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Ein wirksamer Impfstoff lässt sich nicht alleine aus einem einzelnen Baustein eines Mikroorganismus gewinnen, denn zum Auslösen einer Immunantwort muss mehr als ein Zelltyp aktiviert werden. Als eine Konsequenz aus dieser Erkenntnis hat man den Konjugatimpfstoff entwickelt (Murphy et al., 2005).

In der Humanmedizin werden Kapselkonjugatvakzine bei Kindern unter zwei Jahren häufig eingesetzt. Viele Bakterien, darunter Neisserien, Streptokokken und Hämophilus-Spezies, besitzen eine äußere Kapsel, die aus Polysacchariden besteht und serotypspezifisch ist. Der wirksamste Schutz gegen diese Mikroorganismen besteht in einer Opsonisierung der Polysaccharidkapsel mit Antikörpern, so dass es ein vielversprechendes Impfziel ist, Antikörper gegen die Kapselpolysaccharide der Bakterien zu induzieren (Murphy et al., 2005).

In diesem Teil der Arbeit sollte eine im Labor hergestellte Kapselkonjugatvakzine gegen S. suis im Schwein auf ihre protektive und immunogene Wirkung getestet werden. Bei dem im Folgenden als „Kapselkonjugatvakzineversuch“ bezeichneten Versuch wurden die Kapselpolysaccharide von S.-suis-Serotyp-2-Stamm 10 präpariert und chemisch an ein Proteinträgermolekül gekoppelt.

In diesem Kapselkonjugatvakzineversuch konnte wider Erwarten keine IgG-Serokonversion der Tiere gegen die Serotyp-2-Kapselpolysaccharide detektiert werden. Dieses serologische Ergebnis erklärt die fehlende protektive Wirkung, die sich in den klinischen, pathohistologischen und bakteriologischen Befunden widerspiegelt. Obwohl im Western Blot ein deutlicher Hinweis auf eine erfolgreiche Konjugation nachgewiesen werden konnte, besteht im Vergleich zu den serologischen Ergebnissen des Pilotversuches in der Arbeit von Kock (2009) der Verdacht, dass in dieser Arbeit die Kapselpolysaccharide nicht effizient genug konjugiert wurden. Sollte doch der überwiegende Anteil der Kapselpolysaccharide in dem eingesetzten Impfstoff in nicht konjugierter Form vorgelegen haben, so wäre dies ein Grund für ein Ausbleiben des Klassensprungs von IgM zu IgG. Dass Schweine keine oder grundsätzlich sehr niedrige IgG-Titer gegen unkonjugierte Kapselpolysaccharide bilden, bestätigte sich auch in verschiedenen Immunisierungsexperimenten. Die Immunisierung von Ferkeln mit gereinigten Kapselpolysacchariden (CPS) von S.-suis-Serotyp-2 ohne Verwendung von Adjuvantien wurde bereits in einem Versuch von Elliott et al. (1980) durchgeführt. Es

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kam jedoch nur bei weniger als einem Drittel der Tiere zur Ausbildung opsonisierender Antikörper. Ein ähnliches Ergebnis zeigte sich auch in Immunisierungsversuchen von Campo Sepulveda et al. (1996), hier konnten zwischen einer S.-suis-freien-Herde und einer mit aufgereinigten Kapselpolysacchariden von S. suis immunisierten Herde keine IgG-Titerunterschiede im Hinblick auf Kapselpolysaccharid spezifische Antikörpern festgestellt werden.

Es ist offen, ob die Ferkel der Kapselkonjugatvakzinegruppe IgM-Antikörper gegen die Serotyp-2-Kapselpolysaccharide ausgebildet haben, da in dem eingesetzten ELISA nur IgG-Antikörper nachgewiesen wurden. Die kleinen Unterschiede zwischen der Kapselkonjugatvakzine- und der Placebogruppe in den Merkmalen Mortalität und dem pathohistologischen Gruppenscore ω könnten daher mit Kapselpolysaccharid-spezifischen IgM-Antikörpern in Zusammenhang stehen. Das Ziel dieses Versuches, mit einer Kapselkonjugatvakzine spezifische IgG-Titer zu induzieren, die signifikant und lange gegen Morbidität und Mortalität schützen, wurde aber in jedem Fall verfehlt.

Bei Kapselpolysacchariden handelt es sich um T-zell-unabhängige Antigene. In der Humanmedizin kann man sie zwar direkt als Impfstoff einsetzen, aber gerade Kinder unter zwei Jahren sind auf Grund der Unreife ihrer B-Zellen zu einer durchgreifenden T-Zell-unabhängigen Immunreaktion noch nicht fähig und können dadurch nicht effektiv mit solchen Polysaccharidimpfstoffen geimpft werden (Murphy et al., 2005).

Kapselkonjugatvakzinen gegen humanpathogene Streptokokken wirken besonders bei jungen Menschen, während sie bei älteren Personen kaum eine Verbesserung gegenüber konventionellen Vakzinen darstellen (Abraham-Van Parijs, 2004). In der Tiermedizin haben sich Kapselkonjugatvakzinen bislang noch nicht durchgesetzt. Die Gründe dafür sind der größere Herstellungsaufwand und die damit verbundenen höheren Kosten. Eine S.-suis-Kapselkonjugatvakzine könnte aber wahrscheinlich erfolgreich bei Saugferkeln eingesetzt werden. Mit einem hemmenden Einfluss maternaler Antikörper ist hier nicht zu rechnen, da Schweine grundsätzlich keine Antikörper gegen das Trägerprotein haben sollten. Weiterhin sind die S.-suis-Serotyp-2-Kapselpolysaccharid-spezifischen Antikörpertiterspiegel auch bei den Schweinen sehr niedrig, die mit einer Ganzzellvakzine immunisiert wurden (Baums et al., 2009). Die aktive Immunisierung von Saugferkeln mit einer Kapselkonjugatvakzine könnte eine Protektivität direkt ab dem Absetzen

Kapitel 3: Immunogene und protektive Wirkung einer S. suis Serotyp-2-Kapselpolysaccharidkonjugatvakzin

sicherstellen. Im Gegensatz dazu zeigte eine stallspezifische Serotyp-2-Ganzzellvakzine bei Saugferkeln keine immunogene Wirkung (Baums et al., 2010).

In Immunisierungsversuchen mit einem S.-pneumoniae-Polysaccharidkonjugat-impfstoff, der in Mäusen getestet wurde, führte ein hoher Gehalt an freien, unkonjugierten Sacchariden mit unterschiedlicher Kettenlänge zu einem Abfall der Immunantwort auf die Polysaccharide (Peeters et al., 1992). Dabei ist ein Anteil an unkonjugierten Kapselpolysacchariden von bis zu 10 % in einem Impfstoff normal und wirkt sich nicht negativ auf die Immunantwort aus (Peeters et al., 1992). Daher wäre es sinnvoll gewesen, in diesem Kapselkonjugatvakzineversuch das Verhältnis von konjugierten zu unkonjugierten Kapselpolysacchariden zu bestimmen. Auch (Rodriguez et al., 1998) kam zu dem Ergebnis, dass nicht nur die Quantität, sondern auch das Molekulargewicht von unkonjuigierten Polysacchariden in einer Konjugatvakzine einen Einfluss auf die Immunantwort haben, so dass ein hoher Gehalt an freien, hochmolekularen Polysacchariden zu einer abgeschwächten IgG-Immunantwort führt. Die Überprüfung der Konjugation und des Verhältnisses von konjugierten zu unkonjugierten CPS kann mittels eines ELISAs erfolgen, bei dem Antikörper gegen die Polysaccharide immobilisiert werden, um sowohl konjugierte als auch unkonjugierte Kapselpolysaccharide zu binden. Nach dem Waschen wird mit einem zweiten Trägerprotein-spezifischen Antikörper das konjugierte Material nachgewiesen (Lees et al., 2008). Die Effizienz der Konjugation ist auf jeden Fall für die protektive Wirkung der Kapselkonjugatvakzine entscheidend.

Im Kapselkonjugatvakzineversuch wurde nach der Konjugation eine hochmolekulare Bande mit einem BSA-spezifischen Antikörper im Westernblot detektiert. Es konnte somit auf eine erfolgreiche Konjugation geschlossen werden. Daneben wurden aber auch Produkte detektiert, die auf der Höhe des reinen BSA liefen, sowie auch z.T.

deutlich darunter. Dabei könnte es sich neben unkonjugiertem BSA auch um Fragmente des BSA handeln, die während der Konjugation entstanden waren. Hier ist nicht klar, ob diese Moleküle Konjugate aus BSA-Fragmenten und Kapselmaterial darstellten, oder ob es sich dabei um BSA-Fragmente handelte. Sollte der letzte Fall zugetroffen haben, war es ein Fehler, die konjugierten Kapselpolysaccharide nur mit cut off von 20 kDa zu dialysieren. In einer Dialyse mit einem cut off zwischen 70 und 100 kDa wäre es gegebenenfalls gelungen, freies BSA und BSA-Fragmente zu eliminieren. Dies hätte zu einer wesentlich besseren immunogen Wirkung der Kapselkonjugatvakzine führen können.

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Die Auswahl von geeigneten Trägerproteinen ist ein weiteres wichtiges Kriterium für die Entwicklung eines Kapselkonjugatimpfstoffes. Die Trägerproteine, die in den humanen Kapselkonjugatimpfstoffen eingesetzt werden, sind dabei eine limitierte Anzahl von Polypeptiden, wie z. B. Tetanustoxoide, Diphterietoxoide, Cholerauntereinheiten B oder Protein D von Hämophilus influenzae. Der wiederholte Einsatz von den gleichen Trägerproteinen in verschiedenen Kapselkonjugatvakzinen oder in Kombination mit unterschiedlichen Serotypen kann hierbei auch zu einer herabgesetzten Immunantwort auf die Polysaccharide führen (Goldblatt et al., 2008).

In Immunisierungsversuchen bei Mäusen mit einer Vakzine, bestehend aus Dextran konjugiert mit Choleratoxin B, kam es durch eine schon vorher bestehende Immunität gegen das Choleratoxin zu einer verminderten Immunantwort auf Dextran (Bergquist et al., 1997). Im Kapselkonjugatvakzineversuch wurden die Kapselpolysaccharide an BSA gekoppelt, da man beim Schwein davon ausgehen kann, dass hier keine BSA-spezifischen Antikörper zu erwarten sind. Weiterhin konnte in einem Immunisierungsexperiment mit Mäusen gezeigt werden, dass eine bestehende Immunität gegen BSA keinen inhibierenden Effekt auf die Immunantwort auf eine Vibrio-cholerae-Konjugationsvakzine mit BSA als Trägerprotein hatte. Es wurde sogar eine verbesserte Immunantwort festgestellt (Chernyak et al., 2002).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in dieser Arbeit trotz nachgewiesener Konjugationsreaktion im Western Blot weder eine immunogene noch eine protektive Wirkung der S.-suis-Serotyp-2-Kapselkonjugatvakzine nachgewiesen werden konnte.

Mögliche Gründe sind eine ineffiziente Konjugation bzw. ein hoher Anteil von unkonjugierten Polysacchariden oder BSA. Zukünftig sollte eine quantitative Bestimmung der unkonjugierten Bestandteile sowie deren gezielte Eliminierung im Rahmen der Entwicklung einer Konjugatvakzine für die Veterinärmedizin etabliert werden. Im Zusammenhang mit dem Pilotversuch von Kock (2009) zeigt diese Arbeit, dass bei der Herstellung einer Kapselkonjugatvakzine erhebliche Abweichungen auftreten können, die nur durch stark standardisierte Protokolle und eine Vielzahl von Kontrollpunkten eingeschränkt werden können. Trotz der erweiterten Einsatzmöglichkeiten einer Kapselkonjugatvakzine bei Saugferkeln ist die Zulassung einer Kapselkonjugatvakzine in der Tiermedizin aufgrund dieser technischen Herausforderungen und aufgrund der hohen Kosten in naher Zukunft unwahrscheinlich. Es ist auch zu beachten, dass sich ein serotypübergreifender

Kapitel 3: Immunogene und protektive Wirkung einer S. suis Serotyp-2-Kapselpolysaccharidkonjugatvakzin

Schutz nur durch eine Kombination von Kapselpolysacchariden unterschiedlicher Serotypen in der Konjugatvakzine erreichen lässt.

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F Übergreifende Diskussion

In Europa stellen die beiden wichtigsten S.-suis-Serotypen-2 und -9 ein gravierendes Problem in der modernen Schweinehaltung dar (Wisselink et al. 2000). Es gibt bislang keinen Impfstoff, der eine homologe und heterologe Schutzwirkung beim Schwein auslöst. Die meisten Immunisierungsexperimente gegen S.-suis-Infektionen wurden mit dem Serotyp 2 durchgeführt. Im Gegensatz dazu sind bislang potentielle Impfstoffe gegen den Serotyp 9 wenig untersucht worden. Ein Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung eines Impfstoffes gegen den MRP* SLY+ Serotyp 9 Pathotypen, der vor allem in Belgien, den Niederlanden und Deutschland bei Bestandsproblemen häufig isoliert wird (Wisselink et al. 2000). Die Impfstoffherstellung hierfür erfolgte auf der Basis einer Ganzzellvakzine, denn in vorausgegangenen Experimenten konnte mit einer Serotyp-2-Ganzzellvakzine, im Gegensatz zu einer Subunit- und einer Lebendvakzine, eine gute homologe Schutzwirkung erreicht werden (Baums et al.

2009; Kock et al. 2009; Wisselink et al. 2001). Jedoch konnte eine vergleichbare protektive Wirkung mit der Serotyp-9-Ganzzellvakzine in dem Immunisierungsversuch dieser Arbeit nicht erzielt werden (Serotyp-9-Ganzzellvakzine Versuch, Kapitel 1). In Bezug auf eine Belastung mit dem gleichen Serotyp schützt demnach eine Serotyp-9-Ganzzellvakzine gegen Mortalität, nicht jedoch Morbidität, während eine Serotyp-2-Ganzzellvakzine auch die Erkrankungsrate signifikant reduziert (Baums et al. 2009; Büttner et al. 2012). In einer vor kurzem erschienen Arbeit von Dekker et al. wurde die unzureichende Schutzwirkung einer Serotyp-9-Ganzzellvakzine bestätigt (Dekker et al. 2011).

Ein Impfstoff gegen S. suis sollte einen serotypübergreifenden Schutz bieten, denn kein Serotyp verursacht in Europa mehr als 30% der Erkrankungen (Wisselink et al.

2000). Mit einer Ganzzellvakzine ist bisher eine heterologe Schutzwirkung nicht erreicht worden (Baums et al. 2009). Um die Entwicklung eines serotypübergreifenden Impfstoffes zu ermöglichen, sind in den letzten Jahren immer mehr oberflächenassoziierte Proteine in den Focus der wissenschaftlichen Untersuchungen gerückt (Baums and Valentin-Weigand 2009). Allerdings konnten mit den verschiedenen Subunitvakzinen, die bisher im Schwein getestet wurden, keine mit einer Ganzzellvakzine vergleichbare Protektion vor Morbidität und Mortalität erzielt werden. Eine Ausnahme waren Immunisierungsexperimente mit einer Subunitvakzine, die aus den beiden virulenzassoziierten Faktoren EF und MRP

Übergreifende Diskussion

bestand (Wisselink et al. 2001). MRP und EF werden allerdings von vielen S.-suis-Stämmen nicht gebildet (Allgaier et al. 2001; Wisselink et al. 2000). Subunitvakzinen sind im Schwein bisher in den meisten Fällen auf ihre protektive Wirkung nur gegen den Serotyp 2 untersucht worden. In Mäusen war ein serotypübergreifender Schutz vor Morbidität nach einer Immunisierung mit rekombinanter Enolase und SAO vorhanden (Zhang et al. 2009).

Die Immunisierung und Belastung in dem Serotyp-9-Ganzzellvakzineversuch dieser Arbeit wurde mit unterschiedlichen Stämmen durchgeführt, die jedoch beide zum selben klonalen Komplex (16/87) gehörten. Es ist unwahrscheinlich, dass die Unterschiede in der beobachteten Protektivität der Serotyp-9- und Serotyp-2-Ganzzellvakzinen mit der Wahl des Serotyp-9-Belastungsstammes zusammenhängen. Im Opsonophagozytosetest waren sowohl gegen den Serotyp-9-Immunisierungs- als auch gegen den Belastungsstamm keine bzw. nur niedrige Titer opsonisierender Antikörper nachweisbar. Da im Gegensatz dazu die Serotyp-2-Ganzzellvakzine hohe Titer opsonisierender Antikörper induziert hat, sprechen auch diese Ergebnisse für einen grundlegenden Unterschied in der immunogenen und protektiven Wirkung einer Serotyp-9- und -2-Ganzzellvakzine.

Insgesamt konnte, in Bezug auf alle untersuchten Parameter wie der Klinik, der spezifischen bakteriellen Belastung der Organe und der Pathohistologie der Tiere, durch die Serotyp-2-Ganzzellvakzine eine bessere protektive Wirkung im Tier hervorgerufen werden als durch die Serotyp-9-Ganzzellvakzine. Dennoch waren die Unterschiede zwischen den mit der Serotyp-9-Ganzzellvakzine immunisierten Tieren und der Placebogruppe in Bezug auf Mortalität und Induktion opsonisierender Antikörper gegen den Belastungsstamm signifikant. Allerdings lag bei mit der Serotyp-9-Ganzzellvakzine immunisierten Tieren der Quotient aus den Überlebensfaktoren des Belastungsstammes im Post- und Präimmunserum bei 0,78 und damit deutlich über dem der Serotyp-2-Ganzzellvakzine-Gruppe mit 0,4. Dies zeigte, dass durch die Serotyp-9-Ganzzellvakzine vergleichsweise niedrige Titer opsonisierender Antikörper induziert wurden. Ob sich durch eine höhere Impfstoffdosis die Induktion opsonisierender Antikörper und die Protektivität der Serotyp-9-Ganzzellvakzine verbessern lassen, ist zurzeit noch offen. Die erste Studie zu einer Serotyp-9-Ganzzellvakzine beim Schwein wurde vor kurzem von Dekker et al. (2011) veröffentlicht. Die Immunisierung schützte die Tiere nicht vor einer Kolonisation mit S. suis. Der Erreger konnte vielmehr von den geimpften, infizierten

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Tieren auf nicht infizierte Tiere übertragen werden (Dekker et al. 2011). Dies steht in Einklang zu Ergebnissen aus unserer Studie: Elf Tage nach der Infektion konnte bei drei von sieben immunisierten Tieren der Belastungsstamm in den inneren Organen und bei einem Tier auch von den Tonsillen isoliert werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die protektive Wirkung der Serotyp-9-Ganzzellvakzine geringer war als die der Serotyp-2-Ganzzellvakzine.

Basierend auf den Untersuchungen aus den beiden Ganzzellvakzineversuchen (Baums et al. 2009; Büttner et al. 2012), wurde im zweiten Teil dieser Arbeit eine Kombinationsvakzine, bestehend aus Serotyp 2 und 9, im Schwein getestet. Für diese Kombinationsvakzine wurden vier verschiedene Adjuvantien miteinander verglichen. Die Anforderungen an Adjuvantien für die veterinärmedizinische Praxis sind vielfältig. Sie sollen eine spezifische Immunantwort auslösen, eine protektiven Wirkung hervorrufen, keine Auswirkung auf das Wachstum bzw. die Reproduktionsrate der Tiere haben, keine Beeinträchtigung des Gesundheitsstatus bewirken und auch für den Einsatz bei Schlachttieren geeignet sein (Aucouturier et al. 2001a). Die Auswahl der Adjuvantien für diesen Versuch basierte u. a. auf den Ergebnissen verschiedener S.-suis-Immunisierungsexperimente, welche zeigten, dass die Wahl des richtigen Adjuvans entscheidend zur protektiven Wirkung der Vakzine beitragen kann (Bennecke 2008; Wisselink et al. 2001). Hier konnte eine protektive Wirkung mit einer Öl-in-Wasser-Emulsion und einer Wasser-in-Öl-Emulsion, nicht aber mit einer Aluminiumhydroxid-Vakzine hervorgerufen werden.

Die in der Kombinationsvakzine eingesetzten Adjuvantien Emulsigen, Montanide IMS und Montanide Gel01 basierten auf einer Öl-in-Wasser-Grundlage. Das verwendete Saponin Quil A setzt sich aus Glykosiden von Steroiden zusammen, die aus der Rinde des südamerikanischen Baums Quilaja saponaria molina gewonnen werden.

Durch Wasser-in-Öl-Emulsionen wird vor allem die zelluläre Immunantwort verbessert und es kann zur Auslösung einer zytotoxischen T-Zell-Antwort kommen, während sich das Öl-in-Wasser-Adjuvans durch eine gute Verträglichkeit und eine langanhaltende Immunantwort auszeichnet (Aucouturier et al. 2001b). Eine Serokonversion der immunisierten Tiere gegen MRP war in allen Gruppen vorhanden, jedoch besonders stark in den beiden Gruppen, die als Adjuvans Emulsigen und Montanide IMS erhalten hatten. Eine Bildung opsonisierender Antikörper konnte, unabhängig vom Adjuvans, mit den Kombinationsvakzinen nach zweimaliger Applikation in keiner Gruppe induziert werden. Der Einsatz einer

Übergreifende Diskussion

Kombinationsvakzine gegen S. suis ist bisher noch nicht weiter untersucht worden, so dass hier Erfahrungswerte bzw. Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Die Ursachen für die fehlende Induktion opsonisierender Antikörper können daher vielfältig sein und lassen verschiedene Hypothesen, zum einen bezüglich der Wirkung einer S.-suis-Kombinationsvakzine im allgemeinen und zum anderen bezüglich des Herstellungsverfahrens des Impfstoffes, zu. Es stellt sich die generelle Frage, ob mit einer Monovakzine nicht grundsätzlich eine bessere protektive Wirkung ausgelöst werden kann als mit einer Kombinationsvakzine. Eine Kombinationsvakzine wurde aber mit einem Hämophilus parasuis Impfstoff, der die beiden Serotypen 2 und 5 enthielt, erfolgreich im Schwein getestet (Takahashi et al. 2001). Dafür wurden die beiden Serotypen 2 und 5 in der gleichen Konzentration von 1x109 KBE/ml im Impfstoff eingesetzt. Dieser wurde vier Tieren appliziert. Vor einer Infektion und der Entwicklung klinischer Symptome waren die beiden Tiere, die mit dem Serotyp 2 infiziert worden waren genauso geschützt, wie die beiden mit dem Serotyp 5 infizierten Tiere. Aufgrund der kleinen Tierzahl müssen diese Ergebnisse aber als vorläufig eingestuft werden.

Die Herstellung der Kombinationsvakzine erfolgte nicht wie die Monovakzinen der vorhergehenden Experimente am Institut der Mikrobiologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover, sondern unter industriellen Bedingungen. Dies wirft die Frage auf, ob Unterschiede in den Herstellungsprozessen zu der fehlenden Induktion opsonisierender Antikörper durch die Kombinationsvakzinen im Vergleich zu den Monovakzinen geführt haben. Dabei könnten die Lagerungszeit des Impfstoffes oder die eingesetzten Antigen- und Adjuvantienkonzentrationen eine Rolle gespielt haben.

Um diese Unterschiede weitestgehend auszuschließen und einen besseren Vergleich zu den vorhergehenden Versuchen zu ermöglichen, wurde ein weiteres Immunisierungsexperiment durchgeführt, bei dem sowohl die Kombinationsvakzine als auch die beiden Monovakzinen gruppenweise getestet wurden. Als Adjuvans wurde, wie in den Einzelganzzellversuchen, Emulsigen eingesetzt. Erst die dritte Immunisierung mit der Kombinationsvakzine führte zur Bildung opsonisierender Antikörper, allerdings nur gegen den Serotyp 2. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der unterschielichen immunogenen Wirkung der Serotyp-2- und Serotyp-9-Monoganzzellvakzinen (s.o.). Für die Ausbildung des Immunsystems spielt das Alter der Tiere eine entscheidende Rolle. So konnte bei Saugferkeln eine aktive Immunantwort auf die Applikation einer stallspezifischen Ganzzellvakzine nicht

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festgestellt werden (Baums et al. 2010). In dem Adjuvantien- und Kombinationsvakzineversuch (Kapitel 2) waren die Schweine bei der ersten Impfstoffapplikation etwas jünger als in den Monoganzzellvakzineversuchen. Der inhibierende Einfluss maternaler Antikörper erscheint aber unwahrscheinlich, da die Tiere aus einem Bestand kamen, der frei von den S.-suis-Pathotypen war, die als Belastungsstämme eingesetzt wurden. Außerdem wurde eine deutliche Serokonversion gegen MRP beobachtet. Ein Einfluss der passiven maternalen Immunität auf die Immunantwort der Ferkel kann aber nicht ausgeschlossen werden.

Weiterhin ist bekannt, dass die Immunentwicklung der Ferkel von der späten Trächtigkeitsphase bis zum Absetzen stattfindet (Butler et al. 2009). Die Entwicklung des adaptiven Immunsystems ist von der Darmflora der Ferkel abhängig, dabei sind die Kolonisation im Darm und die passive Immunisierung durch Kolostrumaufnahme für die Ausbildung eines Immungleichgewichts wichtig (Butler et al. 2009).

S. suis spielt bei den Tieren in verschiedenen Altersklassen eine Rolle. Saug- und Absatzferkel sind häufig von Infektionen mit S. suis betroffen, so dass hier ein großer Bedarf an einem Impfstoff vorhanden ist (Haesebrouck et al. 2004). In der Humanmedizin werden Kapselkonjugatimpfstoffe erfolgreich zur Immunisierung von Kindern eingesetzt, da mit ihnen eine T-zellabhängige Immunantwort ausgelöst werden kann. Auch bei Ferkeln sollte es daher möglich sein, mit einem Kapselkonjugatimpfstoff gegen S.-suis-Infektionen eine Induktion von opsonisierenden Antikörpern auszulösen, zumal inhibierende maternale Antikörper gegen das Trägerprotein nicht zu erwarten sind und auch die Kapselpolysaccharid-spezifischen Antikörperspiegel beim Schwein nach einer Immunisierung mit einer Serotyp-2-Ganzzellvakzine relativ niedrig waren (Baums et al. 2009).

Kapselkonjugatimpfstoffe hätten gegenüber einer Ganzzellvakzine auch den Vorteil, dass man hier immunisierte Tiere von infizierten Tieren unterscheiden könnte und eine Immunisierung immer eindeutig differenziert werden könnte. Die Tiere würden gegen das Trägerprotein und die Kapselpolysaccharide Antikörper entwickeln, aber, im Gegensatz zu rekonvaleszenten Tieren, nicht gegen immunogene Oberflächenproteine wie MRP (DIVA-Prinzip, differentiation of vaccinated and infected animals).

Im dritten Teil dieser Arbeit wurde daher die protektive Wirkung einer Kapselkonjugatvakzine im Belastungsversuch getestet. Eine Serokonversion der Tiere sowie einen Schutz vor Morbidität und Mortalität konnte durch die

Übergreifende Diskussion

Immunisierung nicht erreicht werden. Für die Präparation und Konjugation der Kapselpolysaccharide wurde das gleiche Protokoll verwendet, mit dem bereits Kock (2009) in einem Vorversuch eine vielversprechende Kapselkonjugatvakzine herstellen konnte (Nachweis der Induktion opsonisierender Antikörper). Die Unterschiede in der Immunantwort der Tiere in den beiden Versuchen legen den Verdacht nahe, dass die Kapselpolysaccharide der in dieser Arbeit eingesetzten Kapselkonjugatvakzine nur unzureichend konjugiert waren. Kapselpolysaccharide alleine bewirken nur eine sehr schwache Immunantwort, dies konnte in verschiedenen Immunisierungsexperimenten nachgewiesen werden (Campo Sepulveda et al. 1996; Elliott et al. 1980). In dieser Arbeit konnte in einem Western Blot mit einem BSA-spezifischen Antikörper eine Bande auf der Höhe der

Immunisierung nicht erreicht werden. Für die Präparation und Konjugation der Kapselpolysaccharide wurde das gleiche Protokoll verwendet, mit dem bereits Kock (2009) in einem Vorversuch eine vielversprechende Kapselkonjugatvakzine herstellen konnte (Nachweis der Induktion opsonisierender Antikörper). Die Unterschiede in der Immunantwort der Tiere in den beiden Versuchen legen den Verdacht nahe, dass die Kapselpolysaccharide der in dieser Arbeit eingesetzten Kapselkonjugatvakzine nur unzureichend konjugiert waren. Kapselpolysaccharide alleine bewirken nur eine sehr schwache Immunantwort, dies konnte in verschiedenen Immunisierungsexperimenten nachgewiesen werden (Campo Sepulveda et al. 1996; Elliott et al. 1980). In dieser Arbeit konnte in einem Western Blot mit einem BSA-spezifischen Antikörper eine Bande auf der Höhe der