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DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE IN KÜRZE

Ein Großteil der Bevölkerung geht nicht davon aus, dass die Energiewende mittelfristig Aus-wirkungen auf die eigene Mobilität, das persönliche Wohnumfeld oder die berufliche Tätigkeit haben wird.

Nur wenige verbinden mit der Energiewende in naher Zukunft bessere Lebenschancen. Die Erwartungshaltung ist bei den Jüngeren insgesamt deutlich positiver.

Eine Mehrheit der Bevölkerung erwartet durch die Energiewende zukünftig eher negative Aus-wirkungen auf die eigene wirtschaftliche und finanzielle Situation. Besonders pessimistisch ist die Erwartungshaltung bei der Bevölkerungsgruppe, die im Alltag bereits durch Energiepreise belastet ist sowie bei den Anhängerinnen und Anhängern der AfD.

Die prinzipielle Bereitschaft zur Mitwirkung an der Energiewende ist zwar groß, bisher hat aber nur ein kleiner Teil der Bürgerinnen und Bürger tatsächlich schon in Anlagen mit Erneuerbaren Energien investiert.

Eine große Mehrheit der Bevölkerung kann sich nicht vorstellen, kurzfristig in eine eigene Anla-ge zur Nutzung erneuerbarer Energien zu investieren.

Ein Leben im Mietverhältnis sowie Unsicherheiten über Kosten und Nutzen stellen relevante Hemmnisse für die Investition in eine eigene Solar- oder Windanlage dar.

Von der EEG-Umlage für eine Photovoltaikanlage haben bisher vor allem Bevölkerungsgruppen profitiert, die im Eigenheim und einem Ein- oder Zweifamilienhaus wohnen. Das Einkommen ist dabei weniger relevant als die Gebäudeart oder das Wohnverhältnis.

Eine Mehrheit kann sich nicht vorstellen, kurzfristig im eigenen Haushalt in eine intelligente Heizungssteuerung zu investieren. Es überwiegen Zweifel am Nutzen einer solchen Investition.

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6.1 KONZEPT UND INDIKATOREN

In diesem Kapitel wird der Bezug der Bevölkerung zur Energiewende im Hinblick auf das persönliche Lebensumfeld und die Lebensperspektiven stärker beleuchtet. Im Sinne der sozialen Nachhaltigkeit der Energiewende ist es wünschenswert, dass möglichst viele Menschen mit der Transformation des Energie-systems positive Auswirkungen auf ihr eigenes Leben verbinden oder zumindest keine bzw. in nur geringem Maße negative Folgen erfahren oder für ihre Zukunft befürchten. Um diesen Aspekt genauer zu untersu-chen, wird der Frage nachgegangen, inwiefern die Bevölkerung die eigenen Lebensperspektiven mit der Energiewende in Verbindung bringt. Von Interesse ist hier insbesondere, ob von einer positiven oder nega-tiven Betroffenheit ausgegangen wird. Dafür werden wichtige Lebensbereiche in den Blick genommen, in denen die Energiewende im Alltag für die Menschen direkt spürbar werden kann, wie das Wohnumfeld, die Mobilität, die Berufstätigkeit, die wirtschaftliche bzw.

finanzielle Situation sowie die Ausstattung mit neuer Technik.

Der persönliche Bezug zur Energiewende wird auch anhand der aktiven Mitwirkung der Menschen am Transformationsprozess genauer untersucht. Denn mit der Energiewende rücken die privaten Haushalte stärker ins Zentrum des Energiesystems. Die breite und schnelle Diffusion technologischer Innovationen zur Förderung von Energiewende und Klimaschutz und das Einsparen von Energie, setzen voraus, dass die Bürgerinnen und Bürger diese Entwicklungen durch ihre Investitionen sowie veränderte Kauf- und Nutzungsgewohnheiten im Alltag selbst aktiv voran-treiben. Es ist insofern relevant zu wissen, in welchem Ausmaß die Bevölkerung hier schon mitwirkt: Wie hoch ist der Anteil, der bereits durch Verhaltensände-rungen oder Investitionen in Energiewendetechnolo-gien aktiv ist und wie groß ist die Bereitschaft, dies noch zu tun? Wo liegen aus Sicht der Bevölkerung Hemmnisse?

Dabei kann die Mitwirkung hier nur in Teilaspekten er-fasst werden. Im Hinblick auf das Umwelt- und Mobi-litätsverhalten der Bevölkerung existiert bereits eine gute Datenlage mit langjährigen Zeitreihen (UBA 2019; UBA 2016; BMVI 2016). In diesem Kapitel stehen deshalb Fragen nach dem Ausmaß der Mitwirkung und der Mitwirkungsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger in ausgewählten Kernbereichen im Vor-dergrund, die für den Umbau des Energiesystems in Richtung erneuerbare Energien und Energieeffizienz als besonders relevant erachtet werden können.

Erstens wird hier die Mitwirkung rund um den Ener-giekonsum der Haushalte behandelt, sowohl im Hin-blick auf die allgemeine Bedeutung, die die Menschen

dem Energiesparen und der Energieeffizienz im Alltag beimessen, wie z. B. beim Kauf von Haushaltsgeräten oder in dem Bemühen, durch Verhaltensänderungen Energie einzusparen, als auch bei der Wahl eines Öko-tarifs bzw. -anbieters.

Zweitens steht im Fokus dieses Kapitels, wie vie-le Menschen durch ihre eigenen Investitionen direkt am Ausbau erneuerbarer Energien mitwirken. Durch die zunehmend dezentrale Erzeugung auf Basis er-neuerbarer Quellen sind in den letzten Jahrzehnten neue wirtschaftliche Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger an der Energieproduktion entstanden, die einen zentralen Beitrag dazu geleistet haben, dass sich der Erneuerbare-Energien-Ausbau in Deutschland seit dem Jahr 2000 so dynamisch ent-wickelt hat (Radtke 2016, 174  ff.; Gotchev 2016). Im Jahr 2012 waren etwa 47 % der installierten Leistung der Anlagen im Bereich erneuerbare Energien (33,5 Gigawatt) in Bürgerhand (trend:research und Leupha-na Universität Lüneburg 2013, 42).

Die „Kombination von bürgerschaftlichem Engage-ment und Energieerzeugung (auf der Basis von er-neuerbaren Energien) bzw. teilweise auch von Ener-gieeffizienz“ (Hauser et al. 2015, 2) wird dabei als

„Bürgerenergie“ bezeichnet. Darunter werden ein-zeln oder gemeinschaftlich getätigte Investitionen in Form von Eigenkapital in Energieerzeugungsanlagen mit erneuerbaren Energien oder auch in Energieeffi-zienz verstanden, die „unter wesentlicher Beteiligung von Einzelpersonen aus der betreffenden Region ge-tätigt werden“ (Hauser et al. 2015, 3). Dabei gibt es eine Vielfalt der Erscheinungsformen von Bürgerener-gie, aufseiten der Akteure werden darunter sowohl Einzeleigentümer wie Privatpersonen als auch lokale gewerbliche oder landwirtschaftliche Einzelunterneh-men bzw. juristische Personen (außer Großkonzernen) wie Energiegenossenschaften, andere Energiegesell-schaften und regionale Zusammenschlüsse gefasst.

Zentrale Kategorisierungsmerkmale von Bürgerener-gie sind dabei der regionale Bezug, die Beteiligungs-form und die Beteiligungsquote. In einem weiteren Begriffsverständnis fallen darunter auch überregio-nale Bürgerbeteiligungen mit Minderheitsbeteiligung (trend:research und Leuphana Universität Lüneburg 2013, 28 f.).

Zentrales Kennzeichen von Bürgerenergie ist, dass die Bürgerinnen und Bürger mitentscheiden, also im Projekt direkte Kontroll- und Mitbestimmungsrechte ausüben. Es geht insofern um mehr als nur um ein „In-vestment“: Mit der Bürgerenergie werden zahlreiche zusätzliche gesellschaftliche Nutzeneffekte verbun-den. Es geht dabei um soziale Ziele wie Gemeinschaft-lichkeit, regionale Wertschöpfung, Selbstbestimmung sowie Selbstwirksamkeit und Demokratisierung, wes-wegen Bürgerenergie insofern auch als Gegenmodell

zum Engagement großer Konzerne gesehen wird (Bündnis Bürgerenergie 2015; Hauser et al. 2015). Für den Privathaushalt, der sowohl Energie produziert als auch konsumiert, hat sich aber auch die Bezeichnung Prosumer bzw. Prosumerin etabliert, die weniger stark normativ konnotiert ist.

In diesem Kapitel geht es nur um die Beteiligung von privaten Bürgerenergie-Akteuren am Ausbau erneuer-barer Energien, sowohl einzeln durch die Investition in eine eigene PV-Dachanlage als auch gemeinschaft-lich durch die aktive Beteiligung an einer Genossen-schaft oder BürgerenergiegesellGenossen-schaft. Auch wird erhoben, wie viele Menschen rein finanziell über ei-nen Investmentfonds mitwirken. Diese Form der teiligung wird auch als „indirekte wirtschaftliche Be-teiligung“ bezeichnet und unterscheidet sich insofern von der Bürgerenergie, da zwar eigenes Kapital ein-gebracht aber kein Eigentum an einer Projektgesell-schaft gewonnen wird und entsprechend auch keine Mitwirkungs- oder Kontrollrechte ausgeübt werden (Gotchev 2016, 7 f.).

Drittens sind investive Tätigkeiten auch im Wärmebe-reich der Haushalte für die ErWärmebe-reichung der Energiewen-deziele zentral. Ungefähr ein Fünftel des

Endenergie-bedarfs in Deutschland wird für die Raumwärme- und Warmwasserbereitstellung in privaten Haushalten benötigt (AG Energiebilanzen 2019). Deshalb sollten Haushalte ihren Energieverbrauch möglichst ener-gieeffizient gestalten. Eine Möglichkeit dazu ist die intelligente Steuerung der Heizung1 mit dem Ziel der Energieeinsparung und damit der Kostensenkung.

Die erzielbaren Einsparungen sind dabei von vielen Faktoren abhängig (wie energetischer Gebäudestan-dard, Lebenssituation, Motivation, Heizungsanlage etc.) und differieren je nach Haushaltstyp. Für eine abschließende Einschätzung der Einsparpotenziale liegen noch keine ausreichenden Daten aus wissen-schaftlichen Felduntersuchungen vor. Bisherige Un-tersuchungen deuten darauf hin, dass smarte Ther-mostate ein ergänzender Baustein der Strategie zur Dekarbonisierung des Wärmesektors sein können, der für bestimmte Haushaltsgruppen relevante Ener-gieeinsparpotenziale mit sich bringt (Schäuble et al.

2020). Einer der Vorteile einer intelligenten Heizungs-steuerung ist in den im Vergleich zur energetischen Gebäudesanierung weitaus geringeren Investitions-kosten zu sehen. Außerdem können auch Mieterinnen und Mieter diese Möglichkeit nutzen. Deshalb wurden die Investitionstätigkeit und -bereitschaft in eine intel-ligente Heizungssteuerung untersucht.

1 Die Begriffe „intelligente Heizungssteuerung“ und „smarte Thermostate“ werden in dieser Publikation synonym verwendet. Sie beziehen sich nicht auf die direkte Steuerung der Heizungsanlage, die sich meist im Keller befindet, sondern auf die Regelung der Wärme in den Wohnräumen, in denen die Heizungen stehen.

Smarte Thermostate lassen sich ebenso über Handys und Apps steuern.

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