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3 Ebenen und Typen von Grundlagentheorien beruflichen Beratungshandelns

Das berufliche Beratungsgeschehen beruht hinsichtlich seines theoretisch rekonstru-ierbaren Gehalts auf verschiedenen disziplinären Grundlagen. Sie lassen sich analy-tisch nach themaanaly-tischen Ebenen der Aggregation strukturieren, die jedoch im Pro-zess ineinandergreifen und synchron zu bearbeiten sind. In einer übergreifenden Kategorisierung lassen sich unterscheiden:

1. die Ebene der Individualtheorien, also der Persönlichkeitstheorien sowie der Handlungs- und Verhaltenstheorien, die diagnostisch und prognostisch die Per-son des Ratsuchenden zum Gegenstand haben;

2. die Ebene der Interaktionstheorien einschließlich sozialpsychologischer Prozess-und erziehungswissenschaftlicher Interventionstheorien, die sich auf die Dyade von ratsuchender und Beratungsperson beziehen;

11 Vgl. Rößner (1989) im Anschluss an John Stuart Mill (1806–1873).

3. die Ebene der Entsprechungstheorien i. w. S., die das Verhältnis von Mensch und Arbeit zum Gegenstand haben und individualpsychologische Persönlichkeits-und Entwicklungstheorien in ihrem Verhältnis zu arbeitsplatztypischen Funktio-nenbündeln einschließen;

4. die Ebene der Systemtheorien, insbesondere zum Beschäftigungssystem (z. B.

wirtschaftswissenschaftliche Theorien des Arbeitsmarkts), sowie gesellschaftsbe-zogene Makrotheorien des technologischen und des Wertewandels, der Moderni-sierungsprozesse und des Globalisierungsgeschehens im Zeichen weltumspan-nender Problemlagen.

Zu (1) Individualtheorien

Beratungsprozesse durchlaufen stets mehrere Phasen, deren Abfolge in Anpassung an die jeweiligen personellen und situativen Gegebenheiten variieren kann. In aller Regel dürften sie jedoch mit einer umfassenden Anamnese beginnen, in deren Rah-men diagnostisches Theoriewissen zur Anwendung kommt. Hier werden im Lichte einer bestimmten Persönlichkeitstheorie Indikatoren teils registriert, teils systema-tisch erfragt, die es erlauben sollen, jene stabilen und variablen Merkmale Mstab&var, Pi

einer ratsuchenden Person Pi zu erkennen, die begründete Erwartungen hinsichtlich ihres (intentionalen) Handelns H und ihrer manifesten Verhaltensinklinationen V ermöglichen sollen (deterministisch: Mstab&var, Pi HPi, VPi bzw. probabilistisch:

p(HPi, VPi | Mstab&var, Pi) = q für q > .5). Allerdings finden sich in der Literatur eine ganze Reihe von alternativen Persönlichkeitstheorien (vgl. z. B. den Überblick bei Rammsayer & Weber, 2016), unter denen es diejenige(n) auszuwählen gilt, die sich für die pragmatischen Umstände der beruflichen Beratung als vergleichsweise nützlich erweisen.12 Ansätze, die das (aktuelle und ideale) Selbstkonzept mit seinen Wertorien-tierungen programmatisch fokussieren, dürften hier von besonderem Interesse sein (z. B. Schachinger, 2005). Auch die situativen psychischen Gegebenheiten als Merk-male Mvar der zu beratenden Person fallen als Handlungs- und Verhaltensprädiktoren in diesen diagnostischen Bereich, nicht zuletzt die Erwartungen und Wünsche, die mit einer Beratung verbunden werden. Domänenspezifische Hinweise dazu finden sich in Ertelt und Schulz (2019), die sich insbesondere auch auf das erwartbare In-formationsverhalten beziehen.

Zu (2) Interaktionstheorien

In Standard-Beratungssettings stehen sich zwei Individuen gegenüber, die, sozialpsy-chologisch gesprochen, als „professional“ und „client“ interagieren. Auf dieser zweiten Ebene geht es (i) für die Beraterperson B zunächst um die manifeste Verständigung darüber, welche Beratungsziele es mittels der kommunikativen Interaktion zu errei-chen gilt und auf welche Weise sie erreicht werden können. Theoriebedarf besteht hier für B im Blick auf Maßnahmen zur Aufrechterhaltung und Lenkung eines

the-12 Das impliziert, dass die Erfassung der theorierelevanten Personmerkmale sich aufwandsökonomisch in den Rahmen der Beratungspraxis fügen sollte. Ob dabei auch morphologische und physiologische Aspekte einzubeziehen wären, dürfte von den pragmatischen Umständen, insbes. der jeweiligen Hauptfragestellung der Ratsuchenden abhängen.

menzentrierten Dialogs D: Bkomm Dthem,B&Pi13 (Fiehler, 1990; Schwitalla, 1979, 1993), wie sie v. a. in der sozialpsychologischen Schematheorie verhandelt werden (Husain, 2012). Vorab kommen hier jedoch normierende Festlegungen in Gestalt von Zielset-zungen hinzu (! Dthem,B&Pi), auf die sich die Beraterperson selbst verpflichtet (oder auch nur: verpflichtet fühlt), gegebenenfalls in Befolgung einer institutionell vorgege-benen und einzuhaltenden Arbeitsvorgabe (Hofer, 1997, III).

(ii) Im Weiteren kann (und wird in aller Regel) die Interaktion seitens der Berater-person dazu genutzt werden, auf die Person des Ratsuchenden Einfluss zu nehmen, (a) hinsichtlich des Erwerbs von Selbstständigkeitskompetenzen im Berufsentschei-dungszusammenhang, (b) zur Weckung der Einsicht in die Erforderlichkeit bestimm-ter Gesprächsfolgehandlungen, (c) zur Aktivierung deren eigener oder ihr nahegeleg-ter Wertvorstellungen (hinsichtlich der Ziele gemäß (b)) und (d) zur Aktivierung der wertrelevanten Handlungsbereitschaften. Hier besteht Bedarf an einschlägigen Inter-ventionstheorien zur Vermittlung der kognitiven Einsicht in die Notwendigkeit zu ergreifender Maßnahmen und zur Weckung bzw. Stärkung der sie tragenden Wert-bindungen und sie energetisierenden Motivation. Für die Erreichung der Gesprächs-ziele (! GZ), nämlich die Etablierung dieser Dispositionen (Disp) in der beratenen Per-son, können die respektiven Theorien zu zielführenden Interventionen (Int) aus der Erziehungswissenschaft und der Pädagogischen Psychologie (IntGZ(a),(b),(c),(d) Disp(a),(b),(c),(d)) herangezogen werden (z. B. Seidel & Krapp, 2014).

Zu (3) Entsprechungstheorien

Im Kern fokussieren Berufswahl- und Berufsentscheidungstheorien darauf vorherzu-sagen (bzw. ex post zu erklären), welche Entscheidung E eine gegebene Person Pi (hier das ratsuchende Subjekt) mit all ihren psycho-physischen stabilen und variablen Ge-gebenheiten (a) trifft (Pi, Mstab&var EMUj) und (b) in der Folge per (Selbst-)Allokation realisiert (EMUj AllMUj). Die (Selbst-)Allokation besteht darin, sich in ein ganz be-stimmtes, durch bestimmte Merkmale ausgezeichnetes berufliches Umfeld (Uj,M)14 zu begeben, sei es, um sich dort ausbilden oder beschäftigen zu lassen. So sagt etwa die weit verbreitete „Berufswahltheorie“ von J. L. Holland (1985) vorher (bzw. erklärt), bei welcher Konstellation von Persönlichkeitsmerkmalen ein solches Individuum welche berufliche Umgebung mit Aussicht auf eine tragfähige berufliche Allokation aufzu-suchen neigt.15 Die einer solchen Betrachtung zugrunde liegende rationalistisch in-spirierte Kausalitätsvermutung16 besteht darin, dass in dieser für den Einzelnen be-deutsamen Frage des Eingehens einer länger- oder gar langfristigen Bindung er eher harmonieorientiert in jenem Sinne handelt, der eine möglichst strukturgleiche

13 Der Kürze halber wird auf die jeweilige probabilistische Darstellung hier und im Folgenden verzichtet, obwohl sie es ist, die in den vorliegenden Kontexten nahezu ausnahmslos die adäquate(re) sein dürfte.

14 Die Entsprechung des gewählten beruflichen Umfelds zur wählenden Person wird über eine Strukturanalyse der Arbeits-welt modelliert, die zum jeweiligen Persönlichkeitsansatz in Beziehung gesetzt werden kann (vgl. z. B. die „occupational groups“ und „levels of responsibility, capacity and skill“ bei Roe (1966, pp. 149–152) oder die „occupational classes“ und

„occupational levels“ bei Holland (1959, pp. 36–38) bzw. „environmental models“ (1966, pp. 52–62).

15 Weitere „Berufswahltheorien“ setzen an die Stelle der Persönlichkeit andere relativ stabile Merkmale (z. B. Bedürfnisse bzw. Bedürfnishierarchien, Sozialisationsinstanzen) oder dynamisieren den Entscheidungsprozess über die Lebens-spanne entlang prinzipiell variierbarer/variierender, aber phasenstabiler Personmerkmale (vgl. dazu z. B. Crites 1969).

16 Vgl. die eingangs berichtete Kritik Rupperts (2015, S. 165).

„Passung“ lediglich des individuellen, als relativ stabil unterstellten Interessenschwer-punkts zu den funktionsbezogenen Rollenerwartungen einer Arbeitstätigkeit herbei-zuführen geeignet ist. Mit dieser Hypothese wird in aller Regel und meist unausge-sprochen jedoch auch eine Bewertung und eine Norm verbunden, nämlich, dass eine so herbeigeführte Passung bzw. Entsprechung „wünschbar“ (Wertung) und dass sie daher auch herbeizuführen sei (Norm: ! Pi, Mstab⇔ AllUj,M). Berufsentscheidung ist gemäß dieser Sichtweise als ein Problem zu rekonstruieren, dessen Lösung unter die zustimmungsbedürftige Norm der „Passung“ hinsichtlich ganz bestimmter Person-merkmale als Erfolgskriterium gestellt worden ist. Mit der so gefassten Passungs-lösung verbinden sich bei Holland (1985) zugleich drei weitere Hypothesen, nämlich zum einen, dass die passungsrelevanten Personmerkmale relativ stabil seien (Pi, Mstab, t1 P i, Mstab, tk, für k≫1), zum Zweiten, dass die Bedingungen des betref-fenden beruflichen Umfelds ebenfalls stabil seien (Uj,Mstab, tk, für k≫1) und dass zum Dritten bei gegebener Passung eine stabile, auf Dauer tragfähige berufliche Konstel-lation (Kstab) gewährleistet sei, die sich durch Zufriedenheit des Berufsentscheiders mit seinem beruflichen Umfeld und des Umfelds mit ihm auszeichnet17 ({Pi, Mstab⇔ Uj,Mstab} Kstab). Als Aufgabe der Berufsberatung ergibt sich daraus, im Rahmen ihres Auftrags die Suche nach einer optimalen Passungslösung mit der Mini-malbedingung (PMstab≃ Uj,stab) sowie deren Umsetzung zu unterstützen.18

Charakteristisch für den erwähnten Ansatz von Holland ist die Annahme, dass, wie gesagt, die Ausprägung der berufsentscheidungsrelevanten Merkmale der Person als relativ stabil betrachtet werden. In diesem Punkt unterscheidet sich seine Sicht-weise nicht prinzipiell von denjenigen, die psychodynamischen (sensu Roe, 1957) und entwicklungspsychologischen Ansätzen (sensu Ginzberg, 1952; Gottfredson, 1981) zu-grunde liegen.19 Neben diesen eher statischen Konzepten haben sich schon früh stär-ker dynamische Ansätze entwickelt (z. B. Super, 1953, 1994), die bis heute die Auseinan-dersetzung mit dem beruflichen Prozessgeschehen bestimmen (vgl. den Überblick bei Ertelt & Frey, 2019, S. 316 ff.). Teils wird in ihnen versucht, die Aufmerksamkeit auf die Anpassungsfähigkeit des Individuums auf die sich wandelnden Bedingungen in der Arbeitswelt zu lenken (wie etwa Savickas, 2005; Dawis, 1994), teils insistieren sie dagegen auf dem Durchhalten der personalen Ziel- und Wertvorstellungen des Indivi-duums (wie etwa Hall, 200420), teils fokussieren sie auf die Gestaltungsfähigkeit des Individuums im Hinblick auf den Gang der eigenen Berufslaufbahn (wie etwa Lent, 2013; Savickas, 2015), teils heben sie den Aspekt der sozialen Anerkennung in der Berufsentscheidung hervor (Oeynhausen & Ulrich, 2015) und teils schließlich beto-nen sie die Übereinstimmung der wechselseitigen Erwartungen von Individuum auf der einen und Ausbilder*in bzw. Arbeitgeber*in samt der significant others auf der anderen Seite (wie etwa Krumboltz, 1979). Allen diesen Konzeptionen wohnt jedoch der Passungsgedanke inne als Ausdruck des Wunsches (der Norm!), dass es gilt,

17 Zu diesem Kriterium vgl. auch Roulon u. a. (1967).

18 Zur Grundsatzkritik des Holland-Ansatzes s. Beck (1976, S. 100–106, 126–127). Vgl. auch Ertelt & Frey (2019a, S. 317).

19 Beide unterstellen, dass sich nach einer frühen dynamischen Lebensphase (relativ) stabile Persönlichkeitszüge herausge-bildet haben (vgl. Crites, 1969; Beck, 1976).

20 „(P)eople are pursuing their ,path with a heart’ with the intensity of a calling“ (Hall, 2004, p. 1).

bestandskritische Inkompatibilitäten im Verhältnis Person – berufliche Rollenerwar-tungen (i. w. S.) zu vermeiden bzw. zufriedenstellende Kompatibilität innerhalb einer für die beiden „Instanzen“ „aushaltbaren“ Frist herzustellen. Die Formalstruktur sol-cher dynamisierten Ansätze lautet – mutatis mutandis – dann: Pi, Mstab, (te – ta)>tk Uj,Mstab, (te – ta)>tk für ta als Zeitpunkt des Beginns, te als Zeitpunkt der Beendigung und tk als Mindestdauer des Beschäftigungsverhältnisses, wobei die Letztere „mit Blick auf die eigene Lebenszeit nicht als marginal angesehen wird“ (Beck, 2019, S. 25).

Der Theoriebedarf für die Beratung ergibt sich je nach dem bevorzugten Ansatz als Information darüber, welchen Merkmalen von Ratsuchenden und von poten-ziellen Arbeitsplätzen als Bündel von Rollenerwartungen Aufmerksamkeit zu schen-ken ist.

Zu (4) Systemtheorien

Quantitative wirtschafts- und gesellschaftsbezogene Makrotheorien in ihrer strengen Form stützen sich auf Daten der Vergangenheit, die Erklärungen erlauben sollen und daher als Basis für extrapolierende Prognosen ein relativ verlässliches Fundament bie-ten.21 Sie sind einzeln und in Kombination durchweg multikausal und multiperspek-tivisch angelegt, weisen also weit ausgreifende Wenn-Komponenten auf, die als Kau-salkomplexe spezifisch auf partielle Wirkungsbereiche (Dann-Komponenten) hin ausgerichtet sind. So hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2013, ins-bes. S. 9 f.) eine „Arbeitsmarktprognose 2030“ herausgegeben, die sogar die für die berufliche Beratung besonders interessanten regionalen Entwicklungen darstellt.

Analoge Strukturen weisen Theorien zum gesellschaftlichen Wandel (Bevölkerungs-entwicklung, demografischer Wandel) auf, wie sie vom Statistischen Bundesamt (z. B.

2020) veröffentlicht werden, ebenso Theorien zum technologischen Wandel, wie etwa in Bellmann u. a. (2002). Während Theorien zum Arbeitsmarkt und zum technologi-schen Wandel für die Beratung insbesondere auch in ihren quantitativen Ausprägun-gen von Bedeutung sind, weil sie prospektive Bedarfe in ihren Ausmaßen sichtbar machen, richtet sich das Interesse an anderen Makrotheorien, wie etwa Theorien zum Wertewandel, zu politischen Strömungen oder zu Trendverläufen des Sozialprestiges, eher auf die qualitativen Merkmale erwarteter Entwicklungen (z. B. Krotz, 1990)22, vor deren Hintergrund im Beratungsgespräch die individuellen Interessen und Chancen von Ratsuchenden erörtert werden.

In formaler Hinsicht ist hier bezüglich der quantitativen Theorien von Struktu-ren die Rede, die einen (meist statistischen) Zusammenhang zwischen quantifizier-ten Ausgangsbedingungen (ABquant), die oftmals als Zeitreihen erfasst sind, und Fol-gezuständen (FZquant), ggf. als Zustandsabfolgen, abbilden: ABquant,1…k (t1 … tk) FZquant,2…k + 1 (t2 … tk + 1), d. h. die Bedingungen „(1 … k)“ werden mit ihrer Ausprägung zum Zeitpunkt tk als Prädiktoren für Folgezustände „(2 … k + 1)“ modelliert. Analoge Hypothesenstrukturen liegen im qualitativen Falle vor: ABqual,1…k (t1 … tk)

21 Auf nicht erwartbare disruptive Prozesse (wie etwa der Ausbruch einer Pandemie) kann man Entscheidungen des hier behandelten Typs nicht abstellen.

22 Vgl. zur Kontrastierung „qualitativ – quantitativ“ unter methodologischem Aspekt Ebbinghaus (2009).

FZqual, 1…k + 1 (t2 … tk + 1). Auch Mischformen sind anzutreffen (Kelle, 2007), in denen auf der Grundlage von quantitativ erfassten Ausgangsbedingungen (oftmals vorsichtiger-weise) künftige Zustände lediglich qualitativ beschrieben werden (z. B., wenn aus der quantitativen Verteilung der nachwachsenden Generation auf die verschiedenen Bil-dungsinstitutionen ein zu erwartender Wertewandel vorhergesagt wird).

Für die Beratung sind solche Theorien, soweit sie hinlänglich bewährt sind, in Abhängigkeit von der Zeitperspektive, auf die sich die beruflichen Planungen von Rat-suchenden erstrecken, unterschiedlich bedeutsam. Für die „kurze Frist“ dürften vor allem Prognosen der (lokalen) Arbeitsmarkt- und der gesamtwirtschaftlichen Ent-wicklung den Beratungsinhalt bestimmen. Für Planungsdauern, wie sie oftmals von Absolvierenden eines mehrjährigen Studiums ins Auge gefasst werden dürften, kom-men Fragen des technologischen Wandels (Stichwort Digitalisierung) ebenso ins Spiel und bedürfen der kenntnisgesättigten beratenden Erörterung wie der zu erwar-tende Wertewandel (Stichworte Inklusion, Gendergerechtigkeit, Integration) und auch die demografische Entwicklung (Stichworte akademischer Nachwuchs; Zuwan-derung). Tabelle 1 fasst den Theoriebedarf für die berufliche Beratung im Überblick zusammen.

Theoriebedarf für die berufliche Beratung* (Quelle: Eigene Darstellung)Tabelle 1: EbeneTheorietypTheorieziel („Dann-Komponente“): Erklärung bzw. PrognoseTheoriestruktur*Erläuterung (1)Individualtheorien von Handlungsintentionen und Verhal- tensinklinationen von RatsuchendenMstab&var,Pi HPi, VPi

stabile und variable Personmerkmale der ratsuchenden Person i Handlungsintentionen & Verhaltensnei- gungen der ratsuchenden Person i (2)Interaktionstheorien(i) der Aufrechterhaltung und Lenkung eines themenzentrierten Dialogs (D) durch die kommunizierende Beraterper- son (B) (ii) der Implementation der vier Ge- sprächsziele (GZ) in den Dispositionen der ratsuchenden Person

(i) Bkomm Dthem,B&Pi

(ii) IntGZ(a),(b),(c),(d) DispPi,(a),(b),(c),(d)

(i) Maßnahmen der Beraterperson zur Aufrechterhaltung des Kommunika- tionsprozesses thematisch zentrierter Diskurs mit rat- suchender Person i (ii) Interventionen zur Erreichung der Gesprächsziele (a) (d) Disposition der Ratsuchenden Person, die Gesprächsziele (a) (d) anzustreben (3)Entsprechungstheorien der Wahlentscheidung von Individuen zur beruflichen Allokation an einem rol- lendefinierten Arbeitsplatz und deren Vollzug unter dem Anspruch (gegebener bzw. herstellbarer) wechselseitiger Erwar- tungskompatibilität

Pi, Mstab, (te – ta)>tk Uj,Mstab, (te – ta)>tk

stabile Merkmale der ratsuchenden Per- son i für eine nicht marginale Dauer stabile Merkmale des beruflichen Um- felds j für eine nicht marginale Dauer (4)Systemtheorien von qualitativ und/oder quantitativ beschriebenen gesamtgesellschaft- lichen, beruflich relevanten Folgezustän- den (FZ) in Abhängigkeit von vorauslau- fenden Ausgangsbedingungen (AB), insbesondere zum Arbeitsmarkt, zum demographischen, zum technologischen und zum Wertewandel

ABquant/qual,1…k (t1 … tk) FZquant/qual,2…k+1(t2 … tk+1)

quantitativ/qualitativ erfasste Aus- gangsbedingungen zu ti quantitativ/qualitativ erfasste Folgezu- stände *) Dargestellt ist hier erneut nur der deterministische Fall.

4 Geltung und Brauchbarkeit des Theorieangebots für die