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A NDERE B EREICHE DER V OLKSWIRTSCHAFT

4. GESAMTANSÄTZE ZUR QUANTIFIZIERUNG EINER NACHHALTIGEN ENTWICKLUNG

4.1. A NDERE B EREICHE DER V OLKSWIRTSCHAFT

Vor dem Hintergrund, dass die Landwirtschaft als Teil der Volkswirtschaft einzuordnen ist, sollen im Folgenden kurz einige umfassende Indikatoransätze zur Beurteilung der Nachhal-tigkeit vorgestellt werden. Zu nennen wäre hier insbesondere das sogenannte grüne Sozial-produkt. Hierbei werden, basierend auf einem Vorschlag der OECD, in jährlichem Rhythmus 33 Umwelt- und Entwicklungsindikatoren veröffentlicht. Große Anstrengungen zur Ent-wicklung einheitlicher Parameter unternimmt auch EUROSTAT (Statistisches Amt der Euro-päischen Gemeinschaft) als offizielle Organisation für die Erhebung und Verwaltung von ökonomischen, aber auch sozialen und ökologisch relevanten Indikatoren auf der Ebene der EU. In Zusammenarbeit mit anderen Organisation wurde inzwischen ein Vorschlag zur Be-rücksichtigung von zehn Indikatoren erarbeitet.

Diese Indikatoren umfassen:

• Bodenqualität,

• Wasserqualität,

• Wasserverbrauch,

• Bodenschutz,

• Biodiversität,

• Habitate für Wildtiere,

• Landschaftsbild,

• Betriebsführung,

• Finanzielle Situation der Betriebe

• Aspekte des ländlichen, sozialen Umfeldes

In der dargestellten Form sind dies allerdings eher Absichtserklärungen für möglicherweise relevante Umwelt- und Sozialaspekte als konkrete Indikatoren, so dass es zu jedem der zehn genannten Bereiche wiederum eine Gruppe von Einzelparametern gibt, die eine umfassende Beurteilung des Umweltzustandes ermöglichen sollen. Für den landwirtschaftlichen Sektor sind eine Reihe von direkten Beziehungen gegeben und teilweise wird die Art der

landwirt-schaftlichen Produktion sogar explizit in der Bewertung berücksichtigt. So sollen bei der Luftverschmutzung die NOx-Emissionen einbezogen werden. Die Zielgröße Biodiversität berücksichtigt u.a. die Intensität der Landwirtschaft und in der Ressourcennutzung sind Nährstoffbilanzen von Böden als Indikator vorgesehen. Ob und in welchem Umfang die ver-schiedenen Teilindikatoren bzw. die zehn umfassenden Indikatoren weiter aggregiert werden sollen, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht geklärt.

Einige Überlegungen zur Quantifizierung einer umweltgerechten Entwicklung stehen nicht in einem direkten Zusammenhang mit der Diskussion über die Nachhaltigkeit. Aufgrund der inhaltlichen Überschneidungen soll trotzdem an dieser Stelle kurz darauf eingegangen wer-den. So werden in dem vom Umweltbundesamt berechneten DUX (Deutscher Umweltindex) die mittel- und langfristigen Veränderungen von Klima, Luft, Boden, Wasser, Energie und Rohstoffen berücksichtigt. In diesen aggregierten Größen sind dann wiederum mehrere unterschiedliche Einzelparameter zusammengefaßt. Um die verschiedenen Werte vergleichbar zu machen, werden beim DUX die relativen Zielerreichungen jedes Einzelindikators berechnet. Die Einzelwerte der Zielerreichung für die sechs Indikatoren werden abschließend zum DUX addiert und somit gleich gewichtet. Als bewußt gewähltes Gegengewicht zum Aktienindex DAX werden im DUX keine ökonomischen Größen berücksichtigt. Durch diese Einschränkung und den gleichzeitigen Verzicht auf soziale Aspekte ist der DUX nur für Teilbereich der Nachhaltigkeit überhaupt repräsentativ.

Es sei an dieser Stelle noch auf die Bemühungen verwiesen, ein sogenanntes Ökosozialpro-dukt („grünes BruttosozialproÖkosozialpro-dukt“) zu entwickeln. Basierend auf dem in den USA entwik-kelten „Index of Sustainable Welfare (ISEW)“ sollen dabei alle im Sozialprodukt nicht berücksichtigen Größen integriert werden.

Im einzelnen sind dies:

• Leistungen der Schattenwirtschaft

• Verteilung von Arbeit und Verteilung von Einkommen

• Abnutzung von nicht erneuerbaren Ressourcen

• Kosten der Langzeitschädigung der Umwelt

• Gesundheitsausgaben mit Instandhaltungscharakter

Bei aller Kritik an der Vorgehensweise ermöglicht diese umweltökonomische Gesamtrech-nung zeitabhängige Veränderungen als Grundlage für Trendanalysen zu verwenden, die dann auch als Basis für umweltpolitische Entscheidungen herangezogen werden können.

Insgesamt ungelöst ist hierbei die ökonomische Bewertung von nicht gehandelten oder han-delbaren Gütern und Dienstleistungen. KIRSPEL (2000) sieht als besonders problematisch die methodischen Schwierigkeiten, die bei der Aggregation und Bewertung der Umweltwirkung vorliegen. Die Erwartungen an eine solche Kalkulation sollten daher nach Ansicht des Autors nicht zu hoch angesetzt werden. Daneben führt seit einigen Jahren das statistische Bundesamt eine sogenannte „Umweltökonomische Gesamtrechung (UGR)“ durch. Hierbei werden durch entsprechende Indikatoren der Ge- und Verbrauch folgender natürlicher Ressourcen erfaßt.

• Produktivität der Naturnutzung

• Energieverbrauch

• Emission von Kohlenstoff

• Materialentnahme / Rohstoffe

• Umweltschutzmaßnahmen

• Umweltbezogene Steuern

Weitere Anstrengungen, die Nachhaltigkeit mit dem Schwerpunkt der ökonomischen Ent-wicklung zu beurteilen, umfassen u.a. Arbeiten der Weltbank, der UN und des Wuppertal-Institutes (SPANGENBERG und BONNIOT 1998, HANLEY et al. 1999). Der Bezug zur Landwirt-schaft ist jedoch nur sehr eingeschränkt oder überhaupt nicht vorhanden, so dass auf eine de-taillierte Darstellung verzichtet wird.

Auf der Grundlage der Untersuchungen der SAM (Sustainable Asset Managment) wird für führende Wirtschaftsunternehmen ein ständig aktualisierter Index der Nachhaltigkeit berech-net. Diese Berechnungen werden in Kooperation mit der Dow Jones Gruppe durchgeführt und sind daher mit den entsprechenden Indizes aus dem Wirtschaftsbereich kompatibel. Derzeit umfaßt der Dow Jones Sustainability Group Index (DJSGI) mehr als 200 Unternehmen, die jeweils die 10 Prozent führenden Unternehmen aus 64 verschiedenen Wirtschaftsbereichen und 33 Ländern repräsentieren. Darüber hinaus gibt es spezielle Indizes, die jeweils be-stimmte Unternehmensgruppen wie Zigarettenhersteller oder Produzenten von Alkoholika ausschließen. Dabei werden die ökonomischen Parameter aller Unternehmen täglich aktuali-siert. Die Daten über alle verfügbaren ökologischen und sozialen Indikatoren unterliegen ei-ner kontinuierlichen Überprüfung. Bemerkenswert ist hierbei, dass nicht nur der status quo der Unternehmen bezüglich verschiedener Nachhaltigkeitskriterien, sondern auch Risikopotentiale in die Untersuchungen mit einbezogen werden.

Diese wenigen Beispiele sollen nur kurz illustrieren, dass Überlegungen zur Messung der Nachhaltigkeit in vielen Bereichen der Wirtschaft und auf sehr unterschiedlichen Skalenebe-nen inzwischen eine große Bedeutung erlangt haben. Sofern die genannten Ansätze im inter-nationalen Bereich die Landwirtschaft oder Landnutzung betreffen, muß beachtet werden, dass im Regelfall nur die Risiken und Potenziale der Umweltbelastung für natürliche Res-sourcen berücksichtigt werden. Hierbei stehen dann die Folgen wie Erosion, Beeinträchtigung der Wasserqualität, Verlust an Biodiversität usw. im Vordergrund. Dass Landwirtschaft zum weitaus größten Teil für die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen und ausreichend Nahrungsmitteln sowie weiteren Rohstoffen für die außerlandwirtschaftliche Produktion verantwortlich ist, wird genauso übersehen wie eindeutig positive Aspekte der landwirtschaftlichen Produktion wie Energiebindung oder, je nach Anbausystem, Pflege der Kulturlandschaft usw. (CLAYTON und RADCLIFFE 1996). Diese Vorgehensweise entspricht weder dem Diskussionsstand um die Definition einer nachhaltigen Landwirtschaft (CHRISTEN

1996 und 1999, KIRCHMANN und THOVALDSSON 2000), noch ist sie als Grundlage für eine eingehende Auseinandersetzung im Hinblick auf die Wahl geeigneter Indikatoren ausreichend.