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4   Ergebnisse und Diskussion

4.3   Systembiologische Untersuchungen von CHO-K1 Zellen

4.3.1   Batch-Kultivierung von CHO-K1 Mischpopulationen im Bioreaktor

4.3.1.7  Bestimmung des mitochondrialen Enzymlevels mittels In-Cell ELISA

Durch die Messung der extrazellulären Metaboliten sowie die Bestimmung der Dichte mitochondrialer Proteincluster konnte gezeigt werden, dass sich die Aktivität von Mitochondrien im Laufe der Kultivierung an verschiedene zelluläre Bedingungen und Ansprüche (z.B. den Energiebedarf) anpasst. Diese Adaption wird durch die Regulation mitochondrialer Enzymaktivitäten ermöglicht und spiegelt sich in der Dynamik der metabolischen Reaktionen innerhalb der Zellen wider. Dabei wurde gezeigt, dass kurzzeitige Veränderungen des Energiebedarfs ohne eine Modifizierung des mitochondrialen Proteingehalts ablaufen können. Bei dauerhaften Veränderungen der Kultivierungsbedingungen wurde hingegen eine Veränderung des Gehalts mitochondrialer Proteine oder des Phosphorylierungsgrades beobachtet [176]. Um die Regulation des mitochondrialen Enzymes PDH und dessen Phosphorylierungsgrad sowie den Gehalt von OGDH direkt innerhalb der CHO-K1 Zellen bestimmen zu können, wurde die quantitative Methode des In-Cell ELISA verwendet. Ein Vorteil dieser Methode besteht darin, dass für die Bestimmung des Proteinlevels die jeweilige Zellprobe nicht homogenisiert und das Zielprotein nicht speziell extrahiert werden muss. Hierdurch wird ein Proteinverlust oder ein proteolytischer Abbau durch vorherige Probenverarbeitungsschritte vermieden. Die intrazelluläre Bestimmung des relativen Proteingehalts ermöglicht somit die direkte Überwachung zellulärer Veränderungen und Regulationen in vitro.

Für den In-Cell ELISA wurden die CHO-K1 Zellen zu verschiedenen Kultivierungszeitpunkten fixiert und die Enzyme PDH und OGDH anschließend mittels spezifischer Immundetektion markiert und photometrisch detektiert. Für die Bestimmung des Phosphorylierungsgrades der PDH wurde einerseits die komplette E1α-Einheit und parallel dazu die Phosphorylierung der E1α-Serinreste Ser232, Ser293 sowie Ser300 mittels spezifischer Antikörper markiert. Ein detailliertes Protokoll der Versuchsdurchführung ist in Kapitel 3.16 beschrieben. Die Ergebnisse der In-Cell ELISA Messungen für die Proben der Batchkultivierung sind in Abbildung 43 und 44 zusammengefasst.

Abb. 43: Bestimmung des Proteinlevels von PDH und OGDH in CHO-K1 Zellen.

Dargestellt ist das relative Proteinlevel gemessen als das PDH- bzw. OGDH-Signal normiert auf die Zellzahl (Janusgrün) in Abhängigkeit von der Kultivierungsdauer. Die Fehlerbalken repräsentieren die Standardabweichung der Mittelwerte (n=3).

Durch die Normierung der gemessenen PDH- bzw. OGDH-Signale auf die Zellzahl lassen sich Unterschiede des Proteingehalts in Abhängigkeit von den jeweiligen Wachstumsphasen der CHO-K1 Zellen bestimmen. Für die Gesamtmenge an PDH (als Messung der PDH E1α Einheit) kann im Vergleich zur exponentiellen Wachstumsphase (52 h) eine Zunahme von 12,9 % während des linearen Wachstums (92 h) festgestellt werden (Abb. 43). Ausgehend von diesem Niveau ist das PDH-Level während der Absterbephase (130 h) hingegen um 32,2 % geringer. Diese Ergebnisse korrelieren mit den Dichten der PDH-Proteincluster, die mittels STED-Mikroskopie bestimmt wurden (vergleiche Abb. 42). Auch hier wurde die höchste Dichte der PDH-Cluster während des linearen Wachstums bestimmt, während eine etwas geringere PDH-Dichte zu Beginn der Kultivierung während der exponentiellen Phase beobachtet werden konnte und eine deutliche Abnahme der PDH-Dichte während der Absterbephase zu verzeichnen war. Die In-Cell ELISA Messungen des OGDH-Levels zeigen hingegen keinen Unterschied zwischen der exponentiellen, der linearen und der Absterbephase (Abb. 43). Für diese Ergebnisse kann im Gegensatz zu den Ergebnissen der PDH-Bestimmung keine direkte Korrelation zu der Dichte der OGDH-Proteincluster gefunden werden. Mittels STED-Mikroskopie wurden hohe Dichten der OGDH-Cluster nach einer Kultivierungsdauer von 52 h und 92 h bestimmt, wohingegen nach 130 h eine deutliche Abnahme der Dichte zu

verzeichnen war. Die Betrachtung der Regulation des relativen Gehalts mitochondrialer Enzyme ermöglicht ein tieferes Verständnis der Stoffwechselaktivität und bildet die Grundlage für die Modellierung systembiologischer Zusammenhänge.

Allerdings spielt nicht nur die vorliegende Menge eines Enzyms sondern vor allem dessen Aktivität eine entscheidende Rolle für den Ablauf der von ihm katalysierten Reaktionen.

Die PDH-Aktivität wird maßgeblich durch dessen Phosphorylierungszustand reguliert, wobei ihre Aktivität im dephosphorylierten Zustand am höchsten ist [272]. Abbildung 44 stellt den relativen Phosphorylierungsgrad der PDH-Serinreste in Abhängigkeit von den Kultivierungsphasen dar.

Abb. 44: Bestimmung des Phosphorylierungsgrades von PDH in CHO-K1 Zellen im Verlauf der Batch-Kultivierung.

Dargestellt ist der relative Phosphorylierungsgrad gemessen als das Signal der Serinreste normiert auf das gemessene PDH-Level in Abhängigkeit von der Kultivierungsdauer. Die Fehlerbalken repräsentieren die Standardabweichung der Mittelwerte (n=3).

Der Phosphorylierungsgrad der drei gemessenen Serinreste nimmt im Verhältnis zum gemessenen PDH-Gehalt im Laufe der Kultivierung tendenziell zu, was für eine Abnahme der PDH-Aktivität spricht. Hierbei liegen die gemessenen Werte während der Absterbe-phase (130 h) um etwa 42 bis 53 % über den Werten, die während des exponentiellen Wachstums (52 h) bestimmt wurden (Abb. 44). Es wurde gezeigt, dass der Grad der Phosphorylierung und somit auch die PDH-Aktivität von der Glukoseverfügbarkeit abhängt [272]. Bei hoher Glukosekonzentration ist der Grad der PDH-Phosphorylierung verhältnismäßig am geringsten, wohingegen er bei einer Glukoselimitierung ansteigt.

Diese Abhängigkeit lässt sich auch für die hier gezeigten Ergebnisse beobachten.

4.3.1.8 Zusammenfassende Diskussion

Ein Ziel dieser Versuchsreihe war die systembiologische Untersuchung der Zelllinie CHO-K1 in Hinblick auf den Einfluss der Kultivierungsbedingungen auf das Wachstumsverhalten und den Metabolismus. Hierfür wurden mehrere Kultivierungen im Batch-Betrieb durchgeführt. Durch die Integration eines at-line Mikroskops konnte parallel zu der externen Zellzählung die Gesamtzelldichte durch die zusätzliche Auswertung der Mikroskopbilder verifiziert werden. Die Bestimmung der Lebendzelldichte war hingegen mit dem Mikroskop nicht möglich. Anhand der Batch-Kultivierungen konnte einerseits ein reproduzierbares Wachstumsverhalten der Zellen gezeigt werden und andererseits konnte der Kultivierungsverlauf durch eine detaillierte Bestimmung extrazellulärer Metaboliten in verschiedene Kultivierungsphasen unterteilt werden. Durch diese Phasenprofile konnte die Veränderung des Metabolismus in Abhängigkeit von der Substratverfügbarkeit beobachtet werden. Auch bei der Betrachtung der Mitochondrienverteilung ließen sich Veränderungen in Abhängigkeit der Kultivierungsphasen beobachtet. Anhand der Ergebnisse der Metabolitenbestimmungen, der Untersuchung der Mitochondrienstrukturen sowie der submitochondrialen Verteilung zentraler Enzyme des Stoffwechsels konnte gezeigt werden, dass der Metabolismus der CHO-K1 Zellen stark von den Kultivierungs-bedingungen beeinflusst wird und einen dynamischen Charakter aufweist. Die Expression, Phosphorylierung und Verteilung einiger für den Stoffwechsel essentieller mitochondrialer Proteine wurden während des Kultivierungsverlaufs reguliert, was auf eine Adaption der metabolischen Aktivität auf Proteinebene schließen lässt. Durch die Korrelationen der Kultivierungsphasen mit entsprechenden Änderungen innerhalb der Zellen kann angenommen werden, dass diese Regulationen im direkten Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von Substraten und Metaboliten stehen. Zur Betrachtung der CHO-K1 Zellen unter nahezu konstant bleibenden Bedingungen sollten diese im nächsten Schritt im kontinuierlichen Betrieb kultiviert werden.