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Der Kanon des Alten Testaments

Im Dokument Gottes Erden (Seite 145-152)

Unter Kanon des Alten Testaments versteht man die Samm-lung von alttestamentlichen Schriften, die bei den Juden als maß-gebend für ihr religiöses Leben angesehen wurden, im Unterschied von anderen Schriften, die solche Bedeutung nicht hatten. (Kanon heißt Richtschnur.) Sie gewannen aber ihre maßgebende Bedeutung dadurch, daß sie sich als solche erwiesen, die von Gott eingegeben waren (2. Tim. 3, 16; 2. Petr. 1, 2) und enthielten, was Gott

geredet hatte (Röm. 3, 2). Zum alttestamentlichen Kanon rech-neten die Juden alle die Bücher, die wir noch heute im Alten Testamente besitzen. Er soll schon durch Esra annähernd in diese Gestalt gebracht worden seilt; jedenfalls sind die geschichtlichen Bücher:

Esra, Nehemia, Esther, Chronik, die prophetischen Schriften: Haggai, Sacharja und Maleachi, und die Lehrdichtung: der Prediger Salo-mo, die letzten Bücher, die in den alttestamentlichen Kanon auf-genommen worden sind, obgleich nachher noch andere Schriften entstanden sind (die Apokryphen), die ebenfalls für sich kanonisches Ansehn in Anspruch nahmen.

Die Entstehungsznit des alttestamentlichen Kanons umfaßt einen Zeitraum von mehr als tausend Jahren, von Mose bis Esra und darüber hinaus. Daß in diesem langen Zeitraum und bei den oft sehr wirren Zuständen im Volke Israel keins der Bücher verloren gegangen ist, verdanken wir, nächst der Fürsorge Gottes, dem Priestertum Israels. Auch bei den andern Völkern der alten Welt waren die Priester die Hüter der heiligen Schriften; beim Volk Israel aber gehörten die Priester einer Familie an und bil-deten eine ununterbrochene Reihe von zusammenhängenden Personen.

Dadurch wurden die heiligen Schriften gleichsam zu einem Familien-schätz, der sich von Geschlecht zu Geschlecht vererbte, und das israe-litische Priestertum war dadurch besonders geeignet, die überkom-menen Schätze des Wortes Gottes zu hüten.

Die Bücher des Alten Testaments waren ursprünglich in der Sprache Israels, d. h. hebräisch, geschrieben. Als aber ein Teil der Juden aus Jerusalem nach Alexandrien in Ägypten übersiedelte und dort eine große Gemeinde bildete, die griechische Sitte und Sprache annahm (§ 82), entstand das Bedürfnis, die heiligen Schriften auch in dieser Sprache zu besitzen. Sie wurden daher (um 260 vor Chr.) in das Griechische übersetzt, und diese Übersetzung nennt man die Septuaginta oder die Übersetzung der Siebzig, well 70 (eigentlich 72) Schriftgelehrte dieselbe besorgt haben sollen. Das Ansehn dieser Übersetzung war bei Juden und Heiden ein sehr großes.

Den Gesamtinhalt aller Schriften des alttestamentlichen Ka-nons faßt der Herr dahin zusammen Joh. 5, 39: „Suchet in der Schrift, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darinnen; und sie ist es, die von mir zeuget!"

§ 82. Die letzten Schicksale der palästinensischen Juden bis zur Geburt Jesu Christi.

1. Zweihundert Jahre nach der Rückkehr der Juden aus der Babylonischen Gefangenschaft eroberte Alexander der Große, König von Mazedonien, das Perserreich und brachte dadurch auch

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das Land Israel unter seine Herrschaft. Er kam nach Jerusalem und opferte im Tempel dem Gott Israels. Als er aber im Jahre 323 starb, teilten sich seine Feldherren in das mazedonische Welt-reich, und Israel kam unter die Herrschaft der Ptolomäer, der Könige von Ägypten. Unter dieser Herrschaft hatten die Juden es gut, denn die Ptolomäer waren milde Regenten und ehrten ihre Religion und ihre Sitten. Um diese Zeit wanderten viele Juden nach Alexandrien aus, der neuen Hauptstadt Ägyptens, und bildeten hier eine große, jüdische Gemeinde, die griechische Sitten und Sprachen annahm. Hundert Jahre später jedoch (200 vor Chr.) eroberte der syrische König Antiochus III., der Große, das jü-dische Land. Zwar begünstigte er noch die Juden, aber sein Sohn Antiochus Epiphanes verfolgte sie in grausamer Weise und zwang sie, an heidnischen Altären zu opfern und ihre väterlichen Sitten zu verleugnen. Den Tempel ließ er verunreinigen, die Gesetzbücher verbrennen und alle Juden, die sich nicht fügten, umbringen. Da verließen denn wohl viele den väterlichen Glauben, aber andere erduldeten standhaft alle Martern und gaben Gott die Ehre.

2. Zu dieser Zeit lebte auf dem Berge Modin1) ein Priester Matathias mit seinen Söhnen. Dem entbrannte sein Eifer um das Gesetz, und er erschlug einen Juden, der den Götzen opferte, warf den Altar um und rief laut durch die Stadt: „Wer den Bund Gottes halten will, der ziehe mit mir!" Da sammelten sich um ihn viele fromme Leute, und sie zogen im Lande umher und rissen die Götzenaltäre nieder. Als Matathias schon im folgenden Jahre starb, trat sein Sohn Judas, mit dem Zunamen Makkabäus (d. h. der Hammer), an seine Stelle. Er schlug die syrischen Heere, befreite Jerusalem, reinigte den Tempel und stellte den Gottesdienst wieder her. Zur Erinnerung daran feierten die Juden seitdem das Fest der Tempelweihe.^) Seine Nachkommen, die Makkabäer, regierten danach über hundert Jahre das Land, und Israel hatte Frieden.

3. Doch zuletzt brachen unter den Makkabäern Streitigkeiten um den Thron aus. Da kamen die Römer, die bereits alle Länder ringsumher sich unterworfen hatten, und ihr Feldherr Pomp ejus eroberte (63 vor Chr.) Jerusalem und machte das Land zinspflichtig.

Durch die Gunst der Römer gelangte nun der Edomiter Herodes der Große zur Regierung, ein kluger und kraftvoller, aber auch

x) D. h. im Bergstädtchen Modin, in der Nähe von Joppe am Mittelländischen Meer.

2) Es wurde am fünfundzwanzigsten Tage des neunten Monats (im Dezember) durch Erleuchtung der Synagogen und Häuser gefeiert und daher auch das „Lichtfest" genannt.

ein mißtrauischer und grausamer König, der alle noch lebenden Glieder der makkabäischen Familie umbringen ließ. Um sich die Gunst des jüdischen Volks zu erwerben, baute er den Tempel zu Jerusalem mit großer Pracht aus. Ein Jahr vor seinem Tode wurde zu Bethlehem der Heiland der Welt geboren.

4. Seit den Tagen Esras und Nehemias und der letzten Pro-pheten Haggai, Sacharja und Maleachi gab es unter den Juden keine Propheten mehr. An ihre Stelle traten die Schriftgelehrten, die in Schulen oder Synagogen das Gesetz und die Propheten verkündigten und erläuterten. Die innere Verwaltung lag in den Händen des Hohen Rates, der aus siebzig Personen, zu gleichen Teilen aus Priestern und Schriftgelehrten, gebildet war, an deren Spitze der Hohepriester stand. Immer größeren Einfluß erlangten im Laufe der Zeit die Pharisäer, d. h. die Abgesonderten. Sie sahen auf strengste Beobachtung des Gesetzes und verschärften das Gesetz durch immer neue Auflagen. Sie hielten sich für gerecht und besser, als alles Volk, aber wenn es auch gewiß manchen wahr-Haft Frommen unter ihnen gab, so war doch die Mehrzahl schein-heilig und heuchlerisch. Ihr Einfluß auf das Volk war daher sehr verderblich. Alle Schriftgelehrten gehörten zu dieser Partei. Eine andere Partei bildeten die Sadduzäer, wahrscheinlich nach dem Hohenpriester Zadok (§ 61, 1) so genannt. Zu ihnen gehörten vornehmlich Priester. Sie ließen nur die fünf Bücher Mose als göttliche Urkunde gelten, verwarfen den Glauben an eine Auf-erstehung der Toten und leugneten das Dasein der Engel. Um derentwillen bestand zwischen ihnen und den Pharisäern eine feind­

liche Stimmung.

Zur Bibelkunde. Auch in dieser Zeit entstanden Schriften mit dem Anspruch auf kanonischen Wert, der ihnen jedoch nicht zuerkannt wurde, so daß sie aus dem alttestamentlichen Kanon aus-geschlossen blieben. Der Geist des alten und echten Prophetentums war erloschen. In altchristlicher Zeit gab man diesen Schriften die Bezeichnung Apokryphen, d. h. verborgene Schriften, die, weil sie öffentlich nie anerkannt worden waren, auch öffentlich nicht gebraucht werden sollten. Die bekanntesten unter ihnen, die wir auch in unserer deutschen Bibel finden, sind folgende vierzehn:

Das Buch Judith, die Weisheit Salomos, das Buch Tobia, das Buch Jesus Sirach, das Buch Baruch, die zwei Bücher der Makka-bäer, Stücke in Esther, Historie von der Susanna und Daniel, vom Bel zu Babel, vom Drachen zu Babel, das Gebet der Asarja, der Gesang der drei Männer im feurigen Ofen und das Gebet der Manasse. Ihrer Bestimmung nach kann man sie also ordnen:

I. Unechte Zusätze zu den kanonischen Büchern.

Zu 2. Chronik 33, 12:

Das Gebet des Manasse. Manasse war der Sohn Hiskias (§ 73) und wurde zur Strafe für seine Übeltaten von den Asiyrern in die Gefangenschaft weggeführt. Hier flehte er in seiner Angst zum Herrn, und Gott erhöhte sein Gebet und brachte ihn wieder nach Jerusalem zurück. Dieses Bußgebet des Manasse wird hier mitgeteilt.

Zum Buche des Propheten Jeremia:

Das Buch Baruch. Baruch war der Freund und Schüler des Propheten Jeremia (Jer. 32, 12). Unter seinem Namen werden in diesem Buche Ermahnungen an die Juden in der Baby-Ionischen Gefangenschaft gerichtet. Das letzte Kapitel bringt die angebliche Abschrift eines Briefes, den Jeremia an die Gefangenen in Babylon gerichtet haben soll. (Der echte Brief steht Jerem. 29.)

Zum Buche Daniel:

Die Historie von der Susanna und Daniel. Diese Ge-schichte erzählt, wie Daniel die unschuldig zum Tode verurteilte Susanna vom Tode errettete und ihre falschen Ankläger zum Tode brachte.

Vom Bel zu Babel. Bel war ein Götze zu Babel, und Daniel überzeugte Cyrus von seiner Nichtigkeit und von dem Betrüge seiner Priester. Da ließ Cyrus die Priester töten, und Daniel zerstörte den Bel und seinen Tempel.

Vom Drachen zu Babel. Daniel tötete den als Götzen verehrten Drachen zu Babel und wurde dafür zu den Löwen in den Graben geworfen. Sechs Tage weilte er unter den Löwen, die ihm nichts taten, und Gott speiste ihn auf wunderbare Weise.

Da ließ der König Cyrus ihn herausziehen und seine Ankläger hineinwerfen. (Vgl. § 78.)

Das Gebet des Asarja. Asarja soll der Name des Vierten gewesen sein, der zugleich mit den drei Freunden Daniels in dem glühenden Ofen gesehen wurde (§ 76,з). Sein Gebet im glühen-den Ofen wird hier mitgeteilt.

Der Gesang der drei Männer im feurigen Ofen bringt das angebliche Gebet Sadrachs, Mesachs und Abednegos, als sie im Feuerofen waren.

Zum Buche Esther:

Stücke in Esther. Diese Schrift bringt sieben Ergänzungen zum Buche Esther: 1. den Brief des Königs, in welchem er die Vertilgung der Juden im babylonischen Reich befiehlt; 2. das Gebet des Mardachai, als er davon Kunde erhielt; 3. das Gebet

der Esther; 4. eine ausführliche Beschreibung der Erscheinung der Esther vor dem Könige; 5. den Brief des Mardachai im Namen des Königs; 6. einen Traum des Mardachai und 7. seine Deutung.

II. Mitteilungen aus der jüdischen Geschichte.

Das Buch Judith. Es erzählt, wie Holoferues, der Feldherr des Nebukadnezar, viele Länder eroberte und zuletzt auch Bethulia, eine Stadt in Israel, belagerte. Doch Judith, eine schöne und fromme Witwe in der Stadt, ersann eine List, um ihre Vaterstadt zu retten. Sie ging aus der Stadt in das Lager des Holofernes und erbot sich, Bethulia und dazu Jerusalem und alles Volk Israel in seine Hand zu liefern. Holofernes traute ihr und behielt sie bei sich. Aber in der Nacht, als er trunken auf seinem Bette schlief, hieb Judith ihm den Kopf ab und schlich mit demselben in die belagerte Stadt zurück. Am andern Morgen machten die Belagerten einen Ausfall, und da die Assyrer ihren Feldherrn tot fanden, erschraken sie und flohen. Die Kinder Israel aber jagten ihnen nach und trieben sie zum Lande hinaus.

Die zwei Bücher der Makkabäer. Sie erzählen in sehr breiter Darstellung die Drangsale Israels unter Antiochus Epiphanes, die Befreiung durch die Makkabäer und die Erlebnisse Israels unter makkabäischer Herrschaft. (Vgl. § 82.)

III. Lehrhafte Schriften.

Die Weisheit Salomos. Unter Salomos Namen rühmt und predigt in dieser Schrift ein unbekannter Mann die Weisheit.

Das Buch Tobia. Es schildert im Eingange die Frömmig-keit eines Israeliten, mit Namen Tobia, der zu Assyrien in der Gefangenschaft lebte. Danach erzählt es die Abenteuer, die sein gleichfalls frommer Sohn, der junge Tobia, auf einer Reise erlebte, die er im Auftrage des Vaters zu einem Freunde unternahm, um eine geliehene Summe Geldes zurückzufordern. Vom Engel Raphael geleitet, kehrte der Sohn nach längerer Abwesenheit heim und machte seinen inzwischen erblindeten Vater auf wunderbare Weise sehend. Darauf erlebte der alte Tobia noch ein fröhliches Alter und starb hundertundzwei Jahre alt, und auch sein Sohn lebte bis in das fünfte Geschlecht und sah Kinder und Kindeskinder. Das Buch will zeigen, wie der Herr die Gottesfürchtigen behütet und wahre Frömmigkeit segnet.

Das Buch Jesus Sirach. Es enthält in Form von Sprüchen viele schöne und beherzigenswerte Lehren und Ermahnungen in bezug auf das Verhalten zu Gott, den Eltern, der Obrigkeit, den Armen usw. Der sonst unbekannte Verfasser Jesus Sirach zeigt sich in ihnen als ein verständiger und frommer Mann.

Lies Kap. 2, 3 u. 11.

Der Wert der apokryphischen Bücher ist sehr verschieden.

Während die Zusätze kaum eine Bedeutung haben, sind die Mtt-teilungen aus der jüdischen Geschichte, namentlich in den Büchern der Makkabäer, wertvoll. Wertvoll sind auch die lehrhaften Schriften, und unter diesen insbesondere das Buch Jesus Sirach. Die apo­

kryphischen Bücher sind teils in hebräischer, teils in griechischer Sprache geschrieben.

Anm. Die römische Kirche achtet die apokryphischen . Schriften den kanonischen Büchern gleich; die reformierte schließt sie grundsätzlich von der Bibel aus j die evangelisch-lutherische behält sie in der Bibel, weil sie gut und nützlich zu lesen sind.

Die Erlösung durch Jesum Christum und ihre

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