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4.3 Erhebung und Beschreibung der Daten

4.4.2 Beschreibung der Einzelf¨ alle

Im n¨achsten Abschnitt wird kurz skizziert, mit welcher berichteten Symptomatik die vier Patienten, die f¨ur die Einzelfalluntersuchungen dieser Arbeit herangezogen werden, in die Therapie kamen, welche Foki anhand der OPD-Interviews f¨ur sie diagnostiziert wurden und wie das therapeutische Setting sich bei den Einzelnen gestaltete.

Aus Datenschutzgr¨unden wurden die Therapieergebnisse anonymisiert; dazu wurden u. a.

Geschlecht der Patienten und Therapeuten auf die m¨annliche Fassung vereinheitlicht sowie die Patientenkodes weggelassen. Die Patienten werden hier durch die Kennzahl vertreten, die sie auch im Gesamtprojekt zugewiesen bekamen. Die Zuweisung der vier Patienten erfolgte, wie auch f¨ur die anderen Diplom- und Doktorarbeiten des Projektes zuf¨allig.6 Einzelfall: Patient 16

Patient 16 kam mit Anfang 20 in die Therapie wegen depressiver Verstimmung, Niederge-schlagenheit, Unsicherheit und großer ¨Angste, die er unter Menschen – z.B. an der Univer-sit¨at in Seminaren – versp¨urte, so dass er in Pr¨ufungssituationen, wie z.B. beim Vortragen von Seminararbeiten, große Schwierigkeiten hatte. Sein Ziel war, nicht mehr gehemmt und

¨angstlich zu sein, sich unter Menschen und in Gesellschaft wieder wohl zu f¨uhlen, in Se-minaren normal sprechen und so seine Arbeit und sein Wissen pr¨asentieren zu k¨onnen.

Er wollte durchf¨uhren k¨onnen, was er sich vorgenommen hatte und leichter und besser Entscheidungen treffen.

Bei Patient 16 wurden anhand des ersten OPD-Interviews folgende Beziehungs-, Kon-flikt- und Strukturfoki aus dem OPD-1 Manual diagnostiziert: Der Patient erlebte sich in Beziehungen so, dass er sich sehr zur¨ucknahm und selbst entwertete, sich anderen nicht anvertrauen konnte und sehr unselbst¨andig war. Von anderen f¨uhlte er sich oft im Stich gelassen, ignoriert und alleine gelassen. Die Untersucher erlebten ihn als sehr unsicher, anklammernd, hilflos und klagend. Sie hatten einerseits das Bed¨urfnis, ihm zu helfen und ihn zu besch¨utzen. Andererseits wollten sie sich wegen seiner stark anklagenden Art von ihm abschotten. Diagnostiziert wurden schließlich: eine ausgepr¨agte Selbstwertproblematik, Konflikte bezogen auf das ThemaUnterwerfung-Kontrolle, Schwierigkeiten in der Kommu-nikation, insbesondere in derMitteilung eigener Affekte, Schwierigkeiten in der Selbstwahr-nehmung, vor allem in denselbstreflexiven F¨ahigkeitenund in der Objektwahrnehmung und hier besonders darin,zwischen Selbst und Objekt ad¨aquat zu unterscheiden. Bei Patient 16 gab es statt vier insgesamt f¨unf Konflikt- und Strukturfoki, weil der Fokus Kommunikation zu T3 und T5 vom Fokus Unterwerfung-Kontrolle abgel¨ost wurde.

Patient 16 kam vom Anfang der Therapie bis einschließlich zur 27. Sitzung zweist¨undig, danach bis zur 240. Sitzung dreist¨undig und schließlich bis zum Ende wieder zweist¨undig.

Dabei saß er bis einschließlich zur 22. Stunde und lag danach bis zum Ende der Therapie.

Mit ihm fand auch eine katamnestische Erhebung statt.

6Leider gehen mit der Vereinheitlichung des Geschlechtes der Therapeuten und Patienten wichtige und interessante Informationen (z.B. bei der genaueren Untersuchung der einzelnen therapeutischen Dyaden in Hypothese 2) verloren. Da die Fragestellungen dieser Arbeit aber die Auswirkungen der Geschlechts-zugeh¨origkeit von Therapeut und Analysand auf das Therapieergebnis nicht beinhalten, wurde die Ver-einheitlichung dennoch durchgef¨uhrt und aus Gr¨unden der Lesbarkeit des Textes die m¨annliche Form gew¨ahlt.

Einzelfall: Patient 18

Patient 18 kam mit Anfang 40 in die Therapie, weil er sich wegen der Trennung von seinem Ehepartner, dem damit verbundenen Rosenkrieg mit der Familie des Partners, den Erzie-hungsproblemen der gemeinsamen Kinder und der eigenen beruflichen T¨atigkeit vielfach

¨uberfordert f¨uhlte. Er hatte das Gef¨uhl, dass er in verschiedenen Lebensbereichen und von verschiedenen Menschen gefordert werde und ihm die Kraft ausgehe.

Bei Patient 18 wurden anhand des ersten OPD-Interviews folgende Beziehungs-, Konflikt-und Strukturfoki aus dem OPD-1 Manual diagnostiziert: Der Patient erlebte sich ganz zu Beginn der Therapie in Beziehungen so, dass er sich vor anderen dauernd rechtfertigen, seine Selbst¨andigkeit stark betonen und beweisen musste, dass er alles alleine schafft. Er hatte ein sehr starkes Bed¨urfnis danach, anerkannt zu werden. Andere erlebten den Pati-enten fordernd, klagend und ignorant. Auch von den Untersuchern wurde er als klagend, belehrend und kr¨ankend erlebt, so dass sie sich am liebsten von ihm abschotten und ihn ebenfalls aggressiv zur¨uckweisen wollten. Diagnostiziert wurden: Konflikte bezogen auf das ThemaUnterwerfung-Kontrolle, ausgepr¨agteSchuldproblematik undSelbstwertproblematik und Schwierigkeiten in der Selbststeuerung, vor allem in derImpulssteuerung.

Patient 18 kam bis einschließlich zur 50. Sitzung dreimal w¨ochentlich zur Therapie, die immer liegend durchgef¨uhrt wurde, bis zur ca. 79. Stunde dann zweimal und schließlich bis zu T4 (240 Sitzungen) einmal pro Woche. Die Therapie wurde zu T4 im beidseitigen Einverst¨andnis zwischen Therapeut und Patient beendet und kein weiterer Kassenantrag auf Verl¨angerung gestellt. Ein Jahr nach Therapieende wurden katamnestische Erhebungen durchgef¨uhrt.

Einzelfall: Patient 19

Patient 19 kam mit 25 Jahren in die Therapie wegen starker Stimmungsschwankungen, ag-gressiver Impulse, die er nicht zu kontrollieren vermochte und wegen sich wiederholender lethargischer und depressiver Phasen. Im Laufe der Therapie entwickelte er eine Sucht-problematik, trank an den Wochenenden sehr viel Alkohol und fing an, ein Schmerzmittel zu missbrauchen, das ihn sedierte und seine Wahrnehmung und Aufmerksamkeit beein-tr¨achtigte. Zwischen den Messzeitpunkten T4 und T5 gelang es ihm diesen Missbrauch aufzugeben. Patient 19 wuchs ohne Vater und Großvater auf. Er berichtete ¨uber ein pro-blematisches Verh¨altnis zu seiner Mutter und seiner Großmutter, die ihn zu kontrollieren versuchten und eine zu enge Bindung zu ihm w¨unschten, w¨ahrend er versuchte, sich lang-sam von ihnen zu l¨osen.

Anhand des ersten OPD-Interviews wurden bei Patient 19 folgende Beziehungs-, Kon-flikt- und Strukturfoki aus dem OPD-1 Manual diagnostiziert: Der Patient erlebte ganz zu Beginn der Therapie seine Beziehungen so, dass er auf das anklammernde Verhalten seiner Mutter und Großmutter aggressiv zur¨uckweisend reagierte und sich von diesen

ab-schotten wollte. Er sagte auch, dass er sehr leicht zu kr¨anken sei. Andere empfand er als anklammernd, beherrschend und besch¨amend. Die Untersucher erlebten ihn ebenfalls als sehr leicht kr¨ankbar, aber auch als trotzig, anklagend und sich in den Mittelpunkt stellend. Sie versp¨urten einerseits Fluchttendenzen, andererseits wollten sie den Patien-ten gerne beschwichtigen und ihm helfen. Diagnostiziert wurden: Konflikte bez¨uglich der Unterwerfung-Kontroll-Thematik, ein¨odipal-sexueller Konflikt, ausgepr¨agte Selbstwertpro-blematik und Schwierigkeiten in der Selbststeuerung, vor allem darin,Impulse zu steuern.

Patient 19, dessen Therapie zum Zeitpunkt der Auswertungen noch lief (etwa Anfang Dezember 2011 wurde die 300. Sitzung erreicht), liegt von Anfang an auf der Couch. Er kam in die Therapie bis einschließlich zu der 202. Sitzung zweist¨undig, danach bis einschließlich zu der 212. Sitzung einst¨undig und seither, also seit der Zeit zwischen T3 und T4 wechselnd ein- bis zweist¨undig, mit Tendenz zu eher einst¨undig. Seit T4 wird seine Therapie nicht mehr von der Krankenkasse, sondern von seiner Mutter bezahlt.

Einzelfall: Patient 20

Patient 20 war zum Anfang der Therapie 31 Jahre alt. Er kam wegen einer depressiven Symptomatik, berichtete ¨uber andauernde Niedergeschlagenheit, Freudlosigkeit, Antriebs-und Lustlosigkeit. Tags¨uber werde er schnell m¨ude, an den Wochenenden schaffe er es nicht mehr seine Wohnung zu verlassen. Patient 20 hatte sich sehr von anderen zur¨uckgezogen und jegliches Interesse an sozialen Kontakten verloren. Er sagte, er habe das Gef¨uhl, wie in einen Sumpf zu versinken, aus dem er aus eigenem Antrieb und eigener Kraft nicht heraus k¨onne. Unter der Woche, wenn er etwas zu tun und Aufgaben zu erledigen habe, funktioniere er einwandfrei, versinke aber in Lethargie, sobald das Wochenende da sei. Vor allem im Urlaub entstehe ein großes Problem. W¨ahrend sich die meisten auf die freie Zeit freuten, sei er froh, wenn er wieder zur Arbeit d¨urfe: Der Ortswechsel bringe ihm nichts, er nehme sich ja schließlich auch mit und somit die schlechte Laune.

Bei Patient 20 wurden anhand des OPD-Interviews folgende Beziehungs-, Konflikt- und Strukturfoki aus dem OPD-1 Manual diagnostiziert: Der Patient erlebte sich in seinen Beziehungen immer wieder so, dass er beschwichtigte, harmonisierte und sich auch stark von den anderen abwandte und isolierte. Bei Schwierigkeiten gab er meist sich selbst die Schuld und klagte sich daf¨ur an, dass andere ihn ausnutzten. Von anderen f¨uhlte er sich be-herrscht, bestimmt und eben auch ausgebeutet. Die Untersucher hatten den Eindruck, dass der Patient sich selbst stark entwertete, sich aufgab und stark anpasste. Die Untersucher erlebten sich ihm gegen¨uber so, dass sie ihm helfen, ihn versorgen, akzeptieren, aber auch bevormunden und belehren wollten. Die Diagnose ergab einen ausgepr¨agten Selbstwertkon-flikt, einen ¨odipal-sexuellen sowie einen Autonomie-Abh¨angigkeitskonflikt, Schwierigkeiten in der Selbststeuerung, vor allem in der Impulssteuerung, Schwierigkeiten in der Selbst-wahrnehmung, vor allem bezogen auf das Selbstbild, sowie Schwierigkeiten bezogen auf das Bindungsverhalten, vor allem in Bezug auf die Objektinternalisierung. Bei Patient 20 konnten statt vier insgesamt sechs Konflikt- und Strukturfoki festgestellt werden, die im

zeitlichen Verlauf unterschiedlich stark in den Mittelpunkt der therapeutischen Interaktion r¨uckten.

Die Therapie dauerte ca. 400 Stunden, wobei Patient 20 bis einschließlich zur 243. Stunde lag und dann bis zum Ende der Therapie saß. Die Sitzungsfrequenz war folgende: Bis einschließlich zur 127. Stunde ging der Patient dreimal w¨ochentlich zur Therapie, zwischen der 128. und 170. Stunde einmal w¨ochentlich, zwischen der 171. und 257. Stunde erneut dreimal und schließlich ab der 258. Sitzung wieder einmal pro Woche.