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4. WERKBESCHREIBUNG

4.3. Pfarrkirche in Weichering bei Neuburg a.d. Donau (1902-1903)

4.3.3. Beschreibung

Im Kirchenschiff selbst und der Vorhalle waren ursprünglich keine größeren figuralen Darstellun-gen vorgesehen. Da aber zusätzlich zu den beantragten 3000 Mark noch 1500 Mark Darstellun-genehmigt wurden, um "etwas Gediegenes zu schaffen",347 wurde das Ausgestaltungsprogramm der Kirche erweitert.

In der Vorhalle kamen außer der vom Kirchenschiff übernommenen Schablonenmalerei figürliche Darstellungen, begleitet von Textzitaten aus der Bibel, zur Ausführung.

Die Innentympana der zwei kleineren Nebeneingänge zeigten den Hl. Petrus (W 35) und den Hl.

Paulus (W 36, Abb. 97), das Rundbogenfeld über dem größeren Haupteingang Gottvater, der seinen Schutzmantel über vier Heilige deckt und dem ein Engel einen weiteren zuführt (W 37, Abb. 98). Die Bildunterschrift lautete: "VIELE SIND BERUFEN, WENIGE AUSERWÄHLT."348 Ein darüberliegendes Schriftfeld und ein Rundbild mit Vögeln in Ornamentranken enthielt ein weiteres Zitat: "KRAFT UND HERRLICHKEIT WIRD GEBEN DER HERR. ES WIRD NICHT ENTZIEHEN ER DENEN, DIE DA WANDELN IN UNS."349

Über die beiden Weihwasserbecken neben dem Eingang zum Kirchenschiff setzte Hofstötter zwei kleine quadratische Glassteinchenmosaikfelder, auf deren Goldgrund ein vom Christuszeichen durchschnittener Fisch (W 38) und die segnende Hand Gottes (W 39) dargestellt sind.350

Im Langhaus versah Hofstötter die drei neben dem Triumphbogen verbleibenden Wände des Kir-chenschiffs mit geometrisch geprägtem Muster in Schablonenmalerei. Balkenköpfe, Gesimse und Kapitelle wurden farbig hervorgehoben (W 27).

Als oberen Abschluß der Wände malte Hofstötter ein Schmuckband mit Flechtbandmuster und ornamentalen und symbolischen Darstellungen in den Zwischenfeldern (W 28, Abb. 95).351

346 Bayer. Hauptstaatsarchiv München, Abt. I, Akt MK 36701, No. 11537 vom 6. Juni 1903.

347 Bayer. Hauptstaatsarchiv München, Abt. I, Akt MK 36701, No. 4720 vom 6. April 1903.

348 Mt. 22, 14.

349 Die Inschriften waren mit der gesamten Vorhalle inzwischen völlig übertüncht und mit anderen Darstellungen (seit 1956) versehen worden. Bei einer Freilegung im Zuge der Restaurierung 1987/88 wurde nur das Schriftband, nicht die figürliche Darstellung der Westseite freigelegt. Die Beschreibung mußte mit Hilfe eines alten Fotos er-folgen.

350 Vgl. Symboldarstellungen L 5 und L 11 in der Apsis der Kirche Herz Jesu in Ludwigsthal.

351 Als symbolische und figürliche Darstellungen wurden z.B. ausgewählt: Vögel in Bäumen mit Früchten, Prophet, Drache, Widder, verschiedene stilisierte Pflanzen, Wellen, Fische, Lamm usw. (vgl. Symboldarstellungen der Kir-che in Ludwigsthal, bes. in der Apsis).

Hinter den vor den seitlichen Wänden des Triumphbogens aufgestellten Seitenaltären befanden sich je ein Musterfeld.

Das linke Feld wies auf rotem Grund eine stilisierte Rosenhecke auf, die von Vögeln bevölkert wird (W 25).352 Das rechte Feld war durch ockergelbe Ornamentbänder in Quadrate mit Blumenmuster auf rotem Grund mit blauem Rand und weißem Randstrich geteilt (W 26).

Der obere Teil des zum Kirchenschiff gewandten Triumphbogens war von einem gemalten, von sich abwechselnden Ovalen und Rechtecken durchzogenem Musterband gerahmt, so daß sich zwei einander spiegelbildlich entsprechende Wandfelder ergaben, die selbst noch einmal von einem beige getönten Streifen umgeben waren. Diese Wandfelder sind durch jeweils eine aus sechs Engeln bestehende Gruppe auf blauem Grund, die sich der Triumphbogenöffnung anbetend zuwenden, gefüllt. Teile ihrer Nimben sind als kreisrunde Vertiefungen halbkugelförmig in den Verputz eingeprägt und vergoldet (W 24, Abb. 93).

Am Scheitelpunkt des Triumphbogens erschien auf blauem Grund das Opferlamm mit der Fahne als Sinnbild Christi (W 24b).353

Die Brüstung der Orgelempore bekam neben ornamentalen Blätterranken auf der Verbretterung (W 29) zwei figürliche Darstellungen. Eine "junge Frau" (W 30) ist dem "Tod" (W 31) gegenüberge-stellt, der eine Sanduhr und ein Schriftband mit der Aufschrift "Zeit vergeht" hält (Abb. 96).

Auf der Unterseite des Treppenaufgangs zur Empore erschien ein Drache inmitten von Ornament (W 32) und zwei weitere von Ornament umgebene Felder mit jeweils der Darstellung von zwei auf-recht stehenden Panthern oder Löwen(W 33). Die Löwen in einem der Felder hatten einen gemein-samen, bekrönten menschlichen Kopf (W 34).

Der eingezogene Chorbereich gliedert sich in zwei Joche und die Chorapsis mit dem rundbogigen Schluß. Das erste Joch nach dem Triumphbogen enthält die Eingänge zu der zweistöckigen Sakri-stei und zum Turm. Die von einem Dreipaß umschlossenen Bogenfenster im Obergeschoß gehören zum Turmaufgang bzw. zum zweiten Geschoß der Sakristei. Neben den Eingängen steht das nicht von Hofstötter entworfene Chorgestühl.

Neben den Fenstern befindet sich je ein hochrechteckiges Flachrelief aus Gipsstuck, das an der Südwand die Heiligen Elisabeth von Thüringen (W 21) und Afra von Augsburg (W 20), an der Nord-seite die Heiligen Sebastian (W 23) und Johannes d. Täufer (W 22) zeigt (Abb. 92).354

Sie erheben sich nun nach der Wiederherstellung, wieder farbig gefaßt und zum Teil vergoldet, leicht über den planen, gleichmäßig rot getönten Untergrund.355 Unter den Reliefs sind den

Heili-352 Zu Rosen: siehe LCI Bd. 3, Sp. 563ff;

zu Vögeln/Tieren: siehe LCI Bd. 4, Sp. 315ff.

353 Vgl. LCI Bd. 4, Sp. 7ff.

354 Vgl. LCI Bd. 5, Sp. 38ff (Afra), LCI Bd. 6, Sp. 133ff (Elisabeth), LCI Bd. 7, Sp. 164 (Johannes d. T.), LCI Bd. 8, Sp.

318ff (Sebastian).

355 Vergleicht man die farbliche Behandlung der früheren Reliefs in Ludwigsthal und die der späteren in Weiden und München mit ihrem in der Dichte der Farbschichten zurückhaltend angewendeten Farbanstrich, der immer den Untergrund noch ahnen ließ, muß man sich fragen, ob die sehr kompakte Farbigkeit der Rekonstruktion in Wei-chering völlig dem ursprünglichen Eindruck entspricht. Wie an den früheren Beispielen in Ludwigsthal und an den späteren in Weiden festzustellen ist, hatte Hofstötter die Farben mehr lasierend aufgetragen, so daß der durchscheinende Untergrund stärker zur Geltung kam und weniger der deckende Farbanstrich. Dies scheinen

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gen ihre Namen beigegeben. Die beige getönte Wand neben den Reliefs ist mit grauen Strichen, zu einem Steinmuster angeordnet, versehen.

Über den Fenstern zeigt ein Vierpaß innerhalb eines bogenförmigen Schlingenbandes356 drei Engel (W 40) bzw. zwei Engel (W 41). Die gliedernden Architekturteile (Fenstergewände, Säulen usw.) sind von der Wand durch eine graue Bemalung abgehoben.

Ins Chorgewölbe des ersten Jochs nach dem Triumphbogen malte Hofstötter ein zentrales, großes Rundbild mit "thronender Maria und dem Jesuskind" (W 11), umgeben von acht kleineren Medail-lons mit Marias Eltern "Joachim" (W 12) und "Anna" (W 13) und den Vorfahren "David" (W 14) und

"Jakob" (W 15) sowie mit "Engeln, die Symbole der lauretanischen Litanei tragen" (W 16 bis W 19, Abb. 91).357

An den Wänden des Chorjochs vor der Apsis sind jeweils neben den Fenstern die Gestalten der Evangelisten mit ihren Symbolen angebracht.

An der Südwand erscheinen innerhalb eines stilisierten Architekturgehäuses links vom Fenster Markus mit dem (hier ungeflügelten) Löwen (W 8), rechts davon Matthäus mit einem ihm einflü-sternden Engel (W 7).

Zwischen beiden Evangelisten, unter dem Fenster, zeigt ein Schriftfeld den Spruch: "JEDER DER MEINE WORTE HÖRT UND SIE THUT IST MIT EINEM KLUGEN MANNE ZU VERGLEI-CHEN, DER SEIN HAUS AUF EINEN FELSEN GEBAUT HAT."358

An der gegenüberliegenden Nordwand erscheinen die Evangelisten Lukas mit dem Symbol des Stiers (W 9, Abb. 90) und Johannes mit dem des Adlers (W 10).

Das dazwischenliegende Schriftfeld lautet: "WIR LEHREN WEISHEIT UNTER DEN VOLL-KOMMENEN. ABER NICHT WEISHEIT DIESER WELT NOCH VON AUSSEN, SONDERN WIR LEHREN GOTTES WEISHEIT."359

Den unteren Teil der Wände umzieht eine ähnlich geometrisierende Schablonenmalerei wie an den unteren Wandteilen des Hauptschiffes der Kirche.

An der Decke dieses Chorjoches ist, wieder wie die thronende Maria (W 11) innerhalb eines großen Rundbildes gestaltet, der "thronende Christus als Weltenrichter", umgeben von sechs Engeln

ge-auch Fotos der freigelegten Reliefs in Weichering zu bestätigen. Ein historisches Farbdia aus der Zeit vor 1956 (im Pfarrbüro Weichering) stützt ebenfalls diese Annahme.

Hätte man die anderen Reliefarbeiten Hofstötters als Anleitung benutzt, wäre die Rekonstruktion der ursprüng-lichen Intention Hofstötters gerechter geworden. So müssen nicht nur an der Wiederherstellung der Reliefs Zwei-fel angemeldet werden, auch die Rekonstruktion bzw. Restaurierung der Gemälde Hofstötters in Weichering scheint nicht vollständig gelungen. Bereits ein Vergleich mit der bisher vorliegenden (zugegebenermaßen spärli-chen) Literatur über Werke Hofstötters (Kirchenführer Weiden und Au; siehe Lit.) hätte geholfen, Fehler zu vermeiden.

356 Das in obiger Anm. erwähnte Farbdia zeigt auch die obere bogenförmige Verzierung der Fenster. Es wird deutlich, daß zumindest über den beiden Heiligen Afra und Elisabeth die Füllung des Bogenfeldes falsch rekonstruiert wurde. Ursprünglich malte Hofstötter ein Ornament aus vegetabilem Rankengeschlinge.

357 Eine aus Ehrentiteln Mariens zusammengesetzte Litanei (Wechselgebet), die 1531 in Loreto (Wallfahrtsort in Italien) erstmals bezeugt ist. Sie entstand durch Verkürzung von Anrufungen Marias nach frühmittelalterlichen Vorbildern und wurde 1587 durch Papst Sixtus V. approbiert; siehe dazu: LCI Bd. 3, Sp. 27ff.

358 Mt. 7, 24.

359 1 Kor. 2, 6.

malt (W 2). Die vier Gewölbezwickel füllen posaunenblasende Engel, die das Jüngste Gericht ver-künden (W 3 bis W 6, Abb. 87).

Die Wandteile zwischen den drei Fenstern der Apsis sind von bandförmig gegliederten Ornament-feldern mit verschiedenen Mustern überzogen (ähnlich der ersten, heute verlorenen Ausmalung in Weiden I von 1901).

Die Segmentkuppel des Apsisgewölbes zeigt das Symbol der Hand Gottes inmitten von Ranken-werk (W 1).