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Die Aufgaben und bisherigen Arbeiten der Expedition

DEUTSCHE ATLANTISCHE EXPEDITION

I. Die Aufgaben und bisherigen Arbeiten der Expedition

Von Fregattenkapitän Spiess, Kommandant und Expeditionsleiter.

Mitgeteilt durch die Xotgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft.

Die Aufgaben der Deutschen Atlantischen Expedition, ihre Planlegung und Organisation sind nicht zu trennen von A l f r e d M e r z Seiner Lebensarbeit und Bedeutung als Ozeanograph, seinem weitschauenden Blick als Organisator und seinem zähen Festhalten an dem einmal gefaßten Plan verdankt sie ihre Verwirk-lichung. In einer am 27. Juni 1924 von der Notgemeinschaft der Deutschen Wissen-schaft einberufenen Versammlung in der Universität Berlin hat M e r z zum ersten Male in größerem Kreise seine Gedanken über die Aufgaben, die der Atlantische Ozean heute meereskundlicher Forschung bietet, dargelegt1). In meisterhafter Form beleuchtete er, wie eine Fülle von Wissenschaften zugleich an der ozeanischen Forschung und ihrem Kernproblem, der Zirkulation der Wassermassen, das er in den Vordergrund aller Aufgaben stellt, interessiert sind. Und so weit sich die Ergebnisse unserer bisherigen Tätigkeit übersehen lassen, sind in der Tat die engsten Beziehungen zwischen den meeresphysikalischen, chemischen, biologischen und geologischen Untersuchungen und ihre gemeinsame Beziehung zum Zirkula-tionsproblem auf Schritt und Tritt zu verfolgen, wie es M e r z bei der Aufstellung des Expeditionsplanes vorausgesehen hat.

Im folgenden sollen nun die Aufgaben der einzelnen auf „Meteor" vertretenen Arbeitsgebiete in ihrem Zusammenhang miteinander und unsere bisherige Tätig-keit kurz skizziert werden. Ein ausführlicher Reise- und TätigTätig-keitsbericht aller Expeditionsteilnehmer über die Vorgeschichte und den ersten Reiseabschnitt der Expedition ist in der Zeitschrift der Gesellschaft für E r d k u n d e in Berlin erschienen2).

A. Ozeanographie.

1. Die Aufgaben und der Expeditionsplan.

Die Hauptaufgabe der ozeanographischen Untersuchungen ist durch das Problem der atlantischen Horizontal- und Vertikalzirkulation gegeben. Die Erforschung dieses Problems hatte sich schon eine Reihe früherer Expeditionen zur Aufgabe gestellt. Neben der grundlegenden englischen „Challenger"-Expedition waren es hauptsächlich die deutschen Expeditionen der „Gazelle", „Valdivia", „Gauß", „Planet",

„Möve" und „Deutschland", die eine Fülle wertvollen Materials zur Bearbeitung des Zirkulationsproblems beigetragen hatten. Die geographische Verteilung dieses Beobachtungsmaterials jedoch, das meist in Nordsüdschnitten durch den Atlantischen gewonnen wurde, ermöglichte im wesentlichen nur eine Erfassung der meridionalen Komponenten der Zirkulation, und der damalige Genauigkeitsgrad der Beobachtungs-methoden gestattete nur eine erste qualitative Vorstellung über die ozeanische Wasser-bewegung in meridionaler Richtung. Mit der Verfeinerung der Beobachtungstechnik in den letzten 25 J a h r e n und der Entwicklung der hydrodynamischen Theorie war die Möglichkeit gegeben, bei richtiger Anlage eines engmaschigen Beobachtungs-netzes die Wasserbewegungen im Atlantischen räumlich und quantitativ zu erfassen.

Merz sah hierfür zwei Wege: die direkte Messung der Bewegung des Wassers nach Richtung und Stärke in verschiedenen Tiefen, d. h die Strommessung. Zwei Voraus-setzungen waren hierzu erforderlich. Das Schiff mußte auf Tiefen bis zu 6000 m Wasser, wie sie im Südatlantischen vorkommen, fest verankert werden können, und ') Vgl. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, Berlin 1925, Nr. 7—8. AI f red Merz: „Aufgaben meereskundlicher P'orschung im Atlantischen Ozean'1.

2) Vgl. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, Berlin 1926, Heft 1: „Die Deutsche Atlantische Expedition auf dem Vermessungs- und Forschungsschiff „Meteor".

Die Deutsche Atlantische Expedition auf dem Vermessungs- und Forschungsschiff „Meteor".

es mußten Strommesser konstruiert werden, die auch die Messung geringster Strom-geschwindigkeiten ermöglichten. Beide Voraussetzungen sind auf „Meteor" erfüllt3).

Die Gezeiteneinflüsse jedoch komplizieren das Strommessungsergebnis wesent-lich, und die Verankerung des Schiffes auf hoher See sowie die Messung mit den sehr empfindlichen Schwachstrommessern sind nur bei günstigem Wetter möglich.

Ausreise und Profilfahrten des „Meteor".

Die direkte Methode, die Bewegung der Wassermassen zu messen, ist demnach nur in beschränktem Maße verwendbar und kann lediglich als gelegentliche Kon-trolle für den zweiten Weg der indirekten Messung der Zirkulation angesehen werden. Das ist die Ableitung der Wasserbewegungen auf rechnerischem Wege auf Grund der Beobachtung ihres chemisch-physikalischen Zustandes. Insbesondere sind hierbei die beiden ozeanographischen Hauptfaktoren, die Temperatur und der Salzgehalt, von Wichtigkeit. Aus der Verteilung dieser beiden Faktoren lassen

3) Vgl. Marine-Rundschau, 30. Jahrgang, Heft 8. September 1925. F. S p i c s s : „Über die Ein-richtungen des Forschungsschiffes »Meteor-."

I. Spiess: Die Aufgaben und bisherigen Arbeiten der Expedition. 5 sich Dichte und Druck im Wasser ermitteln, und es ist unter gewissen

Voraus-setzungen möglich, aus diesen Größen nach den Methoden von B j e r k n e s die Wasserbewegung zu errechnen.

Aus den neuen Erkenntnissen, die M e r z hinsichtlich der Atlantischen Zir-kulation gewann4), zog er zwei Konsequenzen für die Expedition. Zur Erfassung der für das Wesen der Zirkulation wichtigen feinen Unterschiede in Dichte und Druck mußte die Verfeinerung der Beobachtungsmethoden, insbesondere der Tem-peratur- und Salzgehaltsbestimmung, verlangt werden. Dann war ein engmaschiges, über das gesamte Untersuchungsgebiet gleichmäßig verteiltes Netz von Beobach-tungsstationen nötig. Die einzelnen Stationen mußten einen Abstand von 2*/2 bis 5°

in der geographischen Länge und von 5 bis 7° in der geographischen Breite von-einander haben. Das wurde erreicht durch Anordnung eines Systems von 14 Quer-profilen über den Ozean, welche die unterseeischen Böschungen — die atlantische Schwelle und die Kontinentalabfälle — möglichst senkrecht schneiden. Das zu untersuchende Gebiet erstreckt sich im Südatlantischen bis zur antarktischen Eisgrenze, während es im Nordatlantischen erst südlich des verhältnismäßig gut erforschten Gebietes, also südlich von 20° N-Br. beginnt.

Der Reiseweg, der in der Abbildung dargestellt ist, berücksichtigt die klima-tischen Verhältnisse derart, daß die Profile in Gebieten ausgesprochen starker Winde, wie der Westwinddrift und des Südostpassates, in der Richtung mit dem Winde abgefahren werden, und daß die Reihe, in der die Profile aufeinander folgen, das südlichste Profil mit seinen Vorstößen zur Eisgrenze, in den Südsommer, Januar bis Februar 1926, verlegt. Aus diesen Gründen mußte der weite Anmarsch nach Buenos Aires gewählt werden, der jedoch zu einem meteorologischen und, dank der Ausrüstung des Schiffes mit akustischen Loten, topographischen Längs-schnitt in ungefähr meridionaler Richtung ausgenutzt werden konnte. Die Durch-führung des ganzen Expeditionsplanes wird etwa zwei J a h r e erfordern. Der Gesamtreiseweg des Schiffes hat die Länge von etwa 64 000 Seemeilen, also drei-einhalbfache Länge des Äquators. F ü r die Anordnung der einzelnen, im ganzen etwa 350 Beobachtungsstationen, waren maßgebend das Vorhandensein früherer Beobachtungen, die Morphologie des Meeresbodens u n d die Lage der Grenzwirbel auf Grund der von Dr. H a n s M e y e r konstruierten Strömungskarte des Atlan-tischen Ozeans6) und einiger bisher unveröffentlichter Spezialkarten von M e r z („Guineastrom" und „Konvergenzgebiet südlich Afrika").

2. Wissenschaftliche und instrumentelle Vorarbeiten.

Die wissenschaftlichen und instrumentellen Vorbereitungen sind ausschlag-gebend für das Gelingen einer Expedition. M e r z hat durch die weitschauende und gründliche Art, mit der er bis in die kleinsten Kleinigkeiten hinein diese Vorbereitungen getroffen hat, die Expedition in den Stand gesetzt, auch nach dem Tode ihres wissenschaftlichen Leiters auf dem von ihm vorgezeichneten Wege erfolgreich weiterzuarbeiten.

Die Untersuchungen über die Vertikalzirkulation und über die Oberflächen-strömungen in allen drei Ozeanen, die M e r z mit seinen Schülern seit 1920 durch-führte, boten die Grundlage für die Problemstellung und den Expeditionsplan.

Nachdem im J a n u a r 1924 die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft und die Marineleitung ihre Zustimmung zur Durchführung einer atlantischen Expe-dition gegeben hatten, begann M e r z mit den besonderen Vorarbeiten für die Forschungsreise. Aus der Erkenntnis heraus, daß die volle Beherrschung des gesamten Beobachtungsmaterials der zahlreichen früheren Expeditionen die not-wendige Voraussetzung für den Erfolg der eigenen Arbeit sei, organisierte er in

4) Vgl. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, Berlin 1922, Nr. 1—2 und Nr. 7—10, 1923, Nr. 3—4. A . M e r z und G. W ü s t : „Die atlantische Vertikalzirkulation"; A. M e r z : „Die Deutsche Atlan-tische Expedition auf dem Vermessungs- und Forschungsschiff »Meteor«" in den Sitzungsberichten der Preußischen Akademie der Wissenschaften, X X X I . phys.-math. Kl., S. 562—586. Berlin 1925.

5) Vgl. Veröffentlichungen des Berliner Instituts für Meereskunde, Neue Folge, A. Geographisch-naturwissenschaftliche Reihe, Heft 11, J u n i 1923. Dr. H a n s H . F . M e y e r : „Die Oberflächen-strömungen des Atlantischen Ozeans im Februar".

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ß Die Deutsche Atlantische Expedition auf dem Vermessungs- und Forschungsschiff ,,Meteor".

großem Stile die wissenschaftliche Aufbereitung des vorhandenen Materials. Seit 1922 war eine Kartothek aller vorliegenden hydrographischen Beobachtungen für das gesamte Weltmeer in Angriff genommen, einheitlich reduziert auf Meter, Cel-siusgrade in der Temperatur und °/oo im Salzgehalt. Sie wurde nun für den Atlantischen Ozean vollendet. Sämtliche Temperaturreihen des Untersuchungs-gebietes wurden in Vertikalkurven dargestellt, und aus den hieraus entnommenen Werten wurden von der Oberfläche bis zum Meeresboden Temperaturkarten großen Maßstabes für 17 verschiedene Niveaus entworfen, für welche vorher eine karto-graphische Grundlage im Maßstab 1 :20 Millionen geschaffen wurde. Um das wesentlich spärlichere Material an Salzgehaltsbeobachtungen zu vergleichen und auszuwerten, wurde die Korrelation zwischen Temperatur und Salzgehalt für den gesamten Atlantischen Ozean ermittelt und für 22 Hauptgebiete graphisch dar-gestellt. Mit Hilfe dieses so aufbereiteten Beobachtungsmaterials ist es unseren Ozeanographen möglich, sich rasch und gründlich über die vorhandenen Beob-achtungswerte und die zu erwartenden Verhältnisse zu unterrichten, Entschei-dungen über die Anordnung ihrer Messungen zu treffen und neue Ergebnisse als solche zu erkennen. F ü r das umfangreiche von der nautischen Leitung durch-zuführende P r o g r a m m der topographischen Aufnahme des Atlantischen mittels Echolotung und die vom Geologen auszuführenden Drahtlotungen wurden in 20 Arbeitskarten im Maßstabe 1:2 Millionen unter Benutzung der G r o l l s c h e n Arbeitskarten und des neuesten Materials alle vorhandenen Tiefenlotungen ein-getragen und damit eine vorzügliche kartographische Grundlage geschaffen. An diesen Vorarbeiten haben unter der nie rastenden Anleitung von M e r z seine Schüler Dr. W ü s t , Dr. M ö l l e r , Dr. B ö h n e c k e , Dr.. M e y e r , Dr. K a e h n e , Dr. L ö w e sowie zwei von der Marineleitung zum Institut für Meereskunde kom-mandierte Hilfskräfte, Obersteuermannsmaat H i n z und Obersignalgefreiter R u n g e , gearbeitet. Dr. S c h u m a c h e r von der Deutschen Seewarte berechnete neue er-weiterte Tabellen für die Dichteberechnung aus Temperatur und Salzgehalt6).

H a n d in Hand mit diesen wissenschaftlichen Vorbereitungen ging in Zu-sammenarbeit mit der Marineleitung die Beschaffung und Vervollkommnung der instrumenteilen Ausrüstung nach eingehendem Studium aller früheren Expeditions-erfahrungen und auf Grund eigener Versuche. Der hiermit in der Hauptsache betraute Dr. W ü s t hat in seinem wissenschaftlichen Tätigkeitsbericht über die Verfeinerung der ozeanographischen Beobachtungsinstrümente und -methoden berichtet7).

Die Ablesegenauigkeit der Tiefseethermometer wurde wesentlich erhöht, Strom-messer für stärkste und schwächste Strömungen, neue praktische Typen von Serien-wasserschöpfern und großen 4 Liter-Wasserschöpfern wurden geschaffen. Eine neue ozeanographische Serienmaschine wurde konstruiert, deren Festigkeit und Maschinenleistung es im Verein mit einer 4 mm im Durchmesser starken Alu-miniumbronzelitze von ausgezeichneter Qualität gestatten, gleichzeitig bis zu zwölf Wasserschöpfer nebst je zwei Kippthermometern in die größten Tiefen herab-zulassen. Der elektrische Antriebsmotor läßt durch elastische Kuppelung die Einhol-geschwindigkeit auf das feinste regulieren, und die Serienmaschine hat nach einigen auf Grund der Probeexpedition des „Meteor" vorgenommenen Verbesse-rungen die außerordentlich starke Beanspruchung bei bis jetzt 230 ozeanogra-phischen Serien, zum Teil bei schwerem Wetter, vorzüglich ausgehalten. In der chemischen Bestimmungsmethode des Salzgehalts wurde ebenfalls eine Verfeinerung erreicht. Nur mit einem so sorgfältig ausgewählten Instrumentarium konnte das große ozeanographische Arbeitsprogramm, das M e r z der Expedition gestellt hat, bewältigt werden.

ö) Von demselben Autor waren früher schon in den Ann. d. Hydr. neue Tabellen für die Eeduk-tion der Ablesungen an geschützten und ungeschützten Kippthermometern und für die RedukEeduk-tion von Schallotungen mitgeteilt worden (vgl. S c h u m a c h e r , A : „Neue Hilfstafeln für die Umkippthermo-meter nach Richter", Ann. d. Hydr. 1923, S. 273, und „Hydrographische Bemerkungen und Hilfs-mittel zur akustischen Tiefenmessung", Ann. d. Hydr. 1924, S. 87), durch welche die Genauigkeit der Meßmethoden erhöht wurde.

7) Vgl. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, Jahrgang 1926, Heft 1. G. W ü s t :

„Bericht über die ozeanographischen Untersuchungen".

I. Spiess: Die Aufgaben und bisherigen Arbeiten der Expedition. 7

3. Die Anlage der Stationen und die ozeanographischen Arbeiten.

Durch die akustischen Lotungen, die während der ganzen Reise in Abständen von 20 zu 20 Minuten, also etwa alle 2 bis 3 Seemeilen, ausgeführt wurden, sind wir ständig auf dem laufenden über die auf den einzelnen Beobachtungsstationen zu erwartende Tiefe. Das ist einmal von Vorteil für die Vorbereitung der ozeanographischen Messungen, dann aber wichtig für die Anlage und Verteilung der Stationen selbst. Wenn auch im allgemeinen die Punkte, auf denen beobachtet werden soll, von vornherein sorgfältig nach den eingangs geschilderten Gesichts-punkten ausgewählt sind, so machen doch unerwartete Abweichungen von der bisher bekannten Morphologie des Meeresbodens es nötig, unter Umständen sofort eine Station einzuschalten, da das Relief von wesentlichem Einfluß auf die chemisch-physikalischen Verhältnisse und auf die Zirkulation ist. Die Berücksichtigung dieser wichtigen M e r z sehen Forderung, die Forschungsarbeit den an Ort und Stelle angetroffenen Verhältnissen und Problemen anzupassen, wäre ohne das Echolot nicht möglich. Aber auch die Ergebnisse der ozeanographischen Beob-achtungen selbst können eine neue Aufgabenstellung und ein Abweichen von dem vorgesehenen Beobachtungsplan bedingen. Dasselbe gilt, wenn auch in geringerem Maße, von der Wetterlage und dem Fahrbereich des Schiffes. Auf den bisherigen ersten vier Querprofilen konnten alle 90 Beobachtungsstationen auch bei schlechtem Wetter und nachts planmäßig durchgeführt werden.

Die ozeanographischen Messungen auf einer normalen Tiefseestation bestehen aus drei Serien. Bei allen Serien werden je 10 bis 12 Wasserschöpfer mit im ganzen 17 geschützten und 3 ungeschützten Thermometern, die zu je zwei in den an den Schöpfern befindlichen Rahmen angebracht werden, in die Tiefe gelassen. Die Meßtiefen sind folgende: S e r i e 1: 0, 50, 100, 150, 200, 250, 300, 400, 500, 600 und 700 m; S e r i e 2 : 700, 800, 900, 1000, 1100, 1200, 1400, 1600, 1800 und 2000 m; S e r i e 3 : 2000, 2250, 2500, 3000, 3500, 4000, 4500, 5000, 5500 m und Meeresboden.

Der Arbeitsgang auf den einzelnen Stationen ist im allgemeinen folgender:

Zunächst nimmt der Geologe mit der großen Lukasmaschine eine Drahtlotung vor, die einmal zur Kontrolle der Echolotung dient, dann aber das Heraufholen einer Bodenprobe mittels Stoßröhre oder Grundzange gestattet. Auf die geolo-gischen Untersuchungen wird noch zurückgekommen. Die neuartige Konstruktion unserer Stoßröhren ermöglicht, in der im Innern der Röhre sitzenden Glasröhre über der Bodenprobe eine Probe unverfälschten Bodenwassers heraufzuholen, das in gleicher Weise wie der Inhalt der Wasserschöpfer untersucht werden kann.

Einige Meter über der Stoßröhre wird ein Tiefseethermometer in einem Propeller-kipprahmen am Lotdraht befestigt, um die Bodentemperatur zu erhalten. An die Drahtlotung schließt sich die erste ozeanographische Serie an, und während die mit der ersten Serie heraufgeholten Wasserproben nun an den üzeanographen, Biologen und Chemiker für die chemische und mikroskopische Untersuchung verteilt und die Tiefseethermometer im Wasserbad abgelesen werden, nimmt der in biologischen Untersuchungen ausgebildete Schiffsarzt, Marinestabsarzt Dr. K r a f t , die Planktonnetzfänge aus verschiedenen Tiefen vor, worauf die zweite und die dritte ozeanographische Serie folgen. Durch diese ökonomische Arbeitsteilung, dank der Leistungsfähigkeit der Maschinen sowie der personellen Übung und Erfahrung ist es gelungen, die von M e r z geschätzte Arbeitszeit von 12 Stunden auf jeder Station, selbst bei Tiefen von 5000 m auf 8 Stunden herabzusetzen.

Bei günstigem Wetter werden außerdem biologische Schlauchfänge und vom ausgesetzten Boot aus Lufttemperatur-, Feuchtigkeits- und Wassertemperatur-messungen an der Meeresoberfläche sowie SichttiefenWassertemperatur-messungen des Meerwassers vorgenommen. Desgleichen werden bei geeignetem Wind auch auf den Stationen meteorologische Drachenaufstiege, abgesehen von den regelmäßig stattfindenden Pilotballonaufstiegen, ausgeführt und bei stärkerem Seegang noch stereophoto-grammetrische Aufnahmen der Meereswellen. Stationen auf weniger großen Wassertiefen und kombinierte, aus zwei Serien bestehende Stationen bis zu 4000 m wurden in 4l/2 Stunden erledigt. Auf diese Weise sind auf den ersten vier Pro-filen auf 90 Beobachtungsstationen 2040 Beobachtungen von Temperatur und

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8 Die Deutsche Atlantische Expedition auf dem Vermessungs- und Forschungsschiff „Meteor".

Salzgehalt aus allen Tiefen gewonnen worden, wobei die Oberflächenbeob-achtungen sowie Doppelmessungen bei dem Übereinandergreifen der Serien nicht mit eingerechnet sind.

Einschließlich der Vorexpedition wurde im ganzen viermal auf Tiefen bis zu 5000 m zur Vornahme von Strommessungen geankert. Während 48 Stunden wurden in 30, 250 und 500 m Tiefe Beobachtungen mit dem Strommesser und Oberflächenstrommessungen vorgenommen. Dabei wurde durch exakte astrono-mische Beobachtungen sowie durch dauernde Kontrollotungen mit dem Echolot festgestellt, daß das Schiff nicht vertrieben war.

Die ozeanographischen Untersuchungen werden ausgeführt von den vier Ozeanographen Dr. W ü s t , Dr. S c h u m a c h e r , Dr. B ö h n e c k e und Dr. M e y e r , die hierbei von dem besonders ausgebildeten Schiffspersonal unterstützt werden.

4. Die vorläufigen ozeanographischen Ergebnisse.

Die 2040 korrespondierenden Werte von Temperatur und Salzgehalt in allen Schichten von der Oberfläche bis zum Meeresboden bedecken ein Gebiet zwischen 28° und 48° S-Br. und 57° W-Lg. und 17° O-Lg., das bisher nur durch wenige Stichproben untersucht war. Die Werte wurden in vier Temperatur-und Salzgehaltsquerschnitten verarbeitet Temperatur-und lassen ein vorläufiges Bild über die vertikale Anordnung von Temperatur und Salzgehalt in den einzelnen Breiten gewinnen. Wenn sich auch hierüber noch nichts Abschließendes sagen läßt, so ist doch Dr. W ü s t in seinem ersten Bericht über die ozeanographischen Unter-suchungen8) zu folgendem Ergebnis über die Hauptzüge der vertikalen Temperatur und Salzgehaltsanordnung gekommen. In erster Linie sind Temperatur -und Salzgehaltsverteilung gegeben durch die Stellung des betreffenden Profils in dem System der vorwiegend meridionalen Vertikalzirkulation, d. h. durch die geographische Breite. Innerhalb der einzelnen Profile sind jedoch nennenswerte Unterschiede vorhanden. Sie sind bedingt:

1. D u r c h d i e T o p o g r a p h i e . Durch die großen Erhebungen des Meeres-bodens erscheinen die Tiefenströme in Kerne von verschiedener Intensität zerlegt.

Die tiefen Rinnen bilden das Bett der Bodenströme. Aber auch geringere Er-hebungen machen sich in der Veränderung der chemisch-physikalischen Elemente bis zur Oberfläche hinauf bemerkbar.

2. D u r c h d i e O b e r f l ä c h e n s t r ö m u n g e n u n d d i e G r e n z w i r b e l . Sie beeinflussen den Antarktischen Zwischenstrom, greifen sogar noch über auf den Nordatlantischen Tiefenstrom und verursachen starke wellenförmige Krümmungen der Isothermen und Isohalinen, besonders in den Grenzschichten.

3. D u r c h d e n E i n f l u ß d e r E r d r o t a t i o n . E r macht sich dadurch kenntlich, daß die Isothermen und die Isohalinen, welche die meridional gerich-teten Tiefenströme senkrecht schneiden, schräg gestellt sind, sich z. B. im Antark-tischen Zwischenstrom von Osten nach Westen senken und im Westen weiter auseinander treten als im Osten. Die Isolinienführung deutet also an, daß, als Folge der Erdrotation, diese Tiefenströmung im Westen ihre größte Mächtigkeit und ihre größte Intensität hat und nach Osten gehoben und schwächer wird.

Im übrigen bringt die Temperatur- und Salzgehaltsar.ordnung auf den ersten vier Querprofilen eine Bestätigung der M e r z sehen Anschauung über die Vertikal-zirkulation, insbesondere über das Vordringen des Nordatlantischsn Tiefenstromes bis z u r Weddellsee.

5. Ozeanographische Sonderuntersuchungen.

Außer den vorstehend geschilderten ozeanographischen Arbeiten werden an Bord die in dem Grenzgebiet zwischen ozeanographischen und meteorologischen Untersuchungen liegenden Verdunstungsmessungen vorgenommen. Die Ver-dunstungsproben werden mit dem Interferometer auf Chlorgehalt untersucht.

F e r n e r werden mit einem besonders für diese Zwecke von der Firma Z e i s s konstruierten Apparat stereophotogrammetrische Aufnahmen der Meereswellen und der Dünung gemacht, die im Verein mit den graphischen Registrierungen

8) Vgl. a. a. O.

I. Spiess: Die Aufgaben und bisherigen Arbeiten der Expedition. 9

der Bewegungen des Schiffes im Seegang mit dem elektrisch getriebenen Petravic-kreisel Aufschlüsse geben sollen über die bisher im wesentlichen geschätzte Höhe und Länge der Meereswellen. Diese Sonderuntersuchungen werden an Bord von Dr. S c h u m a c h e r von der Deutschen Seewarte ausgeführt, der in dieser Zeitschrift gesondert über sein Arbeitsgebiet berichten wird9).