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4   Ergebnisse und Diskussion

4.2   Mikrofluidische Systemintegration für metabolische Untersuchungen

4.2.5   Dynamische Experimente mit definiertem Substratpuls

Nach der Evaluierung des integrierten Mikrochip-Bioreaktor-Systems durch erste biologische Experimente sollte die Praktikabilität des Systems für die Durchführung metabolischer Pulsexperimente getestet werden. Hierfür wurden die CHO-K1 Zellen entsprechend Kapitel 3.17.7 unter Glutamin-limitierten Bedingungen kultiviert. Eine Skizze des Versuchsaufbaus ist in Abbildung 33 gezeigt. Definierte Substratpulse (0 s, 9 s und 18 s) mit glutaminhaltigem Medium konnten aufgrund des Mikrochipdesigns und des experimentellen Aufbaus (siehe Kapitel 3.17) erfolgreich durchgeführt werden.

Abb. 33: Skizze des experimentellen Aufbaus des integrierten Mikrochip-Bioreaktor-Systems für Glutaminpuls-Experimente.

(A) Experimenteller Aufbau für einen 9 s Puls. Hier ist die Spritzenpumpe am Eingang 2 ausgeschaltet, während die Pumpe am Eingang 3 betrieben wird. (B) Experimenteller Aufbau für einen 18 s Puls. Hier ist die Spritzenpumpe am Eingang 2 in Betrieb, während die Pumpe am Eingang 3 ausgeschaltet ist.

Für jedes Experiment (0 s, 9 s und 18 s) konnten innerhalb von 45 min kontinuierlicher Betriebsdauer jeweils eine Gesamtmenge von 107 Zellen am Ausgang 1 des Mikrochips gesammelt werden (ausgehend von einer Zelldichte von 2·106 Zellen/mL im Bioreaktor).

Die Ergebnisse der Separationseffizienz der Zellen von ihrem ursprünglichen Medium sind in Abbildung 34 dargestellt (Messergebnisse nach 6 h). Dadurch, dass die Proben direkt in trockeneisgekühlten Zentrifugenröhrchen aufgefangen wurden, konnte hierbei gleichzeitig das Abstoppen der Stoffwechselaktivität der Zellen erzielt werden.

Das hier verwendete Mikrochip-Bioreaktor-System wurde für verschiedene Experimente mit CHO-K1 Zellen kontinuierlich über eine Gesamtdauer von 18 h betrieben.

A B

Abb. 34: Messung der Reproduzierbarkeit der Separationseffizienz des Mikrochip-Bioreaktor-Systems. (A) Verteilung von CHO-K1 Zellen und (B) Verteilung des Kulturmediums (als Messung der Glukosekonzentration) an den Mikrochip-Ausgängen 1, 2 und 3 nach 6 h, 12 h und 18 h Dauerbetrieb des Mikrochip-Bioreaktor-Systems.

In regelmäßigen Abständen von 45 min wurde der Mikrochip manuell mit physiologischer Kochsalzlösung durchgespült, um eventuelle Zellablagerungen und dadurch bedingte Verblockungen des Systems zu vermeiden. Die Reproduzierbarkeit der Separations-effizienz des Chipsystems wurde durch regelmäßige Probenanalysen an den drei Chipausgängen überprüft. Wie in Abbildung 34 gezeigt ist, bleibt die Effizienz der Zell- und Medienseparation während der Versuchsdurchläufe erhalten. Aufgrund der effektiven Trennung der CHO-K1 Zellen von ihrem extrazellulären Medium kann im Anschluss an die entsprechenden Pulsexperimente eine separate Analyse der intrazellulären und extrazellulären Metaboliten ermöglicht werden.

In einem zweiten experimentellen Ansatz für die Durchführung dynamischer Substratpulse durch das vorgestellte Mikrochip-Bioreaktor-System, wurden die CHO-K1 Zellen unter Glukose-limitierten Bedingungen kultiviert. Der experimentelle Aufbau, die Kultivierungsparameter sowie die Fließgeschwindigkeit im Mikrosystem entsprachen dabei denen der vorangegangen Glutaminpulsversuche (siehe Kapitel 3.17.7).

Glukosefreies TC-42 Medium wurde als Sonderanfertigung von der Firma TeutoCell bezogen und vor Gebrauch mit 4 mM L-Glutamin supplementiert. Nach einer Kultivierungsdauer von 2 h unter Glukoselimitierung wurden entsprechende Substratpulse mit vollmarkierter [U-13C6]-Glukose in einer Konzentration von 40 mM im Zellkulturmedium durchgeführt. Die Verwendung von 13C-markierten Substraten ermöglicht die gezielte Messung des Markierungsmusters intrazellulärer Metaboliten, die

A B

nach Verstoffwechselung des markierten Substrates gebildet werden. Auf Basis der Markierungsdaten können 13C-Stoffflussanalysen durchgeführt werden, wodurch beispielsweise Rückschlüsse über die Auswirkung der Substratpulse auf den Metabolismus nach entsprechenden Verhungerungsphasen gezogen werden können [128]. Durch regelmäßige Bestimmung der Zelldichte sowie der Glukoseverteilung an den drei Ausgängen des Mikrochips, wurde auch bei dieser Versuchsreihe die Reproduzierbarkeit der Separationseffizienz festgestellt. Als repräsentatives Beispiel dieser Messungen sind die Glukose- und Zellverteilung nach 18 h Gesamtbetriebszeit des integrierten Systems (was dem letzten Versuch des Glukosepulsexperiments entspricht) in Abbildung 34 dargestellt. Die vielfältigen Versuche, die mit dem integrierten Mikrochip-Bioreaktor durchführbar sind, demonstrieren das große Potential dieses Systems durch die schnelle, gezielte und effiziente Probenverarbeitung, anschließende metabolische Analysen der Zellen sowie einzelner Zellkompartimente zu ermöglichen.

Die metabolischen Analysen der Proben der durchgeführten Mikrochip-Bioreaktor-Experimente wurden am Institut für Technische Biochemie der Universität des Saarlandes (AK Heinzle, Judith Wahrheit) durchgeführt. Die Ergebnisse der Analysen lagen zum Zeitpunkt der Abfassung der vorliegenden Arbeit noch nicht vor, so dass die hier vorgestellten Ergebnisse lediglich die potentielle Leistungsfähigkeit der getesteten Hardware für den Einsatz in metabolischen Studien demonstrieren können.

Da die Verweilzeit der Zellen in jedem integrierten Mikromodul durch das Chipdesign und die angelegte Fließgeschwindigkeit bestimmt wird und nicht von der manuellen Präzision eines Experimentators abhängt, kann die Variabilität von Versuch zu Versuch durch den Einsatz dieses Mikrochip-Systems enorm reduziert werden. Darüber hinaus ermöglichen die dünnen Chipgeometrien einen schnellen Wärmeaustausch und erlauben somit die Nutzung einer äußeren Temperaturregelung. So konnte durch angebrachte Peltierelemete eine physiologische Temperatur von 37°C in dem LoaC gehalten werden [256]. In dem hier präsentierten Mikrochip-Bioreaktor-System wurden feste Inkubationszeiten von 9 s und 18 s für die Pulsexperimente gewählt. Allerdings lässt sich die Inkubationszeit in dem Mikrochip durch eine Adaptierung der Fließgeschwindigkeit (durch niedrigere oder höhere Drücke oder Pumpraten) verändern. Um jedoch gleichzeitig eine effiziente Trennung der Zellen von ihrem extrazellulären Medium zu erzielen, müsste hierfür die Pumprate der Spritzenpumpe am Eingang 4 (Spiralseparator) entsprechend angepasst werden.

4.2.6 Zusammenfassende Diskussion

Für quantitative metabolische Analyse sind eine schnelle Probenahme, das unmittelbare Abstoppen des Metabolismus (Quenching) und die Abtrennung extrazellulärer Metaboliten von essentieller Bedeutung. Da gewöhnliche, manuelle Methoden und Protokolle zur Probenverarbeitung von tierischen Zellen zeitaufwändig sind und häufig zu einem Verlust der physiologischen Bedingungen führen, bestand das Ziel dieser Versuchsreihe in der Integration eines Mikrochip-Systems in einen Bioreaktor, wodurch eine direkte und schnelle Probenverarbeitung unter physiologischen und dynamischen Bedingungen ermöglicht werden sollte. Durch eine kapillare Verbindung des mikrofluidsichen Chips mit dem Bioreaktor konnte eine direkte Probenahme unter gewünschten Kultivierungs-bedingungen realisiert werden. Die kontinuierliche Probenahme von Suspensionszellen wurde dabei durch das Anlegen eines Überdrucks auf den Bioreaktor erzielt. Um eine ideale Separation der CHO-K1 Zellen von ihrem Kulturmedium zu erzeugen, wurden verschiedene Fließgeschwindigkeiten durch die Variation des Überdrucks in dem System getestet. Hierbei konnten die besten Separationsergebnisse bei einem Überdruck im Bioreaktor von 2 bar erzielt werden, was einer totalen Fließgeschwindigkeit von 2,25 mL/min im Mikrochip entsprach. Bei dieser Fließgeschwindigkeit konnten 100 % der Zellen am Ausgang 1 des Mikrochips aufgefangen werden, während lediglich 2,1 % ± 0,4 des ursprünglichen Mediums ebenfalls diesen Ausgang passierten. Ausgehend von einer Zelldichte von 2·106 Zellen/mL im Bioreaktor wurden durchschnittlich 15·104 Zellen/mL an dem ersten von drei Ausgängen des Mikrochips gesammelt. Das entspricht einer Probenausbeute von rund 33,8·104 Zellen/min. Durch das integrierte Mikrochip-System wurden die CHO-K1 Zellen in dem Spiralseparator-Modul innerhalb von wenigen Millisekunden von ihrem extrazellulären Medium in metabolitenfreien Puffer überführt, ohne dass die Zellen hierbei hohen Scherkräften wie bei konventionellen Zentrifugationsmethoden ausgesetzt wurden. Die Viabilität der gesammelten Zellen lag in allen Versuchsdurchläufen (mit Ausnahme der gezielten Permeabilisierung der Zellen mittels Digitonin) bei ≥ 98 %, was den schonenden Charakter der Probenverarbeitung in dem Mikrosystem demonstriert. Hierdurch konnte ebenfalls gezeigt werden, dass sich der Überdruck auf den Bioreaktor nicht negativ auf die Zellviabilität auswirkt. Zusätzlich zu der hohen Separationseffizienz ermöglichte der Einsatz des Mikrochips bei der Fließgeschwindigkeit von 2,25 mL/min auch definierte Inkubationszeiten der Zellen von

9 s und 18 s, so dass verschiedene Substratpulsexperimente oder die gezielte Behandlung der Zellen mit Detergenzien durchgeführt werden konnten. Für die Evaluierung des integrierten Systems wurden einerseits Glukose- und Glutaminpulsexperimente erfolgreich durchgeführt. Andererseits konnte durch die Digitoninpermeabilisierung und die anschließende Trennung der Zellen mithilfe des integrierten Mikrochips dessen großes Potential für die schnelle, schonende und effiziente Separation der mitochondrialen und zytosolischen Zellkompartimente für metabolische Analysen aufgezeigt werden. Der integrierte Mikrochip wurde innerhalb dieser Arbeit für die Durchführung der biologischen Experimente über einen Zeitraum von insgesamt 18 h betrieben, wobei eine hohe Reproduzierbarkeit hinsichtlich der Separation der Zellen von ihrem ursprünglichen Medium verzeichnet werden konnte. Diese Resultate lassen erkennen, dass das verwendete Mikrochip-Bioreaktor-System die Durchführung von kontinuierlichen biologischen Kurzzeitexperimenten im Mikromaßstab ermöglicht. Darüber hinaus zeigt das entwickelte System ein großes Potential für quantitative und dynamische Untersuchungen tierischer Zellen unter realen Kultivierungsbedingungen in einem Bioreaktor. Neben den hier vorgestellten Experimenten kann das System prinzipiell auch für weitere biologische Versuche herangezogen werden, in denen andere Substratpulse, Lösungen oder Reagenzien mit ähnlichen Viskositäten für gewünschte Untersuchungen eingesetzt werden.