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Bestimmungen über gemeinsame Einrichtungen

§ 95 Normativer Teil

V. Bestimmungen über gemeinsame Einrichtungen

Literatur:OETKER, Die Rechtsformen gemeinsamer Einrichtungen als Gegen-stand autonomer Rechtsetzung der Tarifvertragsparteien, FS „Soziale Sicher-heit durch Sozialpartnerschaft“, FS zum 50-jährigen Bestehen der Zusatzver-sorgungskasse des Baugewerbes (2007), 123; OETKER, Tarifkonkurrenz und Tarifpluralität bei Taifverträgen über gemeinsame Einrichungen, NZA Beil.

Heft 1/2010, 13; OTTO/SCHWARZE, Tarifnormen über Gemeinsame Einrich-tungen und deren Allgemeinverbindlicherklärung, ZfA 1995, 639; PREIS/T EM-MING, Die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse im Kontext des Gemein-schaftsrechts, 2006; PREIS/TEMMING, „Was ist die Einrichtung i.S. des § 1 Abs. 3 AEntG?, FS zum 50-jährigen Bestehen der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (2007), 273.

V. Bestimmungen über gemeinsame Einrichtungen § 95

Anzahl der Arbeit-nehmer für eine Tätigkeit

Regelungen zur Betriebs-verfassung

Erweiterte Mitbestimmungs-rechte

§ 95 Normativer Teil Die Tarifvertragsparteien können nach § 4 Abs. 2 TVG die Errich-tung, Erhaltung und Benutzung gemeinsamer Einrichtungen regeln.

Als Beispiel nennt das TVG Lohnausgleichs- und Urlaubskassen.

Die Rechtsprechung definiert die gemeinsamen Einrichtungen wie folgt:

„Gemeinsame Einrichtungen sind von den Tarifvertragsparteien ge-schaffene und von ihnen abhängige Organisationen, deren Zweck und Organisationsstruktur durch Tarifvertrag festgelegt wird.“ (BAG 25.1.1989 AP Nr. 5 zu § 1 GesamthafenbetriebsG)

In den Tarifnormen werden die Rechtsform, das Innenrecht (Satzun-gen) der Einrichtungen sowie das Verhältnis der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu der gemeinsamen Einrichtung festgelegt, etwa ob und welche Ansprüche Arbeitnehmer haben. Träger der Einrichtun-gen sind die Tarifvertragsparteien. Eine Besonderheit besteht inso-weit, als der Arbeitnehmer nicht zwingend in einem Arbeitsverhält-nis stehen muss, etwa bei Zusatzrenten (GAMILLSCHEG KollArbR I

§ 15 IX 1). Im Übrigen werden die wichtigsten Tarifverträge über ge-meinsame Einrichtungen fürallgemeinverbindlicherklärt.

Die Funktion solcher Einrichtungen ist darin zu sehen, dass be-stimmte Leistungen von allen Arbeitgebern gemeinsam getragen werden, zu deren Leistung sie einzeln nicht in der Lage wären. Glei-chermaßen dienen gemeinsame Einrichtungen in Branchen, in de-nen es häufig zu einem Arbeitgeberwechsel der Arbeitnehmer kommt – wie etwa in der Baubranche – dazu, dafür zu sorgen, dass den Arbeitnehmern Ansprüche gewährt werden können, die an die Erfüllung einer Wartezeit gebunden sind. Gleichzeitig tragen alle Ar-beitgeber gemeinsam die Kosten, sodass nicht der ArAr-beitgeber, der den Urlaubsanspruch erfüllt, alleine die Belastung trägt. Dadurch wird ein Beitrag zur Herstellung der Wettbewerbsgleichheit geleistet (JACOBS/KRAUSE/OETKER§ 4 Rn. 87). Es kommt so zu einer Form des Lastenausgleichs. Die Einrichtungen bilden insoweit eine Art „Ge-samtarbeitgeber“ (LIEB/JACOBS Rn. 545). Grundlage solcher Tarifnor-men sind deswegen Verbandstarifverträge.

Ü

Beispiel:

Hafeneinzelbetriebe können so einen Gesamthafenbetrieb bil-den. Dort werden die Arbeitgeberfunktionen derart gebündelt, dass der Gesamthafenbetrieb als eine Art Gesamtarbeitgeber auf-tritt. Zielsetzung der Tarifvertragsparteien ist hier, durch Her-stellung fortdauernder Arbeitsverhältnisse den Sozialschutz der Hafenarbeiter zu verbessern (BAG 25.1.1989 EzA Nr. 16 zu § 2 ArbGG; OTTO/SCHWARZEZfA 1995, 639, 655 f.).

Die größte Bedeutung besitzen die Sozialkassen (Urlaubs-, Lohnaus-gleichs- und Zusatzversorgungskassen) in der Bauwirtschaft, die aus den Beiträgen der Arbeitgeber finanziert werden. Damit tragen sol-che Kassen den Besonderheiten dieser Bransol-che Rechnung: Witte-rungsabhängigkeitund hoheFluktuationsrateder Beschäftigten.

Definition

Inhalt der Tarifnormen

Funktion gemein-samer Einrichtungen

Sozialkassen in der Bauwirtschaft

Ü

Beispiel:

– Die Urlaubskassen koordinieren die Urlaubsansprüche der im Bausektor Beschäftigten und ermöglichen damit auch solchen Arbeitnehmern, ihren Jahresurlaub am Stück zu nehmen, die mehrmals jährlich ihren Arbeitsplatz wechseln und deshalb die Wartezeit gemäß § 4 BUrlG für einen zusammenhängen-den Urlaub nicht erfüllen. Sie gewähren auch das Urlaubsent-gelt und ein zusätzliches Urlaubsgeld. Mit den Kosten werden so alle tarifgebundenen Arbeitgeber der Baubranche belastet.

Dadurch wird auch zwischen diesen die Belastung gerecht ver-teilt.

– Die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes leistet Beihilfen zur Sozialrente und Hinterbliebenengeld. Ihre Bilanzsumme betrug 2010 3,5 Milliarden Euro (SoKa Bau Kompakt, Ausgabe August 2011).

Eine Besonderheit bei der Geltung von für allgemeinverbindlich er-klärten Tarifverträgen besteht im Bereich der Urlaubskassen des Baugewerbes. Nach § 3 und § 5 Nr. 3 AEntG finden die Rechtsnor-men solcher Tarifverträge auch auf einen ausländischen Arbeitgeber und seinen im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages be-schäftigten Arbeitnehmer zwingend Anwendung. Dies ist nach der Rechtsprechung des EuGH dann mit der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV vereinbar, wenn die entsandten Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaats, in dem ihr Arbeit-geber niedergelassen ist, keinen im Wesentlichen vergleichbaren Schutz genießen, sie durch die Anwendung der Regelung von § 3 und § 5 Abs. 3 AEntG einen tatsächlichen Vorteil erlangen und die Anwendung verhältnismäßig ist (EuGH 25.10.2001 NZA 2001, 377 ff., zur alten Regelung des § 1 Abs. 3 AEntG). Das deutsche Recht erfüllt diese Anforderungen zunächst durch zwei Einschrän-kungen in § 5 Nr. 3 AEntG. Denn die Rechtsnormen der Tarifver-träge kommen nur zur Anwendung, wenn in den betreffenden Tarif-verträgen oder auf sonstige Weise sichergestellt ist, dass der ausländische Arbeitgeber nicht gleichzeitig zu Beiträgen nach dieser Vorschrift und Beiträgen zu einer vergleichbaren Einrichtung im Staat seines Sitzes herangezogen wird und das Verfahren der gemein-samen Einrichtung der Tarifvertragsparteien eine Anrechnung derje-nigen Leistungen vorsieht, die der ausländische Arbeitgeber zur Er-füllung des gesetzlichen, tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Urlaubsanspruchs seines Arbeitnehmers bereits erbracht hat. Wen-det man in dieser Situation den Grundsatz der Tarifeinheit an (siehe unter § 101), könnten inländische Arbeitgeber die allgemeinverbind-lichen Tarifverträge nach § 3 AEntG aber durch Abschluss speziel-lerer Tarifverträge unterlaufen. Dadurch träte eine Benachteiligung ausländischer Arbeitgeber ein. Diesen Effekt hat der Gesetzgeber durch eine Änderung des § 1 Abs. 3 AEntG a.F., der nunmehr in § 8 Abs. 2 AEntG aufgegangen ist, vermieden: Es wurde ausdrücklich klargestellt, dass inländische Arbeitgeber an die erstreckten

Tarifver-V. Bestimmungen über gemeinsame Einrichtungen § 95

Anwendung auf entsandte Arbeit-nehmer