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5.4 Rücklagenabrechnung

5.4.4 Besteuerung

Wie bereits im Kapitel Höhe und Angemessenheit der Rücklage erwähnt, werden die Beiträge zur Rücklage bei Vereinnahmung nicht versteuert, gleich ob die Leistende oder der Leistende für eine Wohnung oder ein anders gewidmetes Wohnungseigentumsobjekt einzahlt. Die Um-satzsteuer fällt erst bei der Verwendung der Rücklagengelder an. Hier ist wiederum ausschlag-gebend, wie die Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Umsätze behandelt. Wenn zur Nor-malbesteuerung optiert wurde, müssen je nach Anteilen 10% und 20% Umsatzsteuer abgeführt werden. Normalbesteuerung bedeutet, dass selbständige Räumlichkeiten, welche nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, mit 20% versteuert werden. (Krenauer & Klinger, 2017, S. 122) Wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft nur aus Wohnobjekten besteht, kann sich die Wohnungseigentümergemeinschaft die Vorsteuer aus den Erhaltungsrechnungen in der Regel mit 20% vom Finanzamt erstatten lassen, muss aber zur gleichen Zeit 10% Umsatzsteuer ab-führen. Bei einer Rechnung von Brutto Euro 12.000,- ergibt das Euro 2.000,- Vorsteuer und Euro 1.000,- Umsatzsteuer. Die Wohnungseigentümergemeinschaft erhält daher einen steuer-lichen Vorteil von Euro 1.000,-.

Bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit Wohnungen, Geschäftslokalen und Abstell-plätzen kommt es auf die grundbücherlichen Anteile der jeweiligen Wohnungseigentumsob-jekte an. Entfallen von insgesamt 1.000 Anteilen 800 Anteile auf WohnobWohnungseigentumsob-jekte und 200 Anteile auf nicht zu Wohnzwecken genutzte Wohnungseigentumsobjekte, müssen für die 200 Anteile auch 20% Umsatzsteuer abgeführt werden. Bei dem vorigen Beispiel würden sich daraus fol-gende Steuerbeträge ergeben: Es könnten weiterhin Euro 2.000,- an Vorsteuer geltend gemacht werden, jedoch müssten Euro 800,- an Umsatzsteuer für die Wohnobjekte abgeführt werden und Euro 400,- für die sonstigen Räumlichkeiten und Abstellplätze. Das ergäbe eine gesamte Umsatzsteuer von Euro 1.200,- und somit nur einen steuerlichen Vorteil von Euro 800,-. (Kre-nauer & Klinger, 2017, S. 122-123)

Der Mehraufwand von Euro 200,- ist in diesem Fall von den verursachenden Wohnungseigen-tumsobjekten zu tragen. Dies ist im § 32 Absatz 10 WEG 2002 geregelt. Hier heißt es, jede Wohnungseigentümerin und jeder Wohnungseigentümer hat die auf sein Wohnungseigentum-sobjekt nach der jeweiligen Nutzungsart entfallende Umsatzsteuer zu entrichten. Verrechnet wird dies in der Jahresabrechnung der Rücklage. (Kothbauer, 2017, S. 562-563)

49 5.4.5 Abrechnung

Die Verwalterin oder der Verwalter haben den Wohnungseigentümerinnen und Wohnungsei-gentümern jährlich eine Abrechnung über die Rücklagenentwicklung zu legen. Die Abrechnung ist nach §34 innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode zu legen. Der Rechnungslegungsanspruch verjährt mangels wohnungseigentumsrechtlicher Sonderregelung als vertraglicher Herausgabeanspruch gemäß ABGB nach herrschender Ansicht in 30 Jahren.

(Hausmann, 2017, S. 818)

Wichtig bei der Rücklagenabrechnung ist, dass sie den Stand zum Ende der Vorperiode enthält.

Durch Zurechnung der Einnahmen und Abzug der Ausgaben ergibt sich der Stand zum Ende der Abrechnungsperiode. Zu den Einnahmen der Rücklage zählen die geleisteten Beiträge der Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer, die Zinserträge für den angesparten Rücklagenbetrag, sonstige Erträgnisse wie Mieteinnahmen, Versicherungsvergütungen und eventuelle Förderungszuschüsse. Als Ausgaben sind der Erhaltungs- und Verbesserungsauf-wand, Nettokosten der sonstigen Aufwendungen und die Umsatzsteuer vom Aufwand einzeln anzuführen. Wurde ein Darlehen für Reparaturen von der Eigentümergemeinschaft aufgenom-men, zählen die Tilgungen und Zinsen auch zu den Ausgaben einer Rücklagenabrechnung. (Ro-sifka, 2017, S. 230-231)

Auch für eine Rücklagenabrechnung müssen eine Langfassung und eine Kurzfassung erstellt werden. In der Langfassung findet man eine übersichtliche Aufstellung der in der Abrechnungs-periode zugeordneten Kosten und Einnahmen. Es müssen die jeweiligen Zahlungsempfänge-rinnen und Zahlungsempfänger mit dem Zeitpunkt und Verwendungszweck der jeweiligen Zahlungen angeführt werden. Die Rechenschritte, die zum Saldo der Kurzfassung geführt ha-ben, müssen nachvollziehbar sein. Die Umsatzsteuer darf als Summenbetrag ausgewiesen wer-den. Die Kurzfassung liefert eine Übersicht über die Abrechnung. Es werden die Summen an-geführt, welche zum Abrechnungsergebnis führen. (Nemeth & Nemeth, 2019, S. 161-163)

Insgesamt kann festgehalten werden, dass viele unterschiedliche Faktoren in eine ordnungsge-mäße und richtige Abrechnung einfließen, daher existieren diverse Fachmeinungen zu diesem Thema. Aus den gesammelten Informationen lassen sich die theoretischen Subforschungsfra-gen im nächsten Kapitel beantworten.

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6 Beantwortung der theoretischen Subforschungsfragen

Die Literaturrecherche konnte viele Sichtweisen, Ansätze und Erfahrungen von unterschiedli-chen Autoren im Bezug auf eine ordentliche und richtige Abrechnung im Rahmen des Woh-nungseigentums erkennen lassen. Als eines der wichtigsten literarischen Werke im Bezug auf das Wohnungseigentumsgesetz 2002 stellt sich Hausmanns und Vonkilchs „Österreichisches Wohnrecht“ heraus. In den meisten Fachwerken wird immer wieder auf Hausmann und Von-kilch verwiesen. Für die Praxis ist jedoch Dirnbachers „Praxiskommentar WEG 2017“ ein häu-fig verwendetes Werk.

Durch diese sowie weitere Werke und zahlreicher Artikel in Fachzeitschriften lassen sich nach-folgend die gesetzten theoretischen Subforschungsfragen beantworten und die Ergebnisse der theoretischen Forschung zusammenfassen.

Welche Faktoren sind auf Basis der aktuellen Rechtslage für die Erstellung einer ordnungsgemäßen und richtigen Abrechnung des Wohnungseigentums zu beach-ten?

Bei einer Abrechnung werden alle Sachverhalte aus dem Wohnungseigentum einer Abrech-nungsperiode dargestellt. Daher fließen auch viele unterschiedliche Faktoren in die Erstellung einer ordnungsgemäßen und richtigen Abrechnung ein.

Das Wohnungseigentumsgesetz 2002 ist hier das naheliegendste. Es spielt jedoch nicht nur der

§ 34 eine entscheidende Rolle für die Abrechnung, sondern auch die anderen Paragraphen sind ausschlaggebend. Im § 31 wird vieles betreffend die Rücklage geregelt und im § 32 wird die Aufteilung der Aufwendungen festgelegt, um nur zwei weitere Paragraphen zu nennen. Es zeigt sich, dass für die ordentliche und richtige Abrechnung fast alle Paragraphen des WEG 2002 ineinandergreifen.

Das Mietrechtsgesetz ist dann für die Abrechnung des Wohnungseigentums relevant, wenn vor der Wohnungseigentumsbegründung ein abgeschlossener Hauptmiet- oder Nutzungsvertrag nach diesem Zeitpunkt weiter besteht, wie in Kapitel 4.2 dargestellt wurde.

Ein wichtiger Faktor für die ordnungsgemäße und richtige Abrechnung ist das Steuerrecht. Es ist nicht nur entscheidend, dass die Lieferungen und Leistungen der Wohnungseigentümerge-meinschaft richtig behandelt werden, sondern gerade bei den Kurzfassungen, welche den

Ei-51 gentümerinnen und Eigentümern übermittelt werden müssen, ist der richtige Steuerausweis ent-scheidend, da Gewerbetreibende die Abrechnung gegebenenfalls für ihre Steuererklärung be-nötigen.

Ein besonders wichtiger Punkt, der in der Literatur nur wenig Erwähnung findet, ist der Woh-nungseigentumsvertrag, in welchem individuelle Abrechnungskreise und Aufteilungsschlüssel festgelegt sein können. Diese sind für die Legung der Abrechnung unbedingt zu beachten und es ist ihnen Folge zu leisten.

Um die Abrechnungen für Wohnungseigentümergemeinschaften richtig und ordnungsgemäß zu legen, müssen auf jeden Fall die Entscheidungen der diversen OGH Urteile miteinbezogen werden.

Daraus ergibt sich zusammengefasst, dass Verwalterinnen und Verwaltern gefordert sind, sich mit allen zuvor genannten Faktoren eingehend zu befassen, um eine ordnungsgemäße und rich-tige Abrechnung legen zu können. Es müssen Beschlüsse, Verträge und alle Vorkommnisse des Abrechnungszeitraumes exakt berücksichtigt werden. Natürlich müssen sich Verwalterinnen und Verwalter auch mit der Judikatur am Laufenden halten, um Abrechnungen ordentlich und richtig zu legen. Dadurch kann es vorkommen, dass gegebenenfalls etwas nicht beachtet wird, oder etwas entfällt und die Abrechnung dadurch zum Streitfall zwischen Wohnungseigentüme-rinnen oder Wohnungseigentümer und der Hausverwaltung wird.

Nachdem mit der ersten theoretischen Subforschungsfragen beantwortet werden konnte, wel-che Faktoren auf die Abrechnungen des Wohnungseigentums wirken, befasst sich die zweite Frage mit dem Inhalt einer ordnungsgemäßen und richtigen Abrechnung.

Was sollte eine ordentliche und richtige Abrechnung einer Wohnungseigentümer-gemeinschaft nach den derzeitigen Gesetzen und Vorgaben beinhalten?

Wie in Kapitel 4 dargelegt, umfasst das Gesetz des Wohnungseigentums nur die allgemeinen Grundlagen für die Legung einer Abrechnung:

• Abrechnungen sind fristgerecht jeder Wohnungseigentümerin und jedem Wohnungsei-gentümer zuzustellen,

• Belege müssen den Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümern einsehbar gemacht werden,

• Abrechnungsperiode ist im Regelfall das Kalenderjahr,

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• ein Guthaben soll auf künftige Vorauszahlungen angerechnet werden,

• eine Nachzahlung ist innerhalb von zwei Monaten zu leisten und

• wenn die Abrechnung nicht gehörig gelegt wird, können Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer darauf einen Antrag bei Gericht stellen.

Diese Punkte erklären jedoch nicht den Umfang der Pflicht eines Verwalters, eine ordentliche und richtige Abrechnung zu legen. Diese Begriffe werden erst in höchstgerichtlichen Recht-sprechungen offengelegt.

Eine Abrechnung ist ordnungsgemäß und richtig, wenn:

• Größe der Wohnungseigentümeranlage angeführt ist,

• Anzahl der Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer angeführt ist,

• Vielfalt der Abrechnungsposten ersichtlich ist,

• Aufwendungen liegenschaftsbezogen sind,

• Überschaubarkeit der Geldbewegungen gegeben ist,

• einzelne Einnahmenposten detailliert werden durch:

o vom wem wurden Zahlungen geleistet und o wofür wurden Zahlungen geleistet,

• einzelnen Ausgabenposten müssen nach Art sortiert sein und detailliert werden durch:

o Vertragspartner o Rechnungsbetrag o Rechnungsdatum o Belegnummer

o Leistungsart und Leistungszeit,

• kleinere Beträge können zusammengefasst werden,

• Beträge zur Darlehenstilgung:

o nach Kapital und

o nach Zinsen auszuweisen werden o Darlehensschuld ausgewiesen wird,

• Klarheit, Übersichtlichkeit, Verständlichkeit und Vollständigkeit gegeben ist,

• Belege nummeriert sind,

• verwendete Abkürzungen erklärt sind,

• Zinserträge der Rücklage angeführt sind,

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• Verwaltungskosten detailliert sind nach:

o Honorar und o Barauslagen

• die Umsatzsteuer in einem Gesamtbetrag angeführt ist,

• die Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltertätigkeit überprüft werden kann,

• Beitragsrückstände angewiesen sind und

• diese rechnerisch schlüssig ist.

Außerdem muss jeder Wohnungseigentümerin und jedem Wohnungseigentümer Gelegenheit gegeben werden die Belege, welche übersichtlich sortiert sind, einzusehen und nach Wunsch müssen Belegkopien gegen Kostenersatz angefertigt werden.

Einen guten Anhaltspunkt für eine ordnungsgemäße Abrechnung bietet die ÖNORM A 4000, denn diese liefert, wie beschrieben, konkrete, jedoch nicht bindende Empfehlungen einer or-dentlichen Abrechnung. Wie in Kapitel 5.1.1 erläutert, ist eine Abrechnung soweit diese, die in der ÖNORM definierten Strukturen berücksichtigt und deren Richtigkeit befolgt werden, in der Regel nur mehr die ziffernmäßige Richtigkeit, nicht aber die Verständlichkeit und Lesbarkeit der Abrechnung vom Rechnungsempfänger wirksam zu prüfen. Außerdem ist durch die An-wendung der ÖNORM A 4000 das Fehlerpotenzial bei der Erstellung von Abrechnungen ge-ringer und die Qualität von Abrechnungen kann gesteigert werden. Falsche oder unübersichtli-che Abrechnungen und damit Konflikte zwisunübersichtli-chen Wohnungseigentümerinnen oder Wohnungs-eigentümer und deren Hausverwalterin oder Hausverwalter können mitunter vermieden wer-den. (Brichard et al., 2016, S. 299)

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7 Empirische Analyse

In diesem Kapitel soll das bereits durch die Literaturrecherche erworbene Wissen erweitert werden. Hierzu wird im empirischen Teil dieser Masterarbeit auf die Informationsgewinnung anhand von qualitativen Interviews gesetzt. In erster Linie geht es hierbei um das verbale Er-fassen von Informationen. Um die Einzelbefragungen qualitativ zu gestalten, wird auf ein ge-ringes Ausmaß der Standardisierung geachtet. (Berger-Gabner, 2016, S. 137)

7.1 Methodik

Es wurde ein Interviewleitfaden erstellt, um die Befragungen führen zu können. Dabei wurden 16 Fragen zum Thema der Abrechnungen im Wohnungseigentum verfasst. Um eine nicht struk-turierte Befragung zu führen, wurde darauf geachtet, keine geschlossenen Fragen in den Inter-viewleitfaden aufzunehmen. Dieser soll außerdem nur als Gedankenstütze dienen. Ziel ist es den Gesprächsverlauf weitgehend offen zu halten. (Hugl, 1995, S. 53) Außerdem soll die offene qualitative Befragung eine vertraute Gesprächsatmosphäre schaffen, um die Befragten zu ani-mieren, von ihren Erfahrungen zu erzählen und ihr Wissen zu teilen. (Berger-Grabner, 2016, S. 133)

Bei der Durchführung sollte auf mündliche und persönliche Form der Befragung geachtet wer-den, jedoch konnte dies leider nur bei den ersten beiden Interviews umgesetzt werden. Durch die Pandemie COVID 19 wurden mit 16. März 2020 Ausgangsbeschränkungen in Österreich von der österreichischen Bundesregierung verordnet, wonach das Haus nur aus vier wichtigen Gründen verlassen werden darf: um zur Arbeit zu gehen, wenn dies notwendig ist; für dringende notwendige Besorgungen; um anderen Menschen zu helfen und um ins Freie zu gehen, alleine oder mit den Personen aus dem gemeinsamen Haushalt. Die Beschränkungen wurden vorerst bis Ende April 2020 festgelegt. (Ausgangsbeschränkungen, 2020) Aus diesem Grund mussten die restlichen Interviews telefonisch geführt werden.

In beiden Fällen, also telefonisch wie persönlich, ist es von besonderer Wichtigkeit, dass die oder der Befragte eine gewisse Kooperationsbereitschaft und kommunikative Kompetenz auf-weist, sich artikulieren kann und sich mit dem Untersuchungsgegenstand auseinandersetzt. Bei der persönlichen Erhebung kann sowohl auf den Tonfall und die Emotionen als auch auf Gestik und Mimik geachtet werden. Wohingegen bei der Befragung über das Telefon vermehrt auf den Tonfall geachtet werden muss. (Berger-Grabner, 2016, S. 133) Die Herausforderungen der te-lefonischen Befragung liegen darin, der Interviewpartnerin oder dem Interviewpartner trotz

55 körperlicher Distanz das Interesse an deren oder dessen Wissen ausreichend zu vermitteln. Der Expertin oder dem Experten darf nicht das Gefühl gegeben werden, ins Leere zu sprechen.

Durch aktives Zuhören soll ein möglichst natürlicher Gesprächsverlauf geschaffen werden.

Um alle Informationen aufnehmen zu können und die geführten Interviews zu einem späteren Zeitpunkt transkribieren zu können, werden die Interviews elektronisch aufgezeichnet. Alle In-terviewpartnerinnen und Interviewpartner wurden über die Aufnahme informiert und haben dieser auch schriftlich zugestimmt. Die Transkription soll die Interviewsituation und alle für die Forschung relevanten Details wiedergeben, da jede Transkription ein reales Abbild des Ge-sprächs sein soll. (Berger-Grabner, 2016, S. 134)

7.2 Qualitätssicherung

Um die Qualität dieser Arbeit zu gewährleisten wird auf Gütekriterien wie Reliabilität, Objek-tivität, Validität und Aktualität gesetzt. Bei der Erhebung der Daten wird auf das Vorgehen nach wissenschaftlichen Regeln und Normen geachtet. Die Interviews werden objektiv geführt, daher fließen keine voreingenommenen Meinungen der Befragenden in das Gespräch ein. Für die Auswertung der Befragungen wird die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring gewählt.

(Hugl, 1995, S. 21, 146, 241) 7.3 Expertinnen und Experten

Zur Beantwortung der empirischen Subforschungsfragen und der Hauptforschungsfrage wird auf das Wissen von Expertinnen und Experten gesetzt. Unter „Expertinnen“ und „Experten“

werden in dieser Arbeit Personen verstanden, die über spezielles Wissen zum Fachbereich Im-mobilienverwaltung verfügen, welches sie nach Anfrage weitergeben oder zur Problemlösung verwenden. (Gläser & Laudel, 2010, S. 11)

Bei der Auswahl der Befragten wurde auf Vielfalt geachtet. Es wurden sowohl geschäftsfüh-rende Immobilienverwalterinnen und Immobilienverwalter befragt, als auch Verwalterinnen und Verwalter in leitenden Positionen sowie einfache Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Im-mobilienverwaltungsbranche. Es wurde bewusst auch eine Person befragt, die sich vor kurzem der Immobilienverwaltung abgewandt hat, um auch eine unbefangene und kritische Sichtweise auf die Branche und die Tätigkeit zu erhalten.

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Unter diesen Kriterien wurden folgende zehn Personen ausgewählt:

IP 1: Christian Wollner, derzeitiger Abteilungsleiter der Buchhaltung in der IMV GmbH in Wien, ist seit 2005 in der Objektbuchhaltung tätig. Neben der IMV hatte er auch bei der RESAG Property Management GmbH und bei Sabo + Mandl & Tomaschek Immobilien GmbH füh-rende Positionen inne. Vor kurzem konnte er die Ausbildung zum Bilanzbuchhalter am WIFI Wien erfolgreich abschließen.

IP 2: Claudia Pfeiffer ist Leiterin der Abteilung Vorsorge und Wohnungseigentum in der IMV Immobilien Management GmbH in Wien. Sie ist seit ca. 20 Jahren in der Branche tätig. Die IMV Immobilien Management GmbH verwaltet ca. 3.550.000 m² Fläche und beschäftigt ca.

180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

IP 3: Karin Mayr ist Geschäftsführerin der Haus & Grund Immobilien Management GmbH in Linz. Die Haus & Grund Immobilien Management GmbH verwaltet ca. 479.560 m² Fläche und beschäftigt zurzeit 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

IP 4: Roland Borger ist Prokurist und Verwalter bei dem familiengeführten Unternehmen Im-mobilienmakler und Verwalter Oswald H. Borger GmbH in St.Pölten. Er hat Immobilienwirt-schaft an der FH Wien der WKW studiert und kann mittlerweile bereits 15 Jahre Berufserfah-rung im Bereich der Immobilienwirtschaft verzeichnen. Die Immobilienkanzlei Oswald H. Bor-ger GmbH ist seit 1974 für die Verwaltung von Liegenschaften tätig.

IP 5: Oliver Brichard, seit dem Jahr 2000 Geschäftsführer von Brichard Immobilien GmbH in Wien, ist schon seit 1994 im väterlichen Unternehmen tätig. Neben anderen immobilienein-schlägigen Ausbildungen hat er den Universitätslehrgang „Facility Management“ an der TU Wien erfolgreich abgeschlossen. Von 2004 bis 2012 war Herr Brichard Fachgruppenobmann der Wiener Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer. Seit 2010 ist er gerichtlich zerti-fizierter und allgemein beeideter Sachverständiger für das Immobilienwesen. Brichard Immo-bilien GmbH wurde bereits 1976 gegründet und beschäftigt heute etwa 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

IP 6: Christian Boschitz ist seit 2018 Geschäftsführer der Schmid Immobilien Management GmbH in Perchtoldsdorf. Die Schmid Immobilien Management GmbH verwaltet ca. 200.000 m² Fläche und beschäftigt derzeit 9 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Herr

57 Boschitz ist vor ca. 10 Jahren in die Immobilienbranche eingestiegen. 2013 konnte er das Ba-chelor Studium in Real Estate Management an der FHWien der WKW mit Auszeichnung ab-schließen.

IP 7: Karin Grad war 4 Jahre lang Verwalterin bei der Haus & Grund Immobilien Management GmbH in Linz und wandte sich im Juli 2019 anderweitig neuen Herausforderungen zu.

IP 8: Joachim Potzmann ist seit 1998 Verwalter in der OSG, der Oberwarter Siedlungsgenos-senschaft. Seit 1986 ist er schon in der Immobilienverwaltung tätig, damals für Immobilienver-waltung Novak in Wien. 1993 machte er seinen Abschluss als Immobilienverwalter in Wien.

Derzeit betreut er kaufmännisch mit seinem Team ca. 5.500 Wohnungseigentümergemein-schaften. Die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft wurde 1951 gegründet und verwaltet mit in über 150 Gemeinden im Burgenland ca. 15.386 Wohnungen, Reihenhäuser und Lokale.

IP 9: Angelika Mayer-Handler ist Prokuristin der Neue Eisenstädter – Gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgesellschaft m. b. H. seit 2015. Im Unternehmen ist sie seit 2013 und verantwortet die Bereiche der Immobilienverwaltung, des Verkaufs und des Marketings. Nach ihrer Ausbildung zur Juristin an der Universität Wien arbeitete Frau Mayer-Handler mehr als neun Jahre bei einem gemeinnützigen Wohnungsbauträger in Niederösterreich. In den Jahren 2001 und 2002 erweiterte Sie ihre Ausbildung mit der Befähigungsprüfung zur Immobilienver-walterin und zur Bauträgerin. Von 2006 bis 2013 war Frau Mayer-Handler Leiterin der Stab-stelle Recht bei Esterhazy Betriebe GmbH.

Die Neue Eisenstädter – Gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgesellschaft wurde 1982 gegründet, sie hat in den letzten Jahrzehnten über 2.000 Wohneinheiten und mehrere kommu-nale Bauten im gesamten Burgenland errichtet und verwaltet derzeit rund 2.500 Wohneinheiten, Geschäftslokale und Garagen.

IP 10: Markus Woratschek ist Geschäftsführer der IMV Immobilien Management GmbH in Wien. Er ist seit 2004 in der Immobilienbranche tätig und konnte sein Studium an der Fach-hochschule Wiener Neustadt Immobilienmanagement und Marketing erfolgreich 2006 ab-schließen. Seit 2007 ist er in der IMV GmbH tätig, zuerst als Abteilungsleiter des Wohnungs-eigentum, dann ab 2016 als Prokurist und seit Februar 2020 als Geschäftsführer.

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8 Darstellung der empirischen Ergebnisse

In diesem Kapitel werden die empirischen Ergebnisse zusammengefasst und übersichtlich dar-gestellt.

8.1 Herausforderungen der Immobilienverwaltung

Eine der größten Herausforderungen von Verwalterinnen und Verwaltern der Immobilienbra-chen ist, den empirisImmobilienbra-chen Interviews zufolge, heutzutage die Kommunikation. Nicht nur weil ein großes und unterschiedliches Spektrum der Bevölkerung zu den Kunden einer Hausverwal-tung zählt, wie IP 5 erzählt, sondern auch, weil die Ansprüche dieser Kunden immer vielfältiger werden, wie IP 7 feststellt. Die Ausführungen von IP 5 zeigen, dass zu den Kunden einer Haus-verwaltung finanziell schwächere bis hin zu wirtschaftlich starken Personen zählen. Sie unter-scheiden sich jedoch nicht nur anhand ihres monatlichen Einkommens, sondern auch in ihrem Bildungsniveau. Eine Hausverwalterin oder ein Hausverwalter muss die Kommunikation daher so gestalten, dass die Themen von allen Kunden verstanden werden. Eine weitere Hürde stellt das Interesse oder das Desinteresse der Kunden dar. Während sich die einen unzureichend mit ihrem Eigentum beschäftigen, sind die anderen besser denn je informiert und tragen diverse Ansprüche und Wünsche an ihre Verwalterin oder ihren Verwalter heran, stimmen IP 6 und IP 7 überein. Einen weiterer Interessensunterschied zwischen den Eigentümerinnen und Eigen-tümern beschreibt IP 8, die Interessen unterscheiden sich dahingehend, ob diese ihr Eigentum selbst zu Wohnzwecken nutzen oder dieses an Dritte vermieten. Eine vermietende Eigentüme-rin oder ein vermietender Eigentümer möchte weniger in ein Gebäude investieren als Eigentü-merinnen und Eigentümer mit Selbstnutzung.

IP 2 berichtet, dass sich die Kunden permanente Erreichbarkeit ihrer Verwalterin oder ihres Verwalters wünschen und diese auch einfordern. IP 2 stellt auch fest, dass Verwalterinnen und Verwalter früher noch Vertrauenspersonen waren. Es wurden die getroffenen Entscheidungen nicht in Frage gestellt. Die jüngere Generation hinterfragt die Verwaltertätigkeit und wünscht

IP 2 berichtet, dass sich die Kunden permanente Erreichbarkeit ihrer Verwalterin oder ihres Verwalters wünschen und diese auch einfordern. IP 2 stellt auch fest, dass Verwalterinnen und Verwalter früher noch Vertrauenspersonen waren. Es wurden die getroffenen Entscheidungen nicht in Frage gestellt. Die jüngere Generation hinterfragt die Verwaltertätigkeit und wünscht