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Also etwa so, als ob man zuerst die denkbaren Pflanzentypen entwirft und dann nach den passenden Pflanzen sucht?

Im Dokument Poleznyi Dialog (Seite 79-82)

(zum Überblick: GOBYN 1984), wie z.B. bei Untersuchungen zur funktionalen Satzperspektive. Gleichwohl scheint die Oberflächenstruktur eines Textes wesentlich dazu beizutragen, daß er vom Alltagssprecher einer bestimmten Textsorte zugeordnet wird.

Darauf weisen die Ergebnisse einer Untersuchung hin, die DIMTER mit verfremdeten Texten durchgeführt hat (DIMTER 1981, 122 ff.).

Spätere Arbeiten sind stärker von textextemen Ansatzpunkten, wie z.B. der Funktion des Textes oder der Kommunikationssituation ausgegangen (s. z.B. GÜLICH/RAIBLE 197S).

Trotz der großen Heterogenität der Terminologie im Bereich der Textsortenlinguistik - Begriffe wie Textsorten, Texttypen, Textklassen stehen neben Textmuster und Textform u.a. - kann man Typologisierungen danach unterscheiden, ob sie von Textsorten (auch Textklassen (DIMTER 1981), Textmustem (SANDIG 1978)) oder Texttypen OSENBERG

1984) ausgehen. Texttypen bezeichnen Erscheinungsformen von Texten, die im Rahmen einer Texttypologie beschrieben und definiert werden können (ISENBERG 1984). Bei dieser theoriebezogenen Bezeichnung geht also der gedankliche Weg von der Klassifikation zum Phänomen (deduktives Vorgehen

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Diese Art der Klassifikation unterliegt einer großen Beliebigkeit der Klassifikations-möglichkeiten (vgl. DIMTER 1981, 28), die die Gefahr der empirischen Inadäquanz in sich birgt (vgl. BRINKER 1988, 120; s. 3.).

Demgegenüber bezeichnet der Ausdruck Textsorte (bei DIMTER Textklasse) Erscheinungsformen von Texten, "... die durch die Beschreibung bestimmter, nicht für alle Texte zutreffender Eigenschaften charakterisiert werden kann, unabhängig davon, ob und auf welche Weise diese Eigenschaften im Rahmen einer Texttypologie theoretisch erfaßbar sind" OSENBERG 1983, 308 ).

Ausgangspunkt für die Konstitution solcher Textsorten ist das Vorhandensein alltagssprachlicher Textsortennamen (vgl. DIMTER 1981, 29 - s.a.o.), die auf die Existenz und Relevanz verschiedener Textsorten hindeuten: "Wenn sprachliche Handlungsweisen in einer Gemeinschaft relevant sind, gibt es für sie auch Benennungen ... So sind Benennungen von monologischen oder dialogischen Handlungsarten ein erster Hinweis darauf, daß ein Textmuster vorliegt." (SANDIG 1978, 21). Erst in einem weiteren Schritt

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folgt dann die Einordnung der Textsorten in einen theoretischen Rahmen (vgl. GÜLICH 1986, 18). D.h. hier geht der Gedankengang vom Phänomen zur Klassifikation.

Für eine möglichst große Annäherung an den Wissensrahmen, der Produktion und Rezeption journalistischer Textsorten zugrundeliegt, scheint es daher sinnvoll, vom Textsortenansatz auszugehen. Denn Teil des Alltagswissens ist nur das Textsortenwissen (vgl. GÜLICH 1986, 18; DIMTER 1981, 29), nicht aber das theoretische Wissen über Texttypologien. Das alltagssprachliche Textsortenwissen ist für die Kommunikation relevant (vgl. GÜLICH 1986, 18). Da Zeitungslesen - und damit auch Schlagzeilen- Lektüre - eine Form der Kommunikation ist, ist beim Zeitungslesen Textsortenwissen relevant (vgl. RATHMAYR 1988, 351).

Ansätze die von Textsorten ausgehen, sind für das Deutsche z.B. bei DIMTER (1981) und BRINKER (1988) zu finden (3.3.1. und 3 .3 .2 .), für das Russische vor allem im Bereich der Funktionalstilistik (3.3.3.).

3.3.1. DIMTER (1981)

DIMTER geht in seiner Monographie von 1981 von alltagssprachlichen Textklassenkonzepten aus. Die Textklassen werden an den alitagssprachlichen Namen erkennbar. Indem die Sprecher einer Sprache diese Textklassennamen verwenden, wenn sie 7.R. von einem Brief oder einer Bedienungsanleitung sprechen, kennzeichnen sie einen konkreten Text als Vertreter einer bestimmten Klasse. Für diese Klassifizierung müssen die Sprecher über Textklassenkonzepte verfügen, d.h. es gibt eine alltagssprachliche Textklassifikation. Diese alltagsprachlche Textklassifikation charakterisiert DIMTER (1981, 29 f.) als

(i) ... sowohl ziemlich umfassend, als auch sehr differenziert.

(ii) Sie hat sich in einem langen historisch-gesellschaftlichen Prozeß entwickelt und wird

ständig weiter verfeinert.

(iii) Sie wird ständig verwendet und kann daher als funktionsfähig angesehen werden.

Die Produktivität dieser Klassifikation ermöglicht dabei eine beinahe unbegrenzte Differenzierungsfähigkeit. Im Deutschen wird die Produktivität häufig durch Kompositabildung realisiert. DIMTER gibt dafür das Beispiel

"Erdbeerbauemwetterbericht" (1981, 30). Einen Eindruck von der Differenzierungsfähigkeit dieser alltagssprachlichen Textklassifikation gibt DIMTERs Auszählung aller im DUDEN genannten Textklassennamen. Insgesamt hat er 1642 Textklassennamen gezählt. Diese hat er unterschieden in grundlegende (480) - wie z.B.

Bericht, Vertrag usw. - und abgeleitete (1163; sic!). Als abgeleitet soll ein Textklassenkonzept gelten, das "ein alltagssprachlich bereits benanntes Konzept in weiteren Merkmalen spezifiziert" (DIMTER 1981, 33), wie z.B. Liebesbrief zu Brief.

DIMTER untersucht dann im weiteren die textextemen Merkmale nicht-dialogischer Gebrauchstexte. Textinteme Merkmale werden nicht berücksichtigt, weil die Erfassung aller relevanten textintemen Merkmale zu umfangreich wäre. Gleichwohl hat ein Test mit zehn entfremdeten Texten die Wichtigkeit allein der Oberflächenstruktur für die Zuordnung eines Textes zu einer bestimmten Textklasse deutlich gemacht (DIMTER 1981, 123-134).

Die textextemen Merkmale werden in den Kategorien Kommunikationssituation, Textfunktion und Textinhalt untersucht. Diese Kategorien erweisen sich bei der semantischen Analyse der Textklassennamen als die grundlegenden.

Diesen drei Kategorien ordnet DIMTER Merkmale zu. So umfaßt z.B. die Kategorie Kommunikationssituation die Merkmale Textproduzent (P), Textrezipient (R), die Definitheit von P und R füreinander, Kanal, Konservencharakter eines Textes, Zeitrelation, Ortsrelation, Kontaktrelation und Anzahl der Rezipienten. Diese Merkmale weisen jeweils bestimmte Merkmalsausprägungen auf. So kann z.B. das Merkmal Kanal optisch oder akustisch ausgeprägt sein.

Anhand dieser Merkmale und ihrer jeweiligen Ausprägungen lassen sich dann einzelne alltagsprachliche Textklassenkonzepte darstellen. DIMTER zeigt das an acht Textklassenkonzepten, von denen vier grundlegende sind und die anderen vier jeweils von den grundlegenden abgeleitete, so z.B. Telegramm und Beileidstelegramm (DIMTER 1981, 110). Dabei fällt auf, daß nur eines der acht Textklassenkonzepte hinsichtlich aller Merkmale bestimmt ist, nämlich der Gestellungsbefehl. Am anderen Ende der Skala steht das Feuilleton, das nur in bezug auf die Funktion festgelegt ist (DIMTER 1981, 111).

DIMTER entwickelt aus dem Grad der Festlegung in den einzelnen Kategorien Textklassen, die sich in eine Typologie einordnen ließen, die von "einfach situativ oder funktional oder einfach inhaltlich bestimmten Textklassen bis zu vollständig situativ und funktional und vollständig inhaltlich bestimmten Textklassen" reicht (DIMTER 1981, 112).

Die drei journalistischen Textsorten unserer Untersuchung lassen sich nach DIMTERs Ansatz wie folgt darstellen:

00050338

Alle drei Textklassenkonzepte sind vollständig situativ und funktional und inhaltlich bestimmt. Unterschiede weisen diese Textklassenkonzepte demnach nur in den Merkmalsausprägungen auf. Im Hinblick auf die Kommunikationssituation unterscheiden sich Kommentar und Reportage vom Bericht durch die Definitheit des Produzenten für den Rezipienten. Die für den Leser erkennbare Definitheit des Autors als Person wird auch in

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