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Die Einträge in den Urbar-Codices zum Dorf Taşlıca reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück. In einem solchen Urbar aus dem Jahre 992 des Hicri-Kalenders, d.h. nach islamischer Zeitrechnung (bzw. 1584-1585 n. Chr.) wird der Name Taşlıca erwähnt.174 Gleichzeitig wird Taşlıca zusammen mit einem Weiher namens Suluca erwähnt.175 Dieser Weiher, Suluca, der in den Aufzeichnungen als zum Dorf Taşlıca zugehörig erscheint, ist heute eine der Sommerweiden von Taşlıca, die den selben Namen trägt. Suluca wird als Nomadenzeltstadt bezeichnet und dient als Sommerweide. Laut mündlicher Überlieferung hat sie ihren Namen von “Suluca Evliyası”, d.h. der Heilige von Suluca”. In den im Urbar-Codex festgehaltenen Aufzeichnungen findet sich eine weitere Information zum Dorf Taşlıca in einem aus dem Jahre 991 nach dem islamischen Hicri-Kalender (1583-1584 n. Chr.) stammenden Urbar-Codex.176 Dieser enthält äußerst wichtige und anderslautende Informationen. In Taşlıca, das hier als zu Torul zugehörig erscheint, sind nicht-türkische bzw. nicht-muslimische Bewohner

171 S. S. 79 u. S. 136 des im “Başbakanlık Osmanlı Arşivi” (Osmanisches Archiv des Ministerpräsidiums) aufbewahrten “Ahkam defteri” (Buch der Erlasse) Nummer 6.

172 “Başbakanlık Osmanlı Arşivi” (Osmanisches Archiv des Ministerpräsidiums), “Ahkam defteri” (Buch der Erlasse) Nummer 6, S. 136.

173 In der “Hacı Bektaş Veli Velâyetnamesi” wird das Geschlecht von “Dede Kargın” als “Dede Garkınoğulları”

erwähnt. S. Hamiye Duran, ebd., S. 190.

174 Dieser Urbar-Codex ist im “Tapu-Kadastro Genel Müdürlüğü Arşivi” (Archiv der Hauptdirektion für Grundbuch und Kataster) unter Nummer TD 355 registriert.

175 S. Blatt Nummer 62, “Zemin-i Taşlıca mea mezraa-i Suluca tabi’-i mezkur”.

176 Dieser Urbar-Codex ist im “Tapu-Kadastro Genel Müdürlüğü Arşivi” (Archiv der Hauptdirektion für Grundbuch und Kataster) unter Nummer TD 29 registriert.

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als hier ansässig eingetragen.177 Betrachtet man die Namen der laut der Einträge in Taşlıca ansässigen Bevölkerung genauer, ergibt sich, dass diese Gruppe Untertanen des byzantinischen Reichs waren.178 Ein weiterer Urbar-Eintrag, dessen Datum nicht bekannt ist, gibt an, dass sich im Dorf Taşlıca eine kleine “Tekke” (“Zaviye”) befunden hat, und dass dieser ein Herr, ein Ordensvorsteher (“Postniş”) namens “Pir Gâib”179 vorstand.180 In einem weiteren Urbar-Codex, dessen Datum ebenfalls nicht bekannt ist181, wird dagegen angegeben, dass die kleine “Tekke” in Taşlıca eingetragen ist, und dass hier der Urkundeninhaber den Leitern der “Zaviye” Dienste leisteten. Diese “Zaviyedarlar” werden als ”şeyh”, d.h.

“Scheich”, erwähnt.182 Leiter dieser “Zaviye” war “Şeyh Hızır”, Sohn von “Pir Gâib”, der außerdem auch eine “Zaviye”-Gemeinde hatte.183 Die Tatsache, dass in diesem Urbar-Codex

“Şeyh Hızır” als der Sohn von “Pir Gâib” (der Vorsteher der “Zaviye”) eingetragen ist, zeigt, dass dieser Eintrag nach dem in Codex Nummer TT 734 gemachten Eintrag datiert sein muss.

Dies hängt natürlich davon ab, ob es sich bei “Pir Gâib”, dessen Namen in beiden Urbar-Codices erwähnt wird, um ein und dieselbe Person handelt. In einem weiteren Urbar-Codex dagegen, dessen Datum ebenfalls nicht bekannt ist184, wurde Taşlıca als Weiher eingetragen.

177 Unter den Einwohnern von Taşlıca sind auch Namen wie Dimitri, Vasil, Mihail, Yorgi u. ä. eingetragen.

178 Bis zur Zeit der Umsiedlung wurde die “Çetlice Obası” genannte Sommerweide, die zum Dorf Taşlıca gehört (heute Ortschaft Aydınlar (früher: Cimide) (Landkreis Görele, Giresun), von den dort ansässigen Byzantinern und den Türken aus Taşlıca gemeinsam genutzt.

Auch die “Çakıllıoba”-Sommerweide, die sich oberhalb des Viertels Deregözü (Taşlıca) befindet, wurde schon in früheren Zeiten sowohl von den in Cimideli lebenden Türken als auch von den Byzantinern als Sommerweide genutzt.

Die heute von den Einwohnern aus Taşlıca als Sommerweide genutzte “Kurumaden Obası” ist ein ehemaliges Bergbaugebiet. Auch in Deremaden, das in derselben Region liegt, gab es früher viele Gruben. Uns wurde von den Einwohnern aus Taşlıca erzählt, dass in diesen Bergbaugebieten früher Byzantiner ansässig waren und dass die Byzantiner diese Gruben betrieben haben.

Der Weiler Kurumaden ist heute eine “Oba”, die von den Einwohnern aus Taşlıca als Sommerweide genutzt wird.

Neben den Weilern Deremaden und Kurumaden gibt es innerhalb der Grenzen des Dorfs Taşlıca noch ein drittes Abbaugebiet namens Sayılıkaya.

179 Innerhalb der “Dede”-Sippe des “Güvenç Abdal”-Ordens gibt es eine “Pirgayipoğulları” genannte Familie.

Ein Zweig dieser Familie ist im Viertel Sütlüce (Dereli, Giresun), ein zweiter im Viertel Akören (Gürgentepe, Ordu) und ein dritter im der Ortschaft Yeşilkent im Viertel Atatürk (Ünye, Ordu) ansässig. Der Nachname des Zweigs aus Dereli ist Aydoğdu, der der Zweige aus Gürgentepe und Yeşilkent indes Bektaş.

180 Dieser Urbar-Ausschnitt ist im “Başbakanlık Osmanlı Arşivi” (Osmanisches Archiv des Ministerpräsidiums) unter Nummer TT 734 registriert. Dieser Urbar-Ausschnitt bezieht sich auf Kürtün.

Aus diesem Urbar geht hervor, dass es in Taşlıca eine “Zaviye” gab, die als “Taşlıca-Zaviye” in den Einträgen erwähnt wird.

181 Dieser Urbar-Codex ist im “Tapu-Kadastro Genel Müdürlüğü Arşivi” (Archiv der Hauptdirektion für Grundbuch und Kataster) unter Nummer TD 43 registriert.

182 S. Blatt 131, “Zâviyedâr: Şeyh Hızır veled-i Pir Gâib bâ berât”.

183 S. TD 43, Blatt 131, “Zâviyedâr: İsmail birader-i o, Zâviyedâr: Ali birader-i diğer”.

184 Dieser Urbar-Codex ist im “Tapu-Kadastro Genel Müdürlüğü Arşivi” (Archiv der Hauptdirektion für Grundbuch und Kataster) unter Nummer TD 43 registriert.

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Wie auch im dem aus dem Jahre 992 nach dem islamischen Hicri-Kalender datierten Urbar-Codex wird Taşlıca auch hier zusammen mit dem Weiher Suluca erwähnt.185

Anhand der vorhandenen Urbar-Einträge ist es möglich festzustellen, dass es das Dorf Taşlıca im 16. Jahrhundert gab. Aus diesen Einträgen geht hervor, dass das Dorf Taşlıca in den Urbar-Dokumenten zusammen mit der vorhandenen “Zaviye” erwähnt wird. Die bereits gegründete “Zaviye” wurde zur grundlegenden Dynamik, die die Geschichte des Dorfs Taşlıca bestimmen sollte. Wir können aus den bis ins 16. Jahrhundert zurückreichenden Urbar-Einträgen auch dies beobachten. Es ist eindeutig, dass es sich bei der in den offiziellen Quellen als “Taşlıca-Zaviye” bezeichneten religiösen Einheit um den “Güvenç Abdal”-Orden handelt, der eine der wichtigsten religiösen Gemeinden in der Geschichte des Alevitentums in Anatolien war.

Das Dorf Taşlıca ist eine Ansiedlung, der eine wichtige historische Bedeutung zukommt. Dieses Dorf, das sich über eine weite Fläche erstreckt, verfügt aufgrund der dortigen “Zaviye” über Vor- und Sonderrechte. Daher nimmt das Dorf Taşlıca in der Geschichte dieses Gebietes im Vergleich mit anderen Ansiedlungen eine Sonderstellung ein.

Diese Eigenschaft des Dorfes wurde zum Hauptfaktor, der die Beziehungen zu den umliegenden Ortschaften und Ansiedlungen bestimmte. Im Laufe der Geschichte hat das Dorf Taşlıca, mit den anderen Ansiedlungen im Gebiet von Kürtün hinsichtlich der Sicherung seiner Macht und seiner Stellung in diesem Gebiet, verschiedene Stadien durchlaufen. Die Hauptursachen, die die Beziehungen von Taşlıca und dessen Umgebung bestimmten, waren die Produktionsbeziehungen jener Zeit. Es ist bekannt, dass ab dem 13. Jahrhundert nomadisch lebende Gemeinschaften die Kontrolle über Harşit-Tal (Kürtün) aufgebaut und übernommen haben. Aufgrund der Tatsache, dass die Produktionsrealität dieses nomadischen Lebens auf der Viehzucht basierte, waren für diese Gemeinschaften Sommerweiden, Grasweiden und Weiden sowie Wasserquellen von immer größerer Wichtigkeit. Für die Landbevölkerung waren diese Produktionsmittel lebens- und überlebenswichtig. Nach dem Übergang zur Sesshaftigkeit hat sich die Produktionsweise der im Harşit-Tal lebenden Bevölkerung nicht geändert. Der ausschlaggebende Grund hierfür ist die geographische Struktur des Gebietes. Es ist aufgrund der Natur in diesem Gebiet nahezu unmöglich, im Harşit-Tal, das nach dem gleichnamigen Fluss genannt wird, ein alternatives Produktionsverfahren zu etablieren. Daher waren sowohl während des Nomadentums als auch

185 S. TD 43, Blatt 132, “Mezraa-i Taşluca mea mezra-i Suluca tabi’i nahiye-i mezkur”.

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in der Zeit nach dem Übergang zur Sesshaftigkeit diejenigen Ressourcen weiterhin wichtig, die die Viehzucht unterstützten. Diese Tatsache führte zu sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen Problemen bei der Verteilung der in diesem Gebiet vorhandenen Ressourcen.

S. hierzu Anlage 4.

2.4. Taşlıca Zaviyesi / Orden als die historische Stätte des Güvenç Abdal Ocak