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Einfluß der Interessengruppen auf die Zielformulierung

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 133-136)

4. Strategieentwicklung für offene Immobilienfonds

4.1. Der unternehmenspolitische Rahmen als Ausgangspunkt strategi- strategi-scher Überlegungen

4.1.3. Generierung eines strategischen Zielsystems 1. Grundlagen der Zielformulierung

4.1.3.2. Einfluß der Interessengruppen auf die Zielformulierung

In dem überwiegenden Teil der bislang erschienenen Veröffentlichungen zu offenen Immobilienfonds wird die Meinung vertreten, daß das Fonds-management sich im wesentlichen an den Zielen seiner Fondsanleger aus-zurichten habe.381 Dabei wird den klassischen Anlegerzielen Rendite, Wertsicherheit und Liquidität entscheidende Bedeutung beigemessen.

Wie bereits in Abschnitt 3.2. einführend erläutert, muß für diese Arbeit eine erweiterte Sichtweise gewählt werden. Hierfür sind im wesentlichen drei Gründe zu nennen:

Rendite, Wertsicherheit und Liquidität sind weniger als strategische Ziele sondern vielmehr als operative Ziele einzustufen. Sie sind die kurzfristige, operationale und auf den einzelnen Fondsanteil bezogene Konkretisierung strategischer Entscheidungen. Sie haben mit den hier zu betrachtenden strategischen Zielen - etwa der Frage, in welche Richtung sich das

379 Vgl. auch Hahn, Stand, S. 6 ff.; Hinterhuber, Unternehmungsführung, S. 160.

380 Vgl. Jauch/Glueck, Policy, S. 71 ff.

381 Vgl. stellvertretend für andere Abromeit-Kremser, Immobilieninvestmentfonds, S. 146 ff.

mobilienportfolio zukünftig bewegt, oder welche Geschäftsfelder lang-fristig aufgebaut werden sollen - nur insofern etwas gemein, als daß stra-tegische Entscheidungen und ihre Umsetzung an ihrem Erfolg gemessen werden.382

Damit in engem Zusammenhang steht als zweiter Grund der bereits erläu-terte Umstand, daß die Fondsanleger keinen direkten Einfluß auf das Fondsmanagement nehmen können. Ihre Entscheidungsgewalt erstreckt sich nur auf die Frage, ob sie Fondsanteile erwerben oder bereits erwor-bene Anteile verkaufen möchten. Entscheidungskriterium hierfür ist das Maß, in dem die Fondsperformance den individuellen Präferenzen des Anlegers gerecht wird. Dieser Umstand allein kann jedoch nicht die These einer maßgeblichen Beeinflussung des strategischen Zielsystems durch die Fondsanleger rechtfertigen.

Der dritte und wichtigste Grund ist in dem in Abschnitt 3.2. bereits skiz-zierten Zusammenhang zwischen Aktiv- und Passivgeschäft der offenen Immobilienfonds zu sehen. Voraussetzung für den Erfolg der offenen Im-mobilienfonds im Passivgeschäft, d.h. für den Verbleib oder den Zufluß von Anlegerkapital, ist ein entsprechender Erfolg im Aktivgeschäft. Das strategische Management eines offenen Immobilienfonds ist daher auf die unternehmerischen Aktivitäten des Fondsmanagements im Rahmen des Aktivgeschäftes, d.h. auf das Immobilieninvestment, zu richten.

Wenn die oben genannten operativen Ziele der Anleger durch die Fonds-aktivitäten realisiert werden sollen, muß das strategische Zielsystem mit-hin auf die strategischen Herausforderungen auf den Immobilienmärkten ausgerichtet sein. Dies bedeutet nicht, daß der Fondsanleger aus den stra-tegischen Überlegungen des Fondsmanagement gänzlich auszuklammern ist. Ihm sollte jedoch die bereits erläuterte Funktion einer Finanzierungs-quelle zugewiesen werden. Bildlich gesprochen sprudelt diese Quelle nur so lange, wie das Fondsmanagement strategische Entscheidungen für das

382 Diese Form der Erfolgsorientierung entspricht dem grundlegenden erwerbswirt-schaftlichen Prinzip unserer Wirtschaftsordnung und ist daher nicht mit der Forde-rung einer monistischen Ausrichtung auf die Fondsanleger zu verwechseln. Vgl.

auch Kirsch/Bamberger/u.a., Entscheidungsprobleme, S. 103 f.

Immobiliengeschäft trifft, die sich in operativem, meßbarem Erfolg nie-derschlagen oder solchen Erfolg in Zukunft erwarten lassen.383

Zu fordern ist hier daher eine Umkehrung der Sichtweise. Zum einen soll nicht vom Fondsanleger her argumentiert werden, sondern mit Blick auf das Immobilieninvestment und den Mieter der Fondsimmobilien. Zum anderen soll ein strategischer Blickwinkel eingenommen werden. Dieser ist nicht in Konkurrenz zu dem “magischen Ziel-Dreieck” zu sehen, son-dern in komplementärem Verhältnis.

Ein bedeutender Einfluß auf die strategische Zielsetzung der offenen Im-mobilienfonds ist somit auf den Immobilienmärkten zu suchen und in der Gruppe der aktuellen und potentiellen Mieter der Fondsimmobilien zu finden. Während es bei den Zertifikatsinhabern darum geht, “die aus der Immobilie abgeleitete, finanziell umgesetzte und verpackte Dienstleistung an den Anlegerkunden abzusetzen”384, ist es hinsichtlich des Mieterkrei-ses entscheidend, eine den individuellen Präferenzen des Mieters gerecht werdende Raumnutzung anbieten zu können.385

Nicht der bloße Besitz, sondern erst die Vermietung der Fondsimmobilien ermöglicht die Erstellung einer Immobilieninvestmentdienstleistung, die am Kapitalmarkt in Form von Investmentzertifikaten abgesetzt werden kann. Die Gruppe der Mieter ist in den Mittelpunkt strategischer Überle-gungen zu stellen, da letztlich nur sie über die Vermietung der Fondsim-mobilien die Erreichung der Unternehmensziele gewährleistet.386 Dieser Sichtweise entspricht auch die generelle Forderung des strategischen

383 Wird die von den Anlegern erwartete Performance nicht erreicht, so können der ge-ringere Mittelzuflüsse von neuen Anlegern, der Verzicht auf die Wiederanlage der Ausschüttung in neuen Anteilen oder die Rückgabe von Anteilen die Folge sein.

384 Abromeit-Kremser, Immobilieninvestmentfonds, S. 299.

385 Ein offener Immobilienfonds ist nach Waldmann (Immobilien-Investment, S. 380) “ein Dienstleistungsunternehmen mit zwei Schwerpunkten: Zum einen Anlagemedium in Immobilien (...) und zum anderen Produzent von Nutzflächen für die verschie-densten, vielfältigsten Mietinteressenten. Hierzu gehört neben der Sicherung, Ent-wicklung und Modernisierung des Bestands unter Berücksichtigung des Wandels der Arbeits-, Konsum- und Freizeitbedingungen auch die Schaffung neuer Nut-zungen und Mieter”.

386 Es muß daher in diesem Zusammenhang der Mehrzahl der zu offenen Immobilien-fonds erschienenen Veröffentlichungen widersprochen werden, welche den Kreis der Fondsanleger und nicht den Kreis der Mieter als primären Kunden des Fonds sehen. Siehe z.B. Abromeit-Kremser, Immobilieninvestmentfonds, S. 300; Sögtrop, Öf-fentlichkeit, S. 392 f.

nagements, daß ein Unternehmen vom Markt her zu führen und auf die Bedürfnisbefriedigung des Kunden auszurichten sei.387

Als weitere Interessengruppe, der eine gewisse Bedeutung für die strate-gische Zielsetzung zugesprochen werden kann, ist der Kreis der Gesell-schafter der Kapitalanlagegesellschaft zu nennen. Diese sind durch die Wahrnehmung ihrer Funktionen in Aufsichtsrat, Anlageausschuß und Depotbank in der Lage, die Formulierung und Verfolgung strategischer Ziele zu beeinflussen. Das Ausmaß der Beeinflussung läßt sich nur schwer ermessen. Es ist jedoch davon auszugehen, daß eine aktive Rolle im stra-tegischen Willensbildungsprozeß seitens des Gesellschafterkreises zwar nicht beansprucht wird, ihre in der Regel konservativ-adaptive strategi-sche Grundhaltung der Zielsetzung des Fondsmanagements aber eine ge-wisse Orientierung verleiht.388

Schließlich sind der Sachverständigenausschuß und das Bundesaufsichts-amt für das Kreditwesen als Träger von Interessen zu nennen. Die Ab-sicht, strategische Ziele des offenen Immobilienfonds in ihrem Sinne zu beeinflussen, ist mit diesen Interessengruppen kaum in Verbindung zu bringen. Eine aktive Gestaltung der Geschäftsaktivitäten des offenen Im-mobilienfonds ist ihnen von ihrer Aufgabe und Position her verwehrt, so-daß hier lediglich von Informations- und Kontrollfunktionen gesprochen werden kann, die gemeinsam mit den gesetzlichen Bestimmungen Rah-menbedingungen für die Fondsaktivitäten setzen.

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 133-136)