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Bewertung der Relevanz von „Hot-Spots“ bei Arzneistoffeinträgen

Im Dokument 60/2016 (Seite 39-43)

2 Aktualisierung der Stoffflussbetrachtungen sowie Analysen und Konkretisierung

2.4 Ergänzungen/Aktualisierungen der Stoffflussbetrachtungen

2.4.4 Bewertung der Relevanz von „Hot-Spots“ bei Arzneistoffeinträgen

Zur Potentialabschätzung möglicher dezentraler Maßnahmen zur Reduktion von Arzneistoffeinträ-gen in die Gewässer bei GesundheiseinrichtunArzneistoffeinträ-gen wird vielfach die Relevanz dieser Eintragsquellen vor dem Hintergrund der allgemeinen Belastung des Abwassers mit Arzneistoffen durch Haushalte diskutiert. Entsprechend folgt eine Bewertung der Sachlage.

In Deutschland gab es 2013 rund 2.000 Krankenhäuser (2002: 2.221) mit insgesamt etwas über 500.000 Betten. In diesem Jahr wurden nahezu 19 Millionen Patienten (Fallzahl) während einer durchschnittlichen Verweildauer von 7,5 Tagen behandelt (DESTATIS 2013b). Nach DESTATIS (2013c) werden für 2013 u. a. 1.218 Fachabteilungen für Innere Medizin, 767 psychiatrische Fach-abteilungen und 272 FachFach-abteilungen für Strahlentherapie und Nuklearmedizin aufgeführt. Hinzu kommen andere medizinische Einrichtungen, wie Arztpraxen, Dialysezentren und Einrichtungen für Labormedizin. Der überwiegende Teil der Krankenhäuser leitet das Abwasser in die öffentliche Kana-lisation ein (Mauer 2011). Die Zusammensetzung in Bezug auf die Standardparameter der Siedlungs-wasserwirtschaft (CSB, N, P, pH etc.) ist nach Mauer (2011) mit kommunalem Abwasser vergleichbar.

Hinsichtlich der Belastung des Abwassers mit Pharmakarückständen zeigte sich in den Arbeiten von Mauer (2011) ein uneinheitliches Bild. Insbesondere bei den „einrichtungsspezifischen Stoffen“, bspw. bestimmte Antibiotika- und Röntgenkontrastmittel, lagen die Konzentrationen im Kranken-hausabwasser „teilweise um den Faktor 10 bis 100 über denen im kommunalen Abwasser“.

Im Rahmen des SAUBER+-Vorhabens6 wurde die Bedeutung von unterschiedlichen Gesundheitsein-richtungen für den Eintrag von Pharmakarückständen in die Umwelt untersucht. Es zeigte sich, dass sich bei Psychiatrien, Pflegeheimen und allgemeinen Krankenhäusern im Vergleich zu Privathaus-halten nur bei „einrichtungstypischen Mitteln“ (Krankenhäuser: Clomethiazol (Sedativum); Pflege-heime: Moclobemid und Quetiapin (Neurologika)) höhere Eintragspotenziale ergeben (Herrmann et al. 2015). Bei einer regionalen Betrachtung spielen die bilanzierten Einrichtungen allerdings „eine

6 Verbundprojekt im Rahmen der BMBF-RiSKWa-Fördermaßnahme „Innovative Konzepte und Technologien für die separate Behandlung von Abwasser aus Einrichtungen des Gesundheitswesens“; http://sauberplus.de/.

0 50 100 150 200 250 300

2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014

Verkaufsmenge in t/a

Jahr CARBAMAZEPINE

GABAPENTIN METOPROLOL IOMEPROL

Basierend auf Daten von IMS Health von 2002-2013

40 eher untergeordnete Rolle“. Lediglich „krankenhaustypische Wirkstoffe, wie das zur Infektionspro-phylaxe bei Operationen verwendete Cefuroxim“, sowie Clomethiazol und Acetazolamid zeigten rele-vante Eintragspotenziale (Herrmann et al. 2015).

Nach Herrmann et al. (2015) kann es insbesondere bei der Betrachtung von Einzugsgebietsgrößen kleiner 75.000 Einwohner mit einer hohen Dichte an Gesundheitseinrichtungen zu höheren Emissio-nen aus Gesundheitseinrichtungen als aus den Privathaushalten kommen. Vom Fraunhofer ISI wur-den für eine Bewertung der Relevanz von Gesundheitseinrichtungen die folgenwur-den Parameter für das Land Baden-Württemberg miteinander verglichen (Projekt „ReAs- Reduzierung der Gewässerbelas-tungen mit Rückständen von Arzneistoffen in ausgewählten Pilotgebieten“7):

• Größe von Gesundheitseinrichtungen (Fall- u. Bettenzahlen von Krankenhäusern nach DKTIG (2015)),

• Bettenzahlen für Krankenhäuser, Vorsorge- sowie Reha-Einrichtungen nach DESTATIS (2014b)),

• Größe der zugehörigen Gemeinden (entsprechend DESTATIS (2015)) und

• Kläranlagen sowie die entsprechenden Gewässerabflüsse (entsprechend RP KA 2015).

Anhand von Durchschnittsverbräuchen pro Bett (basierend auf IMS Health 2015;Feldmann 2005;

Mauer 2011) wurde die Belastung der Vorfluter durch ausgewählte Hot-Spots abgeschätzt.

Es zeigt sich, dass in den meisten Fällen die Fallzahlen der Krankenhäuser deutlich unterhalb der Einwohnerzahlen der betroffenen Kommunen liegen. In Einzelfällen, insbesondere bei kleinen Kom-munen, in denen große Krankenhäuser liegen, übersteigen die Fallzahlen die Einwohnerzahlen (Ab-bildung 6). Bei einer Betrachtung der Bettenzahlen von Gesundheitseinrichtungen (Krankenhäuser, Reha- und Vorsorgeeinrichtungen) ist insbesondere in kleineren Kommunen davon auszugehen, dass die Gesundheitseinrichtungen für einen relevanten Anteil an der Gesamtabwassermenge einer Kom-mune bzw. für einen hohen Anteil der eingeleiteten Arzneistofffrachten verantwortlich sein können (Abbildung 7). Inwieweit über ambulante Patienten ein Arzneimittelaustrag aus Gesundheitseinrich-tungen und somit der Eintrag von Arzneitstoffen über das Haushaltsabwasser aus dem privaten Be-reich erfolgt, wurde hierbei bislang nicht berücksichtigt. Bei den Standorten mit einem hohen Ver-hältnis von Fallzahlen in Gesundheitseinrichtungen zu Einwohnerzahlen dominieren die folgenden Abteilungen

• Innere Medizin (inkl.

Hämatologie, Onkologie, etc.),

• Psychiatrie,

• Psychotherapie,

• Orthopädie, • Pneumologie und

• Neurologie, • Kardiologie.

41 Abbildung 6: Einwohnerspezifische Fallzahlen von Krankenhäusern über Einwohnerzahlen der

betreffenden Kommunen

Darstellung: Fraunhofer ISI

Abbildung 7: Einwohnerspezifische Bettenzahlen von Gesundheitseinrichtungen über Einwoh-nerzahlen der betreffenden Kommunen

Darstellung: Fraunhofer ISI

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5

1000 10000 100000 1000000

lle/Einwohner

Einwohner

0 50 100 150 200 250

1000 10000 100000 1000000

Betten/Einwohner*1000

Einwohner

42 Abbildung 8a und 8b: Verteilung von Krankenhäusern und Vorsorge- bzw.

Rehabilitationseinrichtun-gen in Baden-Württemberg und Summe der Betten von Krankenhäusern und Vor-sorge- bzw. Rehabilitationseinrichtungen pro Einzugsgebiet in Baden-Württemberg

Darstellung: Fraunhofer ISI

Bei einer Abschätzung möglicher Arzneistoffeinträge, basierend auf gemittelten Arzneistoffverbräu-chen pro Bett, zeigte sich, dass an mehreren Standorten (ohne Berücksichtigung von zusätzliArzneistoffverbräu-chen Oberliegerbelastungen) allein durch die Einträge der Gesundheitseinrichtungen die PNEC-Werte in den betreffenden Vorflutern bei mehreren Stoffen (u. a. Diclofenac und Sulfamethoxazol) überschrit-ten werden.

Wie in den Abbildung 8a und 8b zu sehen, wurde auch bei einer differenzierteren Betrachtung von radiologischen Einrichtungen in Baden-Württemberg deutlich, dass in mehreren Kommunen eine vergleichsweise hohe Dichte von Radiologen pro Einwohner herrscht (Quelle: ReAs7 und MindER12 (in press)). Inwieweit dies zu erhöhten Einträgen in die Umwelt führt, wurde bislang nicht verifiziert.

Basierend auf diesen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass dezentrale Maßnahmen in Gesund-heitseinrichtungen unter bestimmten Rahmenbedingungen eine hohe Relevanz haben können, ins-besondere sofern hohe Einträge verursacht werden und nachgeschaltete Maßnahmen auf den ent-sprechenden kommunalen Kläranlagen nicht in Frage kommen.

7 ReAs: Reduzierung der Gewässerbelastungen mit Rückständen von Arzneistoffen in ausgewählten Pilotgebieten; gefördert durch das Regierungspräsidium Karlsruhe, laufend. http://www.isi.fraunhofer.de/isi-de/n/projekte/ReAs.php

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2.5 Weiterführende Analyse und Konkretisierung von quellenorientierten und

Im Dokument 60/2016 (Seite 39-43)