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Der Ablauf des besonderen Gerichts

Im Dokument Im Diesseits das Jenseits bereiten (Seite 139-143)

Zwischenbilanz

5.2 Das Individualgericht

5.2.1 Der Ablauf des besonderen Gerichts

Es besteht im Mittelalter ein starker Kontrast zwischen den unbestimmten Aussagen zum Individualgericht und seinem Ablauf in offiziellen kirchlichen Schriften und den teilweise sehr dramatischen Beschreibungen des Individualgerichts in populärtheologischen und volks-tümlichen Schriften (siehe DINZELBACHER 2001, S. 110f). Man kann zwischen folgenden Hauptmustern des Ablaufs des Individualgerichts unterscheiden: Durchführung des Gerichts durch einen Richter (Gott, Christus, Engel) oder so genannte ‚mechanische‘ Prüfungen im Jenseits (wie Messerbrücke oder Seelenwaage, siehe ebd., S. 111-118).63

Schilderungen des Individualgerichts als Gerichtsverhandlung mit Christus als Richter, dem Teufel (oder mehreren Teufeln) als Ankläger und Maria, dem Erzengel Michael beziehungsweise verschiedenen Heiligen als Fürsprecher der Seele sind wahrscheinlich auf die Vermischung der Vorstellung des richtenden Christus des Jüngsten Gerichts mit dem Indi-vidualgericht in der Gedankenwelt der einfachen Gläubigen zurückzuführen (siehe DIN

-ZELBACHER 2001, S. 111-114 und S. 123).64 Häufig erfolgt das individuelle Urteil jedoch durch eine mechanische Prüfung. Populär durch ihre Beschreibung in den beliebten Jenseits-visionen Visio Tnugdali und Tractatus de Purgatorio Sancti Patricii war die Vorstellung einer schmalen, glatten oder messerscharfen Brücke – oder eines ähnlich schwierig zu über-windenden topografischen Hindernisses – als Test für die Seelen auf dem Weg zum ewigen Heil (siehe DINZELBACHER 2001, S. 119-121).65 Beliebt war auch das Motiv des Wiegens der Seele mit der so genannten Seelenwaage, wobei meist der Erzengel Michael die Waagschalen mit der Seele oder den guten Taten und den schlechten Taten oder Teufeln hält (siehe unten, S. 333). Maria kann als Fürsprecherin der Seele die Waage durch einen Druck ihrer Finger zugunsten des ewigen Heils der Seele ausschlagen lassen (siehe DINZELBACHER 2001, S. 119).66 Das Urteil kann auch indirekt gegeben werden, wie bei dem im Spätmittelalter

63 Es sei angemerkt, dass obwohl mittelalterliche Jenseitsvisionen als Hauptquelle für die Herausbildung der Vor-stellung des Individualgerichts dienten, das Individualgerichts selten in ihnen detailliert beschrieben wird (siehe EASTING 2004 S. 69f und S. 76).

64 Manchmal findet sich auch das Motiv der so genannten Heilstreppe oder Intercessio, wobei Gottvater als Vorsitzender des Gerichts agiert, während Christus und Maria für den Sünder plädieren (siehe DINZELBACHER 2001, S. 115f). Zur Vorstellung des Individualgerichts als Gerichtsverhandlung trug die Auslegung von 2 Kor 5:10 bei (‚Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse, dass er im irdischen Leben getan hat‘) (siehe EASTING 2004, S. 76). In einigen Jenseitsvisionen findet das Individualgericht ähnlich dem Jüngsten Gericht über eine große Anzahl Seelen gleichzeitig statt (ebd., S. 80f).

65 Das sehr alte Motiv der Jenseitsbrücke findet sich schon im vierten Buch der Dialogi Gregors des Großen (siehe ANGENENDT 2009, S. 696, vgl. ZALESKI 1987, S. 65-69). Andere mechanische Prüfungen sind eine Feuerprobe mittels einer Himmelsleiter oder eine mit Stacheln überwucherte Heide (siehe DINZELBACHER 2001, S. 121).

66 Auch materielle Objekte, zum Beispiel ein zu Lebzeiten gespendeter Abendmahlkelch oder ein Almosen, können die Waage zu Gunsten der Seele ausschlagen lassen (siehe EASTING 2004, S. 82, Anm. 57), aber auch ein selbst geschriebenes frommes Buch (siehe unten, Kapitel 6, Anm. 206).

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populären Motiv des Kampfes zwischen Engel(n) und Teufel(n) um die dem Mund des Sterbenden entfliehende Seele (siehe DINZELBACHER 2001, S. 114-116, EASTING 2004, S. 77-79). Durch den Kampf um die Seele am Sterbebett wird das Individualgericht in die diesseitige Welt vorgezogen (siehe EASTING 2004, S. 84).

Im Sidrac wird das Individualgericht (tfonnesse, Sidrac, Frage 21, S. 49) als unspektakulärer Kampf zwischen Engeln und Teufeln dargestellt (vgl. Sidrac, Frage 21, S. 49f), Gott wird nicht explizit als richtende Instanz genannt. Die Engel verteidigen die Seelen der Guten gegen die Teufel, übergeben den Teufeln die Seelen der Reuigen zur Reinigung im Fegefeuer und bestimmen das Strafmaß (vgl. Sidrac, Frage 21, S. 49f).67 Die Seelen der Guten werden von ihrem Schutzengel und einer großen Schar Engel unter freudigen Gesängen in den Himmel überführt, wo sie bis zum Jüngsten Gericht verbleiben (vgl. Sidrac, Frage 21, S. 49f, Sidrac, Frage 135, S. 104f).68 Die Seelen der Schlechten werden von Teufeln abgeholt, die sie scandelijc ende iammerlijc (Sidrac, Frage 135, S. 104) in die Qualen der Hölle tragen (vgl. Sidrac, Frage 135, S. 104f, Sidrac, Frage 21, S. 49f, Sidrac, Frage 286, S. 172-174). Das betreffende Kapitel des Lekenspiegel folgt der Darstellung des Sidrac (Frage 21 und 135, siehe MAK 1957b, S. 275, Anm. 48) beinahe wörtlich, lässt aber das Kampfelement weg (vgl. Lsp., I, 20). Plastischer ausgebaut ist in diesem Kapitel des Lekenspiegel hingegen die Rolle der Engel und der Teufel.69 Wenn ein Mensch ein gottgefälliges Leben geführt hat, ruft sein Schutzengel bei seinem Tod eine Schar Engel herbei, die seine Seele als gerechten Lohn für den lebenslangen Streit gegen den Teufel in den Himmel überführen (vgl. Lsp., I, 20, V. 1-20).70 Die unglückseligen Seelen verstockter Sünder werden hingegen von einer Schar Teufel unter Schlägen und Stößen in die Hölle geworfen (vgl. Lsp., I, 20, V. 47-68). Anders als im Sidrac wird im Lekenspiegel explizit die Rolle Gottes als Richter beim Individualgericht thematisiert (vgl. Lsp., I, 19, V. 51-55).

Diese Abweichung ist ein gutes Beispiel dafür, dass Jan van Boendale vielleicht den Sidrac unreflektiert übersetzt hat, aber bei seiner eigenen Bearbeitung – dem Lekenspiegel – Anpassungen vornimmt – besonders bei ihm am Herzen liegenden Themen wie Gott als Richter. Teilweise referiert Jan van Boendale auch nur implizit an einen Gerichtsmoment nach dem Tod, zum Beispiel im Prolog des dritten Buchs des Lekenspiegel (vgl. Lsp., III, Prolog, V. 35-46, besonders V. 43f: Ende dat wi ter lester stonden / Claer ende suuer werden vonden).

67 Auch wenn Christus nicht persönlich auftritt, wird wohl jedem mittelalterlichen Leser deutlich gewesen sein, dass die Engel nicht selbstständig entscheiden, sondern Gottes Willen ausführen.

68 Während in den meisten scholastischen Texten, wenn sie diese Thematik behandeln, die Vorstellung zu finden ist, dass die scheidende Seele von Engeln empfangen und zu ihrem Aufenthaltsort im Jenseits geleitet wird, ist im Elucidarium – einer wichtigen Quelle des Sidrac – diese Aufgabe spezifisch dem Schutzengel des Verstorbenen zuge-teilt, der von weiteren Engeln begleitet wird (siehe OTT 1990, S. 2).

69 Vergleiche auch das Exempel von dem Einsiedler und dem Räuber in Lsp., III, 114, V. 589-662, in dem die Seele des Räubers direkt nach dem Tod von Engeln in den Himmel geholt wird und die Seele des Einsiedlers von Teufeln in die Hölle.

70 Jeder Mensch hat einen Schutzengel, dessen Aufgabe es ist, die ihm von Gott anvertraute Seele vor dem Teufel und seinen dämonischen Helfern zu behüten (vgl. Lsp., I, 6, V. 1-42). Schutzengel und ihre Hierarchie sind ein Thema bei Jan van Leeuwen in Inval, f. 71rb-71va.

5 Individualeschatologie

In Lodewijks van Velthem Übersetzung der Visio Tnugdali in der Vierten Partie des Spiegel Historiael finden wir im untersuchten Korpus die einzige dramatische Beschreibung des Kampfes zwischen guten und bösen Geistern in der Sterbestunde.71 Es handelt sich jedoch nicht um eine Beschreibung des Individualgerichts im eigentlichen Sinn.72 Die in Irland um 1149 entstandene Jenseitsvision Visio Tnugdali war eine der einflussreichsten Vertreterinnen ihres Genres. In ihr wird beschrieben, wie die Seele des irischen Ritter Tnugdal – auf Mittel-niederländisch heißt er Tondalus – unter Führung eines Schutzengels drei Tage durch das Jenseits reist und dabei verschiedene Teile der Hölle und das mit einer Mauer umgebene Paradies besucht. Der sehr lange und literarisch anspruchsvolle lateinische Text fand sehr schnell weite Verbreitung, sowohl als selbstständige Jenseitsvision als auch als gekürzte Version, z. B. als Teil des Speculum Historiale des Vinzenz von Beauvais, und wurde in verschiedene Volkssprachen übersetzt.73 Von der hohen Popularität der Visio Tnugdali zeugen zehn mittelhochdeutsche und vier mittelniederländische Übersetzungen, darunter die Über-setzung Lodewijks van Velthem, sowie unzählige Verweise und Zitate in anderen Gattungen.74 Die erste Rezeption im niederländischen Sprachgebiet fand bei Lodewijk van Velthem statt (siehe ENDEPOLS & VERDEYEN 1914-1917, Bd. 1, S. 90), wenig später rezi-pierte sie auch Jan van Boendale im Lekenspiegel (siehe PALMER 1982, S. 101f).

In der Vierten Partie wird berichtet, dass Tondalus gestorben zu sein scheint, er aber wegen einer warmen Stelle unter seinem linken Arm nicht sofort begraben wird, sondern man ihn aufgebahrt liegen lässt (vgl. SH IV, Zweites Fragment, V. 164-199, DE VOOYS 1912, S. 70f). Als Tondalus nach drei Tagen wieder zum Leben erwacht, berichtet er, was seine Seele in der Zwischenzeit erlebt hat. Unzählige Teufel hätten bereitgestanden und schaden-froh verkündet, dass Tondalus’ Seele zur Hölle verurteilt sei; sie hätten sofort angefangen, die aus dem Körper scheidende Seele zu attackieren (Ende begonden metten tanden te clane / Ende te criselne, ende met den clawen / Begonden si na hare gelauwen / Met vreseliken anesiene, SH IV, Zweites

71 Die mittelniederländische Übersetzung der Visio Tnugdali von Lodewijk van Velthem ist nur fragmentarisch erhalten. Nachdruck der von DE VOOYS 1912 herausgegebenen Fragmente der Visio Tnugdali in der Vierten Partie in ENDEPOLS & VERDEYEN 1914-1917, Bd. 1, S. 91-100. Von der Vierten Partie existiert eine oberdeutsche

Prosaübersetzung, die in zwei Handschriften bewahrt ist, aber noch einer Edition harrt. Siehe PALMER (1982, S. 191-201) zur Übersetzung der Visio Tnugdali in der mittelniederländischen Vierten Partie und einigen Auszügen aus der oberdeutschen Version. Zur oberdeutschen Prosaübersetzung der Vierten Partie siehe auch PALMER 1976 und WUTTKE 2009. Vgl. den hier besprochenen Anfang der Visio Tnugdali in den mittelniederländischen Prosaversionen in ENDEPOLS & VERDEYEN 1914-1917, Bd. 2, S. 6-29.

72 Von einem Urteil Gottes ist in der Fünften Partie nur in Bezug auf das Jüngste Gericht die Rede (vgl. SH V, VIII, 32).

73 Siehe MORGAN 1990, S. 231f, zur lateinischen Visio Tnugdali.

74 Einige mittelniederländische Prosaversionen der Visio Tnugdali (und des Tractatus de Purgatorio Sancti Patricii) wurden untersucht und herausgegeben in ENDEPOLS & VERDEYEN 1914-1917, Bd. 2. Für eine ausführliche Nacherzählung der Visio Tnugdali siehe ebd., Bd. 1, S. 51-59. Zur Rezeption der lateinischen Vision bei Dionysius dem Karthäuser, der sie u.a. als Beleg für das Individualgericht anführt, siehe ebd., Bd. 1, S. 81-86. Für eine Liste der Handschriften und Drucke in verschiedenen Sprachen siehe ebd., Bd. 1, S. 110-164.

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Fragment, V. 259-262, DE VOOYS 1912, S. 75). Sein Schutzengel hätte einen Teufel abgewehrt, der die Seele stark bedrängte.75 Als den Teufeln die ihnen sicher geglaubte Beute entrissen wurde, wurden sie sehr zornig und fingen an, Gott als ungerecht zu beschimpfen (vgl. SH IV, Zweites Fragment, V. 346-353, DE VOOYS 1912, S. 76).76 Dann hätte ihn sein Schutzengel mit auf eine Reise durch das Jenseits genommen, um ihm zu zeigen, was ihn erwarten würde, wenn er seinen Lebenswandel nicht verbessere. An dieser Stelle bricht das Fragment ab.

Obwohl aus Jans van Leeuwen Traktaten deutlich wird, dass er von einer Entscheidung über das jenseitige Schicksal der Seelen aufgrund ihres irdischen Lebenswandels unmittelbar nach dem Tod ausgeht (vgl. u. a. Tien gheboden, f. 39rb-39va), finden wir in ihnen nur wenige Informationen zum Individualgericht. Jan van Leeuwen scheint Gott als Richter auch beim besonderen Gericht vor Augen zu haben: wie ten vaghevier oft ter hellen behoren sal, dit uitwendeghe ordeel selen wi al den oversten rechtere gode bevelen, die alle herte bekint ende siet (Dboec tien gheboden, f. 30rb). Auffälligerweise erwähnt er nirgends Engel als Begleiter der Seelen in den Himmel, dafür treten jedoch mehrmals Teufel auf, die die Seelen der Sünder in die Hölle überführen wollen (daer na de duvelen comen met haren ghesellen ende wille de ziele ter hellen wert quellen, Dboec tien gheboden, f. 12va, vgl. Tienderhande, f. 134va, IX choren, f. 80va, Ongherechticheit, f. 117ra). Warum lässt Jan van Leeuwen das positive Potential der Vorstellung der die Seelen in den Himmel begleitenden Engel ungenutzt? An der Volkstümlichkeit dieses Motivs kann es nicht gelegen haben, da Teufel nicht weniger volkstümlich als Engel sind. Ein wichtiges Detail könnte sein, dass in einem seiner Traktate die scholastische Vorstellung durchzuschimmern scheint, dass die Seelen von selbst an die Jenseitsorte streben: Des en condi oec niet gheweten te welker steden noch te wat herberghen dat u ziele ierst toetrecken sal, Tien gheboden, f. 39rb-39va.77

75 Im Fragment steht: Mettien die Inghel sta... / Enen duvel daer alte han ... / Die tundaluse vor die ... / Sere ane ghinc in dien ...

(SH IV, Zweites Fragment, V. 326-329, DE VOOYS 1912, S. 75). Diese Lesung korrespondiert mit der von DE VOOYS (1912, S. 75) zitierten parallelen Passage in der Visio Tnugdali: „Et extendens manum in vnum immundorum spirituum qui prae ceteris ei maledictis insultabat.“

76 Diese Passage ist sehr fragmentarisch: ... ded[et] de duvle begond .. / Had ... des so groten to ... / Dat si ... niet cond ... / Si spra .. aldus te desen d .... / Dat onse here ware onge ... / Want hi hu ende elre echt / Niet en hout dat hi ges ... / Hevet dat soude sijn ge ... (SH IV, Zweites Fragment, V. 346-353, DE VOOYS 1912, S. 76). Vgl. mit der in DE VOOYS (1912, S. 76) gedruckten parallelen lateinischen Passage: Demones hoc audientes et mala que minabantur se non posse inferre audientes blasphemaverunt deum injustum esse dicentes: qui non reddebat sicut promiserat vnieuique secundum opera sua: et post hoc in sometipsos insurrexerunt: et plagis quibuscunque poterant se mutuo percutiebant: et nimio factore cum ingenti tristitia et indignatione recesserunt.

77 Jans van Leeuwen unspezifische Beschreibung ähnelt der eingangs dieses Unterkapitels angedeuteten unscharfen Definition des Individualgerichts in der Dogmatik und Scholastik. Vgl. DINZELBACHER (2001, S. 99f) zur Lösung der Dichotomie zwischen Jüngstem Gericht und Individualgericht bei Thomas von Aquin: „Thomas hatte allerdings auch schon eine Lösung gefunden, die von einem eigentlichen Gerichtsverfahren absieht: er erklärte, daß die guten bzw. die bösen Seelen von selbst dem ihnen natürlichen Ort zustreben, sozusagen angezogen von der Gravitation des Himmels oder der Hölle.“ In einigen gelehrten Vorstellungen des Individualgerichts, wie z.B. bei Katharina von Siena, wird diese Vorstellung Thomas’ übernommen und eine sich selbst richtende Seele beschrieben (ebd., S. 111).

5 Individualeschatologie

Es hat den Anschein, dass das Individualgericht für Jan van Leeuwen insgesamt eine untergeordnete Rolle spielt, da es ihm um die eschatologischen Endbestimmungen, das heißt Himmel oder Hölle, geht:

Ende dan salre talre achterst na volghen van der eyseleker toecomst der gherechtecheit gods, die de quade veroordeelen sal met haren quaden werken sonder alle ontfaermherticheit ende salse verdeluwen ter eewegher maledictien van den boucke des levens. Ende god sal de goede in contrarien die in hen ghetrauwen met haren goeden werken behouden ouermits sijn ontfaermherticheit in dat eeweghe leven tot sijnre glorien. Nu kiest ende deelt voort welc ghy wilt: want tot eeneghen van tween moeten wy emmer commen weder ter eewegher bliscap of ter eewegher pinen der hellen (Tienderhande, f. 103va-vb).

Die Vorstellungen zum Ablauf des Individualgerichts waren Jan van Leeuwen zwar bekannt, wie die Aufnahme des Motivs der die Seele belagernden Teufel zeigt, er scheint sich aber bei Anspielungen auf das Gericht zumeist auf das Jüngste Gericht zu beziehen, oder dieses zumindest mitzubedenken (vgl. u. a. Tien gheboden, f. 8rb). Dafür spricht besonders, dass er den Lohn für den richtigen Lebenswandel erst beim Jüngsten Gericht sieht: Ende oec overmits dese dinghen ware dat sake dat wise oefenden, soe soude ons daghelics werden ghegheven gracie om gracie. Ende souden daer toe oec loen ende andworde ontfaen inden jonxten daghe na groetheit onser verdienten van elken werke dat wy gode teeren ghedaen ende ghewracht hebben in gracien (Drie coninghen, f. 100vb, vgl. Armen mensche, f. 131rb-131va).

5.2.2 Das Verhältnis zwischen Individualgericht und Jüngstem

Im Dokument Im Diesseits das Jenseits bereiten (Seite 139-143)