransplantationen auftreten, entsteht ein Großteil des Schadens während der Reperfusion des zuvor ischämischen Gewebes. Dabei werden neben Entzündungs-mediatoren auch ROS freigesetzt, die zum Gewebeschaden erheblich beitragen [9,15].

Auch physikalische und chemische Noxen, wie UV- oder Röntgenstrahlung, Ethanol und viele Medikamente, induzieren die Produktion von ROS und schädigen u. a.

dadurch Zellen und Gewebe [16].

Darüber hinaus spielen ROS auch eine Rolle bei der Entstehung von Atherosklerose,

verschiedenen Karzinomen [20], einigen neurologischen Erkrankungen, wie Mb. Parkinson oder Mb. Alzheimer [9,17], sowie bei Zellschädigung durch

Hyperglykämie [30].

1.1.8 Anwendung oxidativ schädigender Substanzen in der Krebstherapie

Oxidativer Stress wird in der Chemotherapie vieler maligner Neoplasien zur Schädigung der Tumorzellen eingesetzt. Doxorubicin (Adriamycin), Daunorubicin, Epirubicin und andere Anthrazykline reichern sich im Zellkern an und wirken überwiegend über die Freisetzung von freien Sauerstoffradikalen, die in der Tumorzelle DNA, Histone und anderer Strukturen oxidativ schädigen und DNA-Protein-Crosslinks bzw. Protein-Protein-Crosslinks erzeugen. ROS werden in der Tumorzelle durch Verstoffwechselung des Zytostatikums oder durch Redox-Reaktionen gebildet [4,13,47]. Werden die autonom proliferierenden, humanen Leukämiezelllinien U937 und TUR mit Adriamycin inkubiert, so wird, ähnlich wie bei der Inkubation dieser Zellen mit H2O2, eine Aktivitätssteigerung des Proteasoms beobachtet, wobei das Maximum nach 15 min erreicht wird [13]. Diese Aktivitätssteigerung des Proteasoms ist durch den PARP-Inhibitor 3-ABA um etwa 50 % hemmbar, was anzeigt, dass auch bei der zellulären Reaktion auf oxidativen Stress durch Adriamycin PARP den proteasomalen Proteinabbau aktiviert [13]. In Co-Immunopräzipitationen von Adriamycin- behandelten U937-Zellen mit einem anti-PARP-Antikörper können,

Untereinheiten nachgewiesen werden, was auf eine Assoziation von PARP mit dem 20S-Proteasom nach oxidativem Stress schließen lässt. Sowohl PARP-Inhibitoren als

Untereinheiten nachgewiesen werden, was auf eine Assoziation von PARP mit dem 20S-Proteasom nach oxidativem Stress schließen lässt. Sowohl PARP-Inhibitoren als