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Die Morphogenese umhüllter Viren ist bisher noch nicht sehr gut verstanden. Umhüllte Viren müssen zur Bildung infektiöser Virionen das im Zytoplasma reifende Nukleokapsid mit einer Hüllmembran umschließen, welche mit den viralen Oberflächenproteinen assoziiert ist. Da diese subviralen Komponenten innerhalb der Zelle getrennt voneinander synthetisiert und assembliert werden, muss der Transport von Nukleokapsiden und Oberflächenproteinen zur Ausschleusungsstelle zeitlich und räumlich präzise organisiert sein. Die viralen Matrixproteine gelten hierbei als Mediatoren dieser Prozesse. Die Filoviren besitzen im Gegensatz zu anderen Vertretern der Ordnung Mononegavirales zwei Proteine im Matrixraum der Virionen, wobei VP40 das Analogon der Matrixproteine repräsentiert, während die Funktion des VP24 unbekannt ist. VP24 gilt als zweites Matrixprotein.

Ziel dieser Arbeit war es, VP24 bezüglich seiner Interaktion mit zellulären Membranen, der Fähigkeit VLPs zu bilden und seiner Interaktion mit anderen viralen Proteinen zu untersuchen. Außerdem sollte die Rolle von VP24 in der viralen Morphogenese während der Virusinfektion durch Einsatz von siRNAs näher betrachtet werden.

Interaktion mit zellulären Membranen

Die Analysen zeigten, dass VP24 in der Lage ist mit zellulären Membranen zu interagieren, dass jedoch der Hauptanteil des Proteins nicht membranassoziiert vorliegt. Hier unterscheidet sich das VP24 deutlich von VP40, welches bereits kurz nach seiner Synthese eine hohe Tendenz zur Interaktion mit Membranen aufweist (Kolesnikova et al., 2002). Eine nähere Charakterisierung der Membraninteraktion ergab, dass VP24 zum Teil als lösliches, in Membranvesikeln eingeschlossenes Protein vorzuliegen scheint, da die Behandlung mit Karbonatpuffer die Membranassoziation verringerte (Fujiki et al., 1982). Die Behandlung mit hohen Salzkonzentrationen oder dem Chelatbildner EDTA führte jedoch nicht zu einer Ablösung des Proteins von den Membranen, was für hydrophobe und nicht elektrostatische Wechselwirkungen mit den Membranlipiden spricht. Die Koexpression von VP24 mit VP40 oder GP hatte keinen Einfluss auf die Rekrutierung des VP24 an die zellulären Membranen. In der Immunfluoreszenzanalyse des singulär exprimierten WT-VP24 lässt sich nur eine schwache Interaktion mit der Plasmamembran erkennen.

Im Gegensatz dazu ergab die Triton X-114 Phasenpartitionierung von zellulär exprimiertem VP24 eine 50:50 Verteilung in der wässrigen Phase (enthält lösliche und peripher membranassoziierte Proteine) und der Detergentienphase (enthält integrale Membranproteine), was auf eine Tendenz zur Membranintegration hindeutet. Dieses

Verhalten des VP24 wurde nicht nur in der transienten Expression des Proteins beobachtet, sondern auch in den reifen Viruspartikeln. Betrachtet man die AS-Sequenz des VP24, so finden sich weder Signalsequenzen für eine Translokation ins ER, noch ausreichend lange hydrophobe Regionen, die als Transmembrandomäne fungieren könnten (von Heijne, 1985; Tusnady et al., 1998). Auch sind keine bekannten Signalsequenzen für die Anheftung eines GPI-Ankers oder Konsensussequenzen für eine Acylierung vorhanden (Chatterjee and Mayor, 2001; Resh, 1999). Daher scheint es unwahrscheinlich, dass Lipid-Modifikationen die Erklärung für das Verhalten in der Phasenpartitionierung sind. Hydrophobizitätsanalysen der AS-Sequenz von VP24 (Kyte-Doolittle, Hopp-Woods) zeigten jedoch, dass VP24 ein stark hydrophobes Profil besitzt. Eine mögliche Erklärung für das Verhalten des VP24 in der Triton X-114 Partitionsanalyse wäre, dass VP24 durch Multimerisierung in der Lage ist, Strukturen auszubilden, welche dann in die Membranen eintauchen und diese starke Assoziation vermitteln könnten. Für das VP24 des Ebolavirus wurde ein ähnliches Verhalten in der Phasenpartitionierung beschrieben, und mithilfe von Gelfiltrationsanalysen konnte gezeigt werden, dass EBOV-VP24 in der Lage zu sein scheint, Tetramere auszubilden (Han et al., 2003). Ein ähnliches Verhalten in der Gelfiltration konnte auch in dieser Arbeit für das MARV-VP24 beobachtet werden, jedoch waren Crosslinking-Analysen bezüglich der Multimerisierung des VP24 bisher nicht erfolgreich (Daten nicht gezeigt).

Neben dem VP24 des EBOV zeigt auch das M1-Protein von Influenza A das Verhalten eines partiell membranassoziierten und –integrierten Proteins (Zhang and Lamb, 1996). Das Verhalten von M1 in der Phasenpartitionierung konnte bisher nicht erklärt werden, da es, ebenso wie das VP24, keine membrandurchspannende Domäne enthält. Allerdings besitzt die AS-Sequenz des M1 einige hydrophobe Bereiche und es liegt in der Flotationsanalyse stark membranassoziiert vor (ca. zu 70 %). Man nimmt an, dass es zu einem Zusammenschluss der hydrophoben Domänen mehrerer M1-Moleküle kommt, die dann eine besonders enge Interaktion mit Membranen vermitteln (Zhang and Lamb, 1996).

Bildung von virusähnlichen Partikeln

Die Matrixproteine vieler NNS-RNA-Viren sind bei transienter Einzelexpression in der Lage, ihre eigene Freisetzung von den Zellen in Form von virusähnlichen Partikeln zu vermitteln. Diese Eigenschaft ist auch für das VP40 der Filoviren gezeigt (Noda et al., 2002; Swenson et al., 2004; Kolesnikova et al., 2004b). Bei diesem Prozess der Abschnürung und Freisetzung viraler Partikel bzw. VLPs scheinen sogenannte Late-Domain-Motive, kurze Peptidmotive, die die zelluläre Knospungsmaschinerie an den Ort der Virusfreisetzung dirigieren, eine entscheidende Rolle zu spielen. Es stellte sich

die Frage, ob auch VP24, als zweites Matrixprotein der Filoviren, in der Lage ist, VLPs zu bilden. Für das VP24 von EBOV konnte gezeigt werden, dass es in einer membranumhüllten Form von transfizierten Zellen freigesetzt wird, jedoch in wesentlich geringeren Mengen als das VP40 (Han et al., 2003). MARV-VP24 konnte jedoch bei transienter Einzelexpression im Gegensatz zu EBOV-VP24 nicht in Form von VLPs im Zellkulturüberstand nachgewiesen werden. Für EBOV-VP24 wurde postuliert, dass das AS-Motiv YXXL, welches als Late-Domain-Motiv des Virus der infektiösen Anämie der Pferde identifiziert wurde (Puffer et al., 1997; Li et al., 2002), die Freisetzung von VP24 vermitteln könnte. MARV-VP24 besitzt jedoch kein klassisches Late-Domain-Motiv, was das unterschiedliche Verhalten in der Freisetzung erklären könnte. Die Koexpression mit MARV-VP40 führt jedoch zur Freisetzung von VP24 in den von VP40 gebildeten VLPs, was darauf hindeutet, dass VP24 durch das VP40 in die viralen Partikel rekrutiert wird. Dahingegen ist das Oberflächenprotein GP nicht in der Lage, VP24 in die sphärischen, von GP gebildeten VLPs einzubauen, obwohl für MARV-VP24 eine Tendenz zur Interaktion mit dem zytoplasmatischen Anteil des GP gezeigt werden konnte (Bamberg, 2000).

Für die transiente Koexpression von VP40 und GP ist bekannt, dass beide Proteine sich gegenseitig in ihrer Freisetzung verstärken und dass GP sehr effizient in die von VP40 gebildeten VLPs eingebaut wird (Swenson et al., 2004; Kolesnikova et al., 2004b). Daher wurde untersucht, ob auch VP24 in der Lage ist die Bildung der VP40-VLPs zu beeinflussen. Die Koexpression von VP24 und VP40 führte zwar zum Einbau des VP24 in die VLPs, jedoch blieb die Menge an freigesetztem VP40 im Vergleich zu seiner Einzelexpression unverändert. Ähnliche Ergebnisse wurden auch für die Koexpression von EBOV-VP24 und EBOV-VP40 beschrieben (Licata et al., 2004). Die Freisetzung von GP wurde ebenfalls kaum von der Anwesenheit des VP24 beeinflusst.

Wurden alle drei Proteine gemeinsam exprimiert, so konnte man eine erhöhte Freisetzung von VP24, im Vergleich zur Koexpression mit VP40, beobachten. Hier kann man jedoch davon ausgehen, dass die erhöhte Menge darauf zurückzuführen ist, dass die Anwesenheit von GP die Freisetzung von VP40 verstärkt und die vermehrte Freisetzung von VP40 somit auch vermehrt VP24 in den Überstand transportiert.

Allerdings war ein Effekt von VP24 auf den Einbau des GP in die VLPs zu beobachten.

Die Menge an eingebautem GP war im Vergleich zur Koexpression ohne VP24 leicht verringert. Wie dieser Effekt zustande kommt ist bisher unklar, jedoch war diese Beobachtung mehrfach reproduzierbar. Dr. Larissa Kolesnikova konnte zeigen, dass der zytoplasmatische Anteil des GP kaum eine Rolle bei der Rekrutierung durch VP40 in die VLPs spielt. Dafür scheinen andere Bereiche im GP, wie die Transmembran- oder die Ektodomäne verantwortlich zu sein (persönliche Mitteilung). Für das VP24

konnte hingegen eine sequenzspezifische Interaktion mit dem zytoplasmatischen Anteil des GP gezeigt werden (Bamberg, 2000). In Abbildung 33 ist eine schematische Vorstellung für die Bildung der filoviralen Hüllmembran gezeigt. Es ist bekannt, dass Matrixproteine dazu neigen, in direkter Assoziation mit Membranen gitternetzartige Strukturen auszubilden. GP wird durch Koexpression mit VP40 in einer bestimmten Quantität in dieses Gitternetz eingebaut. Wird jedoch das zweite Matrixprotein VP24 koexprimiert, wäre eine Veränderung der von VP40 ausgebildeten Netzwerkstruktur durch das VP24 denkbar. In die so gebildete virale Matrix würde GP anders eingebaut als in jene, welche ausschließlich von VP40 gebildet wird. Außerdem wäre durch eine direkte Interaktion mit dem zytoplasmatischen Anteil des GPs ein veränderter Einbau in die VLPs zu erklären. Im Moment ist jedoch unklar, welche Bedeutung die verringerte Einbaurate des GP in Gegenwart von VP24 hat.

Durch Koexpression sollte versucht werden, NP in die von VP40 gebildeten VLPs einzubauen. Für das NP vom Marburgvirus ist gezeigt, dass die singuläre Expression zur Ausbildung von nukleokapsidähnlichen Strukturen führt (Mavrakis et al., 2002), die den Einschlusskörpern in der Virusinfektion ultrastrukturell stark ähneln (Kolesnikova et al., 2000). Allerdings zeigen diese Strukturen keine so starke Kondensierung wie die reifen RNP-Komplexe, was auf den Einfluss anderer viraler Proteine auf die strukturelle Organisation der reifen Nukleokapside hindeutet. Der Einbau von singulär exprimiertem NP in die virusähnlichen Partikel war nicht erfolgreich und es kam zu einer nicht-membrangeschützten Freisetzung in den Überstand nach Koexpression von VP40 bzw. VP40 und VP24. Wie NP hierbei freigesetzt wurde ist bisher unklar, ultrastrukturelle Analysen zeigten eine Assoziation mit der Außenseite der VLPs (Daten

GP VP40

GP VP40 GP VP24

VP40 GP VP40

GP VP40

GP VP24 VP40

VP24

Abbildung 32: Schematische Darstellung der filoviralen Hüllmembran.

Dargestellt ist eine modellhafte Vorstellung der Bildung der filoviralen Hüllmembran in Ab-und Anwesenheit von VP24 sowie der Einbau des Oberflächenproteins GP in diese Oberflächenstrukturen.

nicht gezeigt). Es wird vermutet, dass es durch die Überexpression von VP40 und VP24 und den späten Zeitpunkt der Zellernte (nach 48 Stunden) zu einer unspezifischen Freisetzung von NP aus nicht mehr intakten Zellen kommt. Für den Einbau in die VLPs scheinen somit die durch Einzelexpression entstehenden Strukturen des NP nicht ausreichend zu sein. Für das Ebolavirus konnte gezeigt werden, dass für die Ausbildung von Nukleokapsiden, die ultrastrukturell reifen RNP-Komplexen ähneln, die Proteine NP, VP35 und VP24 notwendig und ausreichend sind (Huang et al., 2002).

Während die Late-Domain-Motive des EBOV-VP40 sowie der Matrixproteine weiterer Vertreter der Familien der Rhabdo- und Paramyxoviridae hinsichtlich ihrer Funktion bei der Abschnürung viraler Partikel bzw. VLPs näher untersucht sind, ist über die Rolle des PPPY-Motiv des MARV-VP40 sowie dessen Einfluss auf den Einbau von VP24 in die VLPs bisher nichts bekannt. Für das M-Protein von VSV sowie für das Z-Protein von Lassavirus (Jayakar et al., 2000; Strecker et al., 2003) konnte gezeigt werden, dass bereits der Austausch des Tyrosin (Y) gegen Alanin (A) die Funktionalität des PPPY-Motivs stark beeinträchtigt und nur noch eine schwache Knospungsaktivität zu beobachten ist. Durch die Substitution des Tyrosin-Rests im PPPY-Motiv des MARV-VP40 durch Alanin, sollte dieses Sequenzmotiv hinsichtlich seines Einflusses auf die VP40-Freisetzung und VP24-Rekrutierung untersucht werden. Überaschenderweise war die Effizienz in der Freisetzung von VP40 durch die Mutation des PPPY-Motivs nicht beeinflusst. Diese AS-Sequenz scheint somit, im Vergleich zu anderen Matrixproteinen, nicht entscheidend für die Virusfreisetzung zu sein. Auch spielte das PPPY-Motiv keine Rolle bei der Rekrutierung von VP24 in die VLPs, da sich die Menge an eingebautem VP24 auch bei Mutation dieses Motivs nicht änderte. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass im Falle das MARV-VP40 andere AS-Sequenzen innerhalb des Proteins für die Rekrutierung des VP24 in die VLPs sowie die Interaktion mit zellulären Faktoren zur Vermittlung der Virusfreisetzung eine Rolle spielen, die bisher jedoch noch nicht beschrieben sind. So besitzt z.B. das Influenza A M1-Protein kein typisches Late-Domain-Motiv, ist jedoch auch bei singulärer, transienter Expression in der Lage VLPs zu bilden und wird von den transfizierten Zellen freigesetzt (Gómez-Puertas et al., 2000). Hier scheinen ebenfalls bisher nicht näher beschriebene AS-Sequenzen für die Interaktion mit zellulären Proteinen und die Virusfreisetzung verantwortlich zu sein.

Interaktion des MARV-VP24 mit NP und VP40

Betrachtet man die intrazelluläre Lokalisation des VP24 in der MARV-Infektion, so zeigt sich in der Immunfluoreszenzanalyse sowie in der elektronenmikroskopischen Untersuchung eine deutliche Kolokalisation mit den viralen Einschlusskörpern, den Reifungszentren der Nukleokapside, deren Hauptkomponente das NP ist. Die transiente Koexpression von VP24 und NP führte zu einer Relokalisation des VP24 in die NP-Aggregate, was für ein direktes Wechselspiel beider Proteine spricht. Allerdings wurde außerdem beobachtet, dass die Kolokalisation nur in den perinukleären Aggregaten, nicht jedoch in der Zellperipherie stattfindet. Für EBOV ist eine Beteiligung des VP24 an der Reifung viraler Nukloekapside gezeigt (Huang et al., 2002). Die hier erhaltenen Ergebnisse für das Marburgvirus lassen eine ähnliche Funktion des MARV-VP24 in der Reifung von Nukleokapsiden vermuten, jedoch ist es fraglich, ob und wie VP24 in den Transport der reifen Nukleokapside involviert ist. Im Vergleich zu VP24 zeigt das Matrixprotein VP40 von MARV nur eine schwache Kolokalisation mit den Einschlusskörpern der Virusinfektion sowie den NP-Aggregaten in der rekombinanten Koexpression (Dr. Larissa Kolesnikova, persönliche Mitteilung). Dahingegen interagiert VP40 stark mit zellulären Membranen und es wird sechs Mal mehr membranassoziiertes VP40 transportiert als nukleokapsidassoziiertes (Kolesnikova et al., 2002). Jedoch wurde VP40 in der Virusinfektion in Assoziation mit einzelnen, reifen RNP-Komplexen, welche zur Plasmamembran transportiert wurden, detektiert und könnte somit eine Rolle im Transport dieser Nukleokapside spielen. Die hier gezeigten Daten sowie die publizierten Daten bezüglich des EBOV VP24 scheinen eher gegen einen Kotransport von Nukleokapsiden und VP24 zu sprechen.

Betrachtet man VP24 und VP40 in der Immunfluoreszenzanalyse, so beobachtet man eine schwache Kolokalisation der beiden Proteine, vor allem im Bereich der Plasmamembran sowie in Plasmamembranausläufern. VP24 zeigt keinerlei Kolokalisation mit den großen VP40-Clustern in den multivesikulären Strukturen des späten Endosoms (MVBs) in der Zellperipherie oder in Kernnähe. Koimmun-präzipitationsanalysen von MARV-VP24 und VP40 waren ebenfalls nicht erfolgreich, jedoch ist VP40 in der Lage, VP24 spezifisch in VLPs zu rekrutieren. Es ist ungeklärt, ob es sich bei dieser Rekrutierung um eine direkte Interaktion oder vielleicht um eine indirekte Rekrutierung mittels bisher unbekannter, zellulärer Faktoren handelt. Auch für das EBOV-VP24 konnte nur eine schwache Interaktion mit dem EBOV-VP40 nachgewiesen werden (Licata et al., 2004).

Abschalten der VP24-Expression durch RNA Interferenz

Durch Anwendung der siRNA Technologie ist es möglich, die Expression einzelner Proteine gezielt durch den Abbau ihrer jeweiligen mRNA abzuschalten. Dieser Prozess der RNA Interferenz ist unter anderem als Ansatz für eine antivirale Therapie interessant. Bisher konnte eine Inhibition der Virusreplikation durch RNAi für eine Reihe von Viren gezeigt werden, so z.B. für HIV-I (Novina et al., 2002), HCV (Kapadia et al., 2003), Influenza A Virus (Ge et al., 2003), das Respiratorische Syncytialvirus RSV (Bitko and Barik, 2001) oder auch das Hepatitis B Virus (Shlomai et al., 2003).

Jedoch ist es noch nicht möglich, siRNAs zur antiviralen Therapie einzusetzen.

Nichtsdestotrotz ist die RNA Interferenz ein interessantes Werkzeug für die virale Grundlagenforschung.

Um die Rolle des VP24 in der Infektion näher zu untersuchen, wurden zwei verschiedene VP24-spezifische siRNAs synthetisiert, welche beide in der Lage waren VP24 spezifisch in der transienten Expression abzuschalten, während eine unspezifische Kontroll-siRNA keinen Einfluss auf die VP24-Expression hatte. Der Einsatz beider siRNA-Sequenzen war ebenfalls in der MARV-Infektion erfolgreich. Nun war interessant, welche Folgen die Abwesenheit des VP24 auf die Virusreplikation und Morphogenese hat. Für das Marburgvirus konnte bereits mithilfe eines artifiziellen Minigenomsystems gezeigt werden, dass für die Transkription der viralen mRNA-Spezies sowie die Replikation des viralen Genoms die Nukleokapsidproteine NP, VP35 und L notwendig und ausreichend sind (Mühlberger et al., 1998). In diesem System konnte kein Einfluss von VP24 auf diese Prozesse gezeigt werden, genauso wenig wie für das Nukleokapsidprotein VP30. Jedoch zeigte der Einsatz einer VP30-spezifischen siRNA in der Infektion, dass das VP30 des MARV für die Vorgänge der Transkription und Replikation durchaus eine Rolle spielt, diese jedoch mittels des artifiziellen Minigenomsystems nicht gezeigt werden konnte (Fowler and Bamberg et al., in submission).

Daher wurde durch Western Blot Analysen untersucht, ob die Abwesenheit des VP24 die Expression der anderen Virusproteine beeinflusst. Die Expression der viralen Proteine NP, VP35, VP40, GP und VP30 in der unbehandelten Infektion wurde mit der in den siRNA-behandelten Zellen verglichen. Dieser Vergleich ergab, dass das Abschalten der VP24-Expression durch RNAi keinen Einfluss auf die Expression der anderen viralen Proteine hat. Nur VP24 wurde spezifisch abgeschaltet. Dies wiederum bedeutet zum einen, dass VP24, auch in der Virusinfektion, nicht an den Prozessen der Transkription und Replikation beteiligt zu sein scheint, da ansonsten eine Abnahme in der Expression der anderen Proteine erwartet werden würde. Zum anderen lässt sich indirekt auf die Zugänglichkeit der viralen Genome und Antigenome durch den

RNAi-Mechanismus schließen. Während der Infektion entstehen in der Zelle sowohl negativsträngige als auch positivsträngige virale RNA-Genome. Beide RNA-Moleküle zeigen komplementäre Sequenzen zu den siRNAs. Daher könnte man erwarten, dass auch diese genomischen RNA-Moleküle für den RNAi-Mechanismus zugänglich sind.

Die Expression der viralen Proteine macht jedoch deutlich, dass nur die VP24-spezifische mRNA betroffen ist. Die genomischen RNAs wurden nicht als Zielsequenzen von den siRNAs erkannt und nicht abgebaut. Gleiche Ergebnisse bezüglich der viralen Genome wurden auch bei der siRNA-Behandlung von RSV-infizierten Zellen (Bitko and Barik, 2001) sowie bei Influenza A-RSV-infizierten Zellen beschrieben (Ge et al., 2003). Man nimmt an, dass die viralen Genome aufgrund der kompletten Enkapsidierung durch die jeweiligen Nukleoproteine im direkten Anschluss an deren Synthese nicht für den RNAi-Mechanismus zugänglich sind.

Betrachtet man im Weiteren die Freisetzung von reifen Virionen in den Zellkulturüberstand, so fällt auf, dass die Behandlung mit den VP24-spezifischen siRNAs im Vergleich zu den Kontrollen zu einer verminderten Freisetzung führte. Damit konnte gezeigt werden, dass das VP24 des Marburgvirus eine wichtige Rolle in der viralen Morphogenese spielt und dass dieses Protein für eine effiziente Freisetzung der Tochtervirionen notwendig ist. Welche Mechanismen VP24 dabei genau vermittelt, konnte jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht aufgeklärt werden. Aufgrund der hier erhobenen Daten ist aber eine Funktion im Reifungsprozess sowie dem Einbau von RNP-Komplexen denkbar. Allerdings konnte für EBOV gezeigt werden, dass VP24 für die Produktion infektiöser VLPs, die ein GFP-exprimierendes EBOV-Minigenom tragen, nicht benötigt wird (Watanabe et al., 2004). Jedoch handelt es sich hier um ein artifizielles System, bei dem der Einfluss des VP24 auf die Partikelreifung eventuell durch andere Faktoren beeinflusst oder überlagert sein könnte. Ein weiterer Hinweis, dass VP24 essentiell ist für die Virusreifung ist, kommt aus Studien mit VP24-defizienten Ebolaviren, die mithilfe von reverser Genetik erzeugt wurden (Volchkov et al., 2001). Hier war es nach Deletion des VP24-Gens nicht möglich reife, infektiöse Viruspartikel zu generieren (Viktor Volchkov, persönliche Mitteilung).

Die hier erhaltenen Ergebnisse lassen vermuten, dass das VP24 des Marburgvirus als strukturelle Komponente der Virionen eine wichtige Rolle in der Morphogenese reifer Partikel spielt. Aufgrund der hier gezeigten starken Assoziation mit dem Nukleoprotein NP scheint dabei eine Beteiligung an der Reifung der RNP-Komplexe sowie deren Transport wahrscheinlich.