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2.3 Die analysierten Partikelcluster

2.3.2 Cluster 2a: ja & doch

CWI: Ja. Wissen Sie eigentlich, wie lange der Besprechungstermin unge-fähr ähm dauern wird?

(Verbmobil m30n)

(17) IN: Danke, Armin, das sieht doch sehr sehr lecker aus. Horst, was ist ei-gentlich dein Lieblingsgericht?

(FG_B1c)

Gelegentlich wird angenommen, dass eigentlich die Frage als beiläufig mar-kiert oder wenigstens markieren kann (u. a. Péteri 1992: 23 und Weydt/Hentschel 1983: 11). Thurmair (1989: 177) ist damit nicht einverstanden und behauptet dies-bezüglich: „Eigentlich-Fragen leiten ein neues Thema ein, das dann aber auch Thema bleibt.“ Die Wahrheit liegt vermutlich in der Mitte. Normalerweise wird auf Fragen mit eigentlich eine Antwort erwartet, und wenigstens so lange bleibt das neue Thema tatsächlich erhalten. Man kann auch länger beim neuen Thema verweilen (in (17) wird zum Beispiel noch einige Minuten lang über Horst Lichters Lieblingsessen weitergeredet), aber dem ist nicht unbedingt so. Nachdem die Frage in (16) geäußert wurde, zum Beispiel, wird kurz eine Antwort geliefert, und schon gleich wird mit der Einplanung eines weiteren Termins fortgefahren. Wirk-lich beiläufig ist die Frage in (16) vielleicht nicht – es ist für die Einplanung der Besprechung durchaus wichtig, zu wissen, wie lange sie dauern soll – aber dieser Aspekt der Dauer bleibt nur ganz kurz das Thema. Ähnlich ist es, wenn man Es-sensgäste zwischendurch fragt: „Werden Sie eigentlich satt?“ Solche Fragen wer-den meist nur ganz kurz beantwortet, und schon gleich danach kehrt man zum vorigen Gesprächsthema zurück oder man wechselt abermals zu einem neuen Thema. In solchen Fällen scheint die Frage also doch, contra Thurmair (a. a. O.), eher als beiläufig einzustufen zu sein.

2.3.2 Cluster 2a: ja & doch

Der zweite Cluster hat als zentrale Elemente zwei Partikeln, die typischerweise in Assertionen eingesetzt werden: ja und doch. Diese zwei Partikeln haben gemein-sam, dass sie einen Sachverhalt als bekannt oder wahr markieren. Im Fall von doch kommt noch eine Adversativitätsnuance hinzu, auf die weiter unten einge-gangen werden soll.

Darüber, wie man die Bedeutung von ja am besten umschreiben kann, be-steht in der Literatur bislang kein Einverständnis (vgl. Rinas 2007a und Hoff-mann 2008). Thurmair (1989) liefert einen vielfach herangezogenen Ansatz, in

dem sie behauptet, die Partikel ja markiere den Sachverhalt als einen, der dem Hörer bekannt sein dürfte. Dies illustriert Beispiel (18), das einer Plenarrede von Wolfgang Schüssel im Österreichischen Parlament entstammt: Wenn er die Aus-sage ‚jedes Dokument ist transparent im Internet abrufbar‘ mit ja abtönt, signali-siert er, dass er davon ausgeht, dass seine Gesprächspartner (bzw. in diesem Fall seine Zuhörer im Parlament) das eigentlich bereits wissen dürften bzw. sollten.

(18) WS: Es sind die Bürger insofern gestärkt, weil ja jedes Dokument trans-parent im Internet abrufbar ist.

(PR_Schü0811)

Allerdings kann nicht immer einfach von einer objektiven Bekanntheit des Sachverhalts ausgegangen werden, wie auch Thurmair (1989: 106) selber schon angemerkt hat. Wie Beispiel (19) zeigt, kann der Sprecher dies bewusst als rheto-rische Strategie einsetzen, um eine ironische Wirkung zu erzeugen oder um Wi-derspruch vonseiten des Hörers zu vermeiden. Die Bekanntheit wird hier mehr oder weniger ‚auferlegt‘, d. h. die Vertrautheit mit der Information wird in den Hörer hineinprojiziert, was Reiter (1985) als die „Perfidie“ von ja bezeichnet. So-fern die Partikel nicht ironisch gemeint ist, ist die Absicht hinter dieser Verwen-dung von ja, dass sich der Hörer denkt, dieser ihm unbekannte Sachverhalt sollte ihm eigentlich bekannt sein, und er solle deshalb lieber keine Einwände äußern.

Allerdings zeigen Beispiele wie (20), dass ja auch eingesetzt werden kann, wenn dem Hörer der Sachverhalt gewiss noch nicht bekannt war, ohne dass die Ver-wendung von ja als wirklich perfide zu betrachten wäre.

(19) Chomsky hat dieses Problem in seinen ‚Aspects‘ behandelt, die Sie ja alle gelesen haben, so dass ich nicht näher darauf einzugehen brauche.

(Bublitz/von Roncador 1975: 145)

(20) Würden Sie bitte weiter durchgehen! – Nein, ich muss ja nächste Station schon aussteigen!

(Rinas 2007a: 205)

Eine ähnlich problematische Situation stellt sich auch im für die vorliegende Arbeit verwendeten Korpus, das u. a. im Fernsehen übertragene Sportberichte enthält (siehe Kapitel 5 für genauere Informationen). Als Beispiel könnte (21) her-angezogen werden. Die Rede ist vom Start des gerade beendeten Massenstart-rennens (eine Art von Rennen im Biathlon, bei dem alle Athleten gemeinsam

laufen), und während der Reporter die Äußerung in (21) realisiert, werden die Bil-der dieses Starts nochmals eingeblendet. Dass Kati Wilhelm das erste Massen-startrennen der Saison gewonnen hat, dürfte den Biathlonadepten bekannt sein.

Es ist aber nicht auszuschließen, dass zufälligerweise auch andere Leute zu-schauen, die sich gar nicht mit Biathlon auskennen und dies also gar nicht wis-sen. Allerdings stellt sich in diesem Fall die Frage, inwiefern sich der Sprecher dessen bewusst ist. Zudem könnte hier auch ein gewisses Hineinprojizieren der Bekanntheit in den Hörer stattfinden: ‚Die Information dürfte bekannt sein, und falls sie es nicht ist, so wird sie hiermit der gemeinsamen Wissensbasis hinzuge-fügt und kann dementsprechend wie bekannte Information behandelt werden.‘

(21) CH: Da haben wir nochmal den Blitzstart von Kati Wilhelm, im roten Tri-kot – sie hat ja den ersten Massenstart des Jahres gewonnen.

(FG_A1a)

Auf solche Fälle geht auch Reineke (2016) ein. Sie betrachtet die Modalparti-kel ja generell als ein Mittel der Wissenszuschreibung und behauptet, ihre Ver-wendung könne in solchen Fällen „auch face-schützend für die Teilnehmer sein“

(Reineke 2016: 98): Der Sprecher könne nicht einfach davon ausgehen, dass der Sachverhalt dem Hörer bereits bekannt sei, und müsse ihn deswegen erwähnen.

Falls aber der Hörer doch bereits über dieses Wissen verfügen sollte, sei es ge-sichtsbedrohend, es in unmodalisierter Form zu vermitteln, denn dies könnte so verstanden werden, als unterschätze man den Wissensstand des Hörers und gehe davon aus, dass er Bekanntes nicht wisse. Dementsprechend werde die Partikel ja als eine Strategie der Gesichtswahrung eingesetzt, „um auf ein Ereignis zu ver-weisen, das der Adressatin möglicherweise, aber nicht zwingend bekannt ist“

(Reineke 2016: 95).

Alternativ formuliert Rinas (2007a) aufgrund solcher Fälle, in denen höchs-tens von hineinprojizierter Bekanntheit ausgegangen werden könnte, den Vor-schlag, der Partikel ja nicht eine Bekanntheitsbedeutung zuzuschreiben, son-dern vielmehr davon auszugehen, dass diese Partikel Wahrheit markiere.

Wichtig ist allerdings, dass ‚Wahrheit‘ hier nicht im kategorischen logisch-philo-sophischen Sinne zu interpretieren ist; vielmehr ist gemeint, dass der Sprecher mit der Partikel ja zu verstehen gibt, dass er keinen Widerspruch vonseiten des Hörers erwartet. Ähnliche Darstellungen finden sich auch bei Lindner (1991) und Modicom (2012) sowie bei Hoffmann (2008: 212), dem zufolge ja den Sachverhalt als „aus Sprechersicht gewiss geltend“ markiere und diese Gewissheit als eine

„hörerseitig zu übernehmende“ zu interpretieren sei, bei Brünjes (2014: 144), die von „Übereinstimmung von Sprecher und Hörer in Bezug auf die Proposition“

spricht, und bei Reineke (2016: 89–90), die neben „bekannt“ zur Beschreibung der Bedeutung von ja auch „fraglos (‚evident‘)“ vorschlägt und damit meint,

„dass das Zutreffen des jeweiligen Sachverhaltes als fraglos dargestellt wird“. Die Wahrheitsfacette ist auch der Bedeutungsaspekt, der in bis auf das Althochdeut-sche zurückgehenden diachronen Analysen von ja (HentAlthochdeut-schel 1986, Wauchope 1991) als der wichtigste genannt wird. Zwar geben Hentschel und Wauchope auch an, dass es sich typischerweise um einen Sachverhalt handelt, der dem Hörer be-kannt sein dürfte, aber eine unabdingbare Voraussetzung für die Verwendung von ja scheint dies nicht zu sein.

Wie dem auch sei, der Begriff ‚Wahrheit‘ dürfte aufgrund seiner logisch-phi-losophischen Beladenheit eine zu starke Bezeichnung sein, was sich auch darin zeigt, dass Rinas (a. a. O.) selber die Paraphrase des Keinen-Widerspruch-Erwar-tens anführt. Diese Paraphrase ist jedoch mit einer spezifischen Auslegung des Wahrheitsbegriffs zu verknüpfen, die eher mit dem Begriff des Einverständnisses im Einklang zu sein scheint. Allerdings ist auch hier darauf hinzuweisen, dass der Begriff intersubjektiv zu interpretieren ist: Der Sprecher zeigt durch die Ver-wendung von ja kein Einverständnis mit dem Hörer, sondern projiziert (intersub-jektiv) Einverständnis mit der eigenen Aussage in den Hörer hinein bzw. gibt an, dass der Hörer mit der Aussage einverstanden sein dürfte bzw. sollte (vgl. auch Hoffmanns (a. a. O.) „hörerseitig zu übernehmende Gewissheit“). Gleichwohl ist auch diese Analyse der Bedeutung von ja nicht unproblematisch. Tatsächlich kann man sich bei subjektiven Äußerungen wie (22-24) fragen, inwiefern der Hö-rer überhaupt damit ‚einverstanden‘ sein könnte bzw. inwiefern ihnen überhaupt widersprochen werden kann. Der Hörer kann den Sachverhalt zur Kenntnis neh-men oder bestätigen, aber damit wirklich einverstanden zu sein, ist schwierig.

Ähnlich nehmen Fernsehzuschauer als Hörer eine Sonderstellung ein, indem sie im Allgemeinen nicht direkt reagieren können und somit dem Sprecher nicht di-rekt widersprechen können, sodass in diesen Fällen eine Interpretation von ja als Markierer des ‚Einverständnisses‘ auch als in gewissem Sinne perfide zu betrach-ten wäre (vgl. zu solchen Fällen auch Reineke 2016: 121).

(22) Und Fonds war ich ja immer schon dagegen.

(FG_B1c)

(23) Ich fühle mich ja hier wie zuhause.

(COSMAS-II, Teilkorpus nkz) (24) Orange ist ja meine Lieblingsfarbe.

(http://www.polar-chat.de/topic_88038_490.html, Zugriff 12.03.2014)

Hier zeigt sich also nochmals deutlich, wie stark die Partikelbedeutung vom Kontext abhängig ist. Einen Begriff zu finden, der ohne Weiteres auf alle Verwen-dungen von ja als Modalpartikel anwendbar wäre, stellt sich als besonders schwierig heraus. Mangels einer besseren Bezeichnung sollen im weiteren Ver-lauf dieser Arbeit die oben angesprochenen Begriffe weiter verwendet werden, allerdings immer im Hinterkopf behaltend, dass keiner dieser Begriffe die Wir-kung von ja völlig abdeckt.

An dieser Stelle sollen noch zwei typische Verwendungskontexte angespro-chen werden, von denen behauptet worden ist, dass eine separate Variante von ja vorliege: die Verwendung in Ausrufen und in Begründungen. In Ausrufen (bzw. emphatischen Aussagen) wird der Partikel ja u. a. von Thurmair (1989: 107) die Funktion zugeschrieben, Überraschung über das Zutreffen des Sachverhalts zu markieren. Daher auch umschreibt sie diese Verwendung von ja als ‚Überra-schungs-ja‘.

(25) Du blutest ja!

(Thurmair 1989: 107)

Allerdings kann die Unterscheidung zwischen einfachen und emphatischen Aussagen nicht immer eindeutig getroffen werden, und ähnlich schwierig ist die Abgrenzung des Überraschungs-ja vom Bekanntheits-ja. Tatsächlich gesteht schon Thurmair selber ein (a. a. O.), dass sich die beiden Varianten von ja inso-fern ähneln, als der Sachverhalt auch im Falle des Überraschungs-ja dem Hörer schon bekannt sein dürfte. Es ließe sich jedoch – ähnlich wie beim Bekanntheits-ja – fragen, ob das immer so ist. Waltereit (2006: 42) behauptet gar, das Überra-schungs-ja werde nur verwendet, wenn der Sachverhalt dem Hörer gerade noch nicht bekannt ist. Auch diese Stellungnahme ist jedoch problematisch, da der Hörer das Gesagte manchmal sehr wohl wissen dürfte.24 In dieser Hinsicht scheint sich dieses Überraschungs-ja nicht wesentlich von der oben besprochenen Ver-wendung von ja zu unterscheiden, sodass mit Rinas (2007a: 210) festgehalten werden kann, dass hier keine separate Variante von ja anzunehmen ist: Vielleicht

||

24 Gegebenenfalls könnte man noch annehmen, dass ja hier andeute, der Sprecher gehe davon aus, dass der Hörer es nicht wisse, und projiziere also Unbekanntheit der Information in den Hörer hinein. Allerdings ist in Fällen wie (i) die Chance, dass dem Hörer der Sachverhalt noch nicht bekannt war, als eher gering einzuschätzen, sodass auch diese Analyse nicht völlig un-problematisch ist.

(i) GK: Du hast ja Wimperntusche!

(FG_AFvid1)

ist der Sachverhalt dem Hörer bereits bekannt, vielleicht auch nicht, aber auf je-den Fall wird kein Widerspruch erwartet.

Einen weiteren typischen Verwendungskontext der Partikel ja stellen be-gründende Äußerungen dar. Als Beispiel kann auf (21) zurückverwiesen werden, das hier als (26) nochmals aufgenommen ist. Als Hintergrund sei darauf hinge-wiesen, dass im Biathlonweltcup neben einer Gesamtwertung auch Einzelklasse-ments für die unterschiedlichen Subdisziplinen aufgestellt werden. Der Athlet, der die Wertung für die jeweilige Subdisziplin anführt, trägt ein rotes Trikot. In diesem Beispiel ist vom zweiten Massenstartrennen der Saison die Rede, und die Aussage, dass Kati Wilhelm im roten Trikot läuft, wird dadurch begründet, dass sie das erste Massenstartrennen des Jahres gewonnen hat und mithin die Welt-cupwertung in dieser Subdisziplin anführt.

(26) CH: Da haben wir nochmal den Blitzstart von Kati Wilhelm, im roten Tri-kot – sie hat ja den ersten Massenstart des Jahres gewonnen.

(FG_A1a)

Auch in diesem Fall ist allerdings nicht klar, wie das genaue Verhältnis zum klassischen Bekanntheits-ja zu sehen ist. Forscher wie Rudolph (1986: 83) be-haupten, dass ja hier im Grunde genommen als Markierer einer kausalen Bezie-hung auftritt, indem die Äußerung mit ja den Grund für den Sachverhalt der Vor-gängeräußerung bzw. die Begründung für das Äußern dieser Vorgänger-äußerung liefert. Knetschke (1974) geht noch einen Schritt weiter und behauptet, ja sei in diesem Fall als reine kausale Konjunktion einzustufen. Neuerdings wird jedoch zunehmend (u. a. von Karagjosova 2003) die Ansicht vertreten, dass es sich bei der kausalen Bedeutung um eine Implikatur handle. Wie oben bereits dargelegt wurde, können Modalpartikeln zusätzlich zu ihrer eigentlich abtönen-den Bedeutung auch eine Beziehung zum Kontext markieren (was Thurmair 1989 als <KONNEX> umschreibt). Aufgrund der Kernbedeutung von ja als Wahrheits-markierer wird dieser Konnexlink typischerweise als kausal oder begründend in-terpretiert, aber dies ist eine kontextuell bedingte Interpretation und nicht eine Konstante in der Bedeutung von ja (vgl. auch Rinas 2007a: 206). In der Hinsicht ist auch diese Verwendung von ja nicht wirklich vom Bekanntheits-ja zu unter-scheiden.25

||

25 Als weitere Sonderverwendung könnte man das oben bereits kurz angesprochene betonte JA erwähnen, das in Aufforderungen zur Illokutionsverstärkung eingesetzt wird. Allerdings wäre dann zu klären, ob dieses JA als betonte Variante von ja zu betrachten ist (u. a. Meibauer 1993:

Festzuhalten bleibt also, dass ja an erster Stelle als Wahrheits- oder Bekannt-heitsmarkierer gelten kann. Dies trifft auch auf die Verwendung von doch in As-sertionen zu. Allerdings weist letztere Partikel zudem meist noch einen weiteren Bedeutungsaspekt auf, der sich als ‚Adversativität‘ umschreiben ließe. Dies zeigt sich zum Beispiel in (27), das einer österreichischen Parlamentsrede entstammt, in der der Oppositionsabgeordnete Josef Cap die undurchsichtige Vorgehens-weise des Kabinetts Schüssel II bei der Beschaffung neuer Kampfjets kritisiert. Er gibt an, dass es einfacher gewesen wäre, wenn sich die Regierung einfach die Frage gestellt hätte, was die Nation braucht (und eine entsprechende Typenent-scheidung gefällt hätte). Indem er die Partikel doch einsetzt, markiert Cap eine Einverständniserwartung im oben dargelegten Sinne. Zugleich aber, und darin liegt der Adversativitätsaspekt, signalisiert er, dass dieser als wahr geltende Sachverhalt mit der Vorgehensweise der Regierung nicht im Einklang ist: Obwohl die von Cap angesprochene Vorgehensweise bekanntlich die einfachere ist, hat die Regierung anders gehandelt. Wie Thurmair (1989: 112) angibt, geht mit dieser Adversativitätsnuance vielfach auch die Idee einer Korrektur einher: Der Spre-cher erwartet vom Hörer, dass dieser seine Annahmen oder Handlungen so an-passt, dass sie mit dem als wahr markierten Sachverhalt verträglich sind – ob-wohl das in diesem konkreten Fall (wenigstens auf der Ebene der Handlungen) schwierig sein dürfte, da sich Geschehenes vor allem bei solchen Geschäften viel-fach nicht ungeschehen machen lässt.

(27) JC: Warum dieser komplizierte Weg? Warum haben Sie diese Leiden auf sich genommen? Es wäre doch einfacher gewesen, wenn Sie gesagt hät-ten: „Was braucht Österreich? Okay, das ist ein redimensioniertes Pro-fil.“

(PR_Cap3010)

Ähnlich wie ja wird auch doch vielfach in begründenden Äußerungen einge-setzt. Erneut kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Begrün-dungsbeziehung um eine konkrete Interpretation des <KONNEX>-Links handelt. In (28), zum Beispiel, das erneut einer Parlamentsrede entnommen wurde, wird mit der Äußerung „Dem war doch völlig Wurst, was zu untersuchen war“ die Aussage begründet, dass sich der Abgeordnete Cap schieflacht bei der Behauptung, sein Kollege Pilz habe im Rahmen eines Untersuchungsausschusses der Sache auf

|| 128), oder vielmehr als eine homophone aber separate Partikel (u. a. Coniglio 2007: 8). Diese Dis-kussion übersteigt jedoch die Reichweite der vorliegenden Arbeit, zumal das betonte JA im Kor-pus mit nur drei Belegen zu selten ist, um in die Analyse einbezogen zu werden.

den Grund gehen wollen. Hier ist zudem die Korrekturbedeutung deutlicher an-wesend: Wenn man weiß, dass Abgeordneter Pilz eigentlich gar nicht untersu-chen wollte, so soll man auch nicht behaupten, er hätte eine gründliche Untersu-chung beabsichtigt (impliziert ist bei der Äußerung Caps, dass dies tatsächlich von Pilz’ Parteikollegen behauptet wurde).

(28) PW: Ich lach mich doch schief, wenn mir jemand erklären will, dass Ab-geordneter Pilz hier im Haus wirklich untersuchen wollte. Dem war doch völlig Wurst, was zu untersuchen war!

(PR_Westenthaler2911)

Allerdings ist die Adversativitätsnuance, die doch von ja unterscheidet, nicht immer gleich stark ausgeprägt. Zum Beispiel kann die Partikel doch auch einge-setzt werden, wenn Hintergrundwissen vermittelt wird, das für den weiteren Ver-lauf der Äußerung relevant ist (29). Auch hier handelt es sich im Allgemeinen um Information, die als wahr oder bekannt markiert wird, allerdings ohne deutliche Adversativität (höchstens wäre diese darin zu sehen, dass der Hörer die Informa-tion als für die KommunikaInforma-tion relevanten Teil der gemeinsamen Wissensbasis parat halten sollte, während er das spontan vielleicht nicht gemacht hätte). Ähn-lich kann doch eine erinnernde Funktion haben. In dem Fall wird der Hörer mit der doch-Äußerung an etwas Bekanntes erinnert, das für den Gesprächsablauf relevant ist, aber ohne damit eine richtige Korrektur ansteuern zu wollen (30).

(29) Da war doch neulich der schwere Unfall in unserer Straße. Und da hat sich jetzt ergeben, dass...

(Hentschel 1986: 134)

(30) A: Wo wollen wir denn hin zum Essen?

B: Ach, ich hab’ ’ne Idee: Wir waren doch kürzlich mit Eva in der Kneipe da hinter dem Noordermarkt, da war doch nebenan so ein lustiges Res-taurant. Warum gehen wir da nicht hin?

(Franck 1980: 183)

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der Äußerungstyp ‚Assertion‘

nicht nur den sogenannten emphatischen Aussagen ähnelt, die bei ja relevant waren, sondern auch den sogenannten Intonationsfragen. Dabei handelt es sich um Äußerungen, die von der Satzstruktur her eigentlich als Aussagesatz einzu-stufen wären, durch ihre Intonation (sowie im Schriftbild durch das abschlie-ßende Fragezeichen) jedoch als Bitte um Bestätigung interpretiert werden. Die

Rolle der Partikel doch ist in diesem Fall, anzudeuten, dass eine zustimmende Antwort erwartet wird bzw. dass die vom Sprecher unterstellte Wahrheit des Sachverhalts vom Hörer bestätigt wird. In (31), zum Beispiel, das einer ARD-Talk-show entstammt, scheint der Sprecher (Reinhold Beckmann) sich daran zu erin-nern, dass die Schauspielerin Thekla Carola Wied einmal eine Nonne gespielt hat, ist sich aber offenbar nicht mehr ganz sicher und bittet sie um Bestätigung.

Auch in dieser Verwendung von doch kann eine gewisse Adversativität vorliegen, wenngleich sie in (31) nicht so deutlich ist (dieser Fall wäre wieder eher als erin-nernd einzustufen). In (32) dagegen ist dieser Bedeutungsaspekt deutlicher an-wesend: Wenn es stimmt, dass es immer schon duftende Rosen gegeben hat (die Tatsache, für die um Bestätigung gebeten wird), so sollte sich Elmar (= EM) nicht darüber wundern, dass INs Rosen duften. Elmars Verhalten (das Erstaunen über die duftende Rose) ist also nicht im Einklang mit der bekannten (aber trotzdem hinterfragten) Tatsache, dass duftende Rosen nichts Neues sind.

(31) RB: Sie haben doch mal ne Nonne gespielt, ja?

(FG_B2a)

(32) IN: Was ich klasse fand… Elmar kommt hier rein und sagt: „O, ne ganz tolle Rose! Die riecht!“

EM: Duftet, ne. Also Fische riechen, wenn sie lange liegen.

IN: Nein, nein, aber… ähm… Rosen, die duften, die gab’s doch schon im-mer?

(FG_B1c)

Zum Schluss sei noch darauf hingewiesen, dass die Partikel doch im

Zum Schluss sei noch darauf hingewiesen, dass die Partikel doch im