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DR. LUDWIQ MECKINQ

Im Dokument Geographie Meeres (Seite 125-137)

BERLIN 1911

ERNST SlfOffilfO MITTLER UND SOHN

KONJOLICHE HOFBUCHHANDLUNO KCCHSTRASSe 111-11

/

Preis

50 Pf.

Abb. 11: Ein altes meeresgeographisches Thema in einer neuen Serie:

L. MECKINGs Abhandlung Uber den Golfstrom

Abb. 12: Zentrum der Meeresgeographie in Berlin: Das von RICHTHOFEN begründete Institut und Museum für Meereskunde, Saal mit Lot-apparaten

Daraus erwuchsen Ende der 1890er Jahre Bestrebungen von privater und amtlicher Seite, die auf die Errichtung eines nautischen Instituts als Mu-seum und lehrender Bildungsanstalt sowie auf eine Erweiterung des Unter-richts maritimer Fragen und Gegenstände zielten. Dies kam den Intentio-nen F. v. RICHTHOFENs sehr entgegen, der neben KRÜMMEL schon sehr früh die im letzten Viertel des 19. Jhs. begonnene umwälzende Entwick-lung in der Meereskunde und ihre zunehmende Bedeutung für die Geogra-phie erkannt hatte. ,Aber im Gegensatz zu dem stillen Stubengelehrten KRÜMMEL war RICHTHOFEN mehr von der weltoffenen und welterfahre-nen, extrovertierten Art eines A. v. HUMBOLDT. Und so kam es, daß das zunächst für Kiel geplante Projekt des Preußischen Kultusministeriums, mitbedingt wohl durch die stärkere Persönlichkeit v. RICHTHOFENs, im Jahre 1900 als Institut für Meereskunde mit angeschlossenen meereswis-senschaftlichen und -wirtschaftlichen Sammlungen an der Friedrich-Wil-helm-Universität zu Berlin verwirklicht wurde. Nichts verdeutlicht die innige Verbindung von Geographie und Ozeanographie in der damaligen

Zeit besser als die Tatsache, daß "das Institut für Meereskunde, welches von selbst in engste Angliederung an das Geographische Institut trat, in dessen Arbeitsgebiet diese Wissenschaft bisher einen integrierenden Teil gebildet hatte" ( v. RICHTHOFEN 1902), mit dem Geographischen Institut in Personalunion zunächst von F. v. RICHTHOFEN, nach dessen Tod von 1906 bis 1921 von A. PENCK geleitet wurde. RICHTHOFEN selbst hat die Eröffnung des von ihm konzipierten und unter Mitwirkung von E. v. DRY-GALSKI und E. v. HALLE fast vollendeten Museums für Meereskunde am 5.3.1906 nicht mehr erlebt. Aber in seiner Universitätsrede über ''Das Meer und die Kunde vom Meer" (1904) hat er in allgemeinverständlicher, meisterhafter Form noch einmal die Ziele und Aufgaben des Instituts und Museums in programmatischer Weise umrissen, wobei er den Bogen von den maritimen Entdeckungs- und Forschungsreisen über die ozeanographi-schen, meeresbiologischen und meereswirtschaftlichen bis zu Meeres-technik und maritimem Natur- und Umweltschutz spannte, und damit im Grunde bereits ein Arbeitsprogramm der "Geographie des Meeres" ab -steckte. Über die Einrichtung des Museums und die Entwicklung des In-stituts für Meereskunde bis 1912 hat A. PENCK (1912) anschaulich und ausführlich berichtet (vgl. ausführlich hierzu KORTUM 1983).

Das Institut war von vornherein in zwei Abteilungen gegliedert: eine "geo-graphisch-naturwissenschaftliche", d. h. ozeanographische im weitesten Sinne, unter Leitung E. v. DRYGALSKI (18 65-1949), der nach anfängli-chem Studium der Mathematik und Naturwissenschaften, dann aber als Schüler v. RICHTHOFENs in Bonn, Leipzig und Berlin dort 1887 mit

ei-nem geophysikalischen Dissertationsthema promovierte und nach drei Assistentenjahren am Geodätischen Institut Berlin sowie zwei glaziologisch ausgerichteten Reisen an die Westküste Grönlands 1891 und 1892/93 sich 1898 in Berlin für Geographie und Geophysik habilitiert hatte. Der zweiten

11bistorisch-volkswirtscha!tlichen Abteilung" oblag die wissenschaftliche Beschäftigung mit den vielfältigen Nutzungsformen des Meeres und der Küsten durch den Menschen. Aus heutiger Sicht mag die Bezeichnung

die-ser Abteilung ebenso überraschen wie die Tatsache, daß sie einem National-ökonomen, nämlich Ernst v. HALLE, zur Leitung übertragen wurde, der sich allerdings in mehreren Schriften mit Fragen des Welthandels und See-verkehrs befaßt hatte. Ohne die Gründe im einzelnen zu kennen, ist jedoch zu bedenken, daß es um die Jahrhundertwende weder ein festgefügtes Lehr-gebäude der Kulturgeographie gab, zu dem erst Otto SCHLÜTER und an-dere vor dem Ersten Weltkrieg in Deutschland die Fundamente legten, noch eine wissenschaftlich fundierte allgemeine Wirtschaftsgeographie, deren Vorläufer, die Handelsgeographie, vornehmlich als Waren- und Pro-duktenkunde, zwischen Volkswirtschaftlern und Geographen durchaus um-stritten war. Erst während des ersten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts be-gann die Wirtschaftsgeographie methodologisch klarere Konturen anzuneh-men vor allem durch die beiden RATZEL-Schüler E. FRIEDRICH in Leip-zig und M. ECKERT in Kiel, der einem grundlegenden Aufsatz über "Wesen und Aufgaben der \Virtschaftsgeographie" (Dt. Geogr. BI. 1904) seinen

"Grundriß der Handelsgeographie" (1905) mit der "Allgemeinen Wirtschafts-und Verkehrsgeographie'' als Band I folgen ließ. So gesehen war RICHT-HOFENs Idee einer historisch-volkswirtschaftlichen Abteilung im Institut für Meereskunde im Jahre 1900 eine echte Pioniertat, die erst im Laufe der Zeit Früchte auch im Hinblick auf den Meeresraum tragen sollte.

Neben der wissenschaftlichen Arbeit in den beiden Abteilungen wurden in den Wintersemestern ab 1900/01 von auswärtigen Gelehrten öffentliche Vorträge gehalten, die wie 0. KRÜMMELs Bericht über "Die deutschen Meere im Rahmen der internationalen Meeresforschung" (1904a) zum Teil in den 1902 von v. RICHTHOFEN begründeten zunächst gemeinsamen "Ver-öffentlichungen des Instituts für Meereskunde und des Geographischen In-stituts" publiziert wurden. Von diesen unter dem Motto "Terra marique"

stehenden "Veröffentlichungen", die nach den Vorstellungen RICHTHOFEXs die Geographie des Landes und der Meere nach der naturwissenschaftlichen wie wirtschaftlichen Seite umfassen sollte, erschienen bis 1911 15 Hefte.

E. v. DRYGALSKI, der während der von ihm geleiteten Deutschen Südpolar-Expedition 1901/03 von Berlin abwesend war, war auch anschließend durch die Bearbeitung der Expeditionsergebnisse über Jahre in Anspruch genom-men. Aus der Vielzahl von Expeditionsberichten seien hier außer DRY.

GALSKis populärer Darstellung (1904) nur die in den "Veröffentlichungen des Instituts für Meereskunde ••. 11 (1902, H. 1/2 und 1903, H. 5) sowie das unter DRYGALSKis Redaktion zwischen 1905-31 herausgegebene 22bän-dige Expeditionswerk genannt (vgl. dazu vorher). In dieser Zeit wurden die ozeanegraphischen und maritim-klimatologischen Lehrveranstaltungen überwiegend von Wilhelm MEINARDUS (1867 -1952) bestritten, der nach dem Studium der Geographie und Meteorologie mit Mathematik und Physik in Berlin 1893 bei RICHTIIOFEN mit einer Arbeit über die klimatischen Ver·

hältnisse des nordöstlichen Indischen Ozeans promoviert und sich nach drei-jähriger Assistentenzeit am Meteorologischen Observatorium Potsdam 18 99 in Berlin habilitiert hatte. Die Deutsche Südpolar-Expedition unterhielt im Institut für Meereskunde ein ständiges Büro, in dem von 1904-09 Ludwig MECKING (1879-1952) als Assistent tätig war. Dieser hatte nach dem glei·

chen geographisch-meteorologischen Studium wie MEINARDUS 1905 bei RICHTHOFEN mit einer Arbeit über 11Die Eisdrift aus dem Bereich der Baffinbay ••. '' (1906) promoviert und sich anschließend gemeinsam mit MEINARDUS, und nach dessen Berufung nach Münster (1906) mit längerem Aufenthalt in der Deutschen Seewarte~ an die Bearbeitung des meteorolo-gischen Materials der Deutschen Südpolar-Expedition sowie der gleich-zeitig stattgefundenen 11lnternationalen Meteorologischen Kooperation 1901/04 in den Gewässern südlich 30° S11 gemacht. Die Ergebnisse - z. T.

gemeinsam mit MEINARDUS -, die eine erste grundlegende Darstellung des Klimas der höheren südlichen Breiten darstellen, bilden mit einem umfangreichen "Meteorologischen Atlas11 (1911-15) einen Teil des Südpolar-Expeditionswerkes (Bd. III, 2 1911). Mit einem Teilkomplex über die klimatischen Verhältnisse im Umkreis der Drakestraße zwischen Westant-arktis und Südamerika hat MECKING sich unter H. WAGNER in Göttingen habilitiert (1909).

Mit dem gleichzeitigen Weggang 1906 von DRYGALSKI nach München und MEINARDUS nach Münster sowie dem Ausscheiden v. HALLEs sah PENCK sich nach seiner Berufung von Wien nach Berlin im Institut für Meeres-kunde zu einer personellen wie arbeitsmäßigen Neuorientierung genötigt.

Er holte zunächst den unter ihm 1904 in Wien habilitierten Prager Alfred GRUND (1875-1914 gef.). der sich durch Teilnahme an ozeanegraphischen Kursen in Bergen unter Björn HELLAND-EANSEN schnell vom bereits renommierten Karsthydrographen zum Ozeanegraphen wandelte und -1907 zum Professor ernannt - die geographisch-naturwissenschaftliche Abtei-lung im Institut für Meereskunde übernahm. GRUND richtete hier als erstes ein ozeanegraphisches Laboratorium ein, begann wegen der Meer-ferne von Berlin mit Studenten als ozeanegraphische Vorübungen zunächst hydrographische Untersuchungen am Sakrower See bei Potsdam und orga-nisierte schließlich für Studenten ozeanegraphische Beobachtungen auf Feuerschiffen in der Elbmündung.

Als GRUND 1910 nach Prag berufen wurde, folgte ihm, ebenfalls aus Wien kommend, Allred MERZ (1880-1925), der nach Studium der Geographie und Meteorologie und Promotion 1906 bei PENCK in Wien sowie reichen ozeanegraphischen Erfahrungen in der Adria sich 1910 mit seinen 11 Hydro-graphischen Untersuchungen im Golf von Triest'' (1911) in Berlin für Geo-graphie habilitierte, Als Nachfolger im Amt von GRUND setzte er das von diesem Begonnene konsequent fort, so 1911/12 die Beobachtungen auf Feuer-schiffen der Nordsee, die dann F. WENDICKE (1913) für eine Dissertation auswertete, sowie die Untersuchungen am Sakrower See, die für MERZ (1912) ozeanographischen Modellcharakter hatten, Eine neue Aufgabe ergab sich, als die seit 1891 bestehende zoologische Station Rovigno/Istrien des Berliner Aquariums einzugehen drohte und, von der neugegründeten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft aufgekauft, als Deutsche Zoologische Station am Mittelmeer weitergeführt wurde mit Nutzungsrecht für das Berliner Insti-tut für Meereskunde. Der biologische Leiter Dr. KRUMEACH wurde gleich-zeitig Kustos am Institut für Meereskunde und hielt ab 1913 gemeinsam mit MERZ als Ozeanograph meereskundliehe Kurse für Berliner Studenten in

Rovigno ab, Damit war ein schon länger angestrebtes Ziel, die Ergänzung der ''physiographischen Meeresforschung'' (PENCK) nach der meeresbio-logischen Seite hin, wozu man 1911 den Kieler Meeresbiologen H. LOH-MANN für eine einsemestrige Gastprofessur gewonnen hatte, wenigstens in Ansätzen erreicht.

1911 konnte MERZ während einer deutschen Kabellegung zwischen Mon-rovia/Liberia und Pernambuco/Brasilien erstmals auf offenem Ozean wertvolle meereskundliehe Studien über Temperatur, Salzgehalt und Ver-dunstung machen, wobei er sich einer von PENCK auf einer Seereise nach Südafrika 1904 angewandten Methode bediente, die LÜTGENS dann auf sei-nen A tlantikreiscn vervollkommnete (1912). Das bis 1914 angefallene I\.ta-terial an Verdunstungsmessungen auf dem Meer hat dann Georg WÜST (1880-1977) nach einem Studium der Geographie und Ozeanographie, Me-teorologie und Naturwissenschaften zu einer Dissertation verarbeitet, mit der er 1914 beiMERZ im Fach Geographie promovierte und die grund-legend für viele spätere Arbeiten über den Wasserhaushalt und die Wasser-zirkulation in den Ozeanen wurde. WÜST trat nach Kriegsdienst als Heeres-meteorologe 1919 als Assistent ins Institut für Meereskunde ein, wo er in den beiden folgenden Jahrzehnten eine tragende Rolle in der Berliner Geo-graphie und Meereskunde spielen sollte. MERZ - 1914 zum Professor ernannt - war während des Ersten Weltkrieges neben der Herausgabe der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde vor allem für die I\..farineleitung tätig, um für die Zwecke der Seekriegsführung exakte Unterlagen über die Gezeiten an den Küsten der nordwesteuropäischen 1\.feere zu erstellen

- eine Tätigkeit, welche auf die Nachkriegsarbeiten des Instituts in mehr-facher Hinsicht Auswirkungen haben sollte,

Die historisch-volkswirtschaftliche Abteilung des Instituts blieb nach von HALLEs Weggang ab 1907 zunächst ohne Leitung, weil sich laut PENCK (1912; 427) unter den Nationalökonomen keine geeignete Persönlichkeit für diese Aufgabe habe finden lassen, An einen Geographen hat man damals anscheinend noch nicht gedacht, obwohl Max ECKERT, als er mit seinem Kieler maritimen Erfahrungen 1907 auf eine wirtschaftsgeographische Professur nach Aachen ging, zweifellos der richtige Mann gewesen wäre.

So wurde erst 1911 Gustav BRAUN die Leitung der Abteilung übertragen, der - obwohl bis dahin überwiegend mit küstenmorphologischen und Ost-seestudien befaßt - nach PENCKs Aussage Schule machte. Gleichzeitig mit ihm kam aus Greifswald der Kieler KRÜMMEL-Schüler Hans SPETH-MANN ans Berliner Geographische Institut (1911-14), wo er sich nach einer interessanten Wasserhaushaltsberechnung der Ostsee (1912) mit seinen 11Studien zur Ozeanographie der südwestlichen Ostsee11 (1913) habi-litierte. Nach BRAUNs Berufung nach Basel übernahm der 1906 in Berlin mit einer Arbeit über die morphologische Wirkung von Meeresströmungen im Mittelmeer promovierte und 1909 in Marburg habilitierte Alfred R l1IL (1882 -1935) die Leitung der Abteilung und machte durch seine methodisch eigenwilligen und systematischen Untersuchungen aus ihr eine bedeutende Lehr- und Forschungsstätte der Wirtschaftsgeographie.

Als eine besondere Leistung aus dem Berliner Meereskunde-Institut sind die von Dr. M. GROLL dort bearbeiteten und 1912 herausgegebenen, für die damalige Zeit wohl besten Tiefenkarten der drei Ozeane zu erwähnen.

Neben der ab 1907 vom Institut für Meereskunde herausgegebenen Reihe

"t-teereskunde". die einen Teil der seit Eröffnung des Instituts in den er-sten 12 Jahren vor rund 100 000 Hörern gehaltenen 415 volkstümlichen Vorträge in Jahresbänden zu 12 Heften enthält, wurden ab 1912 wegen der immer reichlicher anfallenden Arbeiten aus dem eigenen Haus die bis da-hin mit dem Geographischen Institut gemeinsam herausgegebenen 11 Ver-öffentlichungen" in alleiniger Regie als "Veröffentlichungen des Instituts für Meereskunde11 gemäß der Abteilungsgliederung sogar in eine "geogra-phisch-naturwissenschaftliche'' und eine ''historisch-volkswirtschaftliche Reihe" aufgeteilt. Der ganz überwiegend meerbezogene Themenkreis, der in seiner außerordentlichen Breite den Rahmen der eigentlichen Ozeano-graphie deutlich sprengte, charakterisiert das Berliner Institut für Meeres-kunde eigentlich als ein "Institut für Meeresgeographie1' . Hier wurde da-mals schon institutionalisiert echte "Geographie des Meeres" in umfas-send geographischem Sinne betrieben, was ja auch in der fachpluralistisch vielseitigen personellen Zusammensetzung zum Ausdruck kam und wie es der Idee und dem wissenschaftlich weitgespannten Blick des Initiators die-ses lange Zeit einmaligen Instituts, Ferdinand v. RICIITHOFEN, entsprach.

Heute gibt es in Großbritannien, den USA und der UdSSR ähnlich arbeitende Institute (vgl. Teil III).

In Österreich begann nach Erlahmen der Adria-Forschung gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, markiert durch die H.ückblicke von LUKSCH und WOLF (1895) sowie von LUKSCH (1898), kurz nach der Jahrhundertwende durch die 1903 erfolgte Gründung des 11Vereins zur Förderung der natur-wissenschaftlichen Erforschung der Adria" eine Renaissance derselben aus kleinen Anfängen. Dabei sollte sich als Folge der Berufung A. PENCKs nach Berlin (1906) zwischen dem dortigen Institut für Meereskunde und der Österreichischen Adria-Forschung eine Reihe für beide Seiten wertvoller personeller Querverbindungen ergeben, wie beim Berliner Meereskunde-Institut bereits angedeutet. In den Jahresberichten des '1Adria-Vereins'1 finden sich ab 1904 gute Übersichten des Biologen C. J. CORI und des frisch promovierten A. MERZ über die Fortschritte der zoologisch-bota-nischen wie physikalisch-geographischen Untersuchungen in der Adria.

Diese erstreckten sich zunächst auf den nördlichsten Teil, wo CORI und MERZ intensiv den Golf von Triest durchforschten (MERZ 1911), anschlie-ßend der Geograph G. GÖTZINGER die Gewässer westlich lstriens, wofür ab 1908 eine vereinseigene Motorjacht zur Verfügung stand. In diesem Zu-sammenhang sei noch einmal auf 1\-IERZ' äußerst wertvolle meereskundliehe Literaturübersicht über die Adria besonders der Jahre 1897-1909 verwie-sen (MERZ 1910).

Nach der Gründung des "Reale Comitato talassografico11 (191 0) der Societa per il progresso delle Scienze, die bereits vorher die Untersuchung der italienischen Meere mit Hilfe von Kriegsschüfen begonnen hatte, wurde eine gegenseitige Abstimmung notwendig, die auf einer

österreichisch-italienischen ozeanegraphischen Konferenz 1910 in Venedig durch Bildung einer gemeinsam italienisch-österreichischen Adria-Kommission erfolgte.

Von ihr wurden nach dem Vorbild der Organisation und Forschungsme-thoden der internationalen Erforschung der nordeuropäischen Meere regel-mäßige Terminfahrten auf acht Querschnittsrouten durch die gesamte Adria mit allen dazu notwendigen meteorologischen und ozeanegraphischen 1\Ies-sungen bis zum Meeresgrund sowie Bodenuntersuchungen einschließlich der Meeresbiologie festgelegt. Von österreichischer Seite wurden die zwei-bis dreiwöchigen Terminfahrten auf den vier vorgeschriebenen Querprofi-len mit der S. M. S, 11Najade" viermal jährlich im Auftrag der Regierung durch den 11Adria- Verein11 durchgeführt. Die Gesamtleitung hatte der Nachfolger von A. PENCK auf dem Wiener Lehrstuhl der Geographie, Eduard BRÜCKNER, die Leitung der ozeanegraphischen Arbeiten der 1910 mit seinen Berliner Erfahrungen als ord. Professor der Geographie nach Frag zurückgekehrte Alfred GRUND, unterstützt von E. BRÜCKN'ER und dem Wiener Geologie-Assistenten Dr. G, GÖTZINGER. Die meeresbio-logischen Arbeiten standen unter Leitung von C. CORI, dem Direktor der Zoologischen Station Triest. Der meteorologische Beobachtungsdienst unterstand dem Fregattenkapitän W, v, KESLITZ vom Hydrographischen Amt in Pola, Darüber hinaus nahmen meist auch noch interessierte

wis-senschaftliche Begleiter der verschiedenen Fächer an den Fahrten teil.

Die erste Terminfahrt fand im Frühjahr 1911 statt (BRÜCKNER 1911), die zwölfte und letzte im Frühjahr 1914, über deren Verlauf und hydro-graphische Ergebnisse - wie auch zuvor - A. GRUND u. a, regelmäßig in den Bänden 1911-14 der Geographischen Gesellschaft \Vien berichtet hat.

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhinderte nicht nur die Publika-tion der Gesamtergebnisse im größeren Rahmen, sondern auch die Fort-setzung des so erfolgreich begonnenen Projektes, das die Adria ähnlich der Ostsee zu einem der besterforschten Meeresteile machte. Dabei stand ganz eindeutig das wissenschaftliche Interesse im Vordergrund, wobei die führende Rolle des Faches Geographie bei voller Berücksichtigung auch der meeresbiologischen Belange unübersehbar war.

Das räumlich weitgespannte Projekt einer internationalen Erforschung des gesamten Mittelmeeres - ähnlich der internationalen Erforschung der nordeuropäischen Meere - war dagegen von Anfang an dominant von den praktischen und wirtschaftlichen Belangen der Meeresfischerei ge-tragen und demzufolge auch viel stärker meeresbiologisch orientiert. Der Antrag zu einem solchen Unternehmen wurde von italienischer Seite (Prof.

D. VINCIGUERRA, Rom), da es gar kein anderes internationales Forum dafür gab, 1908 auf dem Internationalen Geographen-Kongreß in Genf ge-stellt, wo 0. K.RÜMMEL die ozeanegraphischen Sitzungen präsidierte.

Hier wurde auch bereits eine Kommission aus Vertretern der europäischen Mittelmeer-Anrainerländer gebildet mit dem Direktor der Zoologischen Station Triest als österreichischem Vertreter. Anläßtich der feierlichen Eröffnung des Ozeanegraphischen I\.fuseums in Monaco im Frühjahr 1910 (über die Kommissionsverhandlungen vgl. SCHOTT 1910) trat die Kom-mission unter Vorsitz des Fürsten ALBERT I. und unter Hinzuziehung

erfahrener Ozeanegraphen zusammen und beschloß ein im wesentlichen von 0. KRÜMMEL auf Grund der in den nordeuropäischen Meeren ge-wonnenen Erfahrungen erarbeitetes vorläufiges Programm. In den fol-genden Jahren geschah jedoch nichts, bis auf Drängen und Einladung des Fürsten von Monaco Anfang 1914 in Rom eine Mittelmeer-Konferenz zu-standekam, wo unter Auswertung der richtungsweisenden Erfahrungen der italienisch-österreichischen Adria-Forschung ein präzisiertes Pro-gramm mit regelmäßigen Terminfahrten auf 29 festgelegten Profilen durch das gesamte Mittelmeer zwischen Gibraltar und den Dardanellen beschlossen wurde (vgl. ausführlich BRÜCKNER 1914), Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhinderte jedoch die für 1916 geplante Aufnah-me der Arbeiten der internationalen MittelAufnah-meer-Forschung, die dann erst nach dem Kriegsende, nunmehr ohne Österreich, mit neuen Mit-gliedern der 11Commission international pour P exploration scientifique de la mer Mediterranee" und neuem Programm in Gang kam (CORVETTO 1968).

6.3.4. Die Meereskunde in der akademischen Lehre und ihre Lehrbücher Auch eine so praxisbezogene Wissenschaft wie die Ozeanographie kann sich nicht ohne angemessene akademische Vertretung in Forschung und Lehre des Hochschulbereiches weiterentwickeln. Dies geschah, da es im ersten Viertel des 20. Jhs. noch keine Professuren für Ozeanographie im deutschen Sprachraum gab, hier ausschließlich durch das Fach Geo-graphie, das die Zahl seiner Lehrstühle seit der Mitte des 19. Jhs. von drei (Göttingen, Berlin, Wien) bis gegen 1920 mehr als verzehnfacht hatte.

Deshalb muß hier die Frage gestellt werden: Wie schlug sich, außer in Kiel und Berlin, in der Zeit zwischen 1900 und 1920 als geographische Teildisziplin die Meereskunde im g e o g r a p h i s c h e n Lehr an-gebot der deutschsprachigen Hochschulen nieder? Bei Durchsicht ihrer geographischen Lehrveranstaltungsprogramme von Beginn dieses Jahr-hunderts an muß man aus heutiger Sicht geradezu erstaunt sein, in wel-chem Umfang damals meeresgeographische Themen behandelt wurden, soweit sie aus den Informationen darüber (u. a. in Pet. Mitt. u. Geogr. Z.) direkt erkennbar und nicht in allgemeine Vorlesungstitel wie 11Allgemeine Hydrographie" oder "Physische Geographie11 eingeschlossen sind. Es gab kaum ein Geographisches Institut, das nicht maritim-geographische Vor-lesungsthemen (Seminare wurden nicht erfaßt) im Lehrangebot hatte, am ausgiebigsten natürlich Berlin; aber selbst Alpenuniversitäten wie Bern und Zürich, Innsbruck und Wien schlossen sich nicht aus. Ein wesentlicher Grund dafür lag natürlich in der Verankerung der Meereskunde in dama-ligen Studien- und Prüfungsordnungen für Lehramtskandidaten an höheren Schulen, vor allem in Preußen. Die Mehrzahl der Vorlesungstitel betraf zweüellos die Allgemeine Ozeanographie oder Meereskunde; es kamen aber auch Themen wie 11Geographie des Meeres'' (v. DRYGALSKI/Berlin) oder "Geographie der irdischen Wasserhülle" (RATZEL/Leipzig) vor.

Die selteneren maritim-kulturgeographischen Titel befaßten sich ganz

überwiegend mit dem !\.-leer als Verkehrsraum oder historisch-meeresgeo-graphischen Fragen (KRETSCl!l\IER(Berlin). Schließlich stößt man aber auch auf eine Reihe regional-meeresgeographischer Vorlesungstitel, ange-fangen von den Deutschen Meeren, insbesondere der Ostsee (BRAUN

f

Greifswald), über das Mittelmeer (u. a. F!SCI!ER(Marburg, PH!L!PPSOX/

Greifswald), über das Mittelmeer (u. a. F!SCI!ER(Marburg, PH!L!PPSOX/

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