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D ÜNGUNG UND DER D ÜNGERBILANZIERUNG

5. BEURTEILUNG DER VERSCHIEDENEN EINZELINDIKATOREN

5.4. D ÜNGUNG UND DER D ÜNGERBILANZIERUNG

Die Höhe der Nährstoffzufuhr wird fast ausnahmslos in allen Indikatorsystemen als ein wichtiger Maßstab für die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft herangezogen. Der Grund ist die herausragende Bedeutung der Düngung für die Ertragshöhe der Kulturarten einerseits und die möglichen Umweltbelastungen ausgehend von einigen Nährstoffen für angrenzende Ökosysteme sowie die Qualität von Trinkwasser andererseits (ADDISCOTT et al. 1992, BRONSWIJK et al. 1995, ISERMANN und ISERMANN 1997, SIELING 2000, RANDALL und MULLA

2001). Der einfachste Indikator zur Beurteilung des Nährstoffhaushaltes sind Flächenbilanzen einzelner Nährstoffe. Hierbei wird die Zufuhr über die mineralische und organische Düngung der Abfuhr über die Ernteprodukte gegenübergestellt. Unterstellt man ein Fließgewicht im Boden, so können eventuell auftretende Differenzen direkt als Verluste interpretiert werden.

Eine Prämisse, die nur in den wenigsten Fällen wirklich erfüllt wird, so dass bereits hier eine gewisse Unschärfe auftritt (BACH 1987, HERSEMANN und SAUERBECK 1989, JENKINSON 1990, JENKINSON et al. 1992,GÄTH 1997,ALVAREZ und ALVAREZ 2000).

Von besonderem Interesse für Ertrags-, Qualitäts- und Umweltaspekte ist insbesondere der Stickstoffhaushalt, so dass im folgenden besonders auf den Nährstoffhaushalt dieses Elemen-tes eingegangen wird. Am einfachsten läßt sich auf den unterschiedlichen Skalenebenen die Zufuhr mit Nährstoffen ermitteln. Hierbei ist zum einen der Nährstoffzukauf von Handels-düngern zu berücksichtigen, der aus Betriebsabrechungen oder Schlagkarteidaten ermittelt werden kann. Auch für die Höhe der Immission liegen zumindest auf regionaler Ebene recht genaue Abschätzungen vor. Schwieriger ist die konkrete Ermittlung der N-Fixierung über

symbiontische oder freilebende Bakterien, da die Messung sehr aufwendig ist und eine Reihe von methodischen Problemen beinhaltet. Gleichermaßen methodisch schwierig ist die exakte Ermittlung der Nährstoffzufuhr durch organische Düngung. Die Gehalte an Nährstoffen schwanken je nach aufgestallter Tierart, Fütterung der Tiere, Lagerung von Mist oder Gülle usw., so dass eine einfache Abschätzung nur einen groben Überblick liefern kann. Hierbei ist es sinnvoll, die Werte im Zusammenhang mit den exakten Daten aus den Fütterungs- und Effizienzdaten zu überprüfen. Integrierte Indikatoransätze, die gleichermaßen Tierhaltung wie Pflanzenproduktion berücksichtigen, sind daher zu bevorzugen (HÜLSBERGEN und DIEPENBROCK 1997).

Dem gegenüber stehen Nährstoffverluste, die je nach Element auf recht unterschiedliche Weise erfolgen können. So überwiegen bei Phosphor Verluste in Form der Erosion (s. Kap.

5.10), wohingegen beim Stickstoff eine Auswaschung als Nitrat im Sickerwasser unter mittel-europäischen Bedingungen die größte Bedeutung hat. Zusätzlich können beim Stickstoff auch Nährstoffverluste in gasförmiger Form auftreten. Dieser Verlustweg weist zwar im Regelfall für die Höhe der Salden nur eine geringe Bedeutung auf, wegen der Klimarelevanz der entste-henden Gase sind hier aber auch kleine Mengen beachtenswert (s. Kap. 5.7). Eine einfache Betrachtung der Salden differenziert allerdings nicht in Austräge mit dem Sickerwasser und gasförmige Verluste, so dass hier nur mit Schätzwerten gearbeitet werden kann (SIELING

2000).

Die Eignung von einfachen Stickstoffbilanzen als Maßstab für die tatsächliche Belastung wird von verschiedenen Arbeitsgruppen unterschiedlich beurteilt: Im Vergleich von unterschiedli-chen konventionellen und ökologisunterschiedli-chen Ackerbau und Grünlandsystemen untersuchten KORSAETH und ELTUN (2000) den Stickstoffkreislauf unter den Bedingungen von Süd-Nor-wegen. Die Autoren kommen dabei zu dem Schluß, dass einfache Bilanzmethoden durchaus geeignet sind, die Stickstoffauswaschung wie auch die Veränderungen im N-Gehalt des Bo-dens zu ermitteln. Auch BACH (1987) sowie HERSEMANN und SAUERBECK (1987) schätzen die Möglichkeiten das Auswaschungspotential über Nährstoffbilanzen zu bestimmen als durchaus optimistisch ein. Andere Autoren beurteilen diese Vorgehensweise dagegen eher skeptisch.

So konnte SIELING (2000) in umfangreichen Analysen in Schleswig-Holstein keinen direkten Zusammenhang zwischen einfachen N-Bilanzen und Auswaschung nachweisen. Als Ursache sieht der Autor die extrem langsame Veränderung der Humus- und damit auch N-Dynamik unter mitteleuropäischen Verhältnissen an, so dass die Auswaschung eher von der kurz-fristigen N-Mineralisierung beeinflußt wird. Hierbei ist insgesamt zu bedenken, dass die Be-stimmung der Effizienz, in diesem Fall der Dünger-Effizienz, mit erheblichen methodischen

und finanziellen Aufwendungen verbunden ist. Je nachdem welcher Ansatz hierbei gewählt wird, denkbar ist ein eher biologisch oder eher ökonomisch orientiertes Verständnis, können die Ergebnisse und Schlußfolgerungen deutlich voneinander abweichen. ZOEBL (2000) weist in diesem Zusammenhang auf den unterschiedlichen Kurvenverlauf und die Schnittpunkte von Wachstumsfunktionen mit der Y- und der X-Achse hin.

Für die Beschreibung der N-Auswaschung aus landwirtschaftlich genutzten Flächen sind in der Literatur eine Reihe von Simulationsmodellen beschrieben. Gute Ergebnisse liefern einige Ansätze bei langfristigen Betrachtungen auf Regionsebene. Beispielsweise konnten HOFFMANN et al. (2000) mit dem Model SOIL/SOILN in guter Übereinstimmung mit kon-kreten Meßergebnissen die Veränderung der Stickstoffausträge und Stickstofffrachten in Ackerbauregionen in Schweden im Verlauf der letzten 150 Jahre beschreiben. Wesentlich schwieriger ist dagegen die Modellierung von kurzfristigen Auswaschungsereignissen, da hierfür die zugrundeliegenden Prozesse der Mobilisierung und Immobilisierung in Abhängig-keit von Witterung, Standort und Anbautechnik noch nicht hinreichend genau beschrieben werden können (HONEYCUTT 1999, CARPENTER-BOGGS 2000, PANG und LETEY 2000,

TAKAHASHI 2000,CALDERÓN 2001,RANDALL und MULLA 2001).

Es kann an dieser Stelle nur kurz auf Fachliteratur über die verschiedenen Möglichkeiten ei-ner Begrenzung des Auswaschungsrisikos durch anbautechnische Maßnahmen hingewiesen werden. Insbesondere zu nennen wären hier der Anbau von Zwischenfrüchten sowie die standort- und jahresspezifische N-Düngung (zus. Literatur bei SIELING 2000). Sollen Indika-torsysteme auch für die einzelbetriebliche Optimierung angewendet werden, so müssen ge-rade in diesem Bereich individuelle Angaben möglich sein, um unterschiedliche Möglich-keiten in Szenarienrechnungen gegenüberzustellen. Einfache N-Bilanzen sind insgesamt nur sehr bedingt aussagekräftig und bedürfen in jedem Fall der Ergänzung durch weitere In-formationen über Standort und Anbautechnik. Daneben ist aber auch eine bessere Berück-sichtigung dieser Interaktionen für eine Betriebsoptimierung von herausragender Bedeutung.

Wie in vielen weiteren Bereichen der Einzelindikatoren für die Beurteilung land-wirtschaftlicher Anbausysteme ist die unzureichende modellhafte Beschreibung von Wachstum und Entwicklung der wichtigsten Kulturpflanzen im Kontext eines gesamten An-bausystems ein wesentlicher Schwachpunkt aller Modellansätze (s. Kap. 5.1). Die Bilanzierung des Stickstoffhaushaltes auf Feldebene ist letztendlich nur mit einer Vorhersage der Ertrags- sowie Entzugshöhe der einzelnen Kulturpflanzen möglich. Solange solche Mo-delle nicht in ausreichender Qualität vorliegen, bleiben alle weiteren Vorhersagen meist auf statische ex post Betrachtungen beschränkt.

Die oben dargelegten Darstellungen unterstreichen, dass, obwohl die Bilanzierung von Nähr-stoffen auf den ersten Blick als recht einfacher Indikator erscheint, eine Interpretation nur im Kontext Gesamtbetrachtung des Betriebes oder einer Region sinnvoll durchführbar ist, da immer auch Einflußgrößen wie Betriebsorganisation (Ackerbaubetrieb oder Viehhaltung), sowie mittel- und langfristige Gleichgewichtsprozesse im Boden berücksichtigt werden müs-sen. Die Effizienz des Düngungseinsatzes wird dabei ganz wesentlich von der Ertragshöhe der Kulturarten beeinflußt, so dass neben dem standortspezifischen Ertragspotential auch Para-meter wie Pflanzenschutzmitteleinsatz, Sortenleistung usw. einfließen sollten. Für den speziellen Fall von Nitrat liegen rechtlich verbindliche Grenzwerte vor und auch bei anderen relevanten Nährstoffen ist grundsätzlich Grenzwertfähigkeit gegeben. Unter Beachtung von Standort- und Betriebseigenschaften können daher Düngerbilanzen als grenzwertfähig ange-sehen werden.

Die Bilanzierung von Nährstoffen ist ein wichtiger Indikator zur Beurteilung der Nach-haltigkeit der landwirtschaftlichen Produktion. Zum einen werden so indirekte Aussagen über die Produktionsintensität ermöglicht, zum anderen kann auch eine Abschätzung der Umweltwirkungen erfolgen. Im Zusammenhang mit der Beurteilung der Standortgüte und der Ertragsleistung lassen sich so Aussagen zur Effizienz und potentiellen Umweltgefährdung machen. Wenn diese Einschränkungen sowie die Wechselwirkungen mit anderen anbautechnischen Parametern (Einsatzniveau von Pflanzenschutz) berücksichtigt werden, ist eine Düngerbilanzierung auch grenzwertfähig.