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Dioxine / Furane

Im Dokument 50 02 (Seite 98-110)

Conclusions and Recommendations

6. Beschreibung des Transfers vom Boden in die Pflanze und Ableitung einer höchst zulässigen Bodenkonzentration

6.3 Ableitung von höchst zulässigen Bodenkonzentrationen für das Schutzziel menschliche Gesundheit und Qualität von Lebensmitteln

6.3.8 Dioxine / Furane

Zur Stoffgruppe der Dioxine/Furane liegt aufgrund ihres humantoxischen Potentials um-fangreiches Datenmaterial, auch zur möglichen Aufnahme aus der Luft, vor. Die dokumen-tierten Untersuchungen umfassen Freiland, Exsikkator und Gewächshausversuche und las-sen die Schlußfolgerungen zu:

- Freilanduntersuchungen von [Cocucci et al., 1979] mit Boden aus dem Sevesogebiet zeigen eine Belastung der unterirdischen Pflanzenteile und deuten in einigen Fällen auf eine – wenn auch sehr gering ausgeprägte – Translokation von der Wurzelschale in das Innere der Wurzel hin. Der Quotient der Transferfaktoren für Wurzelinneres / Wurzel-schale für Wurzel“gemüse“ (Möhren, Zwiebeln, Narzissen und Kartoffeln) schwankt zwischen 0,5 und 1,8. Bei bodennahen Früchten wie Kürbis und Gurke beträgt dieser Quotient der Transferfaktoren lediglich 0,06 bis 0,28 [Hülster et al., 1994], was kaum auf eine Translokation hinweist.

- Bei Gewächshaus- [Sacchi et al., 1986] und Freilanduntersuchungen [Hülster et al., 1994] kann eine ausgeprägte Boden-Konzentrationsabhängigkeit der Transferfaktoren festgestellt werden. Bei sehr niedrigen Bodenkonzentrationen ist ein scheinbar hoher Transfer zu beobachten. Dieses dürfte auf Überlagerungen mit Einträgen über den Luftpfad zurückzuführen sein. Die Freilanduntersuchungen von [Hülster et al., 1994]

zeigen auf unbelasteten Kontrollfeldern Transferfaktoren von 2,5 (Früchte) und 18,3 (exponierte Blätter) im Gegensatz zu einem entsprechenden Altlastenstandort, bei dem Transferfaktoren von 0,1 sowohl für Früchte als auch für Blätter bestimmt worden sind.

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- Zu ähnlichen Ergebnissen kommen [Schroll et al., 1993] in ihren Exsikkatorversuchen, bei denen zwischen einer Aufnahme über die Wurzel und den Luftpfad unterschieden werden kann. Bei unbehandelten Böden werden Dioxin-Belastungen in Möhrenblättern und -keimblättern nachgewiesen, wobei die berechneten Transferfaktoren denen der behandelten Böden entsprechen. In der Wurzel und im unteren Stengel kann jedoch kein Schadstoff detektiert werden. Im Gegensatz dazu sind bei den behandelten Böden die Wurzeln und unteren Stengel kontaminiert, wobei Transferfaktoren von 0,5 (Wur-zel) und 0,32 (unterer Stengel, jeweils bezogen auf Boden- und Pflanzentrockenge-wicht) bestimmt wurden. Diese Resultate bedeuten eine Überlagerung der Aufnahme-pfade Boden-Wurzel und Luft-oberirdische Pflanzenteile.

- In den meisten Studien wurden Transferfaktoren < 1 festgestellt, was bedeutet, daß Di-oxine nicht akkumulieren. Eine Ausnahme bilden die Untersuchungen mit Boden aus dem Seveso-Gebiet [Cocucci et al., 1979], bei denen maximale Transferfaktoren für Wurzel-Schale (Möhre) von 1,7 bestimmt wurden. Jedoch sollte der Übergang Boden-Pflanze aufgrund des humantoxischen Potentials nicht vernachlässigt werden.

- Zucchini und andere Gemüsearten der Gurkenfamilie können Dioxine systemisch auf-grund einer Mobilisierung durch Wurzelexsudate aufnehmen.

- Variationen in den Ergebnissen aufgrund eines unterschiedlichen Versuchsdesigns (Freiland und Exsikkator sowie Freiland mit Böden von verschiedenen Altlastenstand-orten) werden deutlich bei einem Vergleich der Ergebnisse für den Transfer (alles:

Pflanze FG und Boden TG) in Möhren:

Aufgrund der hohen Heterogenität im Versuchsdesign und in der Zielsetzung der je-weiligen Versuche sowie aufgrund der Überlagerung der Expositionspfade ist eine

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eindeutige Auswahl von Ergebnissen zur Ableitung der höchst zulässigen Bodenkon-zentrationen kaum möglich.

Als Diskussiongrundlage zum weiteren Vorgehen sollten die Ergebnisse und Schluß-folgerungen des UBA-Dioxin-Berichtes, der Mitte 2002 veröffentlicht wird, berück-sichtigt werden.

Die aktuelle Relevanz der Dioxine ist nach Vorliegen dieses Berichtes sowie des Be-richtes der Bund-Länder AG Dioxine kritisch zu überprüfen.

In diese Überprüfung ist auch die Einstufung der WHO ein zu beziehen.

6.3.9 Hexachlorbenzol

Auch wenn die Versuchsbedingungen für HCB ähnlich heterogen sind wie für andere be-reits gut untersuchte Substanzen auch, so soll dennoch die Berechnung einer höchst zuläs-sigen Bodenkonzentration unter Berücksichtigung der oben genannten Annahmen und Gleichungen exemplarisch dokumentiert werden, auch wenn das Ergebnis keinen justiziab-len und belastbaren Wert darstellt. Es liegen in ausreichendem Maße nur Exsikkator– und keine Freilandversuche vor. Obwohl letztgenannten bei Berechnung höchst zulässiger Bo-denkonzentrationen prinzipiell der Vorzug gegeben wird, wird an dieser Stelle mit Labor-versuchen gearbeitet. Bei der Interpretation ist zu beachten, daß auf diese Weise der Trans-fer vermutlich überschätzt wird:

1. Im ersten Schritt wird aus den experimentell bestimmten Transferfaktoren für ein Nah-rungsmittel der Mittelwert berechnet. Liegt keine optimale Datenlage von 5 Böden mit einem repräsentativen Spektrum an transferbestimmenden Stoffeigenschaften vor, so werden auf den pro Nahrungsmittel berechneten Mittelwert Sicherheitsfaktoren ge-schlagen. Für das Beispiel HCB können die konkreten Werte aus Anlage C entnommen werden. Zusammengefaßt erhält man:

Nahrungsmittel Geschätzte Qualität der Studie

SFBoden Transferfaktor einschließlich

Sicherheitsfak-tor Hafer Niedrig, da

Exsikkator-versuch

7,2 Wurzel, Exsikkator-versuch, 1 Boden

5 36

Kresse Niedrig, da Exsikkator-versuch

ca. 21 Exsikkatorversuch, 1 Boden

5 105

Mais Niedrig, da Exsikkator-versuch

10,5 Wurzel, Exsikkator-versuch, 1 Boden

5 52,5

Raps Niedrig, da Exsikkator-versuch

30,3 Wurzel, Exsikkator-versuch, 1 Boden

5 152

Salat Niedrig, da Exsikkator-versuch

246 Wurzel, Exsikkator-versuch, 1 Boden

5 1230

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Nahrungsmittel Geschätzte Qualität der Studie

SFBoden Transferfaktor einschließlich

Sicherheitsfak-tor Möhren Niedrig, da

Exsikkator-versuch

450 Wurzel, Exsikkator-versuch, 1 Boden

5 2250

Weitere wesentliche Eckpunkte:

Eckpunkt: Wert : Rückstandshöchstmenge 0,05 mg/kg (für „Gemüse allgemein“) TRD-Wert 30 ng/kg d (langfristige Aufnahme)

0,3 µg/kg d (kurzfristige Aufnahme) Dosis bei Risiko 10-5 0,006 µg/kg d

CELmin/10.000 0,2 µg/kg d (höher als TRD-Wert für nichtkanzerogene Wirkung, d..h. die zusätzliche Berücksichtigung der kanze-rogenen Wirkung führt nicht zu einem niedrigeren Prüfwert und kann von daher entfallen)

Rückstandshöchstmenge in zuge-führte Dosis umgerechnet

1 µg/kg d

Gefahrenfaktor nach GvU 5,5 (nicht kanzerogene Wirkung) Höchstmenge nach FMVO 0,01 mg/kg Futtermittel Hintergrundgehalte (90.

Perzenti-le)

2–10 µg/kg TS (Baden-Württemberg) 1,9 µg/kg TS (Hamburg)

Prüfwert Kinderspielflächen 4 mg/kg

2. Die höchst zulässige Bodenkonzentration wird berechnet, indem für jedes betrachtete Nahrungsmittel die angegebene Rückstandshöchstmenge durch den extrapolierten Transferfaktor dividiert und anschließend um den Feuchtegehalt des Nahrungsmittels korrigiert wird. Zusätzlich wird mit dem Gefahrenfaktor von multipliziert. Da im vor-liegenden Fall die Betrachtung der nicht zum Verzehr geeigneten Wurzeln nicht ziel-führend ist, wird ausschließlich das Nahrungsmittel Möhre bewertet.

Es sind: Rückstandshöchstmenge = 0,05 mg HCB/kg Gemüse Feuchte von Möhren = 88,2%.

Damit erhält man rein rechnerisch:

höchst zulässige Bodenkonzentration (für Möhre) = 5,5 x 0,05 mg/kg / 2250 [ 1 – 88,2/100] = 1,1 µg/kg

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Die Anwendung des Sicherheitsfaktors SFNahrungsmittel in Höhe von 3 entfällt. Hier wird dem Aspekt Rechnung getragen, daß Ergebnisse von Laborstudien genutzt werden, die den Tranfer im allgemeinen überschätzen.

Vergleicht man diesen rein rechnerisch erhaltenen Wert wiederum mit den Prüfwert für den Direktpfad Boden-Mensch (empfindlichste Nutzung Kinderspielfläche), so werden wieder die hohen Unterschiede deutlich. Der Prüfwert für den Direktpfad Boden-Mensch (Kinder-spielfläche) liegt bei: 4 mg HCB /kg Boden. Gründe für die Differenzen werden in Kapitel 6.5 vorgestellt.

Im Vergleich dazu liegen übliche HCB-Konzentrationen in Grasland und landwirtschaft-lich genutzten Böden in 1997 im Bereich von 0,2 – 12,1 µg HCB/kg (Grasland) respektive 0,5 – 13,1 µg/kg (landwirtsch. Böden). Hintergrundwerte in Baden-Württemberg bzw.

Hamburg (90. Perzentile) liegen zwischen 1,9 – 10 µg HCB/kg. Diese Vergleich machen deutlich, daß die auf Exsikkatorversuchen beruhende Ableitung von höchst zulässigen Bo-denkonzentrationen zu Werten im Bereich der Hintergrundkonzentrationen führt.

Fazit:

Es besteht grundsätzlich Bedarf der Ableitung eines Prüfwertes für den Pfad Boden-Pflanze.

Die Notwendigkeit ergänzender Untersuchungen im Freiland respektive Lysimeter wird gesehen mit dem Ziel einer realitätsnäheren Abbildung des Transfers.

6.3.10 Hexachlorcyclohexan

Die Projektarbeit von A. Nestler dokumentiert und analysiert sehr detailliert und sorgfältig die verfügbare Information zum Übergang Boden-Pflanze für die verschiedenen HCH-Isomere. Bei Betrachtung des nicht unerheblichen Datenmaterials wird dessen breite Heterogenität sowohl in Hinblick auf die Versuchsbedingungen als auch in Hinblick auf die Transparenz, Validität und Zielsetzung der Einzelaussagen deutlich („...Ergebnisse auf-grund der geringen Datenbasis als nicht gut abgesichert anzusehen...“). Diese Situation führt zu der Schlußfolgerung, daß zum aktuellen Zeitpunkt justiziable Bodenwerte nicht abgeleitet werden können.

Die verschiedenen Publikationen umfassen sowohl Freilandversuche mit kontaminierten Böden (Altlasten, Böden aus Emittentennähe) als auch Gefäßversuche mit Böden von Alt-lastenstandorten und – parallel dazu – mit dotierten Böden. Dieses breite Versuchsspekt-rum führt zu folgenden Aussagen und Schlußfolgerungen (Zitat aus A. Nestler, 2000):

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- „β-HCH scheint trotz der geringen Wasserlöslichkeit für die Pflanzen verfügbar zu sein [Heinrich, 1998, Schulz et al., 1999]

- Eine Translokation des HCH in oberirdische Pflanzenteile ist möglich, findet jedoch nur in geringem Umfang statt [Anita et al., 1991, Heinrich, 1998]

- Eine Aufnahme des HCH aus der Gasphase über die Blätter ist möglich [Selenka, Eck-rich, 1983]

- Ansteigende Bodengehalte führten zu höheren Gehalten in den Pflanzen [Heinrich, 1998]

- Die von [Brüne, 1980] und [VDLUFA, 1990] veröffentlichten Transferfaktoren deuten bei einzelnen Pflanzenarten auf eine Anreicherung insbesondere des γ-HCH hin. Im Gegensatz dazu konnte in den Gefäßversuchen von [Heinrich, 1998] für keine der eingesetzten Versuchspflanzen (Möhren, Ackerbohnen und Mais) eine Akkumulation (Transferfaktor > 1) nachgewiesen werden, obwohl die Pflanzengehalte von bis zu 184 mg/kg TS auf eine Aufnahme des HCH deuten.

- Die in den verschiedenen Untersuchungen ermittelten Transferfaktoren variieren mit der Pflanzenart und –teil [Brüne, 1980, VDLUFA, 1990, Heinrich, 1998]

- Die Pflanzengehalte sinken mit zunehmender Vegetationsdauer infolge von wachtums-bedingten „Verdünnungsprozessen“ [Heinrich, 1998, Heinrich, Schulz, 1996, Walis-zewski, 1990 und Schlosserova, 1994]

- Die Höhe der Pflanzengehalte scheint mit dem organischen Kohlenstoffgehalt des Bo-dens negativ zu korrelieren [Brüne, 1980, Heinrich, 1998 und Heinrich, Schulz, 1996]“.

Fazit:

Es besteht grundsätzlich Bedarf der Ableitung eines Prüfwertes für den Pfad Boden-Pflanze.

Die Plausibilität der verfügbaren Daten und Informationen ist erneut zu überprüfen.

Die Stoffgruppe der HCHs (alle Isomere) sollte in einer ad-hoc Arbeitsgruppe der Länder (LABO, StäA 4) vertieft diskutiert werden. Wichtige Zielsetzung der ad-hoc AG ist die Auswahl von bereits vorliegenden geeigneten Testergebnissen unter Nut-zung von zuvor konsensual entwickelten Kriterien, wobei auch Diskussionen mit den Autoren der verschiedenen Studien stattfinden sollten. Weiterhin sollte die ad-hoc AG zusätzliche Daten, Informationen und Erfahrungen mit der Stoffgruppe akquirieren und bewerten. Beispielsweise sollten Ergebnisse von weiteren Freilanduntersuchun-gen sowie von UntersuchunFreilanduntersuchun-gen an Flächen in Hessen einbezoFreilanduntersuchun-gen werden.

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Des weiteren ist zu diskutieren, inwieweit eine getrennte Diskussion der verschiedenen Isomere sinnvoll ist.

6.3.11 LAS

Zu LAS sind keine Versuche zur Aufnahme in die Pflanze, auch nicht über den Pfad Klär-schlamm/Boden/Pflanze, bekannt. Dennoch ist ein Eintrag über den Klärschlamm nicht auszuschließen, so daß dieser Pfad grundsätzlich weiterhin verfolgt werden sollte (siehe auch Kapitel „Einleitung und Problemstellung“). In einer Übersichtsarbeit zur „Risikoana-lyse zur Abfalldüngerverwertung in der Landwirtschaft“, Herausgeber: Eidgenössische FAL, Reckenholz, Zürich, Juli 2001 kommen die Autoren zu der Schlußfolgerungen:

„Verschiedene Arbeiten haben gezeigt, daß die mit Klärschlamm in den Boden eingetrage-nen organischen Schadstoffe die Anreicherung in den Pflanzen wenig beeinflussen. Witte et al. (1989) konnten zum Beispiel keinen Einfluß der Klärschlammverwendung auf Pflan-zengehalte von PAK, PCB und chlorierter Kohlenwasserstoff-Insektizide und Fungizide feststellen. ... Die Konzentration organischer Schadstoffe in den Pflanzen ist demnach mä-ßig, wenn die maximal erlaubten Ausbringungsmengen eingehalten werden. Folgende Si-tuationen und Schadstoffe können jedoch problematisch sein: ....

- Bei einigen Schadstoffen wie Mono- und Dichlorphenolen und einige Pestiziden (Atra-zin, Simazin und Propanil) muß anhand ihrer chemisch-physikalischen Eigenschaften damit gerechnet werden, daß sie von den Wurzeln aufgenommen und in die Pflanze transferiert werden können. Auch Phthalate, Tenside (besonders LAS) und einige PAKs (Acenaphthen, Fluoren und Phenanthren) sollten als potentiell kritische Substan-zen angesehen werden.“

Bei der hier anstehenden Diskussion zur Durchführung von Studien zur Aufnahme von LAS in Pflanzen sollten zwei Aspekte berücksichtigt werden:

- LAS besitzen eine mittlere akute Säugertoxizität; es ist ein LD50-Wert von 1260 mg/kg (Ratte, oral?) bekannt. Die Ableitung von pflanzenbezogenen Bewertungsmaßstäben (für die Schutzziele menschliche Gesundheit und Qualität von Tierfutter) bedarf eines hohen, auch experimentellen Aufwandes. Da eine Aufnahme über verschmutztes Tier-futter ein wahrscheinlicher Pfad ist, ist zusätzlich ein Höchstwert im Rahmen der Fut-termittelverordnung zu diskutieren und abzuleiten

- Die UMK-AG hat LAS als prioritären Stoff zur Ableitung eines Grenzwertes für „ge-ringbelasteten“ Klärschlamm eingestuft. Die Ergebnisse einer in Auftrag gegebenen Studie sowie der zur Zeit in Deutschland geführten Klärschlamm-Diskussion sollten in die Entscheidung einbezogen werden, inwieweit die Durchführung von Studien zur Aufnahme von LAS in Pflanzen prioritär ist.

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Fazit:

Bei Betrachtung von Klärschlamm als zu prüfender Matrix könnte LAS eine Rolle spielen wohingegen die Bodenrelevanz wahrscheinlich nicht gegeben ist.

Die Substanz sollte jedoch in die Länderumfrage (LABO-Sitzung am 29.1.2002) auf-genommen werden, mit dem Ziel Bodenrelevanz zu bestätigen oder auszuschließen, um dann entsprechende anschließende Schlußfolgerungen ziehen zu können.

Bei den zu ziehenden Schlußfolgerungen sollte die Rolle der Chemikalie als Komplex-bildner und Lösungsvermittler, und damit zur Erhöhung der Bioverfügbarkeit ande-rer Stoffe, berücksichtigt werden.

6.3.12 Nonylphenol

Es liegt lediglich eine Literaturstelle vor, die den Transfer vom Boden in die Pflanze experimentell erhebt. Es werden 4-wöchige Setzlinge von Tomatenpflanzen und Gartenmelde in kontaminierten Boden übetragen. Der Versuch ist so ausgelegt, daß zwischen den Pfaden Boden/Pflanze und Boden/Luft/Pflanze unterschieden werden kann.

Ergebnisse sind als prozentuale Anteile von 14C angegeben; es fehlen jedoch Angaben, die eine Umrechnung zur Berechnung der Transferkoeffizienten ermöglichen würden. Die Autoren schreiben in ihrer Diskussion: “Beide getestete Pflanzen nahmen Nonylphenol bei beiden Bodenkonzentrationen auf. ... Auch wenn lediglich geringe Mengen aufgenommen wurden, sind diese sowohl relativ als auch absolut gesehen von der Ausgangskonzentration im Boden abhängig. Weiterhin ist festzustellen, daß Nonylphenol innerhalb der Pflanze transportiert wird; eine Re-Fixation von 14CO2 kann aufgrund des Versuchsaufbaus ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse gelten für das geschilderte experimentelle Labordesign; in Hinblick auf den Boden-Pflanzen Transfer unter Freiland sind keine Ergebnisse bekannt.”

Auf Basis der geschilderten Informationslage kann die Schlußfolgerung gezogen werden, daß

- ausschließlich für zwei Pflanzenarten experimentelle Untersuchungen zur Aufnahme von Nonylphenol aus dem Boden in die Pflanze vorliegen. Damit kann nach Vorgabe von Kapitel 6.1, Tabelle 6-3 keine höchst zulässige Bodenkonzentration, auch nicht un-ter Verwendung von Sicherheitsfaktoren, abgeleitet werden, da die gesamte Datenlage zu wenig abgesichert ist.

- Die UMK-AG hat Nonylphenol als prioritären Stoff zur Ableitung eines Grenzwertes für „geringbelasteten“ Klärschlamm eingestuft. Die Ergebnisse einer in Auftrag

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benen Studie sowie der zur Zeit in Deutschland geführten Klärschlamm-Diskussion sollten in die Entscheidung einbezogen werden, inwieweit die Durchführung von Stu-dien zur Aufnahme von Nonylphenol in Pflanzen prioritär ist.

- Bei Einbeziehung der Betrachtung des Verschmutzungsszenariums in die Begründung für eine Durchführung von Studien zur Aufnahme von Nonylphenol in Pflanzen ist zu berücksichtigen, daß zusätzlich Aussagen zur Höchstbelastung im Futtermittel im Rah-men der Futtermittelverordnung getroffen werden müssen.

Fazit:

Bei Betrachtung von Klärschlamm als zu prüfender Matrix könnte Nonylphenol eine Rolle spielen wohingegen die Bodenrelevanz wahrscheinlich nicht gegeben ist.

Die Substanz sollte jedoch in die Länderumfrage (LABO-Sitzung am 29.1.2002) auf-genommen werden, mit dem Ziel Bodenrelevanz zu bestätigen oder auszuschließen, um dann entsprechende anschließende Schlußfolgerungen ziehen zu können.

Es ist zu diskutieren, inwieweit die Gruppe der Alkylphenole gemeinsam betrachtet werden sollte.

6.3.13 PCBs

Ähnlich den HCH-Isomeren sowie den PAKs wurde auch die Stoffgruppe der PCBs in der Projektarbeit von A. Nestler detailliert untersucht und alle verfügbaren Informationen zu-sammengestellt und ausgewertet. Publiziertes Versuchsdesign und Datenbasen sind ähnlich heterogen wie bei den beiden zuvor genannten Stoffgruppen, was zum Teil zu

widersprüchlichen Aussagen hinsichtlich des Transfers Boden-Pflanze führt. Als problematisch stellt sich besonders die zur Zeit fehlende Möglichkeit einer validen Übertragung von Ergebnissen aus Labor- und Freilandstudien dar. Im einzelnen wurden eine Reihe von Schlußfolgerungen gezogen, die wie folgt zitiert werden:

- „Hinsichtlich des Aufnahmemechanismus des PCB-Transfers Boden-Pflanze sind die vorgestellten Arbeiten widersprüchlich. [Delschen et al., 1996] und [Schnöder, 1995]

schließen eine systemische Aufnahme der PCBs nicht aus. Hingegen wird in ihrem Versuchen eine Kontamination der Pflanzen mit Bodenpartikeln und der damit verbun-denen Aufnahme eher als unwahrscheinlich betrachtet. Erhöhte Gehalte in den oberir-dischen Pflanzenteilen wurden auf aus dem Boden ausgasende PCBs zurückgeführt.

[Qiuping et al., 1991] deuten aus ihren Ergebnissen, daß eine aktive Aufnahme und ei-ne Translokation der PCBs ausbleibt. Eiei-ne Aufnahme der PCBs über die Blätter ist ü-ber einen gasförmigen oder partikulären Transport möglich. Nach [Crößmann, 1993]

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ist der maßgebliche Transferpfad die Anlagerung von PCB-haltigen Bodenpartikeln, da die Aufnahme aus der Bodenlösung durch die geringe Wasserlöslichkeit der PCBs li-mitiert wird. [Offenbächer und Poletschny, 1992] führen die PCB-Gehalte im Möhren-laub auf einen Transport in oberirdische Pflanzenteile zurück, der höher eingeschätzt wird als in der Innere der Möhren. Die höheren Gehalte in den Möhrenschalen werden auf lipophile Verteilungsvorgänge zwischen den im Boden gelösten PCBs und der li-pophilen Möhrenschale zurückgeführt.

- Eine Korrelation zwischen den Pflanzengehalten und den Bodengehalten konnte für keines der untersuchten Pflanzenteile von [Delschen et al., 1996] ermittelt werden.

- In den vorgestellten Untersuchungen konnte gezeigt werden, daß der Transfer Boden-Pflanze mit der Boden-Pflanzenart sowie –teilen verschieden war. Das Anreicherungsvermö-gen der Pflanzen wird in den verschiedenen UntersuchunAnreicherungsvermö-gen nicht einheitlich ermittelt.

So berichten [Delschen et al., 1996] von einem hohen Anreicherungsvermögen für Spinat und [Offenbächer und Poletschny, 1992] von einem geringen Aufnahmevermö-gen des Spinates. Identisch sind die Ergebnisse der eben Aufnahmevermö-genannten Autoren hinsicht-lich Weizen, hier wurde kein Akkumulationsvermögen ermittelt. Die Transferfaktoren der [VDLUFA, 1990] für Weizenstroh deuten auf eine Akkumlation des PCB 101, 138 und 153 hin. [Offenbächer und Poletschny, 1992] bestätigen eine Affinität der lipidhal-tigen Möhren zu den PCB selbst bei geringen angepassten Bodengehalten. [Delschen et al., 1996] berichten, und stehen in Einklang mit den Ergebnissen von [Offenbächer und Poletschny, 1992], von einem hohen bis mittleren Anreicherungsvermögen der Möhre.

Die Transferfaktoren der [VDLUFA, 1990] liegen zwischen 0 und 0,1.“

Fazit:

Es besteht grundsätzlich Bedarf der Ableitung eines Prüfwertes für den Pfad Boden-Pflanze.

Die Plausibilität der verfügbaren Daten und Informationen ist erneut zu überprüfen.

Die Stoffgruppe der PCBs sollte in einer ad-hoc Arbeitsgruppe der Länder (LABO, StäA 4) vertieft diskutiert werden. Wichtige Zielsetzung der ad-hoc AG ist die Aus-wahl von bereits vorliegenden geeigneten Testergebnissen unter Nutzung von zuvor konsensual entwickelten Kriterien, wobei auch Diskussionen mit den Autoren der verschiedenen Studien stattfinden sollten. Weiterhin sollte die ad-hoc AG zusätzliche Daten, Informationen und Erfahrungen mit der Stoffgruppe akquirieren und bewer-ten.

Des weiteren ist zu diskutieren, inwieweit eine getrennte Diskussion der verschiedenen Congenere sinnvoll ist.

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Endbericht: Erhebungsuntersuchungen zum Transfer organischer Schadstoffe vom Boden in Nahrungs- und Futter-pflanzen und Ableitung von Prüfwerten nach dem Bundesbodenschutzgesetz

6.3.14 Pentachlorphenol

Es wurden einige Studien durchgeführt, die zu der Schlußfolgerung kommen, daß PCP ver-hältnismäßig schnell sowohl im Boden als auch in der Pflanze metabolisiert werden kann, so daß die Ableitung einer höchst zulässigen Bodenkonzentration im Rahmen dieses Vorhabens zumindest erneut diskutiert werden sollte. Zwei dieser Studien werden vorge-stellt. Desweiteren werden Schlußfolgerungen aus allen vorliegenden Untersuchungen (siehe Anlage C) gezogen:

- [Scheunert et al., 1986] haben eine vergleichende Untersuchung zum Transfer von 14 C-PCP aus Boden in Pflanzen durchgeführt. Die Aufnahme wurde zum einen bei

- [Scheunert et al., 1986] haben eine vergleichende Untersuchung zum Transfer von 14 C-PCP aus Boden in Pflanzen durchgeführt. Die Aufnahme wurde zum einen bei

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