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3. Karthagische Geschichte im Kaiserreich

3.3 Ulrich Kahrstedt: Neue Ansätze in der Karthagoforschung oder das Ende von Le- Le-genden

3.3.1 Neuerungen in methodischer Hinsicht .1 Gegenständliche Quellen als Basis

3.3.1.2 Einflüsse aus der Disziplin der Bevölkerungsgeschichte

Im Gegensatz zu bisherigen Karthagodarstellungen, die zwar gelegentlich Zweifel an den in schriftlichen Quellen angegebenen Zahlen zu Bevölkerungszahlen und Heeresstärken laut werden ließen, schlägt Kahrstedt einen neuen Weg ein, indem er versucht, diese gegebenen-falls zu verifizieren oder – häufiger - zu korrigieren, um so den Kriegsverlauf genauer rekon-struieren zu können.

Bevor dazu Beispiele aufgeführt werden, soll dieser neue Forschungsansatz im Rahmen der Alten Geschichte875 skizziert werden. Als bedeutendster Vertreter ist dabei Karl Julius Be-loch876 hervorzuheben. Dieser Historiker forderte eine nüchterne und objektive Basis der Ge-schichte877, wobei er dazu „die Bevölkerungsbewegung auf einem ausgedehnten Gebiete und während eines längeren Zeitraumes auf Grund systematischer Sammlung und kritischer Sich-tung des gesamten vorhandenen Materials zur Darstellung zu bringen“ 878 beabsichtigte. Sei-ne Untersuchungen verband er konsequent mit administrativen und staatsrechtlichen, aber auch mit quellenkritischen und historisch-geografischen Studien.879 Im steten Bewusstsein, zwar keine exakten Daten liefern zu können, die die Realität detailgetreu abbildeten, war Be-loch jedoch stets von dem Optimismus geleitet, „ein wenigstens in den Hauptzügen treues Bild der Bevölkerungsverhältnisse der antiken Welt“880 geben zu können, selbst wenn seine

875 Karl Christ, RGDGW, S.104, hebt zu Recht hervor, dass die Anregungen durch Nationalökonomie und Statis-tik, die die Bevölkerungsgeschichte entscheidend prägen, im Gesamtrahmen der wissenschaftsgeschichtlichen Entwicklung gesehen werden müssen, wozu nicht nur die volle Entfaltung des Historismus und die Ranke-Renaissance, sondern auch die Profilierung der Soziologie und die Anfänge einer speziellen Sozial- und Wirt-schaftsgeschichte zählen. Vgl. dazu Kocka, Jürgen, Sozialgeschichte. Begriff – Entwicklung – Probleme., Göt-tingen 1977; Wehler, Hans-Ulrich (Hg.), Geschichte und Ökonomie, Köln 1973; ders. (Hg.), Geschichte und Soziologie, Köln 1972; Oestreich, Gerhard Die Fachhistorie und die Anfänge der sozialgeschichtlichen For-schung in Deutschland, in: HZ 208 (1969), S.320-363. Speziell für die Alte Geschichte sei auf Neumann, K.J., Entwicklung und Aufgaben der Alten Geschichte, Strassburg 1909, verwiesen, der zumindest programmatische Äußerungen mit der Tendenz vorlegte, die Nationalökonomie im Sinne Gustav Schmollers für die Geschichts-wissenschaft nutzbar zu machen, wobei es innerhalb der FachGeschichts-wissenschaft zunächst weitgehend bei Postulaten blieb. Als herausragender Vertreter der antiken Wirtschaftsgeschichte, der sich auch mit sozialistischer und mar-xistischer Literatur in seinen Arbeiten auseinander setzte, ist vor allem Robert Pöhlmann zu nennen.

876 Vgl. dazu als Basis der Beschäftigung seine Autobiographie: Beloch Karl Julius, in: Die Geschichtswissen-schaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen, hg. v. Sigfrid Henry Steinberg, Bd. 2, Leipzig 1926, S.1-27. Vgl.

weiter Christ, Karl Julius Beloch (1854-1929), in: ders., Von Gibbon, S.248-285; Momigliano, A., Karl Julius Beloch, in: Dizionario Biografico degli Italiani 8, 1966, S.3-16 (Englische Übersetzung von T. J. Cornell in:

A.D. Momigliano, Studies on Modern Scholarship, Berkeley 1994, S.97-120). Zu Belochs Sicht der griechischen Geschichte vgl. Christ, Hellas, S.80-99.

877 Vgl. dazu jedoch die Widersprüchlichkeit in Belochs Werk, das auch stark von einem „nonkonformistischen Subjektivismus“ (Christ, RGDGW, S.106) und einem beinahe schon „pathologischem Antisemitismus“ (Christ, Hellas, S.83) geprägt ist.

878 Vgl. Beloch, K.J., Die Bevölkerung der griechisch-römischen Welt, Leipzig 1886, V.

879 Vgl. Christ, RGDGW, S.106.

„Annäherungswerte“ hinsichtlich der freien Bevölkerung durchaus bis zu 25 % nach oben oder unten, bei Sklaven sogar um bis zu 50 % schwanken konnten. Bei seiner Ergebnisfin-dung widmete er sich vor allem den Kriterien der militärischen Dienstpflicht, der Bedeutung der Getreideproduktion und des Konsums sowie den Problemen des Bevölkerungsaufbaus nach Alter und Geschlecht.881 Sein Vorgehen umschrieb er selbst so: „Zunächst galt es, in einer zuverlässigen Arealstatistik auf Grund planimetrischer Messungen eine sichere Basis zu schaffen, wozu bis dahin kaum ein Anfang gemacht war. Denn eine Bevölkerungszahl ist gar nichts wert, wenn wir nicht wissen, auf welchen Flächenraum sie sich bezieht, wie anderer-seits der Flächenraum innerhalb gewisser Grenzen, einen Anhalt zur Bestimmung der Volks-zahl gibt. Dann mußte das ganze, aus dem Altertum überlieferte bevölkerungsstatistische Ma-terial gesammelt und kritisch gesichtet werden ... . Endlich mußten alle diese Daten unterein-ander verglichen und in ein geschlossenes System gebracht werden, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse.“882 Wenn Beloch hiermit auch neue Perspektiven für die Forschung eröffnete, so musste er sich immer wieder mit dem Vorwurf auseinandersetzen, er behandle seine Quellen zu subjektiv und neige dazu, Aussagen zu leichtfertig als naiv oder unmöglich zu erklären.883

Mit Belochs Ansatz der Bevölkerungsgeschichte als einer Geschichte der Massen und der engen Verbindung zur Wirtschaftsgeschichte geht auch seine Verneinung der Priorität der Einzelpersönlichkeit einher. Er sah es als eine seiner Glaubensüberzeugungen an, dass die Macht der Verhältnisse gegenüber der freien Willensentscheidung dominiere.884 Seine Haupt-these lautete dazu, eine Alte Geschichte, welche in den „grossen Männern“ die treibende Kraft der Entwicklung sehe, sei gleichviel wie „pueris fabulas narrare, non historiam scribere“

- ein Vorwurf, den schon Sempronius Asellio gegenüber der römischen Annalistik geäußert hatte.885

881 Vgl. Christ, Hellas, S.94.

882 Vgl. Beloch, Autobiographie, S.11 f. Vgl. als Zusammenfassung auch Beloch, Karl Julius, Die Volkszahl als Faktor und Gradmesser der historischen Entwicklung, in: HZ 111 (1913), S.321-337, wobei dies seine Antritts-vorlesung in Leipzig darstellt.

883 Vgl. zur Kritik an Beloch z.B. Seeck, Otto, Die Statistik in der alten Geschichte, in: Conrads Jahrbücher für Nationalökonomie 13 (1897), S.161-176. Vgl. zur Kritik auch Münzer, Friedrich, Rezension zu Karl Julius Be-loch: Römische Geschichte bis zum Beginn der Punischen Kriege, in: Gnomon 3 (1927) S.595-599.

884 Vgl. Christ, Hellas, S.85. Vgl. dazu auch Beloch, Volkszahl, S.337: „Selbst die geistigen Strömungen sind in viel höherem Maße der statistischen Behandlung zugänglich als die meinen, die in der Geschichte nichts anderes sehen, als ein Bündel Heldenbiographien.“

885 Vgl. Näf, Perikles, S.70 f unter Bezug auf Belochs „Griechische Geschichte (1912, Bd. 1, 1, S.16). Dies be-deutet nun freilich nicht, dass Beloch sich nicht mit grossen Persönlichkeiten beschäftigte. Allerdings setzte er

Kahrstedt machte sich die Methode Belochs vor allem bei der Bestimmung der Bevölke-rungszahlen der Stadt Karthago und seinen unterworfenen Gebieten zunutze.886 Ferner ver-suchte er so, realistische Heeresstärken während des zweiten punischen Krieges zu ermitteln.

Wie bereits ausgeführt, hält er es für sehr wichtig, die tatsächliche Größe des punischen Kar-thagos zu festzustellen, aufgrund dieser er dann eine Bevölkerungszahl annehmen kann. Di-rekt auf Vorarbeiten Belochs greift er zurück, wenn er die Bevölkerung des karthagischen Landgebietes zu erfassen versucht. So bezieht er dazu auch schriftliche Quellenäußerungen887 mit ein, die z.B. die Anzahl von Tagesmärschen zwischen den jeweiligen „Endpunkten“ der karthagischen Herrschaft angeben (z.B. Pol.14,7,9; 8,2, wo die Entfernung der Grossen Ebe-nen, die zum karthagischen Gebiet gehörten, nach Utika mit fünf Tagesmärschen angegeben wird.). Die von ihm auf diese Weise ermittelte ungefähre Größe des Landgebietes beträgt 50-55.000 qkm. Ferner berücksichtigt Kahrstedt dann noch Zahlen, die für den großen Söldner-aufstand gegeben werden (70.000 Mann unter Waffen; daneben jedoch noch Bewohner kar-thagotreuer Distrikte und Unbeteiligte; schließlich rund 200.000 Waffenfähige). Bei einer Mitberechnung von Frauen und Kinder kommt Kahrstedt auf rund 600.-700.000 Einwoh-ner.888 Unter Zugrundelegung einer ungleichen Verteilung der Bevölkerung in Abhängigkeit von den natürlichen Gegebenheiten, rechnet er mit einer durchschnittlichen Siedlungsdichte von 12-13 Einwohner / qkm, wobei diese je nach den Umständen von 5-35 Einwohner / qkm schwanken kann. Dieses Beispiel wurde deshalb genauer ausgeführt, da so zugleich die Män-gel, v.a. die subjektive Schätzung an Kahrstedts Methode auffällig werden. Ähnlich ist sein Vorgehen bei der Ermittlung der Bevölkerungszahl des barkidischen Spaniens, nach der teil-weise Vergleiche mit der heutigen Bevölkerungsdichte angestellt werden.889 Auch unter-nimmt Kahrstedt - trotz eigener Bedenken - den Versuch, die Geburtenrate des karthagischen Reiches und darüber hinaus das jährliche Potential an zu Rekrutierenden zu ermitteln: „Sie

886 Hinsichtlich der Zahlen jedoch kommt es sehr wohl zu Abweichungen: So rechnet Beloch (Bevölkerungsge-schichte, S.466 f) mit einer karthagischen Bevölkerung von 200.-300.000 Einwohnern, während Kahrstedt nur rund 130.000 Bewohner annimmt. Hinsichtlich der griechischen Geschichte ist eine engere Anlehnung an Be-loch ersichtlich. Vgl. dazu Näf, Perikles, S.246, 248, 250.

887 Hierbei kann Kahrstedt nur in geringem Maße auf archäologische Ergebnisse zurückgreifen, da ihm zufolge ja noch keine Punisierung des Hinterlandes erfolgt war.

888 Vgl. dagegen Beloch, Bevölkerungsgeschichte, S.470, der von einer Gesamtbevölkerung des karthagischen Afrikas um 200 v. Chr. in Höhe von 3-4 Millionen spricht.

889 Vgl. Kahrstedt, GDK, S.132. Kahrstedt besitzt - ebenso wie Hans Delbrück - wenig Scheu, Zustände der jüngeren Geschichte oder sogar der Gegenwart zur Erhellung der antiken Verhältnisse heranzuziehen. So sieht er in Zuständen in Kurdistan oder Armenien im 19. Jahrhundert, wie sie Moltkes Briefe aus der Türkei illustrieren, ein passendes Vergleichsobjekt für das Numidien des dritten vorchristlichen Jahrhunderts. Vgl. dazu ebenda, S.113. Auch hinsichtlich der Gefechts- und Krankheitsverluste in den jeweiligen Heeren zieht er als Vergleichs-objekte moderne Kriege heran. So schätzt er die Krankheitsverlustes der karthagischen Truppen im mittleren Bereich ein, wobei er als negatives Extrem die englischen und französischen Verluste im Krimkrieg, als positi-ves die ägyptische Expedition Napoleons nennt. Kahrstedt hält 10 % in den ersten Jahren, dann etwas weniger,

wird in den punischen Städten nicht sehr hoch gewesen sein, in Spanien vielleicht recht be-trächtlich. Die jährliche Geburtenziffer beträgt in Ländern mit starker Volksvermehrung bis 40 pro Tausend, in Ländern stationärer Bevölkerung, z.B. im jetzigen Frankreich, nicht viel über 20. Nehmen wir für das karthagische Reich mit seinen unverbrauchten libyschen und iberischen Stämmen etwa 30-35 pro Tausend an, so bekommen wir eine jährliche Geburten-ziffer von 130.000. ... Von dieser Zahl erreicht vielleicht ¼ ( ...) die Volljährigkeit, von den ca. 65.000 in einem Jahre geborenen Knaben also 16.000 das waffenfähige Alter. Mit anderen Worten: in Spanien und Afrika werden jährlich je etwa 8.000 junge Männer wehrfähig.“890 Auch die Ermittlung der verschiedenen Heeresstärken stellt ein Untersuchungsfeld Kahrstedts dar.891 Dabei zieht er vor allem die Angaben, die Livius zu Beginn jedes Jahres über die An-zahl und Verteilung der Legionen macht, in Zweifel.892 Vor allem die Existenz eines sizili-schen Heeres aus zwei Legionen, die sich jedoch als stets untätig erweisen, bedarf der Aufklä-rung.893 Die Überlieferung, dass die Überlebenden von Cannae diese gebildet hätten, ist des-halb nur schwer haltbar, da sie keine Verluste durch Krankheit oder Gefechte erlitten und

„sich augenscheinlich noch in Afrika bis 201 einer robusten Gesundheit“894 erfreut hätten.

Als Basis seiner Berechnungen geht Kahrstedt von einigen Prämissen aus. So nimmt er für die Truppen eine jährliche Verlustrate von 10 – 15 % an895, was bei der von ihm errechneten Stärke der römischen Truppen von 81.600 Mann Landheer und rund 50.000 Flottenpersonal jährlich einen Bedarf von 8.000 bzw. 5.000 Mann darstellte. Dieser kann jedoch durch den bäuerlichen Nachwuchs laut Kahrstedt schon nicht mehr gedeckt werden.896 Als grundsätzli-ches Problem dieser Vorgehensweise muss herausgestellt werden, dass Kahrstedt nicht offen legt, wie er zu den von ihm angenommenen Zahlen kommt. Zwar kritisiert er Delbrück, der angeblich die „Phantasien eines wildgewordenen Annalisten“897 als Quelle für die römischen Anstrengungen benutzt, kann aber seine Zahlen selbst nicht verifizieren.898

890 Ebenda, S.133.

891 Für diesen Bereich kann als Vorreiter vor allem Hans Delbrück genannt werden, der damit die Kriegsge-schichte als eigene Disziplin begründete. Siehe dazu oben S.137. Die Neigung, zwischen antiken und neueren Kriegen Vergleiche anzustellen, ist bei Delbrück in sehr reichem Maße gegeben.

892 Vgl. dagegen Beloch, Bevölkerungsgeschichte, S.381-383, der die grundsätzliche Richtigkeit dieser Angaben eigens betont.

893 Vgl. ebenda, S.439 f.

894 Ebenda, S.440.

895 Vgl. dazu auch ebenda S.441, wo Kahrstedt die Rate der an Krankheit Verstorbenen auf mindestens 5% rech-net, was durch die Länge des Krieges, die grauenvolle Verwüstung Italiens und die mangelhaften sanitären Maß-nahmen ihm nicht zu hoch gegriffen erscheint.

896 Vgl. ebenda, S.441.

897 Ebenda, S.442 FN 1.Vgl. die kritisierte Stelle bei Delbrück, Geschichte der Kriegskunst I, S.358 f.

898 Vgl. dazu jedoch auch Delbrück, Hans, Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte, I:

Das Altertum, 31920, S.324 A, der sich seinerseits ebenfalls vernichtend über Kahrstedts Werk äußert: „Das

Ähnlich verhält es sich mit den Rüstungen Karthagos in Afrika, die er ebenfalls zu quantifi-zieren versucht. Für das Jahr 216 geht er von einer größeren Aushebung von 13.500 Mann aus, die ursprünglich nach Italien geschickt werden sollten, dann aber in Spanien dringender gebraucht wurden. Eine gleiche Anzahl ging auch nach Sardinien.899 Dazu kommen noch die besonders starken Truppen für Sizilien, wo im Jahre 213 nochmals 25.000 Mann zu Fuß, 3.000 Reiter und 12 Elefanten hingeschickt wurden, was nach Kahrstedts Zahlen allein beim Fußvolk mehr als drei Rekrutenjahrgängen entspricht.900 Weiterhin wurden gewaltige Rüs-tungen unternommen, um die Römer von der endgültigen Einnahme der Stadt Syrakus abzu-halten, die 45.-50.000 Mann v.a. für die Flotte umfasst haben, obwohl seit der letzten Aushe-bung erst rund zwei Jahre vergangen waren.901 Durch seine „Zahlenexperimente“ kommt Kahrstedt zu einer bislang einzigartigen Bewertung: „Wir sehen den Krieg für gewöhnlich von römischer Seite, verfolgen und bewundern die Anstrengungen Roms und seine immer neuen Armeen und Flotten, sobald man sich die realen Machtverhältnisse auf der punischen Seite klar macht, erkennt man, wie furchtbar auch hier alle Mittel angespannt werden muss-ten.“902

Zu einer ähnlichen Neubewertung eines historischen Ereignisses kommt Kahrstedt auch beim Hasdrubalzug nach Italien. Wurde z.B. bei Mommsen903 dieser als reale Gefahr gesehen, die durch das nachlässige Verhalten Scipios ausgelöst wurde, so versucht Kahrstedt darzulegen, dass Scipio die Trümmer des von Hasdrubal befehligten karthagischen Heeres ruhig ziehen lassen konnte, da dieses zum einen aufgrund seiner Größe von weniger als 10.000 Mann keine große Bedrohung darstellte. Zum anderen hatte Scipio aufgrund der geschickten Verwendung seiner Truppen seit zwei Jahren keinen Nachschub für Spanien mehr gebraucht, so dass für die Verteidigung Italiens zusätzliche Soldaten zur Verfügung standen.904

Will man die wissenschaftliche Leistung Kahrstedts beurteilen, so kann man ihm im Positiven zugute halten, dass er neue Wege eingeschlagen hat, neue Disziplinen mit einbezog und sich so von der Dominanz der schriftlichen Überlieferung löste. Andererseits muss deutlich her-ausgestellt werden, dass er für viele seiner Behauptungen und Zahlenangaben auf kein siche-res Fundament verweisen kann und so sich den Vorwurf der Beliebigkeit gefallen lassen

es für die Stadt Karthago, sei es für die Heeresstärken, sind, ..., nicht nur unrichtig, sondern entbehren auch jeder wirklichen Anschauung ... .“

899 Vgl. Kahrstedt, GDK, S.451. Kahrstedt gibt die Anzahl der von der Hauptstadt in den ersten dreieinhalb Jah-ren geschickten Truppen mit rund 60.000 Mann an.

900 Vgl. ebenda, S.468.

901 Vgl. ebenda, S.481 f.

902 Ebenda.

903 Vgl. oben S.124 f.

muss. Der Eindruck der Seriosität, die er durch die Angaben von Zahlenmaterial erwecken will, entspricht m.E. nicht der tatsächlichen Lage!

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