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Von Jörn Sieglerschmidt

Vorbemerkung

MusIS und BAM sind nur scheinbar voneinander unabhängige Projekte.1 Ob-wohl sie aus unterschiedlichen Quellen fi nanziert werden und kaum vergleich-bare Zielrichtungen haben, war bereits in den frühen Überlegungen zum Mu-sIS-Projekt daran gedacht, dokumentierende Institutionen mit ähnlichen Auf-gaben (neben Archiven und Bibliotheken sind das noch die Denkmalämter und die Verwaltungen der Schlösser und Gärten) in einem gemeinsamen Vorgehen bei der Einführung von EDV und Dokumentations-Datenbanken zu koordi-nieren. Das ist nicht in der zunächst vorgesehenen Form gelungen. Doch bot das starke Interesse sowohl der zuständigen Generaldirektionen der EU wie auch deutscher Institutionen an der Kooperation von Bibliotheken, Archiven und Museen ausreichend Anlass, die ursprünglichen Pläne in Form eines inter-netbasierten Ansatzes wieder aufzunehmen. Das BAM-Projekt wurde daher aus dem MusIS-Projekt heraus initiiert, da vonseiten der Museen ein starkes Interesse bestand und besteht, die digital erfassten, häufi g in Depots versteck-ten Bestände (vgl. Tabelle 1 am Schluss) einem größeren Publikum bekannt zu machen. Im Vergleich zum Bestandskatalog, der sich ausschließlich an ein fach-lich interessiertes Publikum wendet, geht es bei einem solchen Vorgehen da-rum, Internet-Nutzer/innen auch ohne spezifi sche Vorbildung mit den wert-vollen Beständen der Museen vertraut zu machen. Bildung und Kultur sollen kein arcanum der entsprechend vorgebildeten Schichten sein, sondern ganz

1 Abkürzungen: AAT Art & Architecture Thesaurus; BAM Bibliotheken, Archive, Museen; BDZ Betriebswirtschaftliches Dienstleistungszentrum; BK Bürokommu-nikation; BKGF Bundesamt für Kartographie und Geodäsie Frankfurt; BSZ Bi-bliotheksservice-Zentrum; CHIN Canadian Heritage Information Network; CI-DOC Comité International pour la Documentation (ICOM Committee); GKD Gemeinsame Körperschaftsdatei der Deutschen Bibliothek; GV Gemeindeverzeich-nis des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden; ICOM International Council of Mu-seums; IMDAS Integrated Museum Documentation and Administration System;

IuK Information und Kommunikation; LAD Landesarchivdirektion; MDA Mu-seum Documentation Association Cambridge (UK); MIDAS Marburger Informa-tions-, Dokumentations- und Archivierungssystem; MusIS Museumsinformations-system; MWK Ministerium für Wissenschaft, Forschung u. Kunst Baden-Württem-berg; NSI Neue Steuerungsinstrumente; PND Personennamen-Datei der Deutschen Bib liothek; SBW Statistisches Bundesamt Wiesbaden; SWD Schlagwortnormdatei der Deutschen Bibliothek; TGN Thesaurus of Geographical Names; ULAN Union List of Artist Names.

unterschiedlich Interessierten mit unterschiedlichen Bildungsvoraussetzun-gen offen stehen. Projekte dieser Art sind daher auch bildungs- und kulturpo-litisch notwendig und wichtig.

Geschichte

MusIS steht als Abkürzung für Museums-Informations-System und umfasst als Projekt des Landes, das heißt des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst erheblich mehr Aufgaben als nur die wissenschaftliche Dokumen-tation. Anspruch dieses seit 1994, in der entscheidenden Phase seit Ende 1997, laufenden Projektes ist die Vernetzung aller Arbeitsbereiche in den staatlichen Museen Baden-Württembergs2 mit dem Ziel, die neuen Informationstechno-logien für eine Erleichterung und Verbesserung der Arbeit zu nutzen. Wie alle vergleichbaren Landesprojekte dient auch dieses daher der Rationalisierung der Arbeit, so zumindest die Erwartung.

Die Arbeitsbereiche wurden bereits 1994 im Versuch einer Museumsdefi -nition festgehalten:

– Museen sammeln im Rahmen der inhaltlichen Konzepte Gegenstände, schriftliche, akustische und Bilddokumente zur Natur- und Kulturge-schichte.

– Museen bewahren und sichern diese Gegenstände und Dokumente durch ge-eignet erscheinende Maßnahmen der Konservierung und Restaurierung.

– Museen erforschen und erschließen Herkunft und Bedeutung der gesammel-ten Dokumente und Gegenstände; die Ergebnisse dieser Forschung werden in geeigneter Form festgehalten.

– Museen vermitteln Ergebnisse ihres Sammelns, Bewahrens und Forschens in öffentlich zugänglichen ständigen Ausstellungen oder Sonderausstellun-gen, die Leihgaben aus anderen Museen einschließen können, in Vortrags- und Sonderveranstaltungen, in Katalogen (Ausstellung und Sammlung) und weiteren Formen der Veröffentlichung.

Aus diesem Aufgabenkatalog ergeben sich Forderungen für die Bereiche:

grundlegende Leistungsmerkmale der Technik, formale Regelwerke, Regel-werke für die Sacherschließung von Objekten (Normdaten). Zugleich sind Anforderungen an die notwendigen langfristigen Dienstleistungen für Schu-lung, Wartung und Betreuung zu stellen.

2 Es handelt sich um folgende Museen: Archäologisches Landesmuseum Stuttgart (ALMS); Badisches Landesmuseum Karlsruhe (BLMK); Haus der Geschichte Ba-den-Württemberg Stuttgart (HGS); Lindenmuseum Stuttgart (LMS); Landesmuseum für Technik und Arbeit Mannheim (LTAM); Staatsgalerie Stuttgart (SGS); Staatliche Kunsthalle Baden-Baden (SKB); Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (SKK), Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe (SMNK); Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart (SMNS); Württembergisches Landesmuseum Stuttgart (WLMS).

Ausgangspunkt der daran anknüpfenden und die Verwaltungsaspekte ein-schließenden Überlegungen war eine Vorgabe des Finanzministeriums, das von den Museen bereits Anfang der 90 er Jahre ein Gesamtkonzept für den Einsatz der EDV verlangte, wenn nennenswerte Summen in Hard- und Soft-ware investiert werden sollten. Dieser Vorgabe wurde 1994 entsprochen, in-dem eine Ist-Analyse und Voruntersuchung vorgelegt wurde, die 1995 zur Er-arbeitung eines Soll- und Lösungskonzepts zusammen mit der Firma ISB in Karlsruhe führte.3 Dieses Soll- und Lösungskonzept ist Grundlage der ab Ende 1997/ Anfang 1998 begonnenen Realisierungsphase. Im Staatlichen Mu-seum für Naturkunde in Stuttgart lief bis Ende 1999 das erfolgreich abge-schlossene Pilotprojekt zur Erprobung einzelner Komponenten des Gesamt-konzepts. Erprobt wurden vor allem die Komponenten der Bürokommuni-kation, das Personalverwaltungssystem des Landes und die Dokumentations-software IMDAS. Parallel dazu wurde die technische Ausstattung installiert, u. a. das gesamte Haus verkabelt (sowohl Schloss Rosenstein als auch der Neu-bau am Löwentor). Besonderer Wert wurde auf die Wartung und Betreuung der Hard- und Software gelegt sowie die Schulung und weitere Betreuung der Nutzer/innen. Im Folgenden soll nach einem Blick auf den aktuellen Stand und die weiteren Planungen der Arbeiten auf die sehr unterschiedlichen Be-reiche des MusIS-Projekts nicht eingegangen werden, sondern ausschließlich auf die Probleme der wissenschaftlichen Dokumentation.

Von Beginn des Projekts an war klar, dass es sich für die einzelnen Mu-seen um die Realisierung einer integrierten Lösung, das heißt einer Integra-tion aller Arbeitsbereiche handeln sollte (vgl. Abbildung 1). Inwiefern diese technische Basis für den Aufbau regionaler oder gar landesweiter Netze taug-lich wäre, wurde zunächst offen gelassen und ist im Soll- und Lösungskon-zept nur für die damals bereits vom Land geplanten Verwaltungsanwendun-gen ausdrücklich als Ziel Verwaltungsanwendun-genannt. Noch 1994 war eine solche Vorgehensweise, die heute selbstverständlich erscheint, 4 keineswegs üblich und in keinem deut-schen Museum bis dahin verwirklicht. Insofern stellte die damalige Planung etwas Neues dar und formulierte zugleich einen hohen Anspruch, was die Ziele des Projekts anging. Um es vorwegzunehmen: Vom heute Erreichten aus gesehen wird eine Integration aller Arbeitsbereiche im Museum Zeit be-nötigen, wenn überhaupt die vollständige Realisierung dieses Zieles sinnvoll, das heißt fachlich und wirtschaftlich von Vorteil erscheint. Das wird sich erst pragmatisch erörtern lassen, wenn tatsächlich unterschiedliche Software

3 ISB – Institut für Software-Entwicklung und EDV-Beratung; zu danken ist Dipl.-Ing. Ralf Schneider und Dipl.-Dipl.-Ing. Gerhard Damian für die außerordentlich effektive und damit zufriedenstellende Zusammenarbeit mit den staatlichen Museen.

4 Vgl. dazu die einschlägigen Kapitel in: Informationstechnologie im Museum. Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Berlin 1999. Vor allem S. 111–155.

– Elizabeth Orna und Charles Pettitt: The LASSI (Larger Scale Systems Initia tive) project. In: Dies.: Information Management in Museums. Aldershot 1998. S.

170–175. – Frank von Hagel und Jörn Sieglerschmidt: Dokumentation in Museen, Bib liotheken und Archiven. In: Information. Wissenschaft & Praxis 53 (2002) S.

347–354.

Wissenschaftliche Dokumentation (IMDAS) Personalverwaltungs- system (PVS) Haushaltsmanagements system (HMS: NSI) Dokumenten- u.Schrift- gutverwaltung (DSV) Weitere zentrale Dien- ste, z. B. Webhosting

Zentrale Serverdienste, Regelwerke Staatsgalerie Stuttgart

Staatliches Museum f. Völkerkunde Stuttgart

Landesmu- seum f.Tech- nik u. Arbeit Mannheim

Haus d. Ge- schichte Ba- den-Württ. Stuttgart

Badisches Landesmu- seum Karlsruhe

Archäologi- sches Lan- desmuseum Stuttgart Staatliche Kunsthalle Baden- Baden Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Staatliches Museum f. Naturkunde Karlsruhe Staatliches Museum f. Naturkunde Stuttgart

Württember- gisches Lan- desmuseum Stuttgart Server, Netz, lokale Software

Server, Netz, lokale Software

Server, Netz, lokale Software

Server, Netz, lokale Software

Server, Netz, lokale Software

Server, Netz, lokale Software Server, Netz, lokale Software Server, Netz, lokale Software Server, Netz, lokale Software Server, Netz, lokale Software

Server, Netz, lokale Software Internet, BelWü-Netz, Landesverwaltungsnetz

Abb. 1

tuell auf unterschiedlichen Plattformen miteinander verknüpft werden soll.

Deutlich wird bereits jetzt, dass die Integration von Arbeitsabläufen durch so genannte workfl ow-Systeme nicht überall geeignet erscheint, da die Schnitt-mengen der einzelnen Arbeitsvorgänge zu gering sind, um den Integrations-aufwand zu rechtfertigen, bzw. die Komplexität der Arbeitsabläufe eine Integ-ration nicht nahe legt.

Grundsätzlich ist bei all diesen Überlegungen festzuhalten, dass dahinter die Absicht steht, eine höchstmögliche Datenintegrität zu erreichen. Integri-tät heißt: Gleichförmigkeit und Zuverlässigkeit der verfügbaren Information sichern, das heißt dafür Sorge zu tragen, dass derselbe Sachverhalt an unter-schiedlichen Stellen im Netz nicht in abweichender Orthographie und Syntax abgelegt ist. Die Integrität schließt aber die semantische Zuverlässigkeit mit ein, das heißt Information sollte an der Stelle entstehen, die am kompetentes-ten über die Sachverhalte Bescheid weiß und daher korrekte und aktuelle Da-ten weitergibt. Zugleich ist mit dem Prinzip der DaDa-tenentstehung am geeig-netsten Ort im Betrieb auch ein Rationalisierungsvorteil gegeben, da einmal erfasste Daten jederzeit anderswo wieder verwendet werden können.

Die unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten, ihre Vor- und