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2.3 Die analysierten Partikelcluster

2.3.3 Cluster 2b: eben, einfach & halt

Einladungen (33), oder aber gerade um ungeduldig oder aufgeregt wirkende Vor-würfe, Warnungen oder Drohungen (34). Welche Nuance genau vermittelt wird, ist vom Kontext sowie von der Intonation abhängig.

(29) Nehmen Sie doch noch ein bisschen Niere, meine Herren!

(Thurmair 1989: 119)

(30) Mutter zum Kind: Jetzt hör doch mit diesem Gejammere auf! Es gibt heute kein Eis.

(Thurmair 1989: 119)

2.3.3 Cluster 2b: eben, einfach & halt

Zum Schluss dieses Kapitels sei noch kurz auf den dritten für die Analyse heran-gezogenen Partikelcluster eingegangen. Dieser Cluster wird als ‚Cluster 2b‘ be-zeichnet, weil eine gewisse Ähnlichkeit zu den Partikeln des Clusters 2a nachzu-weisen ist. Tatsächlich impliziert die für Cluster 2b grundlegende Bedeutung auch eine gewisse Wahrheitsmarkierung. Allerdings sind die Partikeln des Clus-ters 2b als etwas stärker zu betrachten, da sie den Sachverhalt nicht einfach als wahr markieren, sondern vielfach als evident, auf der Hand liegend, höchst plau-sibel u. dgl.

Zentrale Elemente des Clusters 2b sind die Partikeln eben, einfach und halt.

Über das genaue Verhältnis dieser Partikeln besteht allerdings noch keine Über-einstimmung in der Literatur. Die meisten Forscher scheinen jedoch davon aus-zugehen, dass zwischen eben und halt untereinander eine größere Ähnlichkeit nachzuweisen ist als zwischen diesen beiden Partikeln und einfach. Deshalb wird auch im Folgenden zunächst auf die beiden erstgenannten Partikeln eingegan-gen.

Eben und halt werden – wie auch einfach – in Assertionen sowie in Aufforde-rungen verwendet. Ähnlich wie bei ja besteht auch hier kein Einverständnis dar-über, welcher Begriff die Leistung dieser Partikeln am besten wiedergibt. Wäh-rend Thurmair (1989) die oben angeführten Termini ‚Evidenz‘ und ‚Plausibilität‘

erwähnt, bezeichnen diese Partikeln Autenrieth (2002) zufolge den Sachverhalt als unabänderlich oder als die einzige Möglichkeit. Becker (1976) gibt an, dass eben auf das Nicht-Tolerieren von Gegenargumenten hindeute (halt erwähnt er nicht), und Burkhardt (1986) spricht von einem unumstößlichen und allgemein bekannten Sachverhalt.

Zum Teil dürfte diese Vielfalt an Begriffen auch auf die bereits angespro-chene Kontextsensitivität von Partikelbedeutungen zurückzuführen sein: Je nachdem, wie die Partikel genau verwendet wird, dürfte eine andere Bedeu-tungsumschreibung als passender erscheinen. In (35), einem weiteren Parla-mentsbeispiel, könnte man zum Beispiel sagen, dass die eher langsame Abwick-lung europapolitischer Angelegenheiten als (zumindest den im Plenarsaal an-wesenden Abgeordneten) allgemein bekannt gelten kann und weder vom Spre-cher noch von den anderen Abgeordneten geändert werden kann. Auch bei halt in (36) könnte man von Unabänderlichkeit sprechen, aber genauso gut könnte man sagen, dass die Betrachtung des Missgeschicks als Schicksalsfügung die ein-zig mögliche ist. Ähnlich liefert in (37) die eben-Äußerung den einzigen Grund, der nicht weiter diskutiert zu werden braucht. Zugleich zeigt dieses Beispiel, dass Partikeln wie eben (und halt), ähnlich wie ja und doch, vielfach in begründenden Äußerungen eingesetzt werden, in denen auch wieder mit der Konnexfunktion zu rechnen ist.27

(35) AV: Die EU wird handlungsfähiger [...] wenn auch aufgrund der polni-schen Interventionen erst in zehn Jahren, aber so ist eben europäische Politik, dass es manchmal sehr lange dauert.

(PR_VDB0811)

(36) UB: Wäre sie jetzt während der Operation gestorben, dann wär es halt Schicksal gewesen. Hat nicht geklappt, die Ärzte haben Fehler gemacht.

(FG_B2a)

(37) Gundi: Oh Gott, jetzt ist das T-Shirt völlig eingelaufen!

Lina: Tja, du hast es eben zu heiß gewaschen.

(Thurmair 1989: 121)

Die Partikeln eben und halt können mit sehr ähnlicher Bedeutung auch in Aufforderungen verwendet werden. So markiert eben in (38), dass es auf der Hand liegt, dass man nicht ausgeht, wenn man noch so viel zu tun hat, während

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27 Neben der Interpretation dieser Konnexbeziehung als kausal/begründend gibt es Duplâtre (1996: 35–40) zufolge noch weitere Möglichkeiten: konsekutiv, inferentiell, zusammenfassend usw. Allerdings enthalten die meisten seiner Beispiele jeweils andere Elemente wie Konjunktio-naladverbien, die explizit markieren, wie die Beziehung zu interpretieren ist, sodass dahinge-stellt bleiben muss, inwiefern es sich auch in diesen Fällen tatsächlich um potenzielle Facetten der Bedeutung von eben handelt.

halt in (39) andeutet, dass es ziemlich evident ist, dass man in die Werkstatt fährt, wenn der Wagen nicht in Ordnung ist.

(38) Wenn du deine Arbeit rechtzeitig fertig haben willst, dann bleib eben mal zu Hause und arbeite.

(Thurmair 1989: 123)

(39) Max: Ich weiß nicht, was mit dem Auto los ist. Da scheppert dauernd was.

Inge: Ja, dann fahr halt mal in die Werkstatt und lass es inspizieren.

(Thurmair 1989: 126)

Bislang wurde in der vorliegenden Beschreibung nicht systematisch zwi-schen eben und halt unterschieden. Die beiden Partikeln als reine Synonyme zu betrachten, wie es u. a. Held (1981: 250), Erichsen (1988: 30) und Autenrieth (2002: 95) tun, dürfte aber eine vorschnelle Verallgemeinerung sein. Gelegentlich wurde auch behauptet, es handle sich um rein regionale Varianten – eben sei norddeutsch, halt süddeutsch (u. a. Franck 1980: 235). Neuere Studien haben al-lerdings gezeigt, dass dies nicht (mehr) der Fall ist (u. a. Hentschel 1986: 13, Ditt-mar 2000: 212 und Autenrieth 2002: 93). Wie dem auch sei, einige Forscher gehen auch ohne Bezugnahme auf regionale Unterschiede davon aus, dass halt und eben nicht einfach als Synonyme zu betrachten sind. So sei eben Braber (2006:

1491) zufolge stärker finalitätsbezogen, und Gornik (1998: 56) behauptet, dass sich eben vor allem auf vorher Erwähntes oder Etabliertes beziehe, halt dagegen eher auf eine Sprechermeinung, die als nicht weiter zur Diskussion stehend dar-gestellt werden solle. Thurmair (1989) macht einen ähnlichen Vorschlag, indem sie der Partikel eben eine etwas kategorischere Wirkung zuschreibt: Ihr zufolge markiere eben hörerbezogene Evidenz, halt dagegen hörerbezogene Plausibilität.

An dieser Stelle kann die Frage des Verhältnisses zwischen eben und halt nicht endgültig geklärt werden, sie soll aber im Rahmen der Gestikanalyse wieder auf-gegriffen werden.

Weniger kontrovers ist das Verhältnis zwischen eben und halt einerseits und einfach andererseits: Im Einklang mit etwa Confais/Schanen (1985) und Thurmair (1989) wird einfach generell als stärker subjektiv bzw. subjektbezogen betrachtet.

Ähnlich wie bei eben und halt scheiden sich jedoch die Geister an der Frage, wie sich die Bedeutung von einfach am besten umschreiben ließe: Während Lütten (1977: 254) und Thurmair (1989: 132) von sprecherbezogener Evidenz sprechen, schlägt etwa Autenrieth (2002: 99) den Begriff der Unabänderlichkeit vor, und Burkhardt (1984: 88) zufolge markiere einfach einen Sachverhalt als dermaßen

offensichtlich oder unerklärlich für den Sprecher, dass weitere Befragung zweck-los sei (ähnlich auch Hartmann 1977: 112).

Auch wenn ähnlich wie bei halt und eben kein Bedeutungsaspekt zu nennen ist, der sich in den Beschreibungen von einfach durchgesetzt hat, sind auch hier die erwähnten Bedeutungsfacetten nah verwandt: Weitere Erläuterungen erübri-gen sich. Dies betrifft sowohl die Verwendung in Aussaerübri-gen als auch die Verwen-dung in Aufforderungen. In (40), zum Beispiel, wird ein subjektiver Sachverhalt (dass es sich um ein für den Sprecher und seine Genossen wichtiges Thema han-delt) als nicht weiter zur Diskussion stehend dargestellt, und in (41) markiert Inge es als aus ihrer Sicht auf der Hand liegend, dass man Personen, denen man dan-ken möchte, mangels besserer Geschenkideen Kinokarten schenkt.

(40) HS: Wir wollen die Neutralität weiterhin bewahrt wissen; das ist uns ein-fach ein wichtiges Thema.

(PR_Strache3010)

(41) Lisa: Ich weiß nicht, wie ich mich bei den Hausers bedanken soll.

Inge: Dann schick ihnen einfach ein paar Kinokarten!

(Thurmair 1989: 134)

Bislang wurde immer von Evidenz (bzw. Unkontroversheit, Plausibilität usw.) von Sachverhalten gesprochen. Allerdings kann die Evidenz auch auf me-tasprachlicher Ebene anzusiedeln sein. Das ist auch impliziert, wenn Spreckels (2009: 40) behauptet, einfach sei gelegentlich auch „ein Indikator für kommuni-kative Schwierigkeiten“. In dem Fall bezieht sich einfach also nicht an erster Stelle auf den Inhalt der Äußerung, sondern vielmehr auf die Form bzw. die For-mulierung. In dieser Verwendung markiert der Sprecher mit einfach, dass er keine andere gelungene bzw. keine passendere Formulierung findet. Es ist also die Formulierung (und nicht der Sachverhalt), die als einzigmöglich (bzw. als evi-dent usw.) markiert wird.28

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28 Ähnlich hat Thaler (2010) darauf hingewiesen, dass Partikeln wie eben, halt und ja eingesetzt werden können, um Unsicherheit zu maskieren. Obwohl Thaler vor allem auf Unsicherheit mit Bezug auf Sachverhalte eingeht, dürfte dies auch für Unsicherheit in der Formulierung gelten.

Umgekehrt dürfte einfach, aufgrund der Bedeutungsähnlichkeit mit halt und eben, ebenso als Maskierer der Unsicherheit hinsichtlich des Sachverhalts einsetzbar sein.

(42) Ich finde dich nett ähm cool, ähm... ja einfach voll lieb.

(http://www.board-server.de/cgi-bin/foren/F_2799/forum.pl?ac-tion=hand&forum=46&thread=623&msgid=73&query=73, Zugriff 20.12.2013, Rechtschreibung standardisiert)

In Beispiel (42) wird einfach außerdem in einer bewertenden Äußerung ver-wendet. Aufgrund von solchen Fällen, die einen nicht unwichtigen Teil der Be-lege von einfach auszumachen scheinen, wurde geBe-legentlich behauptet, einfach sei im Grunde genommen nicht eine Modalpartikel, sondern – wenigstens in die-sen Kontexten – vielmehr eine Steigerungspartikel (u. a. Autenrieth 2002: 81). Al-lerdings stellt sich die Frage, ob die angeblich intensivierende Wirkung von ein-fach nicht als Effekt der Evidenzmarkierung zu betrachten ist: Wenn man etwas als gänzlich außer Streit gestellt betrachtet und das auch markiert, so wirkt die Aussage fast per definitionem stärker, als wenn man diese Markierung nicht hin-zugefügt hätte. Diese Diskussion soll in Kapitel 7 wieder aufgegriffen werden.

Eine weitere Anmerkung betrifft die Subjekt- bzw. Sprecherbezogenheit, die einfach von eben und halt unterscheiden soll. Man sollte sich darüber im Klaren sein, wer als ‚Subjekt‘ betrachtet wird, denn tatsächlich dürfte das auch eine an-dere Person als der aktuelle Sprecher sein. Das ist, was Döring (2013) als die ‚Kon-textverschiebung‘ (‚context shift‘) bei Modalpartikeln bezeichnet. Tatsächlich ist es möglich, einen Satz wie (43) so zu interpretieren, dass nicht der aktuelle Spre-cher, sondern vielmehr Herr Anthes für die Abtönung verantwortlich ist. In dem Fall hätte Herr Anthes selber in seiner Rede die Partikel eingesetzt, und der aktu-elle Sprecher hätte sie bei der Vermittlung der Aussage von Herrn Anthes beibe-halten bzw. ‚geechot‘ (vgl. Verstraete 2001: 1514).

(43) Präsident Klaus Anthes erklärte in der Jahreshauptversammlung, dass es einfach zu wenig engagierte Vereinsmitglieder gebe, die dabei helfen, die Partys und Sitzungen zu stemmen.

(COSMAS-II, Teilkorpus non)

In (43) ist aufgrund der Satzstruktur (indirekte Rede) klar, dass auf die Aus-sage einer anderen Person zurückverwiesen wird. Allerdings scheint es auch ohne eine solche Matrixstruktur möglich zu sein, dass die Abtönung einer ande-ren Person geechot wird – wenngleich Döring (2013) nicht auf solche Fälle ein-geht. Ein Beispiel ist (44). In diesem Fall ist zwar nicht auszuschließen, dass die Evidenzmarkierung durch einfach vom aktuellen Sprecher ausgeht, aber wenigs-tens genauso wahrscheinlich ist die Analyse, dass Weinberger selber es als nicht

weiter zur Diskussion stehend betrachtet hat, dass er nicht mehr für den ange-sprochenen Fußballverein (den FC Purkersdorf) antreten wollte, und dass diese Abtönung dann echoend vom aktuellen Sprecher übernommen wurde.

(44) Weinberger wollte einfach nicht mehr in Purkersdorf bleiben, er hätte den Klub auf jeden Fall verlassen.

(COSMAS-II, Teilkorpus non)

Interessant sind in diesem Zusammenhang auch Beispiele von Partikeln in Komplementsätzen. Vielfach wird davon ausgegangen, dass Modalpartikeln in faktiven Komplementsätzen nicht vorkommen könnten (u. a. Coniglio 2011: 139), es sei denn, dass die Faktivität durch inhaltliche Faktoren abgeschwächt oder gar aufgehoben werde (z. B. durch Zukunftsbezug im Komplementsatz, da mit der Zukunft immer eine gewisse Unsicherheit einhergeht, vgl. dazu auch Abraham 2012: 90). Allerdings zeigt Döring (2013: 108) anhand von Beispielen wie (45), dass es durchaus möglich ist, dass Partikeln wie ja in faktiven Komplementsätzen auftreten, weil sowohl die Partikel als auch das faktive Verb die Wahrheit des Sachverhalts voraussetzen. Auch für andere Partikeln der Cluster 2a/b scheint dies möglich zu sein, wie (46) zeigt.

(45) Max weiß, dass Paul ja niemandem etwas sagen würde.

(Döring 2013: 108)

(46) Sein Schmunzeln verrät, dass es halt doch nicht so einfach ist, mit hun-dertjährigen Skis den Hang hinunter zu fahren.

(COSMAS-II, Teilkorpus soz)

Allerdings ist das Einsetzen einer Modalpartikel in einem solchen Kontext nicht ohne Weiteres möglich, wie Coniglio (a. a. O.) anhand von Beispielen wie (47) zeigt. Aufgrund der Analyse von Döring wäre zu erwarten, dass auch das mögliche Auftreten der Partikeln in faktiven Komplementsätzen durch Kontext-verschiebung zu erklären wäre (obwohl dies für (46) weniger offensichtlich sein dürfte). Dafür spricht jedenfalls, dass in (45-46) das Subjekt des Matrixsatzes je-weils auf eine konkrete Person verweist, die bei der Kontextverschiebung einbe-zogen sein könnte, während in (47) ein unpersönlicher Satz vorliegt.29

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29 Gegen diese Analyse spricht auf den ersten Blick ein Beispiel wie (ii), das ebenfalls von Coniglio (a. a. O.) zur Untermauerung der Ablehnung von Modalpartikeln in faktiven

(47) *Es stimmt, dass Udo ja verheiratet ist.30 (Coniglio 2011: 139)

Auch hier bildet einfach eine Ausnahme: Obwohl es nicht sehr oft vorkommt, lassen sich Belege wie (48) finden, in denen einfach in einem Komplementsatz mit faktivem, aber unpersönlichem Matrixverb steht. In diesem Fall wird die Ab-tönung geechot: Eine andere Person hat früher in der Diskussion eine einfach-Äußerung realisiert, und der aktuelle Sprecher stimmt dieser einfach-Äußerung zu. Dass dies mit einfach besser geht als etwa mit ja, dürfte an der Subjektivität der Evi-denzmarkierung von einfach liegen: Was für den Abtönenden evident ist, ist es nicht unbedingt auch für andere (obwohl aufgrund der Evidenzbedeutung durchaus mit Zustimmung gerechnet wird). Die anderen Partikeln der Cluster 2a/b markieren eine allgemeinere, objektivere Bekanntheit oder Evidenz, die kei-ner weiteren Bestätigung bedarf. In (48) stimmt der aktuelle Sprecher nämlich nicht nur (bzw. nicht an erster Stelle) dem erwähnten Sachverhalt zu, sondern der Abtönung dieses Sachverhalts durch einfach: Der Sprecher gibt an, dass er selber die subjektive Einstufung des Sachverhalts durch den geechoten Sprecher als evident teilt, allerdings ohne diese Evidenz auch als allgemein geltende und von allen geteilte Perspektive darstellen zu wollen, wie das bei weniger subjekti-ven Partikeln wie ja oder eben der Fall wäre.

(48) Aber es stimmt, dass es einfach nicht jedem steht.

(http://www.hochzeitsplaza.de/hochzeits-forum, Zugriff 30.12.2013)

|| mentsätzen angeführt wird: Obwohl das Matrixverb nicht unpersönlich ist, wird der Komple-mentsatz mit Partikel als inakzeptabel eingestuft. Allerdings ist dieser Satz schon alleine daher problematisch, weil die Bedeutungen von ja und leugnen nicht miteinander verträglich sind: Ja markiert Wahrheit, also gerade das Gegenteil von leugnen.

(ii) *Er leugnete, dass er die Zeugin ja unter Druck gesetzt habe.

(Coniglio 2011: 139)

30 Im Internet findet man zwar Belege für diese Struktur. Diese sind aber so selten, dass die Struktur durchaus als ungebräuchlich gelten kann.

(iii) Ich bin auch auf der Suche, welchen Selbstbräuner sie benutzt! Weil es stimmt, dass sie ja schon von Natur aus dunkler ist, aber sie benutzt noch einen Selbstbräuner; dummerweise habe ich den Namen vergessen...

(http://www.gutefrage.net/frage/so-braun-wie-eva-longoria-was-benutzt-sie, Zugriff 30.12.2013, Rechtschreibung standardisiert)

Ähnlich scheint die Situation bei der Verwendung von einfach in Entschei-dungsfragen zu sein (49). Auch in diesem Fall spielt die subjektive Evidenzbe-deutung eine Rolle. Thurmair (1989: 133) ist der Meinung, dass tatsächlich der in Frage gestellte Sachverhalt die für den Sprecher evidente Erklärung eines vorher erwähnten Sachverhalts ist. Ähnlich werde laut Brünjes (2014: 129) der Inhalt der Frage „bezüglich seiner Gültigkeit erfragt“ und es liege eine „positive Antworter-wartung“ vor. Allerdings suggerieren Beispiele wie (49), dass vielmehr gerade ge-fragt wird, inwiefern der Hörer den angesprochenen Sachverhalt als die evidente Erklärung betrachtet: Nicht der Sachverhalt wird erfragt, sondern inwiefern ihn der Gesprächspartner als evident einstuft.31 In (49) ist die Rede von Schifahrerin Maria Höfl-Riesch, die bei einem Weltcupslalom das Podest knapp verfehlt hat.

Das Verfehlen des Podestes ist also der vorher erwähnte und zu begründende Sachverhalt, und der Reporter (WN) fragt Martina Ertl-Renz (ME), inwiefern es als auf der Hand liegende (und dementsprechend wichtigste oder einzig relevante) Erklärung zu sehen ist, dass ihr der Kurs nicht lag.

(49) WN: Martina, du hast ihre Fahrt genau angeschaut. Ist sie zu ängstlich, zu vorsichtig gefahren, oder war es einfach nicht ihr Kurs?

ME: Es war generell schon nicht ihr Kurs, weil es sehr steil und drehend war. Maria mag lieber langgezogene Kurven. Und natürlich war die Sicht sehr schlecht; das hat sie auch ein bisschen gehemmt.

(FG_A3b)

Diese Verwendung wurde in der Literatur bislang nur für einfach, nicht je-doch für eben und halt analysiert. Tatsächlich scheint eine solche Verwendung von eben und halt wesentlich seltener zu sein, obwohl Brünjes (2014: 128–129) zeigt, dass sie nicht ganz ausgeschlossen ist (vgl. dazu auch Duplâtre 1996: 22–

24). Diese Distribution dürfte erneut mit der subjektiveren Natur von einfach zu tun haben. Wenn ein Sachverhalt als objektiv evident gilt (wie es eben und halt markieren), so braucht man nicht danach zu fragen. Subjektive Evidenz dagegen wird nicht per definitionem von vornherein von allen Gesprächspartnern geteilt, sondern sie besteht nur für die Person, die den Sachverhalt als evident betrachtet.

In diesem Fall ist es also durchaus möglich, die Frage zu stellen, ob ein bestimm-ter Sachverhalt für eine Person als evident gilt. Diese personengebundene bzw.

subjektive Evidenz wird eher durch einfach markiert, sodass diese Partikel auch

||

31 Dies ist auch im Einklang mit der Beobachtung von Verstraete (2001: 1521), dass subjektive Modalität in Fragen als „oriented towards the interlocutor“ zu sehen ist: Evidenz für den Ge-sprächspartner, nicht für den Sprecher.

leichter in Fragen einzusetzen ist als eben und halt. Die Kontextverschiebung, die die Verwendung von einfach in Entscheidungsfragen ermöglicht (vgl. Döring 2013: 112 zu Kontextverschiebung in Fragen), wird ihrerseits selber dadurch er-möglicht, dass einfach subjektiver ist als halt und eben (vgl. die Besprechung zu (49)).32

Ob damit die vollständige Erklärung für das Auftreten von einfach in faktiven Komplementsätzen und Entscheidungsfragen geliefert ist, dürfte anhand der Gestikanalyse im Folgenden schwierig zu bestimmen sein; jedenfalls enthalten auch die verwendeten Korpusdaten keine Belege von eben und halt in Entschei-dungsfragen. Weitere Aspekte der Besprechung von Cluster 2b, wie das genaue Verhältnis von eben und halt, die Einstufung von einfach als Steigerungspartikel und die Möglichkeit der Kontextverschiebung bei einfach, sollen aber im empiri-schen Teil wieder aufgegriffen werden.

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32 Vgl. auch Gutzmann (2014) zu Unterschieden auf der Ebene des Ausmaßes, in dem die ein-zelnen Modalpartikeln Kontextverschiebung erlauben.

3 Multimodalität

3.0 Einführung

In vorliegender Arbeit soll es darum gehen, zu untersuchen, inwiefern die im vo-rigen Kapitel beschriebenen Modalpartikeln Teil multimodaler Konstruktionen sein könnten. Wie in dieser Umschreibung die Bezeichnung ‚multimodal‘ aufzu-fassen ist, ist das Thema dieses dritten Kapitels. Nachdem zunächst geklärt wor-den ist, wie der Begriff ‚multimodal‘ zu interpretieren ist (3.1) und welche Dimen-sionen der Multimodalität für die Abtönungsforschung relevant sind (3.2), soll im Abschnitt 3.3 auf die für die folgende Analyse zentrale Dimension der Multimo-dalität eingegangen werden: die Gestik. Geklärt werden soll unter anderem, mit welchem Gestikbegriff gearbeitet wird und wie sich dieser zum Sprachkonzept verhält.

3.1 Multimodalität

„All interactions are multimodal.“ Mit dieser These eröffnet Norris (2004: 1) ihr Buch zur Analyse multimodaler Interaktion. Dass in einer Interaktion im Normal-fall mehrere Kommunikationsmodi miteinander interagieren, dürfte mittlerweile als eine eher unkontroverse Behauptung erscheinen. Wichtiger für die vorlie-gende Arbeit ist aber die Ergänzung, die Bezemer/Jewitt (2010: 183) liefern, dass all diese Kommunikationsmodi auch zur Bedeutung beitragen, und dass mit an-deren Worten die Bedeutung nicht nur verbal vermittelt wird. Dementsprechend ist die Ansicht gewachsen, dass eine adäquate Analyse authentischer Kommuni-kation nur dann möglich ist, wenn auch alle nonverbalen KommuniKommuni-kationsmodi sowie ihre Interaktion untereinander wie mit der verbalen Ausdrucksebene in Be-tracht gezogen werden und gar einen gleich prominenten Stellenwert zugewie-sen bekommen wie traditionell das Verbale (Weinrich 1992: 14, Schmitt 2005: 23,

„All interactions are multimodal.“ Mit dieser These eröffnet Norris (2004: 1) ihr Buch zur Analyse multimodaler Interaktion. Dass in einer Interaktion im Normal-fall mehrere Kommunikationsmodi miteinander interagieren, dürfte mittlerweile als eine eher unkontroverse Behauptung erscheinen. Wichtiger für die vorlie-gende Arbeit ist aber die Ergänzung, die Bezemer/Jewitt (2010: 183) liefern, dass all diese Kommunikationsmodi auch zur Bedeutung beitragen, und dass mit an-deren Worten die Bedeutung nicht nur verbal vermittelt wird. Dementsprechend ist die Ansicht gewachsen, dass eine adäquate Analyse authentischer Kommuni-kation nur dann möglich ist, wenn auch alle nonverbalen KommuniKommuni-kationsmodi sowie ihre Interaktion untereinander wie mit der verbalen Ausdrucksebene in Be-tracht gezogen werden und gar einen gleich prominenten Stellenwert zugewie-sen bekommen wie traditionell das Verbale (Weinrich 1992: 14, Schmitt 2005: 23,