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Abbildung archivischer Tektonik im Internet

Fachbezogene Internet-Recherchen sind aufgrund fehlender Strukturen des Internets schwierig. Über die bekannten globalen Volltextsuchmaschinen wie Google2 ist ein gezielter Zugriff auf Informationen wegen der meist zu gro-ßen Treffermenge kaum möglich. Gerade bei einer virtuellen Archivrecher-che bringt die Verwendung einer gängigen Internet-Suchmaschine nur unzu-reichende Ergebnisse. Eine Lösung dieses Problems bieten sogenannte Inter-net-Portale, die einen Einstiegspunkt für bestimmte thematische Recherchen bilden.

Bevor auf die Merkmale eines archivischen Internet-Portals im besonderen eingegangen wird, sollen hier zunächst ein paar Ausführungen allgemein zum Thema Internet-Portal vorangestellt werden.

1 Zu e-Bürgerdiensten in der Landesverwaltung von Baden-Württemberg allgemein siehe http://www.verwaltungsreform-bw.de.

2 http://www.google.com.

Portale (Portal-Sites, doorway pages, entry pages) sind Webseiten, die quasi als Einstiegsseiten ins Internet dienen und den Zugang zu Informationen er-leichtern sollen. Der Websurfer soll die jeweilige Webseite als Ausgangspunkt für das weitere Surfen nutzen. Ein Portal bietet verschiedene Funktionen u. a.

thematische Link-Listen, Volltext-Suchmaschine für spezielle Themenberei-che – eventuell angereiThemenberei-chert durch Kommentare und Zusatzinformationen –, aktuelle Nachrichten, Newsletter-Abo und eventuell eine Personalisierung durch Nutzerprofi le.

Im Unterschied zu einer reinen Suchmaschine bietet eine Portal-Seite die Möglichkeit einer thematisch strukturierten Recherche.3 So gibt es neben den traditionellen Portal-Seiten immer mehr Seiten, die auf bestimmte Themen spezialisiert sind, neuerdings auch auf historische Fachinformationen.4

Im Gegensatz zu Archiven und wohl auch Museen sind Bibliotheken schon lange im Internet präsent, z. B. über ihre OPACs5 und virtuelle Bibliotheks-verbünde6 und seit einiger Zeit auch über Portale.7 Die Gründe dafür sind mehrschichtig:

1. Bibliotheksgut benötigt normalerweise keine provenienz-orientierte Er-schließung mit der Notwendigkeit einer tektonischen Einbindung. Für die Recherche eignen sich daher Datenbanklösungen, ohne dass eine kontext-orientierte Navigation erforderlich ist.

2. Es existieren Standards für Erschließung und Datenaustausch (z. B. MAB2,8 Dublin Core,9 Z39.5010).

Die Archivwelt, wohl aber auch die Museumswelt, ist dagegen sehr hete-rogen. Es existieren kaum allgemein anerkannte oder gar genormte Erschlie-ßungsstandards und Datenaustauschformate – zu unterschiedlich sind die Vorstellungen und Traditionen, das heißt insbesondere Verwaltungstraditi-onen der einzelnen Archiven und Archivlandschaften. Im amerikanischen Raum gibt es als Standard die Encoded Archival Description (EAD). EAD ist seit 1998 standardisiert und wird in den USA und teilweise darüber hinaus in

3 Ein Beispiel für ein allgemeines Internet-Portal mit deutschsprachigen Inhalten ist http://www.web.de.

4 Historische Fachinformationen bietet z. B. das Fachportal für die Geschichtswis-senschaften Clio online an der Humboldt-Universität zu Berlin – Portal-Projekt Clio online: http://www.clio-online.de.

5 OPAC = Online Public Access Catalog

6 Ein Beispiel für einen virtuellen Bibliotheksverbund im Internet ist der Südwest-deutsche Bibliotheksverbund (http://www.bsz-bw.de/cgi-bin/opacform.cgi).

7 Ein Beispiel dafür ist das Portal Digitale Bibliothek des Hochschulbibliothekszent-rums des Landes Nordrhein-Westfalen: http://www1.digibib.net.

8 Zu MAB2 siehe z. B. http://www.ddb.de/professionell/mab.htm.

9 Das Dublin Core Set ist ein aus 15 Elementen bestehendes Metadatenschema zur Beschreibung elektronischer Ressourcen (siehe dazu http://dublincore.org).

10 Bei ANSI/NISO Z39.50 handelt es sich um ein standardisiertes, client-server-ba-siertes Protokoll für die Kommunikation zwischen bibliothekarischen Datenbank-systemen (Server) und Zugriffsprogrammen (Clients) (siehe http://lcweb.loc.gov/

z3950/agency/).

englischsprachigen Ländern für die Erstellung von Online-Findbüchern be-nutzt.11 Für das deutsche Archivwesen existiert kein einheitlicher Standard für die Erschließung und Online-Präsentation von Erschließungsleistungen.

Dennoch ist es erforderlich, dass sich auch Archive als Dienstleister in der modernen Informationsgesellschaft über eine Bereitstellung ihrer Inhalte in Online-Medien Gedanken machen und dabei auch Verbundlösungen ange-strebt werden.

Grundvoraussetzungen dafür sind Datenaustauschformate in Verbindung mit Präsentationsmodellen für Findmittel und digitalisierte Archivalien. Ent-scheidend für ein archivisches Internet-Angebot ist die Abbildung der archi-vischen Tektonik und der einzelnen Informationen innerhalb ihres Entste-hungszusammenhangs bzw. Erschließungskontexts. Berücksichtigt werden sollten dabei die ISAD-G Richtlinien für eine Stufenerschließung.12

Innerhalb der Tektonik eines archivischen Online-Angebots lassen sich fol-gende Informationsebenen unterscheiden:

1. Archivübergreifende Portale mit Suchmaschinen, 2. Archiv-Portal mit Grundinformationen,

3. einer Online-Beständeübersicht, 4. Online-Findbüchern und

5. mit Präsentationsmodulen für digitalisiertes Archivgut.

Neben Archivinformationen und digitalisierten Findmitteln wird die Be-reitstellung von digitalisierten Archivalien in der Zukunft eine immer größere Bedeutung bekommen.

Für die Archivwelt ergeben sich damit folgende Portal-Szenarien:

1. Portal für ein einzelnes Archiv,

2. Portal für die Archive eines Trägers, wie z. B. für die staatliche Archivver-waltung Baden-Württemberg (http://www.lad-bw.de),

3. Portal für Archive verschiedener Träger eines Landes oder einer Region, z. B.

für Archive in Nordrhein-Westfalen (http://www.archive.nrw.de) oder für Archive in Baden-Württemberg (http://www.archive-bw.de),

4. Portal für Archive verschiedener Träger mehrerer Länder, Regionen, z. B. für die Archive in der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (http://www.archive-argealp.de),

5. Portal für Archive im Verbund mit anderen Informationsdienstleistern, wie z. B. das Gemeinsame Internet-Portal für Bibliotheken, Archive und Mu-seen (http://www.bam-portal.de),

11 Siehe dazu http://www.loc.gov/ead. Zur Fachdiskussion über die mögliche Verwen-dung von EAD bei der archivischen Erschließung in Deutschland siehe den Ab-schlussbericht des DFG-Projekts Ausbau der deutsch-amerikanischen Kooperation bei der Entwicklung von Online-Findmittel unter http://www.archivschule.de.

12 Siehe dazu: Internationale Grundsätze für die archivische Verzeichnung. Übersetzt und bearbeitet von Rainer Brüning und Werner Heegewaldt (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg Nr. 23). Marburg 22002.

6. Portal für Archive auf internationaler Ebene, wie z. B. das UNESCO Ar-chives Portal (http://www.unesco.org/webworld/portalarAr-chives), eventuell auch im Verbund mit anderen Informationsdienstleistern.

Verschiedene Portalprojekte der staatlichen