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Begrenztes Wachstum

Im Dokument DISSERTATION. Doctoral Thesis (Seite 115-122)

15  Mathematische Modelle

15.1  Tumorwachstum

15.1.2  Begrenztes Wachstum

t (

N = mit den Anfangsbedingungen N(0)=N0 und C=N0

Es gilt dabei:

• Der Tumor wächst proportional zu seiner Größe

• Je größer das Zeitintervall t desto stärker das Wachstum Nachteile des exponentiellen Wachstums:

• modelliert unbeschränktes Tumor-Wachstum

• Nährstoffe und andere Wachstumsfaktoren sind unbegrenzt vorhanden

• keine Restriktionen an das Wachstum

Das Modell beschreibt das Tumor-Wachstum deshalb vor allem im Frühstadium der Entwicklung, denn:

• das Tumor-Wachstum ist in der Realität im Organismus nicht konstant,

• das Wachstum kann, als Folge des Wettbewerbs der Tumorzellen um Nährstoffe und andere Ressourcen, auch stagnieren.

Abbildung 43: Abschnitt mit exponentiellem Tumorwachstum bei 2 Versuchsserien.1

15.1.2 Begrenztes Wachstum

Kirsch (1999) weist auf tierexperimentelle Untersuchungen, zum Beispiel an schnellwachsenden Mäusetumoren hin, welche in der Regel eine mit zunehmender Größe exponentiell abnehmende Wachstumsgeschwindigkeit ergaben.2 Deshalb werden in der Biologie am häufigsten logistische Kurven und Gompertz-Kurven zur Beschreibung

1 Harrold (2005), S.59

2 Kirsch (1999), S.8

abnehmenden Wachstums benutzt. Ein weiteres Wachstumsmodell ist das bereits erwähnte von-Bertalanffy-Modell.

Für ein asymptotisches Niveau erreichendes begrenztes Wachstum werden in der biologischen Modellierung drei verschiedene Funktionstypen verwendet:1

• Logistisches Modell

o Verwendung für die Beschreibung nicht immunologisch beeinflussten Tumorwachstums

o Grundlage für andere Wachstumsmodelle

• von-Bertalanffy-Modell

o anabolische Wachstumsrate proportional zur Tumoroberfläche o katabolische Wachstumsrate proportional zum Tumorvolumen

• Gompertz-Modell

o deutlich adäquatere Beschreibung der Tumorwachstumskinetik als die oben genannten Modelle

o einziges, ausgiebig gegen gemessene Wachstumskurven getestetes Modell

Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die Zusammenhänge und parameterspezifischen Unterschiede zwischen den besprochenen Wachstumskurven und entsprechenden mathematischen Gesetzen. 2

1 Kirsch (1999), S.8

2 Marušić (1996), S.177

Abbildung 44: Schema zur Ableitung der verschiedenen (begrenzten) Wachstumsgleichungen aus dem generalisierten 2 Parameter Schema der allgemeinen Gleichung.1

15.1.2.1 Logistisches Wachstum

Die logistische Wachstumsfunktion stellt den konzipierten Ansatz zur Modellierung des Populationswachstums dar. Die Wachstumsfunktion berücksichtigt dabei eine obere Schranke für das Wachstum. Dieses ist demnach nicht mehr nur von seiner eigenen Größe abhängig, sondern auch von der noch vorhandenen Kapazität.

N(t) k(N); es gilt:

• die logistische Gleichung beschreibt das Wachstum von kleinen Tumoren sehr gut

• die Symmetrie zum Wendepunkt macht die Funktion unflexibel bei der Beschreibung experimenteller Daten.

Abbildung 45: Beispiele für logistische Wachstumskurven in Abhängigkeit von Variablen.2

15.1.2.2 Gompertz-Wachstum

Das Wachstum im Sinne der Gompertz-Theorie verläuft in der Frühphase sehr schnell (nahezu exponentiell) bis zu einem Beugungspunkt. Jenseits dieses Punktes erfolgt das Wachstum bis zur Annäherung an die maximale Tumorgröße progressiv verlangsamt, was sich als eine horizontale Asymptote darstellt. 3 Die Gompertz-Funktion entsteht bei Modellen mit „selbstbegrenzten“ Wachstum und exponentiell abnehmender Wachstumsraten. Das

1 Marušić (1996), S.177

2 Karkach (2006), S.363

3 Kirsch (1999), S.9

Modell wurde erstmalig bei Tumorwachstum angewendet.1 Es wird davon ausgegangen, dass ab einer entsprechenden Tumorgröße, beziehungsweise Tumormasse, sich das Tumorwachstum verlangsamt und asymptotisch einem Plateau annähert. Dieser Wachstumstyp wird normalerweise durch die Gompertz Funktion beschrieben. Während das unbegrenzte Wachstum durch lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten modelliert wird und damit ein exponentielles Verhalten aufweist, ist die Differentialgleichung des Gompertzschen Wachstums eine lineare DGL mit nichtkonstanten Koeffizienten.2

Die Gleichung ist eine Lösung der DGL:

) N / ln(

dt N

dN=λ θ mit N(0)=N0 (N… Zahl der Tumorzellen)

Definiert man die Wachstumsrate als DGL mit dy/dt=kyebtergibt sich:

ebt

) b / k

e (

y

y= mit k und b als Konstanten und yals asymptotisch angestrebter Grenze.

Die allgemeinere Form y=eC1(eα(t+C2)+β)/α basiert auf der Wachstumsgleichung:

) y ln (

y dt /

dy = β −α .

Abbildung 46: Beispiele für Gompertz - Wachstumskurven in Abhängigkeit von Variablen.3

Im Unterschied zur logistischen Wachstumskurve zeigt die Gompertz-Funktion schnelleres Wachstum in der Anfangsphase und langsameres Erreichen der Asymptote mit einem längeren annähernd linearen Abschnitt im Bereich des Wendepunktes.

15.1.2.3 Von Bertalanffy – Wachstum

Über die Relation zwischen Verdauungsrate und Körpergewicht bei verschiedenen Spezies im Tierreich wurde lange diskutiert. 4 Püttner (1920) beschreibt das Wachstum von Tieren als das Ergebnis eines Gleichgewichtes von Synthese und Abbau sowie von Anabolismus (Aufbau) und Katabolismus (Abbau) der Körperbaumaterialien.5 Der Organismus wächst solange Aufbau über Zusammenbruch überwiegt. Sind beide Prozesse gleich, erreicht der

1 Karakach (2006), S.365

2 Trost (2005), S.10

3 Karkach (2006), S.366

4 Karkach (2006), S.371

5 Vgl. Pütter (1920)

Organismus ein stabiles Stadium. Bertalanffy (1951) fand heraus, dass der Stoffwechsel (Energieumwandlung, Metabolie) bei verschiedenen Arten in unterschiedlichem Verhältnis zu Masse M steht und unterschied dabei drei Gruppen mit unterschiedlichen Parametern bei der Funktion. 1

Sind die Umweltbedingungen, wie Temperatur und Verfügbarkeit von Nahrungsmittel konstant und ist die Ernährungsweise angemessen, folgen Organismen von der Hefe bis zu den Wirbeltieren denselben Wachstumsmustern. Dies ist deshalb erstaunlich, weil die verschiedenen Spezies unterschiedliche Systeme haben, um ihr Wachstum zu regulieren, andere wieder ab einen gewissen Zeitpunkt beginnen Energie für Reproduktionszwecke zu verwenden (ohne Einfluss auf die Wachstumsfunktion).2

Das allgemeine Gesetz der Bertalanffy-Wachstumsfunktion (1934 publiziert) lautet:

)) t ( L L ( r ) t ( '

L = B − , bzw.: L(t)=L −(L −L0)(rbt)

Mit rB als die Bertalanffy Wachstumsrate und Lals maximale Länge des Individuums.

Für von Bertalanffy (1949) ist ein wesentliches Merkmal für den lebenden Organismus jener des offenen Systems, das fortwährend Bestandteile nach außen abgibt und von außen neue aufnimmt, sich also in einem Fließgleichgewicht befindet. Er beschreibt dieses Fließgleichgewicht als unabhängig von den Randbedingungen (äquifinal). 3

Abbildung 47: Äquifinalität des Wachstums. Durchgezogene Linie: normaler Wachstumsverlauf von Ratten; gestrichelte Kurve: durch Vitaminmangel wurde am 50.Tag das Wachstum unterbrochen, sodass die Ratten an Gewicht nicht mehr zunahmen, sondern nur mehr halten konnten. Ab dem 185.Tag wurden sie wieder normal ernährt. Danach erreichten die Ratten das normale Gewicht.4

1 Vgl. Von Bertalanffy (1951)

2 Vgl. Kooijman (2000), S.2f.

3 Von Bertalanffy (1949), S.43

4 Von Bertalanffy (1949), S.47

Abbildung 48: Beispiele für von Bertalanffy-Wachstum (Gewicht sowie Länge und Alter) bei Ratten. 12 Die Einstellung eines stationären Zustandes, wie beim organischen Wachstum ergibt sich dadurch, dass die Aufbauprozesse von einer Oberfläche, die Abbauprozesse hingegen vom Volumen des wachsenden Körpers abhängig sind. Der Endzustand hängt demnach von den Systembedingungen, nicht von den Anfangsbedingungen, ab.3

Von Bertalanffy (1949) betont, dass ein Organismus wächst, solange die in ihm ablaufenden Aufbauvorgänge den Abbau überwiegen. Dies scheint trivial, in der Frage nach dem warum, stößt man auf die Energieversorgung. Wie bereits erwähnt, sind die Aufbauprozesse von der Körperoberfläche abhängig und diese steht insbesondere bei den Wirbeltieren in einem Verhältnis zur Atmung. Bei Wirbeltieren nimmt diese pro Gewichtseinheit gerechnete Atmungsgröße mit steigendem Gewicht ab, die pro Einheit der Oberfläche gerechnete Atmungsgröße bleibt konstant (die so genannte Rubnersche Oberflächenformel). 4 Bei Insektenlarven gilt die Rubnersche Oberflächenformel des Stoffwechsels nicht. Hier geht die Atmung proportional zur Masse, was in einem exponentiellen Wachstum bis zur Metamorphose resultiert. 5

Abbildung 49: Links: Typischer Verlauf der Wachstumskurven bei Wirbeltieren (gestrichelt – Gewicht, durchgehende Linie – Längenwachstum).6 Rechts: Exponentielles Wachstum der Insektenlarve, dann Abbruch durch Metamorphose. 1

1 Vgl. Kooijman (2000), S.33

2 Die Grafiken wurden mit der Software DEBTool nachgestellt (www.bio.vu.nl/thb/deb)

3 Von Bertalanffy (1949), S.48

4 Von Bertalanffy (1949), S.52

5 Von Bertalanffy (1949), S.53

6 Von Bertalanffy (1949), S.51

Abbildung 50: Alle Organismen haben dieselben Wachstumsmuster, obwohl sie unterschiedliche Regulationssysteme für deren Wachstum haben (links oben: Hefepilz, links unten: Seestachelbeere, rechts oben: Amöbe, rechts unten: Krummschnabel-Spottdrossel). 2

Bertalanffy hat jedoch nie den Ernährungsprozess in seinen Überlegungen zu Wachstum und der generellen Systemtheorie inkludiert. 3 Die DEB-Theorie bietet dafür eine mechanistische Erklärung des Bertanlanffy Modells im Falle von Isomorphen bei konstantem Zugang zu Nahrungsquellen. Darauf soll in der vorliegenden Arbeit im folgenden Kapitel zur DEB-Theorie näher eingegangen werden.

Vergleicht man die bisher beschriebenen Wachstumsfunktionen (exponentielles, logistisches, Gompertz- und Bertalanffy-Wachstum) erkennt man unterschiedliche Anpassungsgrade an verschiedene organische Prozesse. Im Bereich des Tumorwachstums stellt sich dabei die Gompertz-Funktion, nicht zuletzt aufgrund ihres annähernd exponentiellen Anstiegs am Beginn, als oftmals passend dar. Aber auch die Bertalanffy-Funktion lässt sich durch entsprechende Parameter empirischer Daten im Tumorwachstum angleichen.

1 Von Bertalanffy (1949), S.54

2 Vgl. Kooijman (2000), S.2

3 Vgl. Kooijman (2000), S.4

Abbildung 51: Vergleich der drei klassischen Tumorwachstumsmodelle angewendet auf ein zeitveränderliches Volumen tierischer Adenokarziniomzellen. Durchgezogene Linie: Gompertz- Modell; kurzgestrichelte Linie: Logistisches Modell; langgestrichelte Linie: von Bertalanffy-Modell. 1 In der medizinischen scientific community ist exponentielles oder Gompertz Wachstums von menschlichen Tumoren weitgehend akzeptiert. Aufgrund der Vielzahl von Tumoren und deren unterschiedliches Verhalten („Schlafphasen“) kann immer wieder festgestellt werden, dass sich die Wachstumsprozesse nicht an die, anhand von mathematischen Modellen vorausgesagten Gesetzmäßigkeiten innerhalb bestimmter Zeitabschnitte halten. Steel weist beispielsweise darauf hin, dass Gleichmäßigkeit beim Tumorwachstum nicht eine universelle Charakteristik von malignem Wachstum sei.2

Im Dokument DISSERTATION. Doctoral Thesis (Seite 115-122)