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Berechnung der höchst zulässigen Bodenkonzentration

Im Dokument 50 02 (Seite 80-84)

Conclusions and Recommendations

6. Beschreibung des Transfers vom Boden in die Pflanze und Ableitung einer höchst zulässigen Bodenkonzentration

6.1 Vorgehen bei Schutzziel menschliche Gesundheit und Qualität von Lebensmitteln .1 Transferkoeffizienten

6.1.2 Berechnung der höchst zulässigen Bodenkonzentration

Der Stofftransfer ist von Pflanzen- und Bodeneigenschaften abhängig und müßte strengge-nommen für jedes übliche Nahrungsmittel im deutschen Nahrungskorb (siehe zum Beispiel Tabelle 5-1) und jeden repräsentativen Boden getestet werden. Da jedoch nicht davon auszugehen ist, daß eine solch große Anzahl von Variablen experimentell untersucht worden ist, werden folgende Vorschläge für eine optimale Datenlage und – bei

unzureichender Datenlage – für die Nutzung von Sicherheitsfaktoren gemacht, die bei der kalkulatorischen Ableitung von höchst zulässigen Bodenkonzentration zugrundegelegt werden:

1. Die optimale Datenlage wird charakterisiert durch 5 getestete Böden (mit einem repräsentativen Spektrum an transferbestimmenden Stoffeigenschaften, insbesondere dem organischen Kohlenstoffgehalt) mit jeweils allen in Tabelle 5-1 genannten 10 repräsentative Nahrungsmittel. Im Fall des Vorliegens systematischer Erhebungen zum Transfer Boden-Pflanze werden drei Böden und sechs Nahrungsmittel als optimal angesehen (siehe auch Kapitel 6.7).

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2. Aus den experimentell bestimmten Transferfaktoren für ein Nahrungsmittel wird der Mittelwert berechnet (unter Zusammenfassung der Ergebnisse für alle Böden, jedoch ggf. unter begründetem Ausschluß von nicht interpretierbaren Testergebnissen). Es wird der Mittelwert und nicht die 90. Perzentile bestimmt, da nicht davon ausgegangen wer-den kann, daß für alle Stoffe eine statistische Auswertung durchgeführt werwer-den kann.

3. Liegt hinsichtlich der getesteten Böden keine optimale Datenlage vor, so werden auf den pro Nahrungsmittel berechneten Mittelwert Sicherheitsfaktoren (SFBoden) geschla-gen, die sich folgendermaßen definieren:

Tabelle 6-2: Sicherheitsfaktoren zur Berücksichtigung der Datenlage bezüglich Anzahl getesteter Böden

Datenlage SFBoden 1 - 3

5 Böden pro Nahrungsmittel 1

3 – 4 Böden pro Nahrungsmittel 3

1 – 2 Böden pro Nahrungsmittel 5

Die Bioverfügbarkeit einer organischen Chemikalie im Boden und damit das Potential, für eine Aufnahme über die Pflanzenwurzel zur Verfügung zu stehen, ist in starkem Maße ab-hängig vom Gehalt an organischem Kohlenstoff im Boden. In landwirtschaftlichen Böden schwankt Corg erfahrungsgemäß etwa zwischen 1 – 8 %. Um die experimentell nicht erho-benen Einflüsse von Corg auf den Transfer der konkret betrachteten Chemikalie dennoch näherungsweise abzubilden, jedoch auf der anderen Seite keinen nicht-praktikablen Sicher-heitsfaktor zu nutzen, wird ein Faktor von maximal 5 vorgeschlagen. [Brüne et al, 1980]

zeigen für HCH im Mittel aller Pflanzenkulturen sowie Bodengehalte und –eigenschaften Schwankungen im Transferfaktor von maximal 45. Dabei ist bereits zwischen verschiede-nen Pflanzenkulturen mit einer Schwankung von 1 – 30 rechverschiede-nen (siehe unten), was aller-dings einer geringfügigen Überschätzung des Einflusses von Bodenparametern auf den Transfer bei Nutzung eines SFBoden = 5 entspricht.

4. Die höchst zulässigen Bodenkonzentrationen werden zunächst für jedes getestete Nah-rungsmittel getrennt abgeleitet. Dazu wird die Gleichung:

MRL (i) [mg/kg FG]

Höchst zulässige kalkulatorische Bodenkonzentration (i) [mg/kg TG ]= --- f transfer (i) [1 – (Feuchte [%] / 1oo)]

eingesetzt mit:

MRL = maximum residue level, Rückstandshöchstmenge [mg/kg FG], pflanzenbezogener Bewertungsmaßstab

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ftransfer (i) = Mittelwert der Transferfaktoren für Nahrungsmittel (i)

Eine Korrektur bezüglich des Feuchtegehaltes ist notwendig, da sich die Angaben in der Rückstandshöchstmengenverordnung auf Nahrungsmittelfeuchtgewichte beziehen, wohin-gegen der Transferfaktor auf Trockengewichte bezogen wird (siehe oben; zum Wasserge-halt von Nahrungsmitteln siehe Tabelle 6-1).

Die abschließend vorzuschlagende höchst zulässige kalkulatorische Bodenkonzentration, die die Basis für eine Plausibilitätsprüfung und anschließende Expertendiskussion ist, ent-spricht der aus dem Ensemble der getesten Nahrungsmittel niedrigsten berechneten höchst zulässigen Bodenkonzentration. Da nicht von einer optimalen Datenlage - das heißt von 10 getesteten Nahrungsmitteln - ausgegangen werden kann, wird auch hier die Anwendung von Sicherheitsfaktoren (SFNahrungsmittel) auf die niedrigste berechnete höchst zulässige Bo-denkonzentration vorgeschlagen.

Ein Screening von vorliegenden Transferfaktoren, zum Beispiel für Hexachlorbenzol, zeigt bei vergleichbarem Testdesign Schwankungen zwischen den Nahrungsmitteln von Fakto-ren im Bereich von 2 bis 30. Unter der Voraussetzung, daß es sich bei 3 – 5 untersuchten Nahrungsmitteln (siehe Tabelle 6-3) nicht ausschließlich um Lebensmittel aus einer Grup-pe, zum Beispiel verschiedene Getreidesorten, handelt, werden die in Tabelle 6-3 vorge-stellten Sicherheitsfaktoren eingesetzt. Weiterhin wird vorgeschlagen, bei Vorliegen von nur 1 – 2 getesteten Nahrungsmitteln keine höchst zulässige Bodenkonzentration als Basis für die Ableitung eines Prüfwertes vorzuschlagen, da diese Entscheidungsgrundlage zu un-sicher ist.

Tabelle 6-3: Sicherheitsfaktoren zur Berücksichtigung der Datenlage bezüglich Anzahl getesteter Nahrungsmittel

Datenlage SFNahrungsmittel 1 - 3 9 – 10 getestete Nahrungsmittel 1

6 – 8 getestete Nahrungsmittel 3 3 – 5 getestete Nahrungsmittel 10

1 – 2 getestete Nahrungsmittel Kein Vorschlag für höchst zulässige Bodenkon-zentration sinnvoll, da zu unsichere Datenlage

6.1.3 Gefahrenbezug

Im vorliegenden Vorhaben geht es um die Ableitung von Prüfwerten, das heißt von Bo-denkonzentrationen, bei deren Überschreitung im Einzelfall festzustellen ist, ob eine schäd-liche Bodenveränderung vorliegt. Daraus wiederum ergibt sich die Pflicht zur Gefahren-abwehr. Prüfwerte sind von daher eng verknüpft mit dem Gefahrenbegriff, der im Sinne des BBodSchG ist mit der hinreichenden Wahrscheinlich eines Schadenseintritts korreliert.

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Die Ableitung von Prüfwerten für die unterschiedlichen Nutzungen erfolgt unter Einbezie-hung humantoxikologischer Bewertungsmaßstäbe (oder im vorliegenden Fall pflanzenbe-zogener Bewertungsmaßstäbe), die ihrerseits jedoch mit Vorsorgeaspekten korreliert sind.

Aus diesem Grund wird – zur Herstellung eines Gefahrenbezugs – der entsprechende Bewertungsmaßstab mit einem Gefahrenfaktor belegt, der sich seinerseits aus der

humantoxikologischen Datenqualität und –aussagegehalt ergibt. Im Bundesanzeiger 161a heißt es dazu:

„Bei einer Belastung des Menschen mit einem Schadstoff bis zur Höhe des auf empfindli-che Personengruppen der Allgemeinbevölkerung zugeschnittenen NOAELe ist eine Schädi-gung der Gesundheit selbst empfindlicher Personen nicht wahrscheinlich. Eine Überschrei-tung dieser „praktisch sicheren Dosis“ stellt nicht zwangsläufig eine Gesundheitsgefähr-dung dar; es kann aber gesundheitlich bedenklich sein, wenn die Überschreitung erheblich ist und über längere Dauer erfolgt.

Bei einer Belastung der gesunden erwachsenen Bevölkerung in Höhe der niedrigsten Dosis mit für sie noch als wahrscheinlich schädlich bewerteter Wirkung (LOAELE) erscheint dagegen eine Schädigung der Gesundheit empfindlicher Personen als gewiß.

Die gefahrenbezogene Körperdosis GD liegt zwischen dem NOAELe und dem LOAELE. Für empfindliche Individuen wäre der Gefahrenbezug zwischen „unwahrscheinlich“ (NO-AELe) und „sehr wahrscheinlich“ (LOAELE), mithin auf dem Niveau „hinreichend wahr-scheinlich“ anzusetzen. Für die Bestimmung der gefahrenbezogenen Dosis ist eine Inter-polation notwendig, die von dem NOAELe bzw. TRD-Wert ausgeht und zu einem Er-gebnis führt, das deutlich kleiner ist als LOAELE und nach Möglichkeit dem vermuteten LOAELe entspricht. ...

Ein sinnvolles und plausibles Ergebnis für eine gefahrenbezogene Dosis ergibt sich aus der Multiplikation des TRD-Wertes mit jeweils dem logarithmischen Mittelwert der humanre-levanten Sicherheitsfaktoren, die für die Extrapolation des TRD-Wertes verwendet worden sind. Dieser Mittelwert entspricht der Quadratwurzel aus dem Gesamtextrapolationsfaktor zwischen dem chronischen NOAELe = TRD und dem chronischen gemessenen NOAELTV (TV = aus Tierversuch), LOAELE oder NOAELE.

Da im Fall der Ableitung von höchst zulässigen Bodenkonzentrationen für den Pfad Bo-den-Pflanze MRL-Werte als Berechnungsgrundlage genutzt werden, wird zur Einbezie-hung des Gefahrenaspekts folgende substanz-spezifische Vorgehensweise vorgeschlagen:

1. Vergleich des TRD-Wertes und des durch Umrechnung aus dem MRL-Wert berechne-ten zugeführberechne-ten Dosis.

2. Liegen beide Werte nahe beieinander, so wird der zur Ableitung von Prüfwerten für den Direktpfad genutzte Gefahrenfaktor eingesetzt.

3. Die höchst zulässige kalkulatorische Bodenkonzentration wird multiplikativ mit dem Gefahrenfaktor verknüpft.

4. Ist die unter 1. und 2. genannte Information für den betrachteten Stoff nicht vorhanden, wird pauschal ein Gefahrenfaktor von 10 eingesetzt, solange keine plausible Gründe dagegen sprechen.

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