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4. Diskussion

4.2 Die Bedeutung von CHK1 für die zelluläre MMC-Empfindlichkeit

Die Funktionen der HR hatten keinen Einfluss auf die zelluläre MMC-Empfindlichkeit. Im Folgenden wurde deshalb die Bedeutung der übergeordneten S-Phase Schadensantwort untersucht. CHK1 ist die zentrale Kinase der S-Phase Schadensantwort und reguliert bei Replikationsstress Elongation- und Stabilisierung von Replikationsgabeln, die Aktivierung von Replikationsursprüngen, sowie die Aktivierung der HR und den Arrest des Zellzyklus [60].

4.2.1 Aktivierung der S-Phase Schadensantwort nach MMC-Schädigung

MMC induziert in der S-Phase zu Replikationsstress, indem es Schäden induziert, die zum Anhalten von Replikationsgabeln führen [166]. An angehaltenen Replikationsgabeln kommt es auf leading- und lagging strand zur Ausbildung von ssDNA, zusätzlich führt eine funktionelle Entkoppelung von DNA-Polymerase und Helikase zur Bildung langer Abschnitte von ssDNA [58, 78]. Diese werden durch RPA gebunden. Dies führt über die Phosphorylierung von ATR/ATRIP schließlich zur Phosphorylierung von CHK1 [57, 60]. Die weitere Akkumulation von ssDNA wird

daraufhin von CHK1 unterdrückt, indem es lokal aktive Replikationsgabeln stabilisiert und kernweit die Aktivierung neuer Replikationsursprünge inhibiert [60, 71]. Für Zelllinien mit transienter Inhibition der ATR-CHK1 Signalkaskade wurde eine deutlich erhöhte Akkumulation von ssDNA im Nukleus beobachtet [71, 118].

Eine detaillierte Analyse der Funktionalität der S-Phase Schadensantwort durch Detektion der RPA-Foci Formation und Nachweis aktivierender Phosphorylierung sollte aufklären, ob die MMC-Empfindlichkeit der Zelllinien auf Unterschiede in der Aktivierung der S-Phase Schadensantwort zurückzuführen war.

In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die MMC-empfindlichen Zelllinien eine insuffiziente S-Phase Schadensantwort nach MMC-Schädigung aufwiesen (Vgl.

Abb. 3.10 & 3.11). Trotz hoher Anzahl von RPA-Foci und starker Phosphorylierung von RPA zeigten sie nur eine geringe Phosphorylierung von CHK1, während die MMC-resistenten Zelllinien signifikant weniger RPA-Foci, eine geringe RPA-Phosphorylierung und eine starke Phosphorylierung von CHK1 zeigten. Im Mittel korrelierte das zelluläre Überleben mit der Fähigkeit der Zellen, CHK1 zu phosphorylieren.

Die Beobachtung, dass eine insuffiziente Aktivierung von CHK1 zu einem hohen Aufkommen von ssDNA führte wird von anderen Arbeiten unterstützt. In einer Arbeit führte die Behandlung mit HU nach transientem knockdown von CHK1 zu einem 50 %-Anstieg von Zellen mit > 10 RPA-Foci und einer starken RPA-Phosphorylierung in humanen Kolon-Karzinomzellen [118]. Somit zeigten die MMC-empfindlichen Zelllinien einen Phänotyp, wie er für CHK1-depletierte Zelllinien beschrieben wurde. In einer anderen Arbeit wurde die CHK1 übergeordnete Kinase ATR inhibiert, was nach HU-Behandlung ebenfalls zu einer starken Akkumulation von ssDNA in Osteosarkomzellen führte [71]. In den genannten Arbeiten wurde der Replikationsstress durch HU induziert. Anders als MMC verursacht HU keinen direkten DNA-Schaden, sondern führt zum Anhalten der Replikation, was durch Entkoppelung von Helikase und DNA-Polymerase zur Ausbildung langer ssDNA-Abschnitte führt [58]. Die Generierung von ssDNA durch Entkoppelung von Polymerase und Helikase ist genereller Mechanismus bei DNA-Schädigung in der S-Phase und wurde auch nach Behandlung mit Cisplatin, ein Agens, das vergleichbare Schäden wie MMC induziert, beobachtet [58]. Für MMC selbst konnte bereits bei geringer Dosierung zu frühen Zeitpunkten nach Schädigung durch elektronenmikroskopische Aufnahmen von Replikationsgabeln gezeigt werden, dass es zu einer vergleichbar hohen Menge von ssDNA an Replikationsgabeln führte wie HU [176]. In Xenopus-Extrakten korrelierte die Menge der entwundenen, RPA-gebundenen ssDNA mit der Phosphorylierung von CHK1 [58]. In den MMC-empfindlichen Zelllinien war die RPA-induzierte Phosphorylierung von CHK1 demzufolge gestört.

Eine verminderte Phosphorylierung von CHK1, wie es die MMC-empfindlichen Zelllinien zeigten, kann mehrere Ursachen haben. In einer Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Phosphorylierung von CHK1 durch von PARP1 moduliert wird. Dabei wurde beobachtet, dass CHK1 direkt an die Replikationsgabel gebunden ist und eine spezifische Bindungsstelle für Poly-(ADP-ribose) (PAR), das durch PARP1 polymerisiert wird, besitzt. Bei DNA-Schädigung an der Replikationsgabel wird CHK1 unabhängig von ATR durch PAR aktiviert, was für die vollständige Aktivierung von CHK1 notwendig ist. Eine Mutation der PAR-Bindungsstelle führte nach HU-Behandlung zu einer verringerten CHK1-Phosphorylierung und verringerter Aktivierung des Intra-S-Phase-Kontrollpunkts [177]. Dies wäre eine mögliche Erklärung dafür, dass die Phosphorylierung von ATR nicht mit der Phosphorylierung von CHK1 oder RPA

korrelierte. Eine Mutation der PAR-Bindungsstelle kam als Ursache für geringe CHK1-Phosphorylierung der MMC-empfindlichen Zelllinien in Frage, wurde in dieser Arbeit jedoch nicht untersucht. Eine weitere Erklärung dafür, dass die Aktivierung von ATR und CHK1 nicht miteinander korrelierten könnte eine Aktivierung von CHK1 durch ATM sein. Nur nach UV-Behandlung wurde eine ausschließlich ATR-vermittelte Phosphorylierung von CHK1 beobachtet [178]. In einer anderen Arbeit konnte gezeigt werden, dass eine verminderte Aktivierung von FANCD2 in HeLa-Zellen zu einer verringerten Phosphorylierung von CHK1 führte [146]. Dies wäre im Einklang mit dem geringen Überleben nach MMC-Behandlung der MMC-empfindlichen Zelllinien. Eine geringe Aktivierung von FANCE durch CHK1 könnte ebenfalls zu einer geringen CHK1-Phosphorylierung beigetragen haben [179], was ebenfalls zu einer erhöhten MMC-Empfindlichkeit führte und im Einklang mit dem geringen Überleben der MMC-empfindlichen Zelllinien nach MMC-Behandlung wäre. Eine geringe Expression von USP1 könnte zu einer zu frühen Dephosphorylierung von CHK1 beitragen haben, wie es schon in Osteosarkomzellen beobachtet wurde [180]. Die Expression von USP1 wurde in dieser Arbeit nicht überprüft. In einer anderen Arbeit führte eine hohe Expression von RAD51 zu einer verringerten Phosphorylierung von CHK1 in Osteosarkomzellen [124]. Dies wird von den Daten dieser Arbeit nicht unterstützt, hier korrelierte die Expression von RAD51 nicht mit der Phosphorylierung von CHK1. In einer weiteren Arbeit führte auch eine geringe Expression von BRCA1 zu einer verringerten CHK1-Phosphorylierung in MCF7-Zellen nach BRCA1-knockdown [147]. Dies konnte als Ursache bedingt ausgeschlossen werden, da die MCF7 und die MDA-MB-231 wildtyp BRCA1 exprimierten und dennoch große Unterschiede bei der Phosphorylierung von CHK1 aufwiesen [135].

Zusammenfassend verdeutlichen die Daten, dass die reine Expression von CHK1 keinen Einfluss auf die MMC-Empfindlichkeit hatte, sondern die Fähigkeit es unter Replikationsstress zu aktivieren von Bedeutung ist.

4.2.2 Bedeutung von CHK1 für Replikationsprozesse nach MMC-Schädigung

Die Funktionalität der S-Phase Schadensantwort hat großen Einfluss auf Replikationsprozesse, sowohl während der ungestörten Replikation, insbesondere jedoch unter Replikationsstress [56]. Eine detaillierte Analyse von Replikationsprozessen während der MMC-Schädigung im DNA-Fiber-Assay sollte aufklären, ob die beobachteten Unterschiede bei der Phosphorylierung von CHK1 Einfluss auf Replikationsprozesse hatten (Vgl. Abb. 3.13, 3.14, 3.16 & 3.17).

Bei der Analyse von Replikationsprozessen zeigten die MMC-resistenten Zelllinien trotz MMC-Schädigung eine gänzlich unbeeinträchtigte Replikation, während es in den MMC- empfindlichen Zelllinien zu einer Degradation von Replikationsgabeln und einer deutlichen Steigerung angehaltener Replikationsgabeln führte. Diese Prozesse waren abhängig von CHK1 und wurden in der vorliegenden Arbeit erstmalig beobachtet.

Obwohl MMC erst mit dem zweiten Label (IdU) appliziert wurde, zeigten die MMC-empfindlichen Zelllinien im Vergleich zur Kontrolle signifikant kürzere Chromatinfasern im ersten Label (CldU) (p < 0,0001). Dies entsprach nicht den Erwartungen, da im ersten Label (CldU) keine DNA-Schädigung vorlag. Eine Verkürzung von Chromatinfasern wurde bisher nur nach HU-Behandlung in Zellen mit ausgeprägtem HR-Defekt beobachtet [77, 144]. In den

Arbeiten erfolgte eine Degradation angehaltener und unzureichend geschützter Replikationsgabeln durch die Nuklease MRE11.

Bezogen auf die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit muss MMC in den MMC-empfindlichen Zelllinien sehr schnell zum Anhalten- und zur Regression zahlreicher Replikationsgabeln geführt haben. Nur an regressierten Replikationsgabeln können Degradationsprozesse stattfinden [78, 91]. Die Induktion einer Regression von Replikationsgabeln nach MMC wurde in einer anderen Arbeit in Osteosarkomzellen beobachtet und unterstützt diese Schlussfolgerung [176]. Wie in der Arbeit von Schlacher (2012) [77] wird auch in der vorliegenden Arbeit von einer Beteilung von MRE11 an den Degradationsprozessen ausgegangen. Interessanterweise konnte eine weitere Arbeit zeigen, dass die Aktivität von MRE11 durch CHK1 reguliert wird. Die Inhibition von CHK1 führte zu einer starken Zunahme von ssDNA und DSBs in humanen Osteosarkomzellen. Nach zusätzlicher Inhibition von MRE11 zeigten die Zellen eine deutliche Reduktion von ssDNA und DSBs [73]. Dies wäre im Einklang mit der geringen Phosphorylierung von CHK1 nach MMC-Schädigung in den MMC-empfindlichen Zelllinien und der signifikant erhöhten Anzahl von RPA- und γH2AX-Foci. In den MMC-resistenten Zelllinien mit starker CHK1-Aktivierung wurden keine Degradationsprozesse beobachtet.

Neben der Degradation angehaltener Replikationsgabeln zeigten die MMC-empfindlichen Zelllinien bei der Analyse des Verhältnisses der Längen vom zweiten Label zu erstem Label (IdU zu CldU-Verhältnis) eine signifikante Verringerung der Symmetrie der beiden Label, während die MMC-resistenten Zelllinien keine Beeinträchtigung zeigten. Dieses Missverhältnis wurde nach Maya-Mendoza (2018) [181] als erhöhtes Maß angehaltener Replikationsgabeln interpretiert. In anderen Arbeiten wurde nach MMC-Schädigung ebenfalls Beeinträchtigungen der Elongation beobachtet. Bei MMC-Gabe im zweiten Label (IdU) wurde ebenfalls eine Verringerung der Elongationsrate und eine Zunahme angehaltener Replikationsgabeln in Osteosarkomzellen beobachtet, was die Beobachtungen der vorliegenden Arbeit hinsichtlich der MMC-empfindlichen Zelllinien unterstützt [155]. In einer weiteren Arbeit konnte ebenfalls gezeigt werden, dass MMC zu einer deutlichen Steigerung von angehaltenen- und regressierten Replikationsgabeln in humanen Osteosarkomzellen führte, was die Ergebnisse dieser Arbeit weiter unterstützt [176].

Interessanterweise korrelierte das IdU zu CldU Verhältnis in dieser Arbeit signifikant mit der Anzahl der Foci nach MMC (p= 0,0047). Somit ist die hohe Anzahl von γH2AX-Foci in den MMC-empfindlichen Zelllinien auf die hohe Anzahl angehaltener Replikationsgabeln zurückzuführen. DSBs werden an angehaltenen Replikationsgabeln durch den Nuklease-Komplex Mus81/Eme11 induziert und dadurch kollabierte Replikationsgabeln zu ein-endigen DSBs konvertiert [74]. Die Aktivität dieses Nukleasekomplexes wird von CHK1 reguliert, so wurde nach knockdown von CHK1 eine deutliche Zunahme replikationsassoziierter DSBs in Osteosarkomzellen detektiert. Nach zusätzlichem knockdown von Mus81 reduzierte sich die Anzahl replikationsassoziierter DSBs [74]. Dies ist im Einklang mit der geringen Phosphorylierung von CHK1 und der erhöhten Anzahl von γH2AX-Foci in den MMC-empfindlichen Zelllinien.

Die unbeeinträchtigte Elongation der MMC-resistenten Zelllinien kann auf eine Beteiligung der Transläsions-Synthese (TLS) zurückgeführt werden. Bei der TLS werden alternative DNA-Polymerasen eingesetzt, die über DNA-Schäden wie Pyrimidin-Dimere hinweg replizieren können [60]. In einer Arbeit konnte bereits gezeigt werden, dass nach HU-

oder Cisplatin-Behandlung von Osteosarkomzellen CHK1-abhängig Rad18 und Pol η, beides Faktoren der TLS, an das Chromatin rekrutiert wurden [75]. Cisplatin verursacht ähnliche DNA-Schäden wie MMC, somit ist eine CHK1-abhängige Beteiligung der TLS an der unbeeinträchtigten Elongation der MMC-resistenten Zelllinien sehr wahrscheinlich und wäre im Einklang mit der starken CHK1-Phosphoylierung und dem sehr geringen Auftreten angehaltener Replikationsgabeln nach MMC-Schädigung. An Interstrand crosslinks wurde in einer anderen Arbeit auch eine FANCONI M (FANCM) -abhängige Translokation von Replikationsgabeln hinter den Interstrand crosslink in Hamsterzellen beobachtet werden [167]. Da MMC hauptsächlich Mono-Addukte und nur wenige Interstrand crosslinks erzeugt, ist die TLS für die Schadensvermeidung nach MMC-Schädigung von größerer Bedeutung.

Zur Überprüfung ob die beobachteten Effekte abhängig waren, wurde der CHK1-Inhibitor MK8776 eingesetzt. Dieser inhibiert die Autophosphorylierung von CHK1 an S296, die nach ATR-abhängiger Phosphorylierung an S317 und S345 und erfolgter Translokation in den Nukleus erfolgt [60]. In anderen Arbeiten konnte bereits gezeigt werden, dass MK8776 die Funktionalität von CHK1 effektiv inhibiert [112, 113]. Die Inhibition von CHK1 führte in der vorliegenden Arbeit nach MMC-Gabe mit dem zweiten Label (IdU) in den MMC-resistenten Zelllinien zu signifikant kürzeren Chromatinfasern im ersten Label (CldU), vergleichbar mit den MMC-empfindlichen Zelllinien ohne CHK1-Inhibition. Dies wies sehr deutlich auf MRE11-vermittelte Degradationsprozesse hin. Auch im zweiten Label (IdU) zeigten die resistenten Zelllinien signifikant kürzere Chromatinfasern auf als nach alleiniger MMC-Behandlung (p < 0,0001). In den MMC-empfindlichen Zelllinien war die Auswirkung deutlich weniger stark ausgeprägt und führte sogar zu längeren Chromatinfasern in der MCF7.

Inhibition von CHK1 an S296 hatte somit in den MMC-resistenten Zelllinien eine vergleichbare Auswirkung auf die Replikationsprozesse nach MMC-Behandlung wie die alleinige MMC-Behandlung bei den MMC-empfindlichen Zelllinien mit endogen insuffizienter CHK1-Aktivierung. Dies bestätigte die CHK1-Abhängigkeit der beobachteten Prozesse.

Zusammengefasst verdeutlichen diese Ergebnisse, dass die Aktivierung von CHK1 an der Replikationsgabel von großer Bedeutung für die Vermeidung von Replikationsstress ist.

Durch aktiviertes CHK1 kann ein Anhalten von Replikationsgabeln verhindert werden, indem die TLS aktiviert wird. Kommt es dennoch zum Anhalten- und zur Regression von Replikationsgabeln reguliert CHK1 die Aktivität von Nukleasen, die die Replikationsgabel degradieren und in einen ein-endigen DSB konvertieren. Damit trägt CHK1 erheblich zur Resistenz von in der S-Phase wirkenden Agenzien in TNBC-Zelllinien bei.

4.2.3 Auswirkung der Inhibition von CHK1 auf zellulären Replikationsstress und das zelluläre Überleben nach MMC-Schädigung

Die Inhibition von CHK1 führte in den MMC-resistenten Zelllinien bei MMC-Schädigung zu einer erheblichen Störung der Replikationsprozesse. Anhaltender zellulärer Replikationsstress kann zu einem kernweiten Kollaps von Replikationsgabeln führen, der eine kernweite Phosphorylierung von γH2AX zur Folge hat [70, 71]. Das Auftreten von Zellen mit kernweitem γH2AX-Signal ist ein Marker für hohen Replikationsstress, ein prä-apoptotisches Signal und ein Marker der replikativen Katastrophe [66, 71]. Es wurde untersucht, ob die Inhibition von CHK1 zu erhöhtem zellulären Replikationsstress bei Schädigung führt und die MMC-resistenten Zelllinien gegen MMC sensibilisiert (Vgl. Abb. 3.18 & 3.19).

In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass das Ausmaß des MMC-induzierten, zellulären Replikationsstresses von der Funktionalität von CHK1 abhing. Dies war mit den vorherigen Ergebnissen hinsichtlich der Replikationsprozesse im Einklang.

Erwartungsgemäß führte die alleinige Behandlung mit MMC nur in den MMC-empfindlichen Zelllinien zu einer deutlichen Steigerung der Zellen mit kernweitem γH2AX-Signal, die durch zusätzliche Inhibition von CHK1 nicht weiter gesteigert werden konnte. In den MMC resistenten Zelllinien führte erst die zusätzliche Inhibition von CHK1 zu einer deutlichen Steigerung der Zellen mit kernweitem γH2AX-Signal. Dies spiegelte sich sehr deutlich im verringerten zellulären Überleben der MMC-resistenten Zelllinien nach Inhibition von CHK1 wider.

Die Beobachtung, dass bei DNA-Schädigung eine insuffiziente Aktivierung der S-Phase Schadensantwort den zellulären Replikationsstress so stark erhöht, dass es zum globalen Kollaps von Replikationsgabeln kommt, ist im Einklang mit anderen Arbeiten. In einer frühen Arbeit konnte bereits gezeigt werden, dass ein knockdown oder die Inhibition von CHK1 ohne zusätzliche Schädigung bereits zu einer deutlichen Steigerung der Zellen mit kernweitem γH2AX-Signal in humanen Osteosarkomzellen führte [182]. Dabei ging die Erhöhung der DNA-Schäden mit einer verstärkten Initiation von Replikationsursprüngen einher. Dies wurde in der vorliegenden Arbeit nicht überprüft, aufgrund des dysfunktionalen CHK1 in den MMC-empfindlichen Zelllinien, bzw. des inhibierten CHK1 in den MMC-resistenten Zelllinien kann jedoch von einer unkontrollierten Neuinitiation von Replikationsursprüngen ausgegangen werden. Auch in einer späteren Arbeit wurde eine deutliche Steigerung des Anteils von Zellen mit kernweitem γH2AX-Signal nach knockdown von CHK1 und Behandlung mit HU in humanen Kolon-Karzinomzellen gezeigt, während dies in CHK1-profizienten Zellen in viel geringerem Ausmaß auftrat. Die geschädigten Replikationsgabeln persistierten im genom-weit, was zur Apoptose führte [66]. Auch die Inhibition der CHK1 übergeordneten Kinase ATR und Behandlung mit HU führte zu einem genom-weiten Kollaps von Replikationsgabeln in Osteosarkomzellen durch Verbrauch des zellulären RPA-Vorrats [71].

In den genannten Arbeiten führte die Inhibition der S-Phase Schadensantwort bei Induktion von Replikationsstress dazu, dass die globale Aktivierung von Replikationsursprüngen durch eine unkontrollierte Aktivität von CDK2 dereguliert war und durch unzureichende Stabilisierung angehaltener Replikationsgabeln diese genom-weit kollabierten und zu DSBs konvertiert wurden. Dies wird von den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit durch das gesteigerte Auftreten von Zellen mit kernweitem γH2AX-Signal und das verringerte zelluläre Überleben der MMC-resistenten Zellen nach CHK1-Inhbition unterstützt.

4.2.4 Zusammenfassung und Konklusion

In diesem Abschnitt sollte die Bedeutung von CHK1 als zentrale Kinase der S-Phase Schadensantwort und als Regulator der HR bei der zellulären Empfindlichkeit gegen MMC ermittelt werden. Es zeigte sich, dass die Empfindlichkeit der untersuchten Zelllinien gegen MMC von der Funktionalität von CHK1 an der Replikationsgabel abhing und nicht von der HR oder der basalen Expression von CHK1. Die unzureichende Aktivierung von CHK1 (Vgl. Abb.

3.11) führte nach MMC-Schädigung in den MMC-empfindlichen Zelllinien zu erheblichem Replikationsstress. Dieser war bedingt durch einen unzureichenden Schutz der Replikationsgabel vor Nukleasen wie MRE11 und Mus81/Eme1, die durch CHK1 reguliert

werden [73, 74]. Die MMC-resistenten Zelllinien zeigten hingegen eine starke Aktivierung von CHK1 (Vgl. Abb. 3.11) und konnten CHK1-abhängig die TLS aktivieren. Dadurch verliefen die Replikationsprozesse ungestört und die Entstehung von Replikationsstress wurde vermieden.

Die Inhibition von CHK1 führte bei den MMC-resistenten Zelllinien zu einer Degradierung von Replikationsgabeln (Vgl. Abb. 3.16), hohem Replikationsstress (Vgl. Abb. 3.18) und einem signifikant geringeren Überleben nach MMC-Behandlung (Vgl. Abb. 3.20).

Es konnte somit erstmalig gezeigt werden, dass TNBC-Zelllinien mit funktionalem CHK1 Replikationsstress vermeiden, so dass HR-vermittelte Reparaturprozesse nicht aktiv werden müssen. Ein möglicher HR-Defekt kann in TNBC-Zelllinien durch CHK1-vermittelte Prozesse an der Replikationsgabel kompensiert werden. Dies ist ein möglicher Mechanismus der Therapieresistenz beim TNBC und erweitert die wissenschaftlichen Erkenntnisse deutlich, so dass ein neues Modell (Vgl. Abb. 4.1) für die Funktionen von CHK1 an der Replikationsgabel vorgeschlagen wird. Es wird zudem deutlich, dass CHK1 ein potenzieller therapeutischer Angriffspunkt für eine gezielte Therapie des TNBC sein könnte.

4.2.5 Modell

Abbildung 4.1 zeigt das vorgeschlagene Modell mit dem die stark unterschiedliche Empfindlichkeit der MMC-resistenten und -empfindlichen Zellen gegen MMC erklärt werden könnte. MMC induziert hauptsächlich Monoaddukte [110]. Trifft eine Replikationsgabel auf ein Mono-Addukt wird sie zunächst angehalten. Bei den MMC-resistenten Zelllinien wird durch aktiviertes CHK1 die Aktivierung von Replikationsursprüngen zweiter Ordnung und die Aktivität der Nukleasen MRE11 und Mus81/Eme1 reguliert und die TLS aktiviert, was die Faktoren Pol η und RAD18 an die Replikationsgabel rekrutiert [67, 73-75]. Dadurch kann über die Läsion hinweg repliziert werden und die Replikation bleibt unbeeinträchtigt. Die Reparatur der der Läsion erfolgt mutmaßlich in der späten S- oder frühen G2 Phase durch die Nukleotidexzisionsreparatur (NER). Bei den MMC -empfindlichen Zelllinien wird durch unzureichende Aktivierung von CHK1 die Aktivierung von Replikationsursprüngen zweiter Ordnung nicht inhibiert und die TLS kann nicht aktiviert werden. Die ssDNA-Bereiche der Replikationsgabel werden durch RPA gebunden und dadurch 1 aktiviert. SMARCAL-1 regressiert die Replikationsgabel zu einer „Chicken-foot“-Struktur [78]. Der Umbau der Replikationsgabel zur „Chicken-foot“-Struktur dient der Vermeidung des Kollaps der Replikationsgabel, macht diese jedoch angreifbar für MRE11 [78, 92]. Durch die geringe Aktivierung von CHK1 wird die Aktivität von MRE11 unzureichend kontrolliert und degradiert die regressierte Replikationsgabel [73]. Der Komplex Mus81/Eme1 wird ebenfalls durch CHK1 reguliert und konvertiert die degradierte Replikationsgabel zu einem ein-endigen DSB [74].

Dieser muss über den BIR-Reparaturweg der Homologen Rekombination repariert werden, der hochgradig mutagen ist [89]. Wird die Replikationsgabel nicht durch Mus81/Eme1 konvertiert führt dies zum Kollaps der Replikationsgabel und zu genomischer Instabilität [78].