• Keine Ergebnisse gefunden

Effekte der XHes2-Varianten in frühen Neurulastadien

2. Ergebnisse

2.2 Charakterisierung des bHLH-O-Proteins XHes2 aus Xenopus laevis

2.2.5 Funktionsanalyse von XHes2

2.2.5.1 Überexpression von XHes2-Varianten in Xenopus-Embryonen

2.2.5.1.1 Effekte der XHes2-Varianten in frühen Neurulastadien

Da die ersten Neuronen in Xenopus bereits zu Beginn der Neurulation entstehen, wurden die Effekte der Überexpression von XHes2-Varianten auf die Neurogenese zunächst im offenen Neuralplattenstadium mittels wmISH analysiert (Abb.2-11, Tab.2-2).

Die Auswirkung einer ektopischen Expression von XHes2 und seiner Varianten auf die Expression von X-Ngnr-1 sollte die Frage beantworten, ob XHes2 die primäre Neurogenese bereits auf der Ebene der neuronalen Determinierung positiv oder negativ regulieren kann. Die Ergebnisse zeigten, dass durch die Überexpression von XHes2 die Transkription von X-Ngnr-1 in St.15-Embryonen reprimiert wird (Abb.2-11B1). Dieser Effekt war aufgrund des gewählten Injektionsortes vorwiegend in der anterioren Neuralplatte zu beobachten und betraf damit die profundal-trigeminale Plakode, sowie Domänen im späteren Gehirn und anterioren Rückenmark. XHes2-Varianten, die Mutationen in der DNA-Bindungsdomäne besaßen (NLS-XHes2-DBM) oder denen das Groucho-Corepressor-Motiv fehlte (XHes2-ΔW), waren dagegen nicht in der Lage, die Transkription von X-Ngnr-1 negativ zu regulieren (Abb.2-11B2,3). Somit scheint XHes2 für die Hemmung der X-Ngnr-1-Expression beide Motive zu benötigen, XHes2 muß einerseits an DNA binden und andererseits mit dem Corepressor Groucho interagieren können. Um zu untersuchen, inwieweit der Austausch der Groucho-Corepressor-Bindungsdomäne gegen die VP16-Transaktivierungsdomäne die Funktion von XHes2 verändert, wurde der Effekt von XHes2-ΔW-VP16 auf X-Ngnr-1 analysiert. XHes2-ΔW-VP16 induzierte in St.15-Embryonen eine ektopische X-Ngnr-1-Expression im anterioren Ektoderm, die Expression innerhalb der Neuralplatte, vorwiegend im anterioren Anteil, war jedoch gehemmt (Abb.2-11B4). Wurde XHes2-ΔW-VP16 durch Injektion in eine animale, ventrale Blastomere vorwiegend im Ektoderm und in der posterioren Neuralplatte überexprimiert, kam es dort zur ektopischen Expression von X-Ngnr-1 (Abb.2-11B5). Diese Daten zeigen, dass XHes2-ΔW-VP16, zumindest in spezifischen Regionen des Embryos, die X-Ngnr-1-Transkription aktivieren kann.

Um zu überprüfen, in welchem Maße die Differenzierung der primären Neuronen von der Überexpression der XHes2-Varianten beeinflußt werden kann, wurden die Effekte auf die N-tubulin-Expression beurteilt. In XHes2-überexprimierenden Embryonen war die Anzahl der N-tubulin-positiven Zellen eindeutig reduziert und die Stärke und Ausbreitung dieser Reduktion bzw. Hemmung größer als bei X-Ngnr-1 (Abb.2-11B6). Während die Mutation der DNA-Bindungsdomäne die Hemmung der N-tubulin-Expression verhinderte (Abb.2-11B7), hatte die Deletion des WRPW-Motivs eine Reduktion N-tubulin-positiver Zellen zur Folge, wenn auch in der Mehrzahl der analysierten Embryonen etwas weniger ausgeprägt im Vergleich zur XHes2-Wildtypform (Abb.2-11B8). Somit ist die DNA-Bindung für die

2. Ergebnisse 43

Inhibition der N-tubulin-Transkription durch XHes2 notwendig, das WRPW-Motiv hingegen nicht. Die Überexpression von XHes2-ΔW-VP16 bewirkte wie XHes2 eine starke Reduktion der N-tubulin-Expression, ektopische N-tubulin-positive Zellen waren dagegen nicht vorhanden (Abb.2-11B9). Das Fehlen ektopischer Neuronen im frühen Neurulastadium trotz XHes2-ΔW-VP16-induzierter ektopischer X-Ngnr-1-Expression könnte auf eine Differenzierungsverzögerung zurückzuführen sein.

Die neurale und neuronale Differenzierung kann durch eine Vielzahl von Faktoren gehemmt werden. Neben der Aktivierung des Notch-Signalwegs und den dadurch induzierten bHLH-O-Proteinen, sind auch einige Sox-Proteine daran beteiligt, die Differenzierung von Neuronen zu verhindern und undifferenzierte Vorläuferzellen zu erhalten, indem sie der Aktivität proneuraler Proteine entgegenwirken (Bylund et al., 2003). Daher schien es interessant, die Effekte auf die Expression von XSox3 (Penzel et al., 1997) zu betrachten. Und tatsächlich resultierte die Überexpression von XHes2-ΔW-VP16 in einer starken Transkriptionsaktivierung von XSox3 im Ektoderm (Abb.2-11B13,14), meistens einhergehend mit einer leicht verbreiterten Neuralplattenexpression (Abb.2-11B13). Ektopisches XHes2 führte ebenfalls zu einer leichten Expansion der XSox3- Neuralplattenexpression, ohne die XSox3-Expressionsstärke zu beeinflussen; die Expression in der Plakodenregion war dagegen stark reduziert, aber nie vollständig gehemmt (Abb.2-11B10). Sowohl NLS-XHes2-DBM als auch XHes2-ΔW hatten keine Auswirkung auf die XSox3-Expression (Abb.2-11B11,12), was darauf hindeutet, dass DNA-Bindung und das WRPW-Motiv für die Hemmung von XSox3 in der Plakodenregion notwendig sind. Somit ist bezüglich der Plakodenexpression in anterioren, ektodermalen Zellen ein gegenläufiger Effekt infolge der Überexpression von XHes2 und ΔW-VP16 zu beobachten, während die Expansion der Neuralplatte bei beiden XHes2-Varianten auftritt.

Zusammenfassend läßt sich sagen, dass XHes2 die primäre Neurogenese hemmen kann, aber auch einen inhibitorischen Effekt auf die frühe Plakodenentwicklung hat. Weiterhin lassen die Daten vermuten, dass die Regulation von X-Ngnr-1 und XSox3 durch XHes2 innerhalb und außerhalb der Neuralplatte von unterschiedlichen Faktoren beeinflußt werden kann.

Abb.2-11: XHes2 hemmt primäre Neurogenese und Plakodenentwicklung in Xenopus-Embryonen.

Effekte von XHes2-Varianten auf die Expression von X-Ngnr-1, N-tubulin und XSox3 im offenen Neuralplattenstadium (St.14/15) von Xenopus laevis-Embryonen analysiert mittels wmISH. (A) Schematische Darstellung der experimentellen Strategie. Verschiedene RNAs (siehe 11B) wurden in die animale, dorsale Blastomere des Acht-Zell-Stadiums (St.4) von Xenopus laevis-Embryonen injiziert. Diese wurden bis zum Stadium 14/15 kultiviert und mittels wmISH analysiert. (B) wmISH-Analyse nach Überexpression von XHes2-Varianten. XHes2 hemmt die Expression von X-Ngnr-1 (1) und N-tubulin (6) einhergehend mit einer leichten Expansion der Neuralplatte. Die XSox3-Expression ist hingegen nur in der Plakodenregion reduziert, während sie in der Neuralplatte in einer leicht verbreiterten Domäne erhalten bleibt (10). NLS-XHes2-DBM beeinflußt keine der drei untersuchten Expressionen (2,7,11). XHes2-ΔW hat keinen Effekt auf die Expression von X-Ngnr-1 (3) und XSox3 (12), bewirkt jedoch eine Reduktion N-tubulin-positiver Zellen (8). XHes2-ΔW-VP16 reprimiert die Transkription von X-Ngnr-1 (4) und N-tubulin (9) innerhalb der Neuralplatte und bedingt eine verbreiterte XSox3-Expressionsdomäne (13), außerdem sind in der ektodermalen Region anterior zur profundal-trigeminalen Plakode X-Ngnr-1-positive Zellen (4) und im ektodermalen Bereich um die Plakodenregion XSox3-positive Zellen vorhanden. Wird XHes2-ΔW-VP16 durch Injektion in eine animale, ventrale Blastomere vorwiegend im Ektoderm überexprimiert, dann kommt es dort zur ektopischen Expression von X-Ngnr-1 (5) und XSox3 (14). (C) Zusammenfassung der durch die Überexpression von XHes2-Varianten erzielten Effekte in frühen Neurulastadien. Die injizierten RNAs sind jeweils über den Fotos und die untersuchten Genexpressionen jeweils links der Fotos angegeben. Die Embryonen sind wie folgt orientiert: (1-9) dorsale Aufsicht, anterior unten; (10-14) anteriore Aufsicht, dorsal oben. Abkürzungen und Symbole: nis, nicht-injizierte Seite; is, injizierte Seite; schwarzer Pfeil, profundal-trigeminale Plakode (1-3,5) bzw.

Plakodenregion (10-14) in anteriorer Neuralplatte; weiße Pfeilspitze, ektopische Expression; schwarze Pfeilspitze, primäre Neuronen in posteriorer Neuralplatte; -, unveränderte Expression;, reduzierte endogene Expression; °, Reduktion nur in plakodaler Expressionsdomäne; (), leicht verbreiterte Expressionsdomäne innerhalb der Neuralplatte; *, ektopische Expression im Ektoderm.

2. Ergebnisse 45

injizierte RNA nLacZ XHes2 NLS-XHes2-DBM XHes2-ΔW XHes2-ΔW-VP16

Menge (pg) 40 10 10 10 10

injizierte Zelle 1/8; ad 1/8; ad 1/8; ad 1/8; ad 1/8; ad

wmISH-Stadium 14 14 14 14 14

Anzahl X-Ngnr-1 14 9 15 13 19

= / ↓ / ↑ (%) 93 / 7 / 0 11 / 89 / 0 80 / 20 / 0 38,5 /( 38,5) / (23) 0 / 32 / 100*

Anzahl N-tubulin 19 16 11 11 15

= / ↓ / ↑ (%) 79 / 16 / 5 12,5 / 87,5 / 0 64 / 36 / 0 9 / 91 / 0 0 / 100 / 0

Anzahl XSox3 10 14 12 18

= / ↓ / ↑ (%) n.a. 0 / 100° / 0 71 / 29°° / 0 42 / 16° / 42 “ 0 / 0 / 100*

Tab.2-2: Effekte überexprimierter XHes2-Varianten auf die primäre Neurogenese. Abkürzungen und Symbole: Anzahl X-Ngnr-1, Anzahl der mittels wmISH (X-Ngnr-1 Expression) analysierten Embryonen; =, Expression unverändert, , weniger bis keine positiven Zellen in Expressionsdomäne; , mehr positive Zellen in Expressionsdomäne; a, animal, d, dorsal, n.a., nicht analysiert; *, ektopisch im Ektoderm; °, Reduktion nur in plakodaler Expressionsdomäne; “, Expression normal bis auf schwache Expansion der anterioren Neuralplatte in Richtung der Plakodenregion; °°, schmalere Neuralplattenexpression; ( ), schwacher Effekt.

Bei mehr als 100% zeigt ein Teil der Embryonen eine Kombination von Reduktion im Neuroektoderm und ektopische Expression im Ektoderm. XHes2 und XHes2-ΔW-VP16 injizierte Embryonen zeigen eine leichte Expansion der Neuralplatte.