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Bericht über die akustischen Lotungen 1 )

Von Freiherrn von Recum, Oberleutnant zur See.

Die Ausrüstung des Vermessungsschiffes „Meteor" für eine Forschungsreise in den Südatlantischen mit den neuesten wissenschaft-lichen Instrumenten, wie sie dem Stande der heutigen Technik ent-sprechen, machte es erforderlich, auch eine Beschaffung von akustischen Loten vorzusehen, wollte man nicht in der Methode der Tiefen-bestimmung hinter anderen Nationen zurückstehen.

Wohl hatte ein Deutscher, Alexander Behm, als Erster Lotungen ohne Draht auf akustischem Wege in die Praxis umgesetzt, nachdem er die physikalischen Vorbedingungen dafür experimentell geklärt hatte. Die Kriegs- und Nachkriegsjahre mit ihren schlechten wirt-schaftlichen Verhältnissen hatten jedoch die Entwicklung gehemmt.

Es fehlte ferner an großen Tiefen in unmittelbarer Nähe vor der deut-schen Küste, wie sie die Amerikaner vor der ihrigen haben, um die nötigen praktischen Erfahrungen zu sammeln. Die daher von Behm zunächst in Angriff genommene Aufgabe, kleine Tiefen mit dem Echo zu loten, war schwieriger als die Erlotung großer Tiefen. So war ein praktisch erprobtes Tiefseelot, wie es für die Deutsche Atlantische Expe-dition nur in Frage kommen konnte, in Deutschland nicht vorhanden.

Auf Anregung der Marineleitung ist es jedoüh der deutschen Wissenschaft und Technik gelungen, für das Vermessungsschiff

„Meteor" geeignete akustische Lotapparate bereitzustellen, die für die wissenschaftliche Erforschung der Meerestiefen von unschätzbarem Werte sind.

A u s r ü s t u n g .

Um die Forschungsreise für die Sammlung von Erfahrungen auf dem Gebiete der akustischen Lotungen auch im Interesse der prak-tischen Schiffahrt möglichst gründlich auszunutzen, wurde „Meteor"

mit den verschiedensten Lotsystemen für Flachsee- und Tiefseelotungen ausgerüstet. Auf Grund von mannigfachen Vorversuchen auf Tender

„Nordsee" und dem Minenfahrzeug ,,M 8 1 " der Reichsmarine, wie auch noch später bei den Probefahrten des Vermessungsschiffes „Meteor"

selbst wurde die Anschaffung folgender akustischer Lotmittel be-schlossen:

i. Freilot, Modell C, früher Fallot genannt, der Signalgesell-schaft in Kiel,

x) Redigiert in der Marineleitung von Prof. H. M a u r e r .

6 2 F r e i h e r r v o n R e c u m :

2. Behmlot, Type I I , der Behmecholotgesellschaft in Kiel, 3. Signallot der Signalgesellschaft in Kiel,

4. Atlaslot der Atlaswerke in Bremen.

In kurzer Zeit wurden die für den Einbau nötigen Arbeiten von der Marinewerft Wilhelmshaven im Verein mit der Torpedo- und Minen-Inspektion Kiel und den Vertretern der betreffenden Werke sachgemäß ausgeführt und der Einbau vollzogen.

W i r k u n g s w e i s e .

Alle vier Systeme ermöglichen die Lotung vom fahrenden Schiff aus mit Hilfe der Schallausbreitung im Wasser ohne Lotdrahtverbin-dung zwischen Schiff und dem Meeresboden.

Mit dem F r e i 1 o t wird die Tiefe gemessen durch Bestimmung seiner Sinkzeit von der Meeresoberfläche bis zum Grunde. Im Kopf des kleinen frei ins Wasser geworfenen torpedoförmigen Körpers be-findet sich eine Sprengladung, die bei der Berührung mit dem Meeres-boden detoniert und einen Schall erzeugt, den man in einem Unter-wasserhorchgerät wahrnehmen kann. Da die Sinkgeschwindigkeit des Freilots konstant >= 2 m/sek ist, kann man die Tiefe ermitteln, indem man die Zeit von dem Augenblick des Eintretens des Freilots in das Wasser bis zur Wahrnehmung des Knalles in einem Telephon mit einer Stoppuhr bestimmt.

Das Freilot ist für Tiefen bis zu 200 m gut verwendbar. Da man die Stoppuhr auf y5 Sekunde ablesen kann, so ist der erreichte Genauig-keitsgrad mehr als genügend. Im Wasser läuft der Schall über 700 mal schneller, als das Freilot sinkt, die Schall-Laufzeit braucht also neben der Sinkzeit gar nicht berücksichtigt zu werden. Sie ist nicht Meßgröße für die Tiefe, sondern der Schall zeigt nur den Augenblick der Grund-berührung an.

Bei den drei übrigen Lotsystemen dagegen ist die Zeit, die ein vom Schiff ausgesandter Schall zur Zurücklegung des Weges zum Meeresboden und zurück braucht, also die „ E c h o z e i t ", die Meß-größe für die Tiefe.

Das B e h m l o t1) benutzt als Schallquelle eine Patrone, die unter-halb der Wasseroberfläche zur Detonation gebracht wird. Dieser Knall setzt durch Einwirkung auf einen an der benachbarten Bordwand innenbords angebrachten Schallempfänger einen Kurzzeitmesser in Gang, der darauf durch einen zweiten Schallempfänger an anderer Bordwandstelle bei Ankunft des Echos gestoppt wird.

An einer mit einer Gradeinteilung versehenen Scheibe kann man den Ausschlag des Kurzzeitmessers ablesen. Nach Vornahme einer besonderen Eichung muß man die Gradzahlen in Tiefenmeter ver-wandeln. Die Skala des Behmlots auf „Meteor" geht bis etwa 750 m von einer geringsten Tiefe von ungefähr 14 m ab. Die Lotbarkeit großer Tiefen hängt von der Intensität des Knalles ab, hat aber wegen der durch die Detonation verbundenen starken Störungen ihre Grenzen.

Die Ablesegenauigkeit des Behmlots ist größer, als sie für Zwecke ') Vgl. B. S c h u l z , Geschichte und Stand der Entwicklung des Behmlots.

Ann. d. Hydrographie usw. 1924, Heft XI und XII.

Bericht über die akustischen Lotungen. 6 3 der praktischen und wissenschaftlichen Lotungen erforderlich wäre,

je-doch werden die Lotergebnisse stark durch Wind und Seegang beein-flußt. Über den praktischen Genauigkeitswert liegen noch keine abge-schlossenen Erfahrungen vor.

Für die Tiefseelotungen werden das S i g n a 11 o t und das A 1 1 a s 1 o t1) verwandt. Beide Lote benutzen als Schallquelle einen elektromagnetischen Membransender, für den der elektrische Strom vom Schiffsnetz abgenommen und durch einen Umformer in Wechsel-strom verwandelt wird. Das Echo wird durch besonders in der Außen-haut eingelassene Membranempfänger aufgenommen.

Mit dem Signallot wird die Tiefe gemessen durch die Echozeit zwischen Schallaussendung und Wahrnehmung des Echos in einem Telephon, indem der Weg eines gleichmäßig rotierenden Armes be-stimmt wird zwischen seiner Nullstellung, wo er die Schallaussendung bewirkt, und einem verstellbaren Kontakt, der das Telephon einschaltet.

Da bei Tiefen unter 50 in die Echozeit so kurz ist, daß die Empfänger von dem unmittelbaren Schall noch erregt sind, kann man mit dem Signallot erst von etwa 50 m ab loten. Der Apparat ist für eine Reich-weite bis 9000 m konstruiert, die Lotungen sind bis auf etwa 10 m genau und können sich etwa alle 14 Sekunden folgen.

Das Atlaslot gleicht dem nordamerikanischen Fathometer, es ist in seiner Wirkungsweise dem Signallot ähnlich, nur werden an ihm Tiefen bis 185 m (100 Faden) ohne Telephon optisch abgelesen. Das Echo vom Meeresboden wird dazu verwandt, eine kleine umlaufende Lampe auf einer Tiefenskala blitzartig aufleuchten zu lassen. Da in der Sekunde vier Lotungen gemacht werden, erscheint der Lichtblitz wie ein festes Licht auf der Skala.

Bei größeren Tiefen als 185 m wird das Echo im Telephon wahr-genommen, der Beobachter liest in diesem Augenblick ab, an welchem Punkt der Tiefenskala ein gleichmäßig rotierendes Licht vorüber-streicht.

Die Reichweiten des Atlaslotes sind von 10 m bis theoretisch zu den größten Tiefen. Das Echo hängt lediglich von der Intensität des ausgestrahlten Schalles ab. Die Meßgenauigkeit bei der rein optischen Anzeige ist etwa 1/%—1 m, bei dem Telephonempfang etwa 10 m.

Beim Atlaslot wie auch beim Signallot wird ein ganz bestimmter Ton ausgesandt, der aus den von der See und dem Schiff hervor-gebrachten Geräuschen gut herauszukennen ist, so daß keine Ver-wechslungen eintreten können. Da bei beiden Apparaten die Lotungen laufend mehrmals in der Minute erfolgen, können Fehllotungen nicht auftreten. Ein weiterer Vorteil dieser Lote ist, daß sie in jeder Lage des Schiffes einwandfrei arbeiten und selbst bei stärkstem Seegang und stark arbeitendem Schiff Lotungen ermöglichen. Da die Schall-geschwindigkeit sich mit der Temperatur, dem Salzgehalt und dem Wasserdruck ändert2), muß, um für die wissenschaftliche Forschung die

') Über das Signallot und Atlaslot wird in Kürze ein Aufsatz des Verfassers in den Ann. d. Hydrographie erscheinen.

') Vgl. A. S c h u m a c h e r , Hydrographische Bemerkungen und Hilfsmittel zur akustischen Tiefenbestimmung. Ann. d. Hydrographie 1924, S. 67 fr. Näherungs-formeln bei H. M a u r e r , Ann. d. Hydrographie 1924, S. 220/221.

6 4 "" F r e i h e r r v o n R e c u m :

genauen Meerestiefen zu erhalten, eine Reduktion angebracht werden, die aus den Werten der ozeanographischen Serienmessungen berechnet wird. Da diese Verbesserung nur klein ist, kann man sie für die nautische Praxis vernachlässigen. E s wird sogar, wenn Echolotungen von den Dampfern zur Ortsbestimmung dienen sollen, besonders zweck-mäßig sein, ihnen die unverbesserten „Echotiefen" anzugeben.

V e r w e n d u n g .

Da auf der Deutschen Atlantischen Expedition eine möglichst ge-naue Aufnahme des Meeresbodens des Südatlantischen beabsichtigt war

— sind doch in seinem südlichen Teil noch große Gebiete ohne eine einzige Tiefenangabe —, so mußte eine besondere Arbeitsmethode für die Vornahme der Lotungen gefunden werden.

Die Echolotungen werden zur laufenden Beobachtung der Tiefen während der F a h r t und zur Festlegung von Profilen verwandt. Auf je drei Seemeilen Weg, was ungefähr 20 Minuten Zwischenzeit entspricht, wird mit den verschiedenen Apparaten, je nach ihrer Reichweite, die Tiefe bestimmt, und zwar sowohl zur Tiefenermittlung selbst als auch zur vergleichenden Prüfung der Genauigkeit der verschiedenen Lote, wozu bei gestopptem Schiff Drahtlotungen treten. Ferner wird auch die Grenze der Verwendbarkeit der einzelnen Lote nach Tiefe, Fahrt und Seegang festgestellt.

Ergeben die Lotungen starke Erhebungen oder Senkungen, so werden ihre Abstände verkürzt, damit das Profil möglichst gut erhalten wird.

Auf den Ankerstationen wird laufend die Tiefe nachgeprüft, um ein eventuelles Vertreiben oder etwa auch periodische Schwankungen festzustellen. Sehr wichtig sind auch die Vergleichslotungen mit den Drahtlotungen an steilen Böschungen und bei verschiedenem

Draht-winkel.

Alle Beobachtungen, die sich auf die Lotungen beziehen, werden laufend in ein Lotungsbuch mit allen für die Wetter- und Orts-bestimmung in Frage kommenden Bemerkungen eingetragen.

Zu erwähnen wäre noch die Hilfe, die das Echolot für die ozeano-graphischen Arbeiten bedeutet. Während man in unbekannten Ge-bieten früher erst eine Stunden erfordernde Drahtlotung abwarten mußte, können die Ozeanographen jetzt nach der laufenden Tiefen-bestimmung ihre Vorbereitungen treffen. Gleichzeitig können sie bei einer dauernden Kontrolle der Tiefen durch das Echolot den untersten Wasserschöpfer einer Serienmessung in der größtmöglichen Tiefe be-lassen, ohne Gefahr zu laufen, daß bei einem Treiben und einer Tiefen-änderung der Wasserschöpfer durch eine Grundberührung beschädigt

wird.

Während bei der praktischen Schiffahrt nur gelegentliche Lotungen notwendig werden, die dann vom Steuermannspersonal auf der Brücke ausgeführt werden, mußte auf dem Vermessungsschiff „Meteor" für die laufenden Lotungen besonderes Lotpersonal herangebildet werden, das seinen Dienst wachweise versieht.

Bericht über die akustischen Lotungen. 65 V o r l ä u f i g e E r g e b n i s s e .

Über die bisherigen Ergebnisse kann, bevor das ungeheure Material

— bis jetzt sind im ersten halben Jahr 17400 Lotungen aufgezeichnet

— aufgearbeitet ist, nur ein vorläufiges Urteil gefällt werden. Mit größter Befriedigung muß festgestellt werden, daß das P r o g r a m m im beabsichtigten Umfange bisher eingehalten werden konnte und daß trotz des Fehlens jeglicher Erfahrungen die Arbeiten mit den neu-artigen Tiefsee-Echolotungen über Erwarten gut ausgefallen sind.

Es ist einleuchtend, daß gegenüber früheren Expeditionen ein viel genaueres Bodenprofil in einem Bruchteil der Zeit gewonnen werden konnte. Die Drahtlotungen, die trotzdem zur Gewinnung einer Grund-probe für die wissenschaftliche Forschung notwendig bleiben, sind in ihrer Häufigkeit durch die lange Zeit, die sie benötigen, beschränkt.

Die bisherigen Lotungen ergaben doch schon ein neues und sehr interessantes Bild und lassen, wenn auch die Gestalt des Meeresbodens in ihren Grundzügen dieselbe bleibt, eine erhebliche Änderung der Isobathenführung notwendig erscheinen.

Auf dem ersten Profil auf etwa 41,2° S wurden auf 16,3° W und 5,9° W Erhebungen bis zu 1830 und 1100 m gefunden. Diese Lotungen liegen 240 Seemeilen westlich und 190 Seemeilen östlich der Gough-Insel, so daß anzunehmen ist, daß sie zur mittelatlantischen Schwelle gehören, die hier demnach eine erhebliche Breite besitzen dürfte.

Ebenso wurde auf 39,5° S und 13,7° O eine Erhebung von 1280 m geringster Tiefe gelotet, wo bisher Tiefen von 4000 bis 5000 m an-genommen wurden. Sie wird vielleicht in Verbindung mit der im Südosten liegenden Tiefe von 2591 m mit einem unterseeischen Rücken zusammenhängen, der vom Kap der Guten Hoffnung nach Südwest läuft.

Auch Profil I I brachte manche neuen Ergebnisse. Beim Ablaufen von der afrikanischen Küste auf 28,2° S in der Höhe des Oranjeflusses wurde eine größere Ausdehnung des Kontinentalsockels nach Westen gefunden, als bisher bekannt war. Ferner zeigte wiederum der Wal-fisch- und auch der Rio Grande-Rücken eine größere Breite nach Osten und Westen, als bisher angenommen wurde. Auf dem Rio Grande-Rücken wurden Tiefen von 720 m gefunden.

Das Profil I I I auf etwa 48,5° S brachte entsprechende Erschei-nungen in seiner Profilführung wie das Profil I.

Die in den Seekarten als fraglich bezeichnete Dinklage-Bank, die bis zu Tiefen von 80 bis 100 m aufsteigen soll, ist nicht gefunden worden, obwohl der Kurs zum Teil über die angebliche Position hinweg-führte. Allerdings war eine kleine Abnahme der Tiefe zu verzeichnen, so daß die Vermutung bestehen bleibt, daß die Bank noch nördlicher liegen kann.

Neu wurde auf etwa 480 13'S und 8° 1 4 ' O in 45 Seemeilen Aus-dehnung eine Bank gefunden, die bis auf 560 m vom Meeresboden aufragte und die mit dem Namen „Meteor"-Bank belegt wurde.

Durch Ablaufen des Gebietes auf den verschiedensten Kursen wurde versucht, ein ungefähres Bild der Ausdehnung und Richtung der „Meteor"-Bank zu finden, was einschließlich zweier Lukaslotungen

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66 H. W a t t e n b e r g :

eine Zeit von ungefähr 22 Stunden beanspruchte. Diese Arbeit hätte mit dem Drahtlot mehrere Tage in Anspruch genommen, ohne nur an-nähernd soviel Detail zu liefern.

Das südlichste Profil wird vermutlich Klarheit bringen, ob diese Bank mit dem Rücken, auf dem die Bouvetinsel aufsitzt, in Verbindung gebracht werden kann. Anscheinend hat sie auch eine Fortsetzung nach Norden, so daß sie vielleicht mit der südwestlich des Kaps auf Profil I gefundenen Erhebung zusammenhängen könnte.

Zusamenfassend kann bemerkt werden, daß die bisherigen Ergeb-nisse mit den Echoloten einen vollen Erfolg im Rahmen der Expedition bedeuten, und daß unzweifelhaft weitere interessante Feststellungen zu erwarten sind.