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PILOTERPROBUNG EINES DIAGNOSTISCHEN INSTRUMENTS ZUM VORSPRACHLICHEN KOMMUNIKATIONSVERHALTEN BEI

7. Konstruktion des Komm!-Bogens

7.3 Beschreibung des Komm!-Bogens

auf der Grundlage dieses Bogens schwierig. Andere Bögen liegen nicht in einer deutschsprachigen Version vor.

Entsprechend dieser Empfehlungen werden die Eltern (und andere Bezugspersonen) im Komm!-Bogen ausschließlich nach aktuell auftretenden Verhaltensweisen, die zu-dem gut zu beobachten sind, gefragt. Bis auf zwei Fragen am Ende, in denen die Be-fragten die Gelegenheit haben, ergänzende Beobachtungen zu vermerken, werden auch keine freien Antworten erwartet, sondern mögliche Verhaltensweisen des Kindes vorgegeben (Wiedererkennungsformat). Aufgabe der Eltern ist es dann anzugeben, ob sie dieses Verhalten bei ihrem Kind noch „nie“, „ab und zu“ oder „häufig“ in einer be-stimmten Situation beobachtet haben.

Der Komm!-Bogen weist insofern einen strukturierten Aufbau auf, als 12 Typen von Alltagssituationen (sog. Situationstypen) vorgegeben werden, die typische Kommuni-kationsanlässe im Alltag mit jungen Kindern bieten (z. B. etwas haben wollen, an das man selber nicht heran kommt). Die Eltern werden aufgefordert, sich an solche Kom-munikationsanlässe zu erinnern und für jeden Situationstyp das Vorhandensein oder Fehlen der vorgegebenen kommunikativen Verhaltensweisen bei ihrem Kind zu beur-teilen. Analog zum oben beschriebenen italienischen Fragebogen von Camaioni et al.

und anders als im ELFRA-1 oder in der PVCS werden die kommunikativen Verhaltens-weisen im Komm!-Bogen somit nicht generell, sondern getrennt für unterschiedliche Situationstypen abgefragt (s. Tab. 6). Bei der Auswahl der Situationstypen wurden v. a.

Situationen aufgegriffen, die in den o. g. Beobachtungsverfahren sowie dem italie-nischen Elternfragebogen von Camaioni et al. verwendet worden sind. Des Weiteren lieferte ein Interviewleitfaden von Sarimiski (2001) Anregungen für die Formulierung der 12 Situationstypen.

Die Vorgabe von konkreten Kommunikationsanlässen soll zum einen den Abruf von Beobachtungen aus dem Gedächtnis erleichtern. Zum anderen soll damit gewährleistet werden, dass die Nutzung von Kompetenzen im Alltag erfragt wird. Zum dritten ermög-licht die Vorgabe von verschiedenen Situationstypen es, das kommunikative Verhalten des Kindes separat für verschiedene kommunikative Funktionen zu erfassen (vgl. hier-zu die Ausführungen in Abschnitt 7.1). Entsprechend werden im Komm!-Bogen vier verschiedene kommunikative Funktionen über jeweils drei verschiedene Situations-typen erfasst. Tabelle 6 listet die vier kommunikativen Funktionen auf sowie die ge-nauen Situationstypen, die für jede Funktion vorgegeben werden:

Tabelle 6:

Aufbau des Komm!-Bogens: Kommunikative Funktionen und Situationstypen Kommunikative

Funktionen

Situationstypen Gegenstand oder Hilfe

fordern

1. Das Kind möchte einen Gegenstand haben, an den es selber nicht heran kommt (z.B. ein Spielzeugauto, das auf dem Schrank steht).

2. Das Kind möchte seine Lieblingsspeise haben und kommt selber nicht daran.

3. Das Kind möchte, dass Sie ihm helfen, z. B. beim An- und Aus-ziehen, beim Öffnen einer Tür oder einer Dose.

Gemeinsame Aufmerksamkeit wünschen

4. Das Kind möchte, dass Sie sich neben das Kind setzen.

5. Das Kind möchte, dass Sie zu ihm schauen oder es beachten.

6. Das Kind möchte Ihre Aufmerksamkeit auf etwas Interessantes lenken (es möchte z. B., dass Sie zu den Fischen im Aquarium schauen, ein bestimmtes Bild in einem Buch anschauen oder dass Sie sehen, wie ein Flugzeug am Himmel vorbei fliegt).

Soziale Interaktion wünschen

7. Das Kind möchte, dass Sie mit ihm ein Buch anschauen.

8. Das Kind möchte, dass Sie mit ihm ein Tobe-, Sing- oder Finger-spiel Finger-spielen.

9. Das Kind möchte, dass Sie mit ihm mit einem bestimmten Spiel-zeug spielen (z. B. mit einem Ball, einem Steckturm, Seifen-blasen, einer Puppe, einem Auto).

Protest 10. Das Kind möchte einen Gegenstand zurück haben, den Sie ihm weggenommen haben (z. B. sein Lieblingsspielzeug).

11. Das Kind möchte eine attraktive Beschäftigung fortsetzen, die Sie gerade beendet haben (z. B. auf der Schaukel schaukeln, auf die Knöpfe der Musikanlage drücken, Seifenblasen anschauen).

12. Das Kind möchte etwas nicht tun, was Sie von ihm verlangen (z.

B. Gesicht waschen, anziehen, Zähne putzen).

Während die Funktionen des Forderns eines Gegenstandes/Hilfe und des Protests eher funktionalen Zwecken dienen, können die Funktionen des Wünschens von Auf-merksamkeit21 und des Wünschens einer sozialen Interaktion als primär sozial inten-diert eingestuft werden (protoimperative vs. protodeklarative Kommunikation). Diese Unterscheidung war eingangs als besonders relevant für die Arbeit mit Kindern mit ASS beschrieben worden. Situation 6 ist zudem vergleichbar mit der Funktion des Kommentierens, wie sie in vielen Studien und Instrumenten beschrieben wird.

Um die für eine Einordnung in das Entwicklungsmodell relevanten Differenzierungen im Kommunikationsverhalten vornehmen zu können, wird für jeden Situationstyp ein breites Spektrum an Verhaltensweisen vorgegeben, aus denen die Befragten die-jenigen Mittel auswählen können, die das Kind bei dieser Art von Kommunikations-anlässen nutzt; Mehrfachnennungen sind dabei möglich, nicht zuletzt auch, weil Menschen häufig in einer Situation verschiedene Kommunikationsmittel kombinieren.

In Tabelle 7 sind zwei präintentionale Verhaltensweisen und neun intentionale kommu-nikative Mittel aufgeführt, die im Komm!-Bogen abgefragt werden; diese neun Mittel

21 Die drei Situationstypen „möchte, dass Sie sich neben das Kind setzen“, „möchte, dass Sie zu ihm schauen oder es beachten“ und „möchte Ihre Aufmerksamkeit auf etwas Interessantes lenken“ werden hier zusammenfassend als kommunikative Funktion „gemeinsame Aufmerksamkeit wünschen“ bezeichnet.

Es handelt sich dabei um eine rein deskriptive, zusammenfassende Bezeichnung für diese drei Situations-typen, mit der verdeutlicht werden soll, dass das Kind in diesen Situationen in erster Linie die Zuwendung oder Aufmerksamkeit des Erwachsenen zu erreichen versucht. Auf die im Theorieteil der Arbeit beschrie-bene nicht-beobachtbare psychische Funktion der „gemeinsamen Aufmerksamkeit“ (JA) bezieht sich der Begriff in diesem Zusammenhang nicht. Die Fähigkeit zur gemeinsamen Aufmerksamkeit ist – wie in Kapitel 2 skizziert – Grundvoraussetzung für die intentionale Kommunikation in allen Typen von Kommuni-kationssituationen (protodeklarativ und protoimperativ).

werden drei Kommunikationsstufen zugeordnet (instrumenteller Gebrauch des Erwach-senen vs. vorsymbolische Stufe vs. symbolische Stufe). Dabei sind nicht alle kommuni-kativen Mittel in jeder Situation möglich; so kann ein Kind z. B. nicht auf das Kommuni-kationsmittel „Geben von Objekten“ zurückgreifen, wenn es nicht an den Gegenstand heran kommt, den es gerade haben möchte (Situationstyp 1); eine repräsentationale Geste oder ein Wort kann dagegen in jeder Situation genutzt werden, um den ent-sprechenden Wunsch mitzuteilen.

Tabelle 7:

Aufbau des Komm!-Bogens: Kommunikationsstufen und kommunikative Mittel Kommunikationsstufen Kommunikative Mittel

Präintentionales Handeln Erfüllt sich den Wunsch autonom Jammert, schreit oder tobt

Intentionale Kommunikation…. Teilt dem Erwachsenen den Wunsch mit,….

… durch instrumentellen Gebrauch des Erwachsenen

… indem es den Erwachsenen zum gewünschten Gegen-stand zieht oder dessen Hand dorthin führt (Kontaktgeste)

… durch vorsymbolische Kommunikationsmittel (vorsymbolische Stufe)

… indem es den Erwachsenen anschaut (einfacher Blick-kontakt)

… indem es zwischen Gegenstand und Erwachsenem hin- und herschaut (pendelnder Blick)

… indem es lautiert (unspezifisches Lautieren)

… indem es einen passenden Gegenstand bringt (deiktische Geste: Geben oder Vorzeigen von Objekten)

… indem es auf den Gegenstand zeigt (deiktische Geste:

Zeigegeste)

… durch symbolische Kommunikationsmittel (symbolische Stufe)

… indem es ein passendes Foto oder Bild bringt oder zeigt (symbolisches Bild)

… indem es eine spezielle Geste machte (repräsentationale Geste)

… indem es einen wortähnlichen Laut oder ein Wort benutzt (Protowort/Wort)

Schließlich zielt der Komm!-Bogen darauf ab, Angaben zur relativen Häufigkeit des beobachteten Verhaltens zu erhalten. Exakte Häufigkeitsangaben sind sowohl für Bezugspersonen als auch für Fachleute schwer zu treffen und erfordern i. d. R. eine Videoaufzeichnung von Verhaltensstichproben und das Auszählen von Verhaltens-weisen. Der Komm!-Bogen soll jedoch zumindest eine grobe Differenzierung zwischen häufiger und seltener auftretenden Verhaltensweisen ermöglichen. Hierfür werden die Eltern und Bezugspersonen zum einen aufgefordert, für jede angekreuzte Verhaltens-weise zu schätzen, ob das Verhalten eher „ab und zu“ oder eher „häufig“ auftritt. Eine weitere Abstufung in den Häufigkeiten wird zum anderen im Rahmen der Auswertung vorgenommen, wenn der Gebrauch verschiedener Kommunikationsmittel über die möglichen Situationstypen (max. 12) hinweg gemittelt wird. Es wird dabei ange-nommen, dass Kommunikationsmittel, die die Eltern für viele kommunikative Anlässe berichten, im gesamten Alltag von dem jeweiligen Kind häufiger genutzt werden als Kommunikationsmittel, die es nur bei wenigen der abgefragten Situationstypen zeigt.

Das Abfrageformat des Komm!-Bogens wird im Anhang A für den Situationstyp 9 exemplarisch dargestellt.

7.3.2 Auswertung

Der Komm!-Bogen enthält mehr als 100 Verhaltensmöglichkeiten, aus denen die be-fragten Bezugspersonen auswählen sollen; dabei sind Mehrfachnennungen möglich.

Zusätzlich werden Häufigkeitsabstufungen (nie vs. ab und zu vs. häufig) verlangt. Die so ermittelten Angaben zu einzelnen Verhaltensweisen können dann zu verschiedenen Kennwerten zusammengefasst werden, die unterschiedliche Aspekte des Kommunika-tionsverhaltens widerspiegeln, sich zum Teil aber auch überschneiden. Auf Dauer wird es notwendig sein, das Spektrum an Auswertungsmöglichkeiten auf die aussage-kräftigsten Kennwerte zu reduzieren und so die Auswertung zu vereinfachen; im aktu-ellen Erprobungsstadium des Bogens ist dies jedoch noch nicht möglich.

Im Rahmen der hier vorgestellten sehr umfassenden Auswertung der Komm!-Bogen-Daten wird im ersten Schritt betrachtet, welche Situationstypen und kommunikativen Funktionen nach Einschätzung der Eltern bzw. Bezugspersonen überhaupt im Alltag des Kindes auftreten. Situationstypen, die bei dem Kind im Alltag bereits vorkommen, werden als Wunschsituationen bezeichnet. Situationstypen, die bei dem Kind vor-kommen und in denen es zudem bereits intentional kommuniziert, werden als Kommu-nikationssituationen bezeichnet. Über die Anzahl und die Funktion der bei dem Kind zu beobachtenden Kommunikationssituationen kann eine erste grobe Einschätzung der Häufigkeit und Funktion kommunikativer Interaktionen vorgenommen werden.

In einem zweiten Schritt geht es darum, die Kompetenz des Kindes im Gebrauch unter-schiedlicher präintentionaler und intentionaler kommunikativer Mittel zu quantifizieren.

Hierfür werden die Angaben der Eltern bzw. Bezugspersonen im Komm!-Bogen für jede einzelne Verhaltensmöglichkeit (z. B. Jammern/Schreien/Toben, Blickkontakt, Zeigegeste, Wort) zusammengefasst, indem die einzelnen Angaben der Eltern über alle theoretisch möglichen Situationstypen (max. 12) gemittelt werden. Die Kompetenz des Kindes im Hinblick auf ein bestimmtes Kommunikationsmittel wird somit über die Häufigkeit des Gebrauchs dieses Mittels operationalisiert. Dabei werden die Angaben der Eltern quantifiziert, indem Verhaltensweisen, die in einer Kommunikationssituation

„nie“ auftreten, mit 0 Punkten bewertet werden, Verhaltensweisen, die nach Ein-schätzung der Eltern „ab und zu“ zu beobachten sind, mit 1 Punkt, und Verhaltens-weisen, die „häufig“ auftreten, mit 2 Punkten (Situationswert). Der Punktwert für ein be-stimmtes Kommunikationsmittel ergibt sich aus den über alle theoretisch möglichen Situationstypen gemittelten Situationswerten und kann maximal 2,00 Punkte betragen.

Der folgende Kasten enthält zwei Beispiele für die Berechnung des Häufigkeitswertes für ein bestimmtes kommunikatives Mittel.

Berechnungsbeispiele für die Ermittlung von Häufigkeitswerten für ein kommunikatives Mittel:

„erfüllt sich den Wunsch autonom“ bei Anna:

Es ist bei 6 Situationstypen theoretisch möglich, sich einen Wunsch autonom zu erfüllen. Anna versucht in all diesen Situationstypen (6 Wunschsituationen) „häufig“, sich den Wunsch selbst zu erfüllen (alle Situationswerte = 2):

6 Wunschsituationen X 2 = 12

12 : 6 theoretisch mögliche Situationstypen = 2,00

„Zeigegeste“ bei Tom:

Es ist bei 10 Situationstypen theoretisch möglich, seinen Wunsch mit der Zeigegeste zu signalisieren. Bei Tom kommen 9 dieser Situationen vor (9 Wunschsituationen).

Bei einem dieser 9 Situationstypen nutzt er die Zeigegeste „nie“ (Situationswert = 0), bei 5 Typen dagegen „ab und zu“ (Situationswerte = 1) und bei 3 Typen „häufig“

(Situationswerte = 2):

1 X 0 + 5 X 1 + 3 X 2 = 11

11 : 10 theoretisch mögliche Situationstypen = 1,10

Auf dieser Grundlage können folgende Variablen bzw. Kennwerte ermittelt werden:

Anzahl der Wunschsituationen (max. 12):

Dieser Wert beschreibt die Anzahl der Situationstypen, bei denen das Kind den Wunsch, der in der Situationsbeschreibung vorgegeben ist, überhaupt schon hat (z. B. den Wunsch, dass sich jemand neben es setzen soll, oder den Wunsch, eine beendete Beschäftigung fortsetzen zu wollen). Im besten Fall hat das Kind bereits alle vorgegebenen Intentionen entwickelt, so dass alle vorge-sehenen Kommunikationsanlässe auch für das Kind relevant sind.

Anzahl der Kommunikationssituationen (max. 12):

Hier wird die Anzahl der Situationen ermittelt, in denen das Kind den vorge-gebenen Wunsch hat und diesen bereits gezielt einer anderen Person mitteilt, also intentional kommuniziert.

Häufigkeit präintentionalen Verhaltens (jeweils max. 2,00):

Für die beiden präintentionalen Verhaltensweisen „erfüllt sich den Wunsch selbst“ und „jammert, schreit oder tobt“ werden die einzelnen Situationswerte über alle grundsätzlich möglichen Situationstypen gemittelt (s. o. g. Berech-nungsbeispiel für das Kind Anna). Auf diese Weise werden zwei Häufigkeits-werte ermittelt, die die Häufigkeit des Auftretens beider präintentionaler Ver-haltensweisen widerspiegeln.

Häufigkeit intentionaler Kommunikation (max. 2,00)

Analog zu den beiden präintentionalen Verhaltensweisen wird ein weiterer Häu-figkeitswert für das Item „teilt seinen Wunsch mit“ (intentionales Handeln) er-mittelt. Hier werden die einzelnen Situationswerte über alle 12 möglichen Situa-tionstypen gemittelt. Da Mehrfachnennungen möglich sind, können präintentio-nale Verhaltensweisen und intentiopräintentio-nale Kommunikation für jeden Situationstyp auch gleichzeitig angekreuzt werden, also parallel auftreten.

Häufigkeit der verwendeten intentionalen Kommunikationsmittel (jeweils max.

2,00):

Für jedes der neun möglichen intentionalen Kommunikationsmittel wird – ana-log zum o. g. Berechnungsbeispiel für die Zeigegeste (Kind Tom) – ein sepa-rater Häufigkeitswert gebildet.

Vorsymbolische und symbolische Kommunikationsstufen (jeweils max. 2,00):

Um die Kompetenz des Kindes im Gebrauch vorsymbolischer Kommunikations-mittel zu quantifizieren, wird der Häufigkeitswert des vorsymbolischen Kommu-nikationsmittels verwendet, das das jeweilige Kind bereits am häufigsten ver-wendet (einfacher Blickkontakt, pendelnder Blick, unspezifisches Lautieren, Geben von Objekten oder Zeigegeste); dieser Wert bildet dann den Wert für die vorsymbolische Kommunikationsstufe des Kindes. Analog dazu wird der Häufig-keitswert des individuell am häufigsten vorkommenden symbolischen Kommuni-kationsmittels (symbolisches Bild, repräsentationale Geste oder Protowort/Wort) als Messwert für die symbolische Kommunikationsstufe eingesetzt.

Kommunikationsniveau: Gesamtwerte A, B und C (jeweils max. 5,00):

Um das Kommunikationsniveau eines Kindes insgesamt quantifizieren und mit den Kompetenzen anderer Kinder vergleichen zu können, werden drei unter-schiedliche Gesamtwerte ermittelt. Hierfür wird das kommunikative Verhalten der Kinder zunächst separat für jeden Situationstyp auf einer 5-stufigen Skala klassifiziert, die folgende Abstufungen vorsieht:

o Niveau 0: präintentionale Verhaltensweisen (autonomes Erfüllen von Wünschen, Jammern/Schreien/Toben)

o Niveau 1: instrumenteller Gebrauch des Erwachsenen

o Niveau 2: einfache vorsymbolische kommunikative Mittel (einfacher Blick-kontakt, pendelnder Blick, unspezifisches Lautieren)

o Niveau 3: deiktische Gesten (Geben von Objekten, Zeigegeste)

o Niveau 4: nonverbale symbolische Mittel (symbolisches Bild, repräsen-tationale Geste)

o Niveau 5: verbale symbolische Mittel (Protowort/Wort)

Für jeden Situationstyp wird auf diese Weise das am weitesten fortgeschrittene Kommunikationsmittel (das höchsten Niveau) ermittelt; wenn die Eltern für dieses „beste“ Mittel lediglich die Häufigkeit „ab und zu“ angeben, erfolgt eine Abwertung um einen halben Punkt.

Bewertungsbeispiel:

Ein Situationstyp, für den die Eltern angeben, das Kind teile sich ab und zu mit, indem es einen wortähnlichen Laut oder ein Wort benutze, wird somit dem Niveau 4,5 zugeordnet.

Für die für jeden Situationstyp ermittelten Kommunikationsniveaus werden anschließend unterschiedliche Mittelwerte berechnet und so verschiedene Gesamtwerte ermittelt:

o Gesamtwert A (Niveau in allen 12 Situationstypen):

Die für jeden Situationstyp ermittelten Niveauwerte werden aufsummiert und durch die 12 theoretisch möglichen Situationstypen dividiert – unab-hängig davon, ob diese bei dem jeweiligen Kind bereits vorkommen oder nicht. In den Gesamtwert A geht somit sowohl die Häufigkeit kommunika-tiver Initiativen insgesamt als auch das Niveau der Kommunikation in den bereits vorkommenden Situationstypen mit ein.

o Gesamtwert B (Niveau in den individuellen Wunschsituationen):

Das Kommunikationsniveau für jeden Situationstyp wird nur über die Situ-ationstypen gemittelt, die bei dem jeweilige Kind bereits vorkommen; d. h.

die einzelnen Niveauwerte werden aufsummiert und anschließend durch die Anzahl der Wunschsituationen dividiert. Gesamtwert B quantifiziert somit die Qualität des kommunikativen Verhaltens unabhängig von der Häufigkeit der kommunikativen Bemühungen.

o Gesamtwert C (Niveau in den drei „besten“ Situationen):

Es werden die drei höchsten Niveauwerte gemittelt, d. h. der Gesamtwert wird aus den drei „besten“ Werten gebildet. Gesamtwert C quantifiziert somit nicht das typische Verhalten des Kindes im Alltag, sondern sein am weitesten fortgeschrittenes Verhalten.

Jeder Gesamtwert kann höchstens 5,00 Punkte betragen. Im Rahmen der em-pirischen Erprobung dieser Gesamtwerte wird zu untersuchen sein, ob sich einer oder mehrere dieser Gesamtwerte eignen, um die erwarteten Entwick-lungsfortschritte in den kommunikativen Kompetenzen der Kinder abbilden zu können.

Kommunikationsspektrum (max. 100%):

Schließlich wird noch die Variabilität im kommunikativen Verhalten der Kinder quantifiziert, indem ermittelt wird, wie hoch der Anteil der von den Eltern ange-kreuzten intentionalen kommunikativen Mittel an den theoretisch möglichen Verhaltensweisen in den 12 abgefragten Situationstypen ist. Pro Situationstyp stehen zwischen 3 und 9 intentionale Kommunikationsmittel zur Auswahl, ins-gesamt sind es 90 Verhaltensmöglichkeiten. Ein Kind, für das die Eltern – summiert über alle 12 Situationstypen – 45 verschiedene intentional genutzte kommunikative Mittel ankreuzen, verfügt somit über ein Kommunikations-spektrum von 50% im Komm!-Bogen. Es ist anzunehmen, dass eine wach-sende Kompetenz in der intentionalen Kommunikation mit einer größeren Band-breite der zur Verfügung stehenden und genutzten kommunikativen Mittel ein-hergeht. Möglicherweise ist das Maß für diese Variabilität (das Kommunika-tionsspektrum) ein Indikator für die Komplexität der kommunikativen Akte, also der Fähigkeit, verschiedene Mittel miteinander zu koordinieren. (Die Komplexi-tät der kommunikativen Mittel lässt sich jedoch mit dem Komm!-Bogen nicht di-rekt erfassen, da nicht einzelne kommunikative Akte, sondern das übliche kom-munikative Verhalten in Typen von Situationen abgefragt werden.)

Anzahl der Kommunikationssituationen für jede kommunikative Funktion (jeweils max. 3):

Um die Kompetenzen der Kinder separat für die vier erfassten kommunikativen Funktionen betrachten zu können, wird außerdem die Anzahl der Kommunika-tionssituationen für jede kommunikative Funktion separat ermittelt. Dabei sind max. 3 Punkte (für jeden theoretisch möglichen Situationstyp) möglich.

Häufigkeit der Nutzung jeder kommunikativen Funktion (jeweils max. 2,00):

Außerdem wird die oben aufgeführte Häufigkeit intentionaler Kommunikations-bemühungen separat über die drei jeweils möglichen Situationstypen einer kommunikativen Funktion gemittelt. Auf diese Weise lässt sich für die vier Funk-tionen „einen Gegenstand oder Hilfe fordern“, „Protest“, „gemeinsame Aufmerk-samkeit wünschen“ und „soziale Interaktion wünschen“ jeweils ein eigener Häufigkeitswert ermitteln, und es kann so die Intensität der Kommunikation für unterschiedliche kommunikative Funktionen verglichen werden.

Die Auswertungsbögen zur Ermittlung dieser unterschiedlichen Kennwerte sind den Anhängen B und C zu entnehmen.

Über die Berechnung der genannten Kennwerte können jeweils unterschiedliche Aspekte des vorsprachlichen Kommunikationsverhaltens beleuchtet werden. So werden Informationen über

 die Anzahl der kommunikativen Anlässe im Alltag des Kindes (Wunsch-situationen),

 die Intensität seiner intentionalen Kommunikationsbemühungen (Anzahl der Kommunikationssituationen und Häufigkeit der intentionalen Kommunikation),

 das Niveau seiner kommunikativen Kompetenzen (Werte für die Kommunika-tionsstufen und das Kommunikationsniveau),

 die Kompetenzen im Gebrauch einzelner Mittel (separate Häufigkeitswerte für präintentionale Verhaltensweisen und intentionale kommunikative Mittel) sowie

 das Kommunikationsspektrum

extrahiert. Selbstverständlich sind die ermittelten Kennwerte nicht unabhängig vonein-ander und überschneiden sich – wie bereits erwähnt – zum Teil.