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Definition des Gewerbeimmobilienmarktes

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 51-54)

7.5 Zusammenfassung: Eignung vs. Akzeptanz

3.1.1 Definition des Gewerbeimmobilienmarktes

Es liegt nahe, die Definition des Gewerbeimmobilienmarktes über eine Erläuterung der drei Einzelbestandteile des Kompositums, „Gewerbe“, „Immobilie“ und „Markt“, vorzunehmen:

Der Marktbegriff konstituiert die Bezeichnung der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung in West- und Zentraleuropa sowie in weiten Teilen der Welt, der Marktwirtschaft. Dieser Begriff ist daher sowohl geläufig in der Umgangssprache als auch grundlegend in der Terminologie der Wirtschaftswissenschaften. Dennoch wird der Begriff mit einigen Nuancen verwendet, so dass eine Klarstellung hier sinnvoll erscheint. Der Brockhaus unterscheidet zwei Bedeutungen des Wortes. Zunächst die alltägliche Bedeutung einer „Veranstaltung, zu der an bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten Käufer und Verkäufer zusammentreffen, um Waren zu erstehen oder abzusetzen […]“91. Diese Bedeutung lehnt sich an den antiken oder mittelalterlichen Wo-chenmarkt an, der bis zur heutigen Zeit existiert und den historischen Ausgangspunkt für die allgemeinere, ökonomische Bedeutung darstellt. Nach dieser zweiten Bedeutung des Wor-tes ist ein Markt „der (gedachte) Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage […]“92.

Thommen / Achleitner (2003) grenzen ebenso den historischen und volkstümlichen Begriff des Marktes als Marktplatz von der wirtschaftswissenschaftlichen Bedeutung des Marktbegriffes ab. Dabei differenzieren sie den wirtschaftswissenschaftlichen Marktbegriff noch in ein volks- und ein betriebswirtschaftliches Verständnis. Aus Sicht der Volkswirtschaft umfasst der

91 BROCKHAUS (1996), S. 582.

92 BROCKHAUS (1996), S. 582.

Konzept zur Analyse der Immobilienmarktentwicklung Seite 35

Markt „die Gesamtheit der Nachfrager und Anbieter […]“93. Maßgeblich sind die „[…] öko-nomischen Aspekte des Tausches […]“,94 nicht der Ort des Handelns. Davon unterscheiden sie den Marktbegriff der Betriebswirtschaftslehre, der ausschließlich auf die Nachfrageseite abstellt und unter dem Begriff „Markt“ die Gesamtheit potenzieller und tatsächlicher Käufer subsumiert.95 Die Definition des Marktbegriffs für die vorliegende Arbeit entspricht der volks-wirtschaftlichen Sichtweise, die im Gabler Wirtschafts-Lexikon sehr knapp und prägnant be-schrieben wurde. Demnach ist der Markt „ökonomischer Ort des Tausches, an dem sich durch Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage Preise bilden.“96

Die Bedeutung des Wortes „Immobilie“ ist ebenso wie der Marktbegriff aus der Alltagsspra-che geläufig. Mehr noch als beim Marktbegriff mangelt es hier an einer einheitliAlltagsspra-chen Definition.

Vielmehr wird das Wort „Immobilie“ mit anderen Begriffen in der Regel synonym verwendet.

Dabei sprechen Juristen vom Grundstück oder grundstücksgleichen Recht, Ingenieure vom Bauwerk oder Gebäude. Das Wort „Immobilie“ taucht in keiner Legaldefinition auf. Auch in der immobilienökonomischen Literatur findet man selten eine Definition. Für dieses Buch soll die Definition aus Schulte (2004) verwendet werden. Demnach sind Immobilien

„[…] Wirtschaftsgüter, die aus unbebauten Grundstücken oder bebauten Grundstücken mit dazugehörigen Gebäuden und Außenanlagen bestehen.

Sie werden von Menschen im Rahmen physisch-technischer, rechtlicher, wirtschaftlicher und zeitlicher Grenzen für Produktions-, Handels-, Dienstleistungs- und Konsumzwecke genutzt.“97

Betrachtet man ausschließlich den ersten Satz der obigen Immobiliendefinition in Verbindung mit dem volkswirtschaftlichen Marktbegriff, stellt sich der Immobilienmarkt dar als der ökono-mische Ort, an dem Wirtschaftsgüter getauscht werden, die aus Grundstücken und Gebäuden bestehen. Dies würde einen Immobilienmarkt aufzeigen, auf dem Immobilieneigentum ge-handelt wird. Im zweiten Teil der Immobiliendefinition wird darüber hinaus deutlich, dass auch die Nutzung (bzw. Nutzungsmöglichkeit) ein konstitutives Merkmal der Immobilie ist. Die Nut-zung setzt den Besitz voraus. Am Immobilienmarkt wird folglich nicht nur Immobilieneigentum, sondern auch Immobilienbesitz gehandelt. Die in der Definition angesprochenen zeitlichen Grenzen machen deutlich, dass es sich bei der Immobilie um ein langlebiges Wirtschaftsgut handelt. Daher sind neben den neu erstellten Produkten auch die alten Bestände und das Verhältnis dieser beiden Kategorien zueinander als Bestandteil des Immobilienmarktes anzu-sehen. Letztlich ist die Immobilie aufgrund ihrer ökonomischen Eigenschaften ein äußerst

93 Thommen / Achleitner (2003), S. 124. Hervorhebung im Original.

94 Thommen / Achleitner (2003), S. 124.

95 Vgl. Thommen / Achleitner (2003), S. 124-125.

96 GABLER (1988), S. 283. Mittlerweile wurde diese prägnante Formulierung leider durch eine längere Einlas-sung ähnlichen Inhalts ersetzt, so dass sich das o.g. Zitat in der aktuellen 16. Auflage nicht mehr findet.

97 Schulte / Bone-Winkel / Focke (2004), S. 16.

komplexes Wirtschaftsgut.98 Die Funktion eines Immobilienmarktes ist daher auch vom Ange-bot an speziellen und professionellen Dienstleistungen abhängig.

Somit kann man unterschiedlich weite Auffassungen eines Immobilienmarktes haben. Im engsten Sinn entspricht dieser Markt nur dem ökonomischen Ort des Tausches von Eigen-tumsrechten an Immobilien. Dieses Marktverständnis ist geläufig von anderen Wirtschaftsgü-tern. Unter dem Automobilmarkt versteht man beispielsweise auch den Neu- und Gebraucht-wagenmarkt für Eigentumsrechte, nicht den Markt für Mietautos. Hinsichtlich des Immobilien-marktes empfiehlt sich diese engste Sichtweise jedoch nicht, da ein vergleichsweise hoher Anteil der Objekte nicht eigengenutzt ist. Daher ergibt sich einerseits die Existenz eines aus-geprägten Marktes für Besitzrechte (Mietmarkt), der andererseits interdependent zum Markt für Immobilieneigentum ist. Ein weiterer Markt, der mit dem Eigentumsmarkt direkt zusam-menhängt, ist der Projektentwicklungsmarkt für neue Objekte. Diese drei Teilmärkte werden in der Literatur häufig als Immobilienmarkt bezeichnet und so zusammengefasst.99 Hier soll die-se Auffassung als Immobilienmarkt im engeren Sinn bezeichnet werden. Unter Immobilien-markt im weiteren Sinn sollen hingegen zusätzlich zum ImmobilienImmobilien-markt im engeren Sinne noch die Märkte für Immobiliendienstleistungen verstanden werden.

Diese Definition ist ungewöhnlich umfangreich und bedarf daher der Erläuterung. Der Markt für Immobiliendienstleistungen, bzw. das Angebot auf diesem Markt, ist ein Teil des institutio-nellen Rahmens des Immobilienmarktes im engeren Sinn. In der Literatur werden gewöhnlich Immobilienmärkte in entwickelten Marktwirtschaften betrachtet. Diese weisen bereits ein ent-wickeltes und etabliertes Institutionengefüge auf, zu dem auch die Palette von Dienstleistun-gen zählt, die in den jeweiliDienstleistun-gen Märkten angeboten wird. VeränderunDienstleistun-gen der Institutionen und der angebotenen Dienstleistungen erfolgen – wenn überhaupt – nur graduell im Zeitablauf.

Daher ist es sinnvoll, den Einfluss dieses Rahmens aus der Analyse auszublenden, wenn man den Immobilienmarkt im engeren Sinne betrachtet. Im dynamischen Umfeld des Transformati-onsprozesses jedoch bilden sich Marktinstitutionen und auch Dienstleistungen erst heraus.

Sie sind damit in der Anfangsphase deutlichen Veränderungen unterworfen und keineswegs als konstanter Rahmen anzusehen. Da die Ausgestaltung des Immobiliendienstleistungssek-tors und anderer Marktinstitutionen Einfluss auf die Funktionsweise der Immobilienmärkte im engeren Sinne hat, sollen solche Institutionen und der Markt für Immobiliendienstleistungen in der vorliegenden Arbeit ebenfalls beachtet werden. Wenn im Folgenden vom Immobilienmarkt die Rede ist, ist daher der Immobilienmarkt im weiteren Sinn gemeint.

98 Vgl. Schulte / Bone-Winkel / Focke (2004), S. 17.

99 Vgl. beispielsweise DiPasquale / Wheaton (1996), S. 2 (dort wird nur von zwei Märkten ausgegangen, da der Eigentumsmarkt und der Projektentwicklungsmarkt zusammengefasst sind); Grayson et al. (1995). Eine solche Abgrenzung verwenden implizit auch Schulte / Bone-Winkel / Focke (2004), S. 21-22.

Konzept zur Analyse der Immobilienmarktentwicklung Seite 37

Schließlich bleibt für eine vollständige Erläuterung des Begriffs „Gewerbeimmobilienmarkt“

noch, die Bedeutung des Teilworts „Gewerbe“ zu klären. Das Wort „Gewerbe“ grenzt die Ana-lyse grundsätzlich auf sachliche Teilmärkte für solche Immobilien ein, die für gewerbliche Zwecke genutzt werden.100 Im Rahmen der oben stehenden Immobiliendefinition sind das Immobilien, die für Produktions-, Handels- und Dienstleistungszwecke genutzt werden. Für die vorliegende Arbeit wird diese Gruppe noch weiter eingeschränkt.

Zusammenfassend kann man das Verständnis des Wortes Gewerbeimmobilienmarkt in der vorliegenden Arbeit so darstellen: Der Gewerbeimmobilienmarkt ist der ökonomische Ort, an dem das Angebot an und die Nachfrage nach

• Grundstücken und Gebäuden mit gewerblich genutzten Flächen,

• deren Nutzungen sowie

• Dienstleistungen für diese Teilmärkte

aufeinander treffen und an dem sich die Preise für Objekte, Nutzungen und Dienstleistungen bilden.

Vor dem Hintergrund des Investitionsverhaltens institutioneller Investoren, insbesondere der offenen Immobilienfonds, erfolgt eine Beschränkung auf Büro- und Einzelhandelsimmobi-lien, da die beiden zu den bevorzugten Investitionsobjekten dieser Investorengruppe gehö-ren.101

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