• Keine Ergebnisse gefunden

5. Diskussion

5.1 Die Rebesiedelung erfolgt hauptsächlich über das angrenzende native

Alle Implantate wurden histologisch untersucht, um die Verteilung der neu eingewanderten Zellen, 6 und 12 Monate post OP, zu ermitteln. Dabei fiel die unterschiedliche Besiedelungsdichte in verschiedenen Arealen der Allografts auf.

Während die distale Anastomose stark rebesiedelt war, ließ die Konzentration der Zellen in der Klappenwand einschließlich in Richtung des Sinusscheitelpunkts vor allem luminal stark nach. Ein zweiter Gradient innerhalb der Klappenwand wurde von der adventitiellen Seite Richtung Lumen festgestellt. Während die Klappenwand in der Tiefe viele Zellen enthielt, nahm die Anzahl der Zellen zum Lumen hin ab. Die starke Rebesiedelung der proximalen Anastomose ging übergangslos auf die nahe gelegene Basis der Tasche über und setzte sich auf der ventrikulären Seite und gelegentlich auch auf der ventrikelseitigen Taschenmatrix fort. Die Zellschicht auf der ventrikulären Taschenseite war in der Regel zusammenhängend und breitete sich zur freien Spitze hin aus. Die Zellen erreichten die Taschenspitze nur in wenigen Fällen, wobei die Zellschicht immer dünner wurde. Die geringste Anzahl an Zellen wurde in der arteriellen Seite der Taschen, sowie in der Lamina spongiosa und im Sinusscheitelpunkt mit angrenzender Klappenwand gefunden.

Quinn et al. berichteten ähnliche Befunde von dezellularisierten Herzklappen implantiert in der Pulmonalklappenposition beim Schaf. Eine starke Rezellularisierung der Implantate war in der proximalen und distalen Anastomose

sowie in der Wand der Arterie und des Sinus vorhanden. Auch hier war die Rezellularisierung in der adventitialen Seite stärker als an der luminalen Oberfläche.

Die Rezellularisierung der Taschen beschränkte sich auf deren Basis. Im mittleren und distalen Teil der Taschen wurden wenige Zellen gefunden103.   Honge et al.

konnten ebenfalls feststellen, dass die Grenzbereiche bzw. die Anastomosen der dezellularisierten, porcinen Pulmonalklappen implantiert in Schafe, vollständig rebesiedelt waren, während die arterielle Seite und die Spitze der Taschen nicht rezellularisiert waren31.

Die Rebesiedelung der dezellularisierten ECM ist über 3 Eintrittswege denkbar: (1) aus der Adventitia, (2) über die Anastomosen oder (3) über das Lumen. Die Tunica adventitia stellt nicht nur ein lockeres Bindegewebe mit Fibroblasten, Nervenzellen und Gefäßstrukturen dar, sie spielt auch eine große Rolle in der Reparatur von Gefäßverletzungen, bei Entzündungen und in den altersbedingten Veränderungen der Gefäße130,131. Entscheidend in diesem Fall ist, dass die Adventitia auch eine große Anzahl an Vorläuferzellen enthalten könnte, die sich unter anderem auch zu glatten Muskelzellen sowie Endothelzellen differenzieren können132,133.  Über die Vasa vasorum der Tunica adventitia haben die im Blut zirkulierenden Vorläuferzellen einen weiteren Zugang zur Gefäß- bzw. Klappenwand. Bei der Herstellung von dezellularisierten Pulmonalklappen wurde die Tunica adventitia der Spendertiere größtenteils entfernt. Schon 6 Monate post OP entstand um die Allografts eine neue Schicht aus lockerem Bindegewebe, fibroblastenähnlichen Zellen und vielen Vasa vasorum. Diese Schicht könnte, wie oben beschrieben, Progenitorzellen enthalten, welche für die Rebesiedelung verantwortlich sind.

Durch die Erkenntnis, dass das periphere Blut Progenitorzellen enthält, ließ sich auch die Theorie ableiten, dass die eingewanderten Zellen aus zirkulierenden Vorläuferzellen des Blutes stammen könnten und dass die Rebesiedelung somit im Lumen der Gefäße beginnt. In einer sehr anschaulichen Studie wurden azelluläre Prothesen für den Gefäßersatz in Mäusen verwendet. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Zellen, die letztendlich die Prothesen rebesiedelt haben, aus der angrenzenden nativen Gefäßwand der Empfängertiere und nicht aus ihrem Blut stammten134. Auch im Fall der implantierten Pulmonalklappen ist es wahrscheinlich, dass der Großteil der Rebesiedelung über Kontakte mit dem nativen Gewebe (Anastomosen und umgebendes Bindegewebe) des Empfängers und nicht über das Lumen erfolgte. Dafür spricht die eher spärliche, lumenseitige Rebesiedelung der

Klappenwand. Allerdings könnte eine Rebesiedelung in Form einer Neointima, vor allem wenn sie klar abgegrenzt vorkommt, von Vorläuferzellen ausgehen, die über den Blutfluss die luminale Oberfläche erreichen. George et al. haben gezeigt, dass eine Anlagerung von Stammzellen des Knochenmarks auf der luminalen Seite verletzter Gefäße der Neointimabildung vorausgegangen ist135. Eine Rebesiedelung von drei Seiten - lockeres umgebendes Bindegewebe (Verklebungen oder Tunica adventitia), native Gefäßwand und Lumen - ist demnach grundsätzlich möglich.

Eine unterschiedlich starke Rebesiedelung der Taschen mit Zellen könnte auf eine Vielzahl von Ursachen zurückzuführen sein. Die einfachste Modellvorstellung wäre, dass die ventrikuläre Seite näher am nativen Gewebe liegt als die arterielle. Die Rebesiedelung könnte an der Basis der Tasche beginnen und sich dann weiter auf die ventrikuläre Seite entlang der Oberfläche und in der Lamina spongiosa ausdehnen. Dort würden die Zellen aufgrund des lockeren Aufbaus der GAGs auf wenig Widerstand in Richtung der freien Spitze stoßen. Die Lamina fibrosa mit vielen Kollagenquerverbindungen könnte dagegen für eine schnelle Rebesiedelung zu dicht sein. Somit wäre die arterielle Seite für die Zellen nicht auf direktem Wege über das Interstitium der Taschen erreichbar.

Eine andere Hypothese berücksichtigt Druck- und Strömungsverhältnisse an den Taschenoberflächen. In der Füllungsphase der Hauptkammern drückt das steigende Blutvolumen auf die ventrikuläre Seite der Taschenklappen. Der Ventrikel kontrahiert und die Taschenklappen öffnen sich. Dabei wird die arterielle Seite gegen die Klappenwand gedrückt. Ist die Klappe geöffnet, verläuft der Blutfluss linear entlang der ventrikulären Seite der Taschen. Mit der einsetzenden Diastole wird das Blut aufgrund der elastischen Eigenschaften der großen abführenden Gefäße zurückgedrängt, wodurch sich die Taschenklappen schließen9. Dabei wird die arterielle Seite der Taschen gedehnt und es entstehen Turbulenzen in direktem Kontakt zu der arteriellen Taschenseite. Das Drücken gegen die Klappenwand beim Öffnen und das Dehnen sowie die Blutturbulenzen beim Schließen könnten ungeeignete Bedingungen für das Eindringen und Anheften von neuen Zellen in den Taschen darstellen. Die dazwischenliegende Lamina spongiosa könnte wie ein Kissen funktionieren und somit die ventrikuläre Seite vor diesen Verhältnissen schützen. Außerdem ist festgestellt worden, dass ein linearer Fluss in vitro auf verschiedenen Zellen, u.a. Endothelzellen, förderlich für deren Proliferation ist136. Somit könnte die zelldichte Schicht auf der ventrikulären Seite durch den linearen

Blutfluss, wie er dort in der Öffnungsphase der Taschenklappe vorhanden ist, gefördert worden sein.

Erstaunlicherweise hatte sich das Ausmaß der Rebesiedelung nach 12 Monaten in vivo im Vergleich zu den Ergebnissen nach 6 Monaten in vivo nicht deutlich verändert. Das festgestellte Ausmaß der Repopulation mit autologen Zellen ist demnach innerhalb der ersten 6 Monate schon erreicht. Falls eine weitere Rebesiedelung überhaupt stattfindet, wäre diese in den folgenden Monaten wahrscheinlich nur marginal.

5.2 Die Rebesiedelung erfolgt durch eine gemischte Zellpopulation in