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2   Theoretische Grundlagen

2.5   Der Zellzyklus im metabolischen Zusammenhang

Der Stoffwechsel und mit ihm die Aktivität und Dynamik von Mitochondrien in tierischen Zellen sind von zahlreichen Faktoren abhängig. Neben den physiologischen Bedingungen betrifft ein wesentlicher Faktor die Zellproliferation. Die Vermehrung tierischer Zellen im Kultivierungsprozess erfolgt durch direkte Zellteilung, der sogenannten Mitose. Dabei durchlaufen die Zellen eine wiederkehrende Folge von Schritten, die schließlich zur Verdopplung der Zellen führt. Dieser Vorgang wird auch als Zellzyklus bezeichnet. Die Länge des Zellzyklus variiert je nach Zelltyp und beläuft sich für tierische Zellen auf einen Zeitraum zwischen zwei und 50 Stunden [210]. Der Zellzyklus lässt sich in mehrere Phasen unterteilen. Eine erste grobe Unterteilung erfolgt durch die Aufteilung in zwei Abschnitte, den reinen Prozess der Zellteilung, die Mitose, und den Prozess des Wachstums und der Verdopplung des gesamten Zellinhaltes, die Interphase. Die Interphase lässt sich wiederum in drei weitere Phasen unterteilen, wie in Abbildung 7 veranschaulicht ist. Die zentrale Phase der Interphase ist die S-Phase (S = Synthese), in der eine Verdopplung der Chromosomen und somit die Replikation der DNA stattfindet [211].

Dieser Vorgang gewährleistet, dass eine identische Kopie des genetischen Materials der Ausgangszelle gebildet wird. Die S-Phase nimmt in den meisten tierischen Zellen zeitlich etwa die Hälfte der Zellzyklusdauer ein [212].

Abb. 7: Schematische Darstellung des Zellzyklus tierischer Zellen.

Die Länge der jeweiligen Phasen kann je nach Zelltyp variieren. (übernommen aus [213])

(G0/1: diploid = Chromosomensatz 1n, G2: tetraploid = Chromosomensatz 2n, S: zwischen di- und tetraploid = Chromosomensatz zwischen 1n und 2n)

Zwischen der Mitose und der S-Phase befinden sich zwei sogenannte Lückenphasen, um den Zeitbedarf für die Synthese von einem zweiten Satz an Organellen und Proteinen zu decken. Diese Lücken werden als G1- und G2-Phasen (G = Gap) bezeichnet [211]. Da der Übergang von der G2- zur Mitose- (M) Phase oft nicht direkt differenziert werden kann, werden diese Phasen auch zusammengefasst als G2/M-Phase deklariert.

Entsprechend der verschiedenen Phasen und Energieansprüche für die Replikation der Zelle verändern sich auch der Metabolismus und die Genexpression innerhalb eines Zellzyklus mehrfach [214, 215].

2.5.1 Mitochondriale Zellzyklusabhängigkeit

Auch die Verteilung und Morphologie der Mitochondrien innerhalb der Zellen verändert sich in Abhängigkeit des Zellzyklus [216, 217]. Für die Morphologie der Mitochondrien in Abhängigkeit des Zellzyklus sind in der Literatur drei verschiedene Formen beschrieben: die retikuläre Form, die fragmentierte Form und die intermediäre Form, die eine Zwischenform von retikulär zu fragmentiert darstellt [218–220]. Diese morphologischen Formen sind am Beispiel humaner Osteosarkomzellen in Abbildung 8 veranschaulicht. Bei der retikulären Form bilden die Mitochondrien netzwerkartige, längliche Strukturen aus und können nicht als separate Organellen identifiziert werden. Für eine normale Mischpopulation, in welcher die Zellen in einer heterogenen Zellzyklus-phasenverteilung vorliegen, wurde gezeigt, dass die intermediäre Form am häufigsten auftritt [220]. Die Mitochondrien liegen dort zum Teil fragmentiert als auch retikulär, in einigen Netzwerken vor. Im Laufe der Interphase von der G1-Phase bis hin zum Anfang der S-Phase findet eine vermehrte Bildung von Netzwerken statt. Die Bildung der Netzwerke lässt sich auf den erhöhten Energiebedarf und eine flächige Energiedistribution, die während der Interphase benötigt wird, zurückführen. Bedingt durch die Bildung der Netzwerke entstehen ein höherer ATP-Ausstoß und eine gesteigerte Biosyntheserate für Proteine und Fette, was für eine Zellreplikation essentiell ist. Im Anschluss spalten sich die Netzwerke auf, sodass gegen Ende der G2-Phase größtenteils fragmentierte Mitochondrien vorliegen. Für die dann folgende Zellteilung kann somit eine gleichmäßige Verteilung der Mitochondrien und ihrer mtDNA auf die Tochterzellen gewährleistet werden [219, 220].

Abb. 8: Morphologie und Verteilung von Mitochondrien in Abhängigkeit vom Zellzyklus.

Die Morphologie und Verteilung ist am Beispiel von humanen Osteosarkomzellen (Färbung mittels MitoTracker rot) gezeigt. A) fragmentiert (G2/M-Phase), B) intermediär, C) retikulär (Interphase).

(übernommen aus [219]).

2.5.2 Zellsynchronisation

Die Kultivierung tierischer Zellen erfolgt normalerweise mit einer Mischpopulation, bei der die Zellen in unterschiedlichen Phasen des Zellzyklus heterogen verteilt vorliegen, sodass keine differenzierten Untersuchungen der einzelnen Phasen erfolgen können. Zum weiteren Verständnis des Zellzyklus und den mit diesem verbundenen Abläufen innerhalb der Zelle besteht der Bedarf, die Zellzyklusphasen getrennt voneinander zu betrachten.

Eine Möglichkeit dies zu erreichen besteht in der Kultivierung einer synchronisierten Zellpopulation. Bei einer Zellsynchronisation wird eine Mischpopulation den Zellzyklusphasen entsprechend aufgetrennt. Hierbei stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, die sich hauptsächlich in chemische und physikalische Varianten einteilen lassen. Bei den chemischen Verfahren wird meistens ein Detergens eingesetzt, das den Zellzyklus in einer bestimmten Phase blockiert. So sind für die Arretierung der S-Phase mehrere Chemikalien bekannt, die die DNA-Replikation durch die Inhibierung bestimmter Enzyme aufhalten [221–224]. Durch den Einsatz des Alkaloids Demecolcin kann eine Rückhaltung der Zellen in der M-Phase erzielt werden, indem die Bildung der bipolaren Spindel während der Mitose verhindert wird [225]. Die chemischen Methoden können zwar hohe Synchronitätsraten erzielen, allerdings wird durch das erzwungene Zurückhalten der DNA-Synthese und die toxischen Wirkungen der Chemikalien ein fehlerhaftes weiteres Wachstum induziert [221–224]. Zudem beeinträchtigen die eingesetzten Chemikalien den Metabolismus der Zellen stark [17], weshalb diese Methoden zur Zellsynchronisierung für metabolische Analysen nicht geeignet sind.

Den physikalischen Methoden ist der Vorteil gemein, dass der Metabolismus und die Viabilität der Zellen nicht oder nur in sehr geringem Maß beeinträchtigt wird [17]. Dies macht sie bei einer sich an die Synchronisierung anschließenden Kultivierung mit Untersuchung des Metabolismus zum Mittel der Wahl. Zu den ältesten physikalischen Methoden der Zellsynchronisierung zählt das „Mitotic-shake-off“, welches bei adhärent wachsenden Zelllinien angewandt werden kann. Dabei werden Zellen, die sich gerade geteilt und noch keine feste Bindung erlangt haben, losgeschüttelt und so von den restlichen Zellen abgetrennt [221, 226]. Allerdings ist diese Methode nicht für Suspensionszellen anwendbar und auch aufgrund der sehr geringen Ausbeute limitiert [17, 222]. Durch die Reduktion der Kultivierungstemperatur (30-34°C) konnte gezeigt werden, dass Zellen in der G1/G0-Phase arretiert werden können [214, 227, 228]. Diese Methode

wurde bereits für CHO Zellen eingesetzt, allerdings führt die eingesetzte Temperatur-senkung zu einer erheblichen Änderung der physiologischen Bedingungen, so dass ebenfalls eine Änderung des Metabolismus während dieses Prozesses stattfindet [228]. Für Zellen, die in Suspension wachsen, kann die Elutriation mittels Gegenstromzentrifugation für die Fraktionierung der Zellzyklusphasen verwendet werden [229]. Bei dieser Methode erfolgt eine Auftrennung der Zellpopulation entsprechend ihrer Größe und Dichte, die aufgrund des Zellwachstums im Laufe der Interphase mit den jeweiligen Zellzyklusphasen korrelieren. Ein entscheidender Vorteil dieser Methode besteht darin, dass der Einfluss auf den Metabolismus sehr gering gehalten werden kann und die fraktionierten Zellen auch aufgrund ihrer hohen Viabilität weiter kultiviert werden können. Die Etablierung der innerhalb dieser Arbeit eingesetzten Methode erfolgte für tierische Suspensionszellen im Vorfeld durch Oscar Platas Barradas [230]. Eine detaillierte Beschreibung kann dem Kapitel 3.12 und den entsprechenden Referenzen [229, 230] entnommen werden. Der Grad der Synchronität der erhaltenen Zellfraktionen oder einer Zellpopulation im Verlauf eine Kultivierung kann heutzutage sehr präzise mittels durchflusszytometrischer Analysen des DNA-Gehaltes bestimmt werden [231, 232].

Eine Analyse des Metabolismus derart synchronisierter und anschließend kultivierter Zellen kann einen Aufschluss über die Abläufe innerhalb einzelner Phasen des Zellzyklus geben und damit einen weiteren Beitrag zur Optimierung von Zelllinien leisten [17].

Darüber hinaus ist eine differenzierte Betrachtung der metabolischen Zellzyklus-abhängigkeit natürlich auch für die Untersuchung des kompartimentierten Metabolismus von großer Bedeutung um aus den separaten Metabolitenanalysen gezielte Zusammenhänge zu physiologischen Parametern ableiten zu können.