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10. Ergebnisse

10.2 Klientinnen

10.2.3 Bewältigungsstrategien

In dieser Kategorie werden die Verarbeitungsstrategien und Ressourcen, welche betroffene Frauen anwenden, thematisiert und dargestellt. Ebenso wie beim vorigen Kapitel werden die Ergebnisse aus den Interviews mit einer Grafik aus der Dokumentenanalyse unterstützt.

Alle fünf Interviewpartnerinnen hoben hervor, dass es nicht die eine richtige Strategie gibt um mit einer Vergewaltigung umzugehen. Jede Frau hat ihre eigenen Methoden, die zur Verbesserung der Situation beitragen. Je stabiler die Frauen vor der Vergewaltigung waren, je mehr Ressourcen sie hatten und bereits schwierige Situationen im Leben gemeistert hatten, desto größer ist das Repertoire an Ressourcen und Strategien, welche sie nutzen können.

„Denn wenn jemand weiß, dass wenn mir ein Entspannungsbad gut tut, und es mich runterholt und ich danach gut schlafen kann, dann haben sie es wieder angewandt. Wenn die, die Erfahrung gemacht haben, dass

wenn sie Arbeitsstress haben und sie nicht abschalten können und der Sport gut ist, dann haben sie das gemacht, haben zurück gegriffen auf Ressourcen, die sich schon mal bewährt haben in Krisenzeiten“ (A5, 263-267).

Abhängig von zuvor bewältigten Krisen und Erfahrungen im Leben der betroffenen Frauen, können diese Strategien variieren.

In der folgenden Grafik werden die von den betroffenen Frauen selbst genannten Arten ihrer Stressbewältigung dargestellt.

Abbildung 6: Art der Stressbewältigung

Elf von 30 Frauen vermerkten als Art der Stressbewältigung, das Treffen und Reden mit Freunden und Familie, daraus wird ersichtlich wie wichtig die Unterstützung aus dem sozialen Umfeld ist. Die Schule, das Studium oder die Arbeit wurde von sieben Frauen als Ablenkung genannt, indem sie versuchten sich voll und ganz ihrer

Aufgabe zu widmen. Ebenso suchten sich sieben Frauen Unterstützung in medizinischer oder psychiatrischer Behandlung, in diese Gruppe fällt auch die Einnahme von Antidepressiva. Weitere sechs Frauen helfen sich, indem sie Sport treiben und fünf weitere Betroffene schöpfen Kraft bei der Ausübung von Musik oder beim Musikhören.

„Mir fällt jetzt eine Klientin ein, die gesagt hat, dass ihr Schwimmen total gut tut und nach den Vorfällen, die passiert sind, dass sie das für sich einfach vom Rhythmus und der Regelmäßigkeit, aber auch von der Bewegung und eben vom Energieabbauen ganz hilfreich war. Sich einfach beim Schwimmen zu verausgaben“ (A1, 138-141).

Momentan keinen Zugriff auf eine Art der Stressbewältigung wurde bei drei Frauen vermerkt, wohingegen sich drei Frauen mit Alkohol- und/oder Drogenkonsum behelfen. Diese Methode der Unterstützung wurde auch von drei Expertinnen als Bewältigungsstrategie erwähnt.

„(…) und manche haben auf altbewährte Suchtmittel, Tabletten, Drogen, Alkohol zurückgegriffen um einfach alles zu dämpfen. Das ist auch eine Bewältigungsstrategie, auch nicht die schlechteste, sag ich einmal. Also à la longue, natürlich schon, aber wenn mich das alles so überflutet, dass es nicht aushaltbar ist, dann macht es auch Sinn sich in irgendeiner Form zu betäuben“ (A5, 274-276).

Auch wurden als Art der Stressbewältigung Zeit in der Natur oder im Garten zu verbringen und sich mit dem Hund beschäftigen, genannt. Eine Frau nimmt das Anhören von Hörspielen und Gedichte als Ablenkung und Ressource war. Zwei Frauen zählen Essen als unterstützend und zwei Frauen probieren diese Lebenslage auszuhalten, damit es einfach vorüber geht und wieder normal wird.

Drei Expertinnen vertraten die Meinung, dass die Einnahme von Antidepressiva für viele Frauen eine Erleichterung darstellt, da viele Frauen, es nicht schaffen sich zu erholen, da sie Schlafprobleme haben und auf einem hohen Anspannungslevel sind.

Daher ist es für viele Frauen empfehlenswert für eine gewisse Zeit, als Unterstützung für den psychischen Prozess, Antidepressivum zu nehmen.

Als weitere Art der Bewältigung äußerte eine Expertin das Mitteilungsbedürfnis über die Tat der Klientinnen. Es lassen sich zwei Mechanismen feststellen, entweder die betroffenen Frauen schweigen und möchten nicht darüber sprechen oder das Gegenteil, sie haben den Drang immer über die Tat zu reden. Besonders letzteres wird von der Expertin A4 als schwierig angesehen, denn wenn die Tat durchgehend präsent ist, verhindert dies die Erholung und ist meist kontraproduktiv für den Verarbeitungsprozess.

Eine Expertin nannte als Beispiel für die Bewältigungsstrategien von Frauen das

„clinic hopping“. Das sind Frauen, welche psychische Erkrankungen oder aber auch psychosomatische Krankheitsbilder zeigen und deshalb von Arzt zu Arzt und von einer Untersuchung zur nächsten hetzen. Auch dieses „clinic hopping“ ist eine Art der Bewältigung. Doch alle diese vielen verschiedenen Bewältigungsversuche sind individuell und deshalb schwer zu verallgemeinern.

„Es sind Frauen dabei, die damit leben, nein, überleben können, die die Symptomatik überspielen können und damit lernen zu leben und es gibt Frauen die ein sogenanntes Oberflächen-Leben leben und dahinter ist ein traumatisierter Fehler und trotzdem leben sie von außen betrachtet relativ gut (…)“ (A4, 82-85).

Die Grafik zeigt, dass die meisten Frauen ihre FreundInnen und Familie als Stütze und Hilfe sehen. Auch vier Expertinnen betonten den positiven Effekt des sozialen Umfeldes und stellten fest, dass viele Frauen sich besonders nach der Tat damit helfen, in dem sie bei FreundInnen nächtigten oder eine Vertrauensperson übergangsmäßig zu ihnen in die Wohnung oder in das Haus ziehen. Durch diese Präsenz ist vielen Frauen geholfen und gibt ihnen wieder ein Stück weit Sicherheit.