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Die Grenzen des Wachstums

Im Dokument DISSERTATION. Doctoral Thesis (Seite 43-49)

Bereits im Jahr 1972 wurde auf die Grenzen des Wachstums besonders im Zusammenhang mit der Ausbeutung von natürlichen Ressourcen, in dem vom Club of Rome herausgegebenem Buch „The Limits of Growth“ hingewiesen.3 In einer neueren Auflage dieses Buches aus dem Jahr 1992 4 konnte durch Computersimulationen gezeigt werden, dass die Nutzung zahlreicher Ressourcen und die Akkumulation von Umweltgiften bereits die Grenzen des langfristig Zuträglichen überschritten haben und das trotz verbesserter Technologien, höherem ökologischen Bewusstsein und strengerer Umweltgesetze.5

Folgende Schlussfolgerungen wurden im Jahr 1992 formuliert:6

1. Die Nutzung vieler natürlicher Ressourcen und die Freisetzung schlecht abbaubarer Schadstoffe haben bereits die Grenzen des physikalisch auf längerer Zeit Möglichen überschritten. Wenn der Einsatz dieser Materialien und die Energieflüsse nicht entscheidend gesenkt werden, kommt es in den nächsten Jahrzehnten zu einem nicht mehr kontrollierbaren Rückgang der Nahrungsmittelproduktion, der Energieverfügbarkeit und der Industrieproduktion.

2. Das ist aber vermeidbar, wenn zwei grundsätzliche Änderungen erfolgen: Die politischen Praktiken und Handlungsweisen, die den Anstieg des Verbrauchs und der Bevölkerungszahlen begünstigen, müssen umfassend revidiert werden; daneben sind die

1 McMurtry (1999), S.114

2 Vgl. Kooijman (2000)

3 Vgl. Meadows (1973)

4 Vgl. Meadows (2001)

5 Vgl. Frey (2005), S.30

6 Meadows (2001), S.13

Wirkungsgrade des Energieeinsatzes und der Nutzeffekt materieller Ressourcen drastisch anzuheben.

3. Eine dauerhaft existenzfähige Gesellschaft ist technisch und wirtschaftlich noch immer möglich. Sie könnte lebenswertere Perspektiven haben als eine Gesellschaft, die ihre Probleme durch konstante Expansion zu lösen versucht. Der Übergang zu einer dauerhaft existenzfähigen Gesellschaft erfordert den sorgfältigen Ausgleich zwischen langfristigen und kurzfristigen Zielvorstellungen; der Nachdruck muss auf ausreichende Versorgung, gerechte Verteilung und Lebensqualität und weniger auf Produktionsausstoß gelegt werden. Dazu ist mehr erforderlich als nur Produktivität und Technologie: gefragt sind Reife, partnerschaftliches Teilen und Weisheit.

Meadows und seine Kollegen haben in ihrer Modell-Simulation „World 3“ verschiedene

Veränderungen und Handlungen unter Berücksichtigung von wesentlichen physikalischen und biologischen Grenzen simuliert. Dabei werden Annahmen getroffen, die als wichtige Parameter in dieser Arbeit, unter Berücksichtigung der Tumor-Wirt-Beziehung, betrachtet werden. Unter dem Blickwinkel der Gaia-Hypothese von Lovelock werden die Assoziationen zum lebenden Organismus deutlich.

Die wichtigen Annahmen für eine Simulation der Entwicklung sind:1

1. Wachstum ist ein inhärenter Wesenszug des menschlichen Wertesystems. Wann immer es zu Wachstum der Bevölkerung und der Wirtschaft kommt, erfolgt es exponentiell.

2. Die Quellen und Senken für die zur Erhaltung der Bevölkerung und Wirtschaft notwendigen Materialien und Energiemengen sind physikalisch-materiell begrenzt.

Auch die Senken, die Abfallmengen absorbieren, sind nur in Grenzen aufnahmefähig.

3. Die von Begrenzungen kündenden Signale erreichen die Menschen und die Wirtschaft verzögert und entstellt und führen zu ebenfalls verzögerten Reaktionen.

4. Das System ist nicht nur begrenzt, sondern unterliegt auch der Erosion, wenn es überlastet und übermäßig genutzt wird.

Meadows (2001) weist auch darauf hin, dass Grenzen kurzfristig verschoben bzw. ignoriert werden können. Zusammenbrüche nach Überschreiten der Grenzen fallen dann jedoch noch drastischer aus. Außerdem betont er, dass wenn man eine Grenze beseitigt oder hinausschiebt um das Wachstum weiter aufrecht zu erhalten, man auf eine andere Grenze stößt. Da das Wachstum in der komplexen, begrenzten Welt exponentiell verläuft, zeigt sich die nächste Grenze unerwartet rasch. Versucht man durch wirtschaftliche und technische Anpassung eine Grenze zu verschieben, so wird man später vor dem Problem stehen, mehrere Grenzen gleichzeitig zu erreichen, man gelangt an den Rand der Handlungsfähigkeit. 2

1 Meadows (2001), S.175

2 Frey (2005), S.34

Abbildung 11: Die Verhaltensformen des Weltmodells und ihre strukturellen Ursachen und Standardlauf von Grenzen des Wachstums.12 Exponentielles und logistisches Wachstum werden bei der Betrachtung der Konzerne mit der Tumoranalogie wesentlich.

8.1 Exponentielles Wachstum

Der Wachstumsverlauf spielt eine wesentliche Rolle. In der Natur kommt exponentielles Wachstum, wenn nur kurzfristig, abschnittsweise vor, und wird alsbald aufgrund von natürlichen Grenzen in seine Schranken verwiesen. So gesehen existiert exponentielles Wachstum als Prozess in der Natur nicht. Deshalb, so stellt auch Meadows (2001) fest, sind die Menschen schwer in der Lage exponentielles Wachstum zu begreifen. Die meisten Menschen denken linear und stellen sich Wachstum als linearen Prozess vor.

1 Meadows (2001), S.156

2 Meadows (2001), S.166

optimale Größe

Abbildung 12: Natürliches Wachstum unterliegt Grenzen, die sich aus verschiedenen Optima unterschiedlicher Prozesse zusammensetzen. Bei Überwachstum eines Teiles stirbt der gesamte Organismus.1

Beispielsweise zeigt die weltweite Gesamtproduktion der Industrie eine eindeutig exponentielle Zunahme, die, basierend auf der Ausbeutung natürlicher, begrenzter Ressourcen, dauerhaft in dieser Form nicht aufrechtzuerhalten ist. Zwischen den Jahren 1970 bis 1990 betrug die Wachstumsrate der Industrieproduktion durchschnittlich 3,3%

jährlich und die Produktion pro Kopf nahm um 1,5% jährlich zu.2

Abbildung 13: Entwicklung der globalen Industrieproduktion mit exponentieller Zunahme.3

1 Creutz (1997), S.150

2 Meadows (2001), S.25

3 Ebenda.

8.2 Überprüfung der Modellergebnisse mit der tatsächlichen Entwicklung

Turner (2008) hat empirische Daten in der Zeit zwischen den Jahren 1970-2000 gesammelt und mit den Szenarien der Modelle von „Limits to Growth“ (aus dem Jahr 1972) verglichen.1 Dabei zeigt sich deutlich, dass die historischen Daten genau dem Standardszenario, das zu einem Kollaps Mitte des 21. Jhdt. führen soll, wie oben dargestellt, entsprechen. World3 war das erste weltweite Modell, welches Umwelt und Wirtschaft integrierte.2.

In Anlehnung an Abbildung 13 stellt Turner die Entwicklung der globalen Industrieproduktion sowie der nicht erneuerbaren Ressourcen den Szenarien im World3 Modell von Meadows et.

al (1992) gegenüber.

Abbildung 14: Ein Vergleich zwischen empirischen tatsächlichen Daten und den Szenarien im World3 Modell zeigen eine deutliche Übereinstimmung mit dem Standard Szenario.3

Ausgangspunkt dieser Entwicklung war die industrielle Revolution:

• Ausbeutung begrenzt vorhandener Energievorräte (Abbau von Kohle,…)

• Ab diesem Zeitpunkt unbegrenzter Zuwachs der Weltbevölkerung

• Unbeschränkte Verschwendung von Stoffen und Naturschädigung

• Veränderungen im Verkehrssystem (Eisenbahn, Automobil,…) durch Maschinen

• Wandel vom Tausch- zum Geldhandel und seinen Auswirkungen

• Steigerung des Bodenertrages mittels Ausbeutung erschöpflicher Naturgüter

Für Riedl (1996) hat diese durch die Ausbeutung beschränkt vorhandener Bodenschätze möglich gewordene industrielle Technik und Lebensweise die Relevanz ökologischer Gesetze für das menschliche Leben jedoch nur scheinbar vorübergehend außer Kraft setzen können, da sie auf Dauer ausschließlich von jener Fauna und Flora getragen werden kann,

1 Vgl. Turner (2008)

2 Constanza (2007), S.522

3 Turner (2008), S.46

die sie gegenwärtig schädigt.1 Die „evolutionäre Erkenntnistheorie“ weist nach, dass die Fähigkeit, mit welcher unsere Sinne und unser Gehirn uns auf diese Welt vorbereitet sein lassen, um schon unreflektiert in dieser erfolgreich zu agieren, auf Anpassung zurückgeht.

Sie berücksichtigt vor allem die Existenz von Ober- und Untersystemen.2 Es gibt aber Grenzen dieser Adaptierung. Dies führt zu dem Verständnis der Verhaltensmängel des Menschen gegenüber gefährlichen Wachstumsprozessen.

Bis Mitte der 1970er Jahre war der ökologische Fußabdruck der Menschheit noch kleiner als die Tragfähigkeit der Erde. Dies hat sich seither grundlegend verändert. Heute ist der ökologische Fußabdruck um 30 % höher als die theoretisch mögliche Tragfähigkeit unserer Erde verursacht durch Raubbau an Ressourcen. Dies ist nur deshalb möglich, weil die Differenz zwischen der ökologischen Grenze und dem heutigen menschlichen System durch ungeheure Mengen an Energie kompensiert wird. In Europa stehen beispielsweise jedem Bewohner rund 44 so genannte Energiesklaven zur Seite (Pro-Kopf Primärenergieverbrauch 2003).3

Abbildung 15: Entwicklung des ökologischen Fußabdrucks der Menschen und die Tragfähigkeit der Erde.4

Um den Kapitalismus und seine Auswirkungen und Ursachen besser verstehen zu können, wird im Folgenden auf die Konzerne und ihre Entwicklung eingegangen. Entstanden aus dem Drang zur Kapitalakkumulation (die erst durch das „künstliche“ Geld möglich wurde) wurden Voraussetzungen geschaffen, die sich bis dato in einer Institution manifestiert haben, die sich in ihrer Entwicklung verselbstständigt hat. Konzerne greifen heute gezielt in gesellschaftspolitische Fragen (unter dem Deckmantel der Gewinnmaximierung) ein, um ihre Vorherrschaft weiter zu festigen und auszubauen.

1 Riedl (1996) S.135.

2 Frey (2005), S.17

3 Vgl. Dürr (2007)

4 WWF (2008), S. 2

Im Dokument DISSERTATION. Doctoral Thesis (Seite 43-49)