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Decken- und Wandgemälde im Presbyterium

4. WERKBESCHREIBUNG

4.4. Pfarrkirche von Au/Hallertau

4.4.2. Decken- und Wandgemälde im Presbyterium

4.4.2.1. Planung und Ausführung

Die am 1. April 1904 eingereichten Vorschläge zur Ausgestaltung der neuen Chorerweiterung beinhalteten neben den Skizzen der Kirchenmaler Boeckl und Hofmann (für die dekorative Ausge-staltung) mehrere Kartons von Hofstötter für die Bilder in den Feldern der Decke und an den Wän-den.362

In einem Schreiben der kgl. Regierung von Niederbayern (Kammer des Innern) an das Regens-burger Ordinariat wurde der Vorschlag Boeckls favorisiert, bei dem die Pilasterflächen nicht mar-moriert werden sollten (Projekt a), während die Kirchenverwaltung die Marmorierung bevorzugte (Projekt b). Im gleichen Schreiben befinden sich die Genehmigungen des Ordinariats vom 25. April 1904 für das Projekt a) (ohne Marmorierung der Pilasterflächen) des Kirchenmalers Johann Boeckl und für die Ausmalung durch Hofstötter, wobei die "sehr rohe " Ausführung der Skizzen bemängelt wurde. Hofstötter erhielte dann den Auftrag, "wenn diese Ausführung im sorgfältigeren u.

würdigeren Sinn würde, als es die vorgelegte Skizze teilweise (vgl. z.B. die Darstellung der Heil.

Maria Magdalena!) erkennen läßt. "363

Aus dem Brief geht auch hervor, daß ursprünglich statt dem ausgeführten Thema "Letztes Abendmahl" die "Austreibung der Händler aus dem Tempel" vorgesehen war.

Im Genehmigungsschreiben der Regierung (Reg.-Entschließung Nr. 12686) vom 4. Mai 1904 wer-den die Bedingungen des Ordinariats beinahe wörtlich wiederholt und mit dem Zusatz versehen, daß die "Weglassung oder Vereinfachung mancher Nebenbilder ..., sparsamere Anwendung der roten Farbe etc. ... den etwas überladenen Charakter der Deckenausschmückung etwas mildern "

würde.364

Nachdem am 19. April die Regierung von Niederbayern (Kammer des Innern) bzw. am 25. April das Bischöfliche Ordinariat Regensburg die Vorschläge Hofstötters zur Deckenausmalung (mit den Themen "Fußwaschung beim letzten Abendmahl, u. Austreibung der Händler aus dem Tempel ...

und 16 kleinere Darstellungen in den Gewölbezwickeln u. als Umrahmung der größeren Bilder ...

Propheten, u. verschiedene Szenen aus dem Leben des göttl. Heilands ") trotz einiger Bedenken gegen die Ausführung der Skizzen vorläufig genehmigt hatten,365 kam die endgültige Zustimmung wegen der nicht vollständig gesicherten Finanzierung erst im Mai bzw. August 1904 zustande.

Empfohlen wurde dabei eine "Weglassung oder Vereinfachung mancher Nebenbilder ..., sparsamere Anwendung der roten Farbe etc. ... [, um] den etwas überladenen Charakter der Deckenaus-schmückung etwas [zu] mildern. "366

Im Frühsommer 1904 bat Hofstötter um die genauen Maße der Deckenfelder, da er die Absicht hatte, die endgültigen Kartons dafür zu zeichnen. Gleichzeitig teilte er mit, daß seine Entwürfe die 362 Staatsarchiv Landshut, Rep. 164 Verz. II Fasz. 31 Nr. 760, Akt Nr. 67.

363 Ordinariatsakten Au/Hallertau im Diözesanarchiv Regensburg, Num.Exh. 3532.

364 Siehe Akten im Staatsarchiv Landshut, Rep. 164 Verz. II Fasz. 31 Nr. 760, , Nr. 71.

365 "Die Skizzen teilweise sehr roh! .. Ausführung im sorgfältigeren u. würdigeren Sinn .., als es die vorgelegte Skizze teilweise .. erkennen läßt ".

Siehe Ordinariatsakten Au/Hallertau im Bischöfliches Zentralarchiv (BZA) Regensburg, Num.Exh. 3532.

366 Siehe Staatsarchiv Landshut, Rep. 164 Verz. II Fasz. 31 Nr. 760, Akt Nr. 71 und Nr. 23440.

volle Zustimmung des Generalkonservatoriums in München gefunden hätten. In Bezug auf die Maltechnik empfahl er die Kaseinmalerei "als wirklich haltbarste und im Ton schönste ".367 Die Kosten für die Anfertigung der Deckenmalereien bezifferte Hofstötter auf 2000 Mark.368

Hofstötter begann im Juli 1904 mit den Arbeiten in der Kirche und war wegen dringender Aufträge in Passau bereits kurze Zeit später mit den Decken- und Wandbildern fertig, mußte dann aber im Frühjahr 1905 noch einige Ausbesserungen vornehmen.369

Einen förmlichen, schriftlichen Kostenvoranschlag lieferte er nach. Dabei ging er auch auf die an-zufertigenden acht Kirchenväter und Bistumsheiligen ein, über die er schrieb, daß sie "zu einer Zeit gelebt wo in liturgischen Costümen große Verschiedenheiten herrschten [;] auch haben einige zuletzt als Einsiedler etz. gelebt u. werden auch so dargestellt. " Zum wiederholten Male äußerte er die Bitte um Beschleunigung der nötigen Vorarbeiten an der Decke.370

Da die Finanzierung der Arbeiten nicht gesichert war - vor allem der Anteil der Kirchengemeinde Au war noch nicht endgültig fixiert -, setzte die Regierung die noch ausstehenden Arbeiten der inneren Gestaltung im Mai 1904 aus.371 Erst Ende August gab die Regierung von Niederbayern nach erfolgter Sicherung der Finanzierung die Genehmigung zum Beginn der Arbeiten an der In-nenausstattung.372

4.4.2.2. Programm und Beschreibung der Decken- und Wandbilder

Ein schriftlich festgelegtes Programm-Motto oder ein Vertrag konnten nicht gefunden werden. Die dargestellten Bildthemen (Abb. 101) nehmen Bezug auf das Geschehen in Chor bzw. Altarbereich der Kirche (z.B. "Abendmahl"), auf bedeutende Ereignisse aus dem Leben Christi (z.B. "Geburt",

"Ölberg" u.a.) sowie auf wichtige Persönlichkeiten der frühen christlichen Kirche (Kirchenväter) und auf Bistumsheilige (Bonifatius, Emmeram, Rupert, Erhard).

Hofstötter malte zwei größere Hauptbilder in der Mitte der Decke, nämlich die "Fußwaschung beim letzten Abendmahl" (A 21) und das "Letzte Abendmahl" (A 20, Abb. 102), das die im ersten Entwurf vorgesehene "Austreibung der Händler aus dem Tempel" (Skizze bzw. Entwurf nicht er-halten) ersetzte. Sie befinden sich innerhalb hochovaler Stuckumrahmungen. In die Bildfläche schneidet oben und unten kreissegmentförmig je ein geflügelter Engelskopf in teilweise vergolde-tem Stuck ein. Die Umrahmungen der übrigen Bildfelder sind ähnlich gestaltet.

Die eindrucksvolle Abendmahlsszene (A 20) zeigt einen durch Treppen erhöhten Raum mit ange-deuteter Bogenarchitektur und einem baldachinartig gestalteten Deckenabschluß. Christus steht, mit einem tiefroten Mantel über hellem Untergewand bekleidet und einer nimbusähnlichen Aura um den gesenkten Kopf, vor einigen zu ihm aufblickenden knieenden Aposteln. Er reicht ihnen 367 Pfarramt Au i.d. Hallertau, Briefe.

368 Siehe Akten im Staatsarchiv Landshut, Rep. 164 Verz. II Fasz. 31 Nr. 760, , Nr. 74.

369 Siehe Postkarten vom 23. Juni 1904 (und später), Briefe vom Herbst 1904 bzw. Winter/Frühjahr 1905 im Pfarramt Au/Hallertau.

370 Siehe Pfarramt Au i.d. Hallertau, Briefe.

371 Siehe Akten im Staatsarchiv Landshut, Rep. 164 Verz. II Fasz. 31 Nr. 760, , Nr. 86ff.

372 Siehe Akten im Staatsarchiv Landshut, Rep. 164 Verz. II Fasz. 31 Nr. 760, , Nr. 23440.

gerade den Kelch. Hinter der Mittelgruppe mit Christus und den Aposteln vor einem Tisch bildet eine bis auf dunkle Schattenpartien undefinierte blaue Fläche zwischen der Bogenarchitektur den Hintergrund. Die dreiecksartig gestaltete Figurenkomposition wird durch dunkel gekleidete, halb von hinten gezeigte Apostel auf der Treppe zum linken und rechten Bildrand hin abgeschlossen.

Eine gewisse Bildtiefe ergibt sich durch die auf der Treppe angeordneten, gestaffelten Krüge und Kranzgebinde.

Ähnlich aufwendig und z.T. figurenreicher als bei seinen bisherigen, früheren Bildkompositionen in Ludwigsthal und Weichering sind das zweite große Mittelfeld mit der "Fußwaschung" (A 21) und die vier wappenschildähnlich von Stuckrahmen umgebenen Darstellungen aus dem Leben Christi zwischen den Stichkappen ("Geburt Jesu"373, A 14, Abb. 105; "Anbetung der Könige", A 6; "Jesus und die Schriftgelehrten im Tempel", A 4, Abb. 106; "Christus am Ölberg", A 16) gestaltet.

In langgezogenen Wappenschilden in den Ecken des Presbyteriums sind die vier großen Propheten Jesaja (Isaias), Jeremias, Ezechiel und Daniel (annähernd als Ganzfiguren; A 2, A 8, Abb. 103, A 12, Abb. 104, A 18) dargestellt.

Da Hofstötter die Propheten völlig ohne Attribute gemalt hat, sind sie auf Grund der Darstellung allein nicht unterscheidbar. Darauf kam es Hofstötter auch nicht an, er wollte das Sinnbild eines Propheten und damit das Symbol für den festen Grund des Glaubens und die lange Tradition der Kirche zeigen. Dies ist ihm in den ausdrucksstarken, visionär wirkenden Gestalten gut gelungen.

Das Gleiche gilt auch für die in acht hochovalen Medaillonbildern in den Zwickeln der Stichkappen gezeigten vier Kirchenvätern Ambrosius, Augustinus, Hieronymus und Johannes Chrysostomus (A 3, A 9, A 11, A 17) und den Regensburger Bistumsheiligen Bonifatius, Emmeram, Erhard und Rupert (A 5, A 7, A 13, A 15).374

Über den Altar malte Hofstötter in ein vom Altaraufbau beinahe halb verdecktes Deckenfeld einen Engel (A 10).

Dies ist das einzige Deckenbild in Au, bei der er die auf die plane Fläche bezogene Darstellungs-weise verließ und eine Tiefenperspektive durch starke Untersicht des Engels in Rücksichtnahme auf den stark erhöhten Anbringungsort andeutete. Der Engel hat die Aufgabe auf das Geschehen im aufwendiger gestalteten Altarhauptbild mit dem Patron der Kirche überzuleiten.

An die Wand über das Oratorium setzte Hofstötter die Darstellung des "Hl. Petrus" mit seinen Schlüsseln als Attributen (A 1) und über dem Eingang zum Turm den "Hl. Paulus" mit dem Schwert als Kennzeichen (A 19) in je ein rundes Medaillon mit Stuckumrahmung.

Nach dem Einsetzen der farbigen Glasfenster im Herbst/Winter 1904 stellte sich heraus, daß we-gen des nun fehlenden Lichts und der Tendenz zum Nachdunkeln und Verlaufen der Farben auf Grund des Tränkens mit Wachs die Deckenbilder zu dunkel und undeutlich wirkten. Hofstötter erklärte sich darum bereit, die entsprechenden Bilder zu verbessern und aufzuhellen.

373 In die Krippe auf diesem Bild setzte Hofstötter seine Signatur "Franz Hofstötter München 1904".

374 Die lange Tradition der Kirche deutete Hofstötter durch die verschieden gestalteten liturgischen Gewandungen an. Eine weitere Spezifizierung der Heiligen und Propheten wollte er nicht (vgl. dazu undatierten Brief von 1904 im Pfarrarchiv Au: "Die 8 Brustbilder verschieden zu gestalten hat keine Schwierigkeiten, sie haben zu einer Zeit gelebt wo in liturgischen Costümen große Verschiedenheiten herrschten ... ").

Dies geschah gleichzeitig mit der Anlieferung der beiden Hauptaltarbilder im späteren Frühjahr 1905 (in der Zeit um Ostern).375