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4. Methoden der Kommunikations- und Sprachförderung bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung

4.1 Übersicht über wissenschaftlich fundierte Förderansätze

4. Methoden der Kommunikations- und Sprachförderung bei

lerntheoretischen Annahmen zum Spracherwerb basieren, orientieren sich neuere, sozial-pragmatische Ansätze in der Sprachförderung von Kindern mit ASS stärker an aktuellen entwicklungspsychologischen Theorien zum Spracherwerb bei typischen Kindern; diese Ansätze werden in Abschnitt 4.1.3 behandelt. Anschließend werden diese drei in der wissenschaftlichen Diskussion dominierenden Förderansätze - als erster Zwischenstand - in Abschnitt 4.1.4 gegenüber gestellt. Neben diesen grund-legenden Förderorientierungen sind für die Kommunikationsförderung von Kindern mit ASS auch verschiedene Formen der visuellen Unterstützung von Sprache (mit Gesten, Fotokarten etc.) entwickelt worden, die sowohl im Rahmen verhaltenstherapeutischer Interventionen als auch bei sozial-pragmatischen (und kombinierten) Förder-programmen verwendet werden und in der Autismustherapie weit verbreitet sind. Diese visuellen Methoden werden in Abschnitt 4.1.5 kurz dargestellt. Abschließend soll in Abschnitt 4.1.6 noch ein Förderprogramm vorgestellt werden, das bereits vor 40 Jahren entwickelt wurde und weltweit intensiv angewendet wird, das sog. TEACCH-Programm (Treatment and Education of Autistic and related Communication-handicapped CHildren). Der TEACCH-Ansatz lässt sich nicht ganz eindeutig klassifi-zieren: Er basiert zwar – wie die genannten verhaltenstherapeutischen Ansätze – auf lerntheoretischen Grundlagen, knüpft aber stärker an sozio-kognitive Theorien an und betont Förderprinzipien wie die Anpassung der Lernumgebung, die Visualisierung von Informationen und Entwicklungsorientierung.

Da zur Wirksamkeit verhaltenstherapeutischer Therapieansätze eine Vielzahl von Überblicksartikeln vorliegt (s. u.), wird die Studienlage hierzu nur knapp zusammenge-fasst werden. Anders verhält es sich bei Studien zur Wirksamkeit sozial-pragmatischer (und Ansätze kombinierender) Förderprogramme. Hier liegen wesentlich weniger Eva-luationsstudien vor, und viele Studien haben noch Pilotcharakter. Da diese Ansätze für die vorliegende Arbeit besonders relevant sind, sollen hierzu einige Einzelstudien vor-gestellt werden.

In Studien zur Wirksamkeit von Fördermethoden werden entweder fokussierte Inter-ventionen („focused interventions“) oder übergreifende Förderprogramme („com-prehensive treatments“) untersucht (Lord & Bishop, 2010): Fokussierte Interventionen bezeichnen eng umschriebene, spezifische Methoden oder Techniken, die verwendet werden, um ein bestimmtes Verhaltensziel innerhalb relativ kurzer Zeit zu erreichen (z. B. Training des Anreichens von Bildkarten, um den Gebrauch erster Wörter zu er-reichen). Übergreifende Förderprogramme integrieren dagegen eine Vielzahl von Me-thoden und Techniken anhand eines gemeinsamen theoretischen Bezugsrahmens und zielen parallel auf mehrere Entwicklungsbereiche und –ziele ab (z. B. Young Autism Project - UCLA YAP oder TEACCH); die Förderung von Kommunikation und Sprache stellt in diesen übergreifenden Förderprogrammen nur einen (wenn auch zentralen) Teilbereich dar. Im Folgenden werden sowohl Förderansätze und –programme präsen-tiert werden, die ausschließlich auf die Förderung von Kommunikation und Sprache ausgerichtet sind, als auch solche, in denen die Fördermaßnahmen zur Sprach-förderung Teil eines breit angelegten Förderprogramms sind, das auch auf andere

Ent-wicklungsbereiche wie z. B. die kognitive Entwicklung oder den Aufbau lebens-praktischer Fertigkeiten abzielt.

4.1.1 Klassisch-verhaltenstherapeutische Ansätze Kurzbeschreibung

Wie bereits erläutert, basieren klassisch-verhaltenstherapeutische Therapieansätze zum Aufbau von Sprache auf den lerntheoretischen Prinzipien des operanten Kondi-tionierens (Skinner, 1957). Es wird angenommen, dass Verhalten beobachtbar und messbar ist und verändert werden kann, indem die Bedingungen für das Verhalten nach bestimmten Prinzipien beeinflusst werden. Auch Sprache wird somit als beob-achtbares Verhalten betrachtet, das systematisch aufgebaut werden kann (z. B.

Michael, 1984). Hierfür werden die erwünschten (sprachlichen) Fähigkeiten in Teil-fertigkeiten (sog. Zielverhalten) zergliedert, die im Rahmen von Lerndurchgängen mit vielen Wiederholungen eingeübt werden. Jeder Lerndurchgang besteht aus einer sog.

ABC-Kette, wobei das A für „antecedents“ (vorauslaufende Bedingungen), das B für

„behavior“ (das Verhalten des Kindes) und das C für „consequences“ steht. Die Thera-peutin / der Therapeut (oder ein Elternteil) nimmt auf vorauslaufende Bedingungen und Konsequenzen gezielt Einfluss, um ein bestimmtes Verhalten (B) des Kindes möglichst wahrscheinlich zu machen, es also zu üben. Ein so aufgebauter Lerndurchgang wird auch als „discrete trial“ bezeichnet und könnte wie im folgenden Beispiel beschrieben aussehen:

Beispiel für eine ABC-Kette („discrete trial“)

A (Ausgangssituation): Das Kind sitzt am Tisch. Es liegen ein Ball, ein Kreisel und ein Legostein auf dem Tisch.

A (Prompts): Die Therapeutin lenkt die Aufmerksamkeit des Kindes mit der Zeigegeste auf den Kreisel und fragt das Kind „Was ist das?“.

B (Zielverhalten): Das Kind antwortet „Kreisel“.

C (Konsequenz): Die Therapeutin lobt das Kind mit „Super, das ist ein Kreisel!“ und gibt ihm ein Gummibärchen zur Belohnung.

Die vorauslaufenden Bedingungen umfassen auch sog. „Prompts“; dies sind Hinweis-reize und Hilfestellungen, die es dem Kind erleichtern, das gewünschte Zielverhalten zu zeigen (verbale Hinweise, Gesten, Handführung o. ä.). Wichtig ist, dass zunächst sehr intensive, oft kombinierte Prompts erforderlich sind, um ein neues Verhalten auf-zubauen; diese Prompts werden mit zunehmenden Lernfortschritten des Kindes all-mählich ausgeschlichen. Erwünschtes Verhalten wird mit positiven Konsequenzen (Be-lohnungen/Verstärker) beantwortet; wird ein unerwünschtes oder „falsches“ Verhalten gezeigt, erfolgt i. d. R. keine (positive) Konsequenz (Löschung/Extinktion). Negative Konsequenzen (Bestrafungen) werden vor allem aus ethischen Gründen kaum ver-wendet.

Bei klassisch-verhaltenstherapeutischen Ansätzen unterliegen die vorauslaufenden Bedingungen und Konsequenzen der Kontrolle des Erwachsenen. Das Lernen findet im Rahmen erwachsenenzentrierter Interaktionen statt, in denen die/der Erwachsene die Lernsituation initiiert und systematisch steuert. Die Motivation des Kindes wird ins-besondere über die Verwendung von externen Verstärkern (im Beispiel: Gummi-bärchen) aufgebaut. Insbesondere zu Beginn der Therapie findet das Lernen häufig in einer reizarmen Umgebung außerhalb von Alltagssituationen statt, um Störreize zu minimieren und Bedingungen und Konsequenzen optimal beeinflussen zu können.

Wenn das Kind das eingeübte Zielverhalten sicher beherrscht, wird systematisch daran gearbeitet, das gelernte Verhalten in den Alltag des Kindes zu übertragen (Generali-sierung). Klassisch-verhaltenstherapeutische Förderansätze werden insbesondere ge-nutzt, um Aufmerksamkeit für Instruktionen des Erwachsenen, das Befolgen von Auf-forderungen, die gezielte Imitation von Handlungen oder Äußerungen des Erwach-senen und verbale Antworten einzuüben (Überblick z. B. bei Rogers, 2006).

Zu den klassisch-verhaltenstherapeutischen Techniken, die auch in der verhaltens-therapeutischen Sprachförderung angewendet werden, gehören u. a. folgende (Über-blick z. B. bei Feineis-Matthews & Schlitt, 2009):

 Verstärkung:

Erwünschte Verhaltensweisen werden systematisch mit positiven Konse-quenzen beantwortet (Belohnung). Dies können materielle Verstärker (z. B.

Nahrung), soziale Verstärker (z. B. Lob) oder Aktivitätsverstärker (z. B. mit Effektspielzeug spielen) sein. Auch sog. Token-Systeme, bei dem das Kind mit Plastikchips, Bildkarten o. ä. belohnt wird, die es zu einem späteren Zeitpunkt für einen Verstärker eintauschen kann, zählen dazu.

 Löschung:

Fehler oder unerwünschte Verhaltensweisen erhalten keine positive Reaktion.

Es wird genau kontrolliert, dass dieses Verhalten nicht auch unbewusst vom Therapeuten oder der Therapeutin verstärkt wird.

 Hilfestellung (Prompts), fehlerfreies Lernen und Fading:

Hilfestellungen und unterstützende Hinweisreize (z. B. verbale Hinweise, gestische Hinweise, Handführung, übersichtliche Darbietung des Materials), die das Zeigen des Zielverhaltens erleichtern, werden zunächst intensiv angeboten, um falsche Antworten und unerwünschtes Verhalten möglichst unwahrschein-lich zu machen. Um zu verhindern, dass das Verhalten nur bei intensiver Hilfe-stellung gezeigt wird (hohe Prompt-Abhängigkeit), ist es wichtig, die Prompts schrittweise zu reduzieren und schließlich auszuschleichen (Fading).

 Shaping:

Hierbei werden zunächst Annäherungen an das Zielverhalten verstärkt und in kleinen Schritten allmählich höhere Anforderungen an das Zielverhalten gestellt.

So kann z. B. in einer Wunschsituation zunächst jede Lautäußerung („gaga“) verstärkt werden; allmählich werden dann nur noch Lautäußerungen verstärkt,

die eine Ähnlichkeit mit dem Zielwort aufweisen (z. B. für „Ball“, „ba“), und schließlich nur noch korrekte Wiedergaben des Zielwortes („Ball).

 Chaining (Kettenbildung):

Das Chaining wird genutzt, um komplexe Verhaltensweisen aufzubauen (z. B.

jemanden anschauen, dann mit „Hallo, kann ich mal was fragen?“ ansprechen und schließlich Frage äußern). Nachdem zunächst die Teilfertigkeiten geübt worden sind, werden die Einzelfertigkeiten schrittweise verknüpft. So wird das Kind im genannten Beispiel zunächst nur noch für das Äußern der Frage ver-stärkt, wenn es den Gesprächspartner zuvor mit einem einleitenden Satz ange-sprochen hat. Wenn diese Verknüpfung beherrscht wird, wird schließlich er-wartet, dass das Kind zunächst Blickkontakt aufnimmt, dann den einleitenden Satz spricht und schließlich seine Frage stellt.

Klassisch-verhaltenstherapeutische Therapieansätze, die manchmal auch als Traditio-nelle Applied Behavior Analysis (ABA) (z. B. Landa, 2007) bezeichnet werden, sind bei Kindern mit ASS zunächst von Lovaas und seinen Mitarbeitern (1981, 1987) in Los Angeles im Rahmen des übergreifenden Förderprogramms „Young Autism Project“

(University of California at Los Angeles Young Autism Project - UCLA YAP) entwickelt worden. Lovaas bezeichnete sein Vorgehen als „Discrete Trial Teaching“ und be-schrieb in seinem „Me Curriculum“ feste Aufgabensequenzen für verschiedene Ent-wicklungsbereiche (auch für den Bereich der Sprache), die ein schrittweises Einüben von Fähigkeiten ermöglichten. Die Lerndurchgänge wurden im häuslichen Rahmen der Kinder durchgeführt, und das Programm war hoch intensiv; i. d. R. umfasste es 40 Stunden Therapie in der Woche und dauerte mindestens 2 Jahre. Seitdem ist dieses Programm von vielen anderen Instituten in unterschiedlichen Settings (zuhause vs.

Schule, Einzelförderung vs. Gruppenförderung) angewendet und methodisch erweitert und modifiziert worden. Dabei wurde auch die Intensität des Programms variiert (Über-blick bei Reichow & Wolery, 2009). Inzwischen wird diese Form der intensiven, hoch strukturierten, autismusspezifischen Förderung nach verhaltenstherapeutischen Prin-zipien auch unter dem Begriff Early Intensive Behavioral Intervention (EIBI, Reichow &

Wolery, 2009) zusammengefasst.

Klassisch-verhaltenstherapeutische Förderprogramme

 University of California at Los Angeles Young Autism Project – UCLA YAP (Lovaas et al., 1981, 1987)

 Early Intensive Behavioral Intervention – EIBI (z. B. Magiati, Charman & Howlin, 2007)

Stärken und Schwächen

Die Effektivität klassisch-verhaltenstherapeutischer Ansätze ist auch für den Bereich der Sprachförderung gut belegt. Es existiert eine Vielzahl an Studien – sowohl zur Wirksamkeit fokussierter Interventionen als auch zu den o. g. übergreifenden Förder-programmen -, die zeigen, dass sich mit klassisch-verhaltenstherapeutischen Me-thoden bei Kindern mit ASS nicht nur einfache sprachliche Fähigkeiten (z. B.

Be-nennen von Objekten), sondern auch komplexere Fähigkeiten (z. B. Beschreibung von Bildern mit Sätzen oder Beantworten variierender Fragen) aufbauen lassen (für einen Überblick über Evaluationsstudien s. Rogers, 2006, und Goldstein 2002). Neben der hohen Effektivität zählt auch die relativ gute Erlernbarkeit dieser Methoden – auch durch nicht-professionelle Bezugspersonen – zu den Vorteilen klassisch-verhaltens-therapeutischer Ansätze.

Obwohl in den meisten Studien gute Erfolge für die jeweilige Gesamtgruppe der unter-suchten Kinder nachgewiesen werden konnten, variieren die Therapieerfolge in klassisch-verhaltenstherapeutischen Förderprogrammen jedoch stets erheblich. In vielen Evaluationsstudien wird auch von Kindern berichtet, die nur wenig von der inten-siven Förderung profitierten (z. B. Magiati et al., 2007). Sherer und Schreibman (2005) sprechen in diesem Zusammenhang auch von der „unexplained outcome variability“.

Wie noch zu zeigen sein wird, gilt dieses Problem der großen Varianz in den Therapie-erfolgen jedoch auch für Förderprogramme mit anderer Ausrichtung.

Eine weitere Schwäche klassisch-verhaltenstherapeutischer Programme besteht in der oft begrenzten Generalisierbarkeit der Lernerfolge auf den Alltag der Kinder (Rogers, 2006). Die Probleme im Transfer des gelernten Verhaltens auf natürliche Interaktionen deuten auf eine zentrale Schwäche dieses Ansatzes hin: Klassisch-verhaltensthera-peutische Methoden fördern sprachliche Fähigkeiten in einem für die Kommunikations-entwicklung eines Kindes atypischen Setting, nämlich im Rahmen erwachsenen-zentrierter Interaktionen, in denen das sprachliche Verhalten des Kindes weniger auf die Befriedigung eigener, sozialer Bedürfnisse und stärker auf das Erreichen davon un-abhängiger äußerer Verstärker ausgerichtet ist. Rogers (2006) bringt diese zentrale Schwäche des klassisch-verhaltenstherapeutischen Ansatzes auf den Punkt:

By targeting semantics, syntax, and pragmatics in adult-directed, rote-teaching drills, the main purpose of communication is bypassed, and the opportunity to associate new skills with functional, real-life settings and communicative experiences is lost. All communication, including speech, is a form of social interaction, with the main function of meeting social needs.

(Rogers, 2006, S. 146)

Neben dieser Diskrepanz zwischen der direktiven Lernsituation in klassisch-verhaltens-therapeutischen Ansätzen und dem wechselseitig orientierten sozialen Charakter von Kommunikation weist Rogers (2006) auf eine weitere Schwäche dieses Ansatzes hin:

Insbesondere bei jungen Kindern mit ASS stellten die autismustypischen sozialen Kerndefizite (mangelnde soziale Orientierung, wenig geteilte Aufmerksamkeit, man-gelnder sozialer und emotionaler Austausch) zentrale Barrieren für die Entwicklung sprachlicher Kommunikationsfähigkeiten dar. Diese sozialen Kerndefizite würden im Rahmen klassisch-verhaltenstherapeutischer Ansätze mit ihrer eher atypisch gestal-teten Interaktionsform (der Erwachsenen ergreift Initiative und gibt Instruktionen, das Kind reagiert) eher noch verstärkt als gemildert.

This pattern of low social initiative and lack of shared control of interactions is continued and further reinforced in the didactic approach to communication training, with its emphasis on an atypical level of adult directiveness and control of the interaction, paired with a quiet, attending student who responds when requested ....

(Rogers, 2006, S. 147)

Auch Vertreterinnen und Vertreter des klassisch-verhaltenstherapeutischen Ansatzes haben diese zentrale Schwäche ihres Ansatzes inzwischen erkannt und weisen auf die Notwendigkeit hin, das systematische Lernen im Rahmen erwachsenenzentrierter Übungssituationen mit stärker naturalistisch orientierten Lernsituationen zu kombi-nieren, um die spontane Anwendung des Gelernten in natürlichen Interaktionen und den Transfer auf den Alltag zu ermöglichen. Diese Überlegungen haben dazu geführt, verhaltenstherapeutische Interventionen zu entwickeln, die in natürlichen Interaktionen stattfinden. Dieser Förderansatz wird im Folgenden beschrieben.

4.1.2 Naturalistisch-verhaltenstherapeutische Ansätze Kurzbeschreibung

Im Rahmen naturalistisch-verhaltenstherapeutischer Ansätze werden die oben be-schriebenen lerntheoretischen Prinzipien von Anfang an in den natürlichen Inter-aktions- und Lebenskontexten angewendet (v. a. in alltäglichen Eltern-Kind-Inter-aktionen, im Klassenzimmer). Die Interventionen orientieren sich stark an den Inte-ressen des Kindes, und statt externer Verstärker werden häufiger „natürliche“ Ver-stärker verwendet, d. h. die positive Konsequenz steht im engen Zusammenhang mit der sozialen Aktivität oder dem Objekt, das das Kind wünscht. Die Lernsituationen sind – anders als bei klassisch-verhaltenstherapeutischen Ansätzen – stärker kindzentriert:

Lerndurchgänge beginnen i. d. R. mit einer Initiative des Kindes; die/der Erwachsene folgt dem Impuls des Kindes und beantwortet diesen mit einem Prompt, der ein fortge-schritteneres Verhalten erleichtern soll; erfolgt dieses Verhalten, wird das Kind mit dem gewünschten Objekt oder einer attraktiven Aktivität belohnt (positive Konsequenz). Das Kind ist in naturalistisch ausgerichteten verhaltenstherapeutischen Lernsituationen ein aktiver Kommunikationspartner; die Initiativen des Kindes werden positiv beantwortet und bilden den Ausgangspunkt für Anforderungen an das Kind. Das folgende Beispiel verdeutlicht eine solche naturalistisch ausgerichtete Lernsituation:

Beispiel für eine naturalistisch ausgerichtete verhaltenstherapeutische Lern-situation

A (Ausgangssituation): Das Kind entdeckt den „Kreisel“ im Regal und beginnt, vor dem Regal auf- und abzuhüpfen und zu jammern.

A (Prompts): Die Mutter reagiert auf die Initiative des Kindes, zeigt auf den Kreisel und fragt: „Was möchtest du? Puzzle oder Kreisel?“

B (Zielverhalten): Das Kind sagt „Keis“.

C (Konsequenz): Die Mutter antwortet „Ah, Kreisel, den Kreisel möchtest du.“

und gibt dem Kind den Kreisel in die Hand.

Naturalistisch-verhaltenstherapeutische Ansätze werden z. T. auch als moderne Applied Behavior Analysis (ABA) bezeichnet (z. B. bei Landa, 2007). Sie erfolgen – ebenso wie klassisch-verhaltenstherapeutische Interventionen – überwiegend im Rah-men übergreifender Förderprogramme, die im Alltag des Kindes (Elternhaus, Schule o.

ä.) und meistens zeitintensiv realisiert werden. Der folgende Kasten enthält einige Bei-spiele für naturalistisch-verhaltenstherapeutische Förderprogramme.

Naturalistisch-verhaltenstherapeutische Förderprogramme

 Incidental Teaching (z. B. McGee, Krantz & McClannahan, 1985)

 Milieu Teaching - MT (z. B. Warren & Bambara, 1989)

 Natural Language Paradigm (z. B. Koegel, Dell & Koegel,1987)

 Pivotal Response Training – PRT (z. B. Koegel, 1999)

Stärken und Schwächen

Auch für naturalistisch-verhaltenstherapeutische Ansätze liegt inzwischen eine Vielzahl an Studien vor, die die Wirksamkeit dieser Ansätze für den Aufbau sprachlicher Fähig-keiten belegt: Es konnte gezeigt werden, dass dieser Ansatz geeignet ist, um sprach-liche Fertigkeiten auch bei nonverbalen Kindern mit ASS anzubahnen, die Häufigkeit und den spontanen Gebrauch von Sprache zu verbessern und ein höheres Sprach-niveau aufzubauen (für einen Überblick s. Rogers, 2006, und Goldstein, 2002). Die Frage, ob naturalistische Ansätze generell wirksamer sind als klassisch-verhaltens-therapeutische Ansätze, ist noch nicht abschließend bewertet. Einige direkte Ver-gleiche deuten darauf hin, dass naturalistische Ansätze insbesondere im Hinblick auf die Stabilität und Generalisierung der Lernerfolge den klassisch-verhaltensthera-peutischen Ansätzen überlegen sind (Delprato, 2001). Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass manche Kinder möglicherweise besser von direktiven Lernsituationen profitieren (Ingersoll, Schreibman & Stahner, 2001).

Ein Nachteil dieses Ansatzes besteht jedoch darin, dass der Ansatz für Therapeutinnen / Therapeuten sowie weitere Bezugspersonen mehr Entscheidungsspielräume enthält, nicht zuletzt auch aufgrund der Notwendigkeit, Interventionen stark auf die Interessen und Initiativen des Kindes auszurichten. Entsprechend vermutet Rogers (2006), dass die Umsetzung dieses Ansatzes höhere Anforderungen an die Ausbildung und Qualifi-kation von Therapeutinnen / Therapeuten stellt und Eltern in der praktischen Anwen-dung dieses Ansatzes mehr Unterstützung benötigen als bei klassisch-verhaltens-therapeutischen Ansätzen.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass verhaltenstherapeutisch ausgerichtete übergreifende Frühinterventionsprogramme (sowohl mit eher klassischer als auch mit naturalistischer Ausrichtung) im Bereich der Autismustherapie zurzeit am besten eva-luiert sind. Sie sind wirksam, um bedeutsame Verbesserungen in verschiedenen Ent-wicklungsbereichen - auch im kommunikativ-sprachlichen Bereich - zu erreichen (Odom, Boyd, Hall & Hume, 2010; Reichow & Wolery, 2009; Weinmann, Schwarzbach, Begemann, Roll, Vauth, Willich et al., 2009). Es wird jedoch teilweise kritisiert, dass die Interventionsprogramme i. d. R. in universitären Forschungskontexten evaluiert worden

sind und dabei überwiegend mit Kindern aus der weißen Mittelschicht gearbeitet worden ist. Es sei dringend notwendig, die Effektivität der entwickelten Förderpro-gramme in kommunalen Versorgungskontexten und bei anderen Bevölkerungsgruppen zu evaluieren (Lord & Bishop, 2010; Lord, Wagner, Rogers, Szatmari, Aman, Charman et al., 2005; Mandell, 2010).

In Deutschland setzt sich für die verhaltenstherapeutische Arbeit mit Kindern mit ASS zunehmend der Begriff Autismusspezifische Verhaltenstherapie (AVT) durch (Bernard-Opitz, 2009). Dabei wird der Versuch unternommen, das ganze Spektrum an klas-sischen und naturalistisch ausgerichteten verhaltenstherapeutischen Methoden und Techniken zu nutzen und flexibel auf die individuelle Problematik anzuwenden. Im Ver-gleich zu den meisten in den U.S.A. entwickelten ABA-Programmen erhebt die AVT den Anspruch, neben den Verhaltensmerkmalen des zu fördernden Kindes auch die Persönlichkeit des Kindes, entwicklungspsychologische Aspekte und den sozialen Kontext mit zu berücksichtigen (Bernard-Opitz, 2009).

Allerdings ist die systematische Anwendung und Evaluation ausschließlich verhaltens-therapeutischer Interventionsmodelle in Deutschland noch selten (Weinmann et al., 2009). Auch der übliche deutsche Versorgungskontext (i. d. R. Autismustherapie im Umfang von 2 Wochenstunden in einem Autismusförderzentrum) unterscheidet sich deutlich von den Rahmenbedingungen, unter denen verhaltenstherapeutische Ansätze im anglo-amerikanischen Raum entwickelt und erprobt worden sind (hochintensiv, i. d. R. im häuslichen Kontext). Weinmann et al. (2009) schlussfolgern daher in ihrem Health Technology Assessment (HTA)-Bericht über die gesundheitliche Effektivität und Sicherheit von verhaltens- oder fertigkeitenbasierten Frühinterventionen bei autis-tischen Syndromen:

Sowohl für die klinischen als auch die gesundheitsökonomischen Studien be-steht das Problem unzureichender Verallgemeinerbarkeit der Studienergeb-nissen in den deutschen Versorgungskontext.

(Weinmann et al., 2009, S. 89).

Umso interessanter ist, dass an der Universität Frankfurt unter der Leitung von Christine Freitag derzeit erstmals ein verhaltenstherapeutisches Frühinterventionspro-gramm unter den in Deutschland üblichen Förderbedingungen erprobt wird. Diese Studie verdient daher besondere Beachtung und soll an dieser Stelle kurz skizziert werden: Bei dem sog. Frankfurter Frühinterventionsprogramm FFIP handelt es sich um ein entwicklungspsychologisch fundiertes umfassendes Förderprogramm, bei dem überwiegend klassische und naturalistische verhaltenstherapeutische Methoden zum Einsatz kommen. Die Förderung findet – wie in Deutschland meistens üblich – im Umfang von 2 Fördereinheiten in der Woche statt und wird durch professionelle Thera-peuten und Therapeutinnen durchgeführt. Im Unterschied zum regulären Versorgungs-kontext eines Autismusförderzentrums erfolgt die Förderung in einem universitären Rahmen, und es stehen jeweils zwei Therapeuten zur Verfügung, von denen der eine mit dem Kind interagiert und der andere das Kind unterstützt und promptet. Die Eltern der Kinder nehmen an den Fördersitzungen teil und werden darin angeleitet, zu-nehmend die Interventionen des interagierenden Therapeuten zu übernehmen. Ferner

wird eine enge Kooperation mit den Tagesbetreuungseinrichtungen der Kinder reali-siert. Die einzelnen Interventionsprogramme werden stark individualisiert und auf der Grundlage einer sorgfältigen Eingangsdiagnostik erstellt. Die Förderung basaler sozial-kognitiver Fähigkeiten und der nonverbalen und verbalen Kommunikation bilden dabei einen zentralen Schwerpunkt. In einer ersten Pilotstudie (Freitag, Feineis-Matthews, Valerian, Teufel & Wilker, 2012) wurde die Wirksamkeit des Programms im Rahmen eines Prätest-Posttest-Designs nach einem Jahr Therapie evaluiert, und es wurden die Entwicklungsfortschritte der Probandengruppe (N = 13) – aufgrund des Fehlens einer eigenen Kontrollgruppe – mit den Ergebnissen vergleichbarer Kontrollgruppen aus anderen Studien verglichen. Im Hinblick auf die mit dem Elternfragebogen „Vineland Adaptive Behavior Scales“ (VABS) erfassten sozialen Kompetenzen konnten ähnlich gute Entwicklungsfortschritte wie in Studien mit hoch-frequenter Verhaltenstherapie er-reicht werden. Die Kinder verbessserten sich auch in ihren kommunikativen Fähig-keiten (erfasst über die Subskala „Kommunikation“ der VBAS), allerdings waren die Effekte niedriger als bei vergleichbaren Programmen mit größerer Therapieintensität.

4.1.3 Sozial-pragmatische Ansätze Kurzbeschreibung

Sozial-pragmatische Förderansätze orientieren sich sowohl bei der Auswahl der Förderziele als auch bei den eingesetzten Methoden stark am typischen Entwicklungs-verlauf und an aktuellen Modellen der frühen Kommunikations- und Sprachentwicklung (Rogers, 2006). Für das heutige Verständnis der frühen Sprachentwicklung sind dabei Forschungsarbeiten aus den 1970er und 1980er Jahren von zentraler Bedeutung, die aufzeigen konnten, dass sich die ersten sprachlichen Fähigkeiten bei Kindern auf der Grundlage ihres vorsprachlichen sozialen Austauschs mit engen Bezugspersonen ent-wickeln (vgl. Kapitel 2). Diese „sozial-pragmatische Revolution“ im Verständnis der typischen Sprachentwicklung und das Wissen um die besonderen Schwierigkeiten autistischer Kinder im Erwerb genau dieser vorsprachlichen sozialen Fähigkeiten (vgl.

Kapitel 3) haben Einfluss auf die Weiterentwicklung von Therapiemethoden gehabt und dazu geführt, dass sozial-pragmatische Ansätze zur Kommunikations- und Sprach-förderung bei Kindern mit ASS entwickelt worden sind. Sie werden häufig auch als interaktionsorientierte, transaktionale oder entwicklungspsychologische Ansätze be-zeichnet (Landa, 2007).

Bei sozial-pragmatischen Förderansätzen richtet sich der Fokus der Sprachinter-ventionen darauf, ein breites Spektrum an sozial-kommunikativen Fähigkeiten aufzu-bauen, die genutzt werden, um einen lebendigen, wechselseitigen kommunikativen Austausch zwischen Kind und Bezugsperson zu erreichen. Ziel der Förderung ist nicht an erster Stelle der Erwerb von aktiver Sprache, sondern die Fähigkeit zur funktionalen Kommunikation über Blickkontakt und Austausch von emotionalem Ausdruck sowie über kommunikative Laute, Gesten und schließlich auch gesprochene Sprache (Rogers, 2006). Aufgabe der erwachsenen Bezugsperson ist es, die Umgebung des Kindes mit attraktiven Objekten und sozialen Aktivitäten auszustatten, die geeignet

sind, das Kind zu sozialer Interaktion zu motivieren (z. B. indem es für eine attraktive Aktivität die Hilfe des Erwachsenen benötigt). Ähnlich wie bei naturalistisch-verhaltens-therapeutischen Ansätzen erfolgt die Intervention im Rahmen von natürlichen, für das Kind bedeutsamen Interaktionen (v. a. beim gemeinsamen Spiel und in Alltags-routinen); in diesen Interaktionen folgt die/der Erwachsene den Interessen und Im-pulsen des Kindes, interpretiert das Verhalten des Kindes als Kommunikationsversuch und beantwortet diesen mit natürlichen Verstärkern (z. B. einer für das Kind inte-ressanten, möglichst sozialen Aktivität). Insofern bestehen zwischen naturalistisch-ver-haltenstherapeutischen und sozial-pragmatischen Interventionen viele Parallelen.

In folgenden Aspekten unterscheiden sich sozial-pragmatische Ansätze jedoch von verhaltenstherapeutischen Vorgehensweisen (Casenhiser, Shanker & Stieben, 2011;

Doil, 2012; Ingersoll, Meyer, Bonter & Jelinek, 2012; Rogers, 2006):

 Sozial-pragmatische Förderansätze sind weniger auf das Training von ein-zelnen kommunikativen Verhaltensweisen ausgerichtet und stärker auf den Auf-bau von Schlüsselkompetenzen, die diesen Verhaltensweisen zugrunde liegen.

So geht es beispielsweise bei der Förderung des sozialen Blickverhaltens weniger darum, das Anschauen einer Person an sich zu fördern, sondern einen absichtsvollen Gebrauch des Blickkontakts aufzubauen, der genutzt wird, um dem Gesicht des Gegenübers Informationen (z. B. über seinen Aufmerksam-keitsfokus oder seinen emotionalen Zustand) zu entnehmen.

 Im Hinblick auf die Auswahl der kommunikativen Mittel, die aufgebaut werden sollen, wird in sozial-pragmatischen Ansätzen stärker darauf fokussiert, zu-nächst vorsprachliche Kommunikationsfähigkeiten zu fördern, bevor verbale Mittel angebahnt werden. Ziel ist es, ein multimodales Kommunikationsreper-toire und vielfältige Strategien zu vermitteln, mit denen das Kind seine Inten-tionen mitteilen kann.

 Ferner greifen sozial-pragmatische Ansätze stärker auf Methoden und Tech-niken zurück, die den spontanen Gebrauch von Kommunikationsmitteln generell begünstigen (z. B. die gezielte Anwendung von Techniken aus dem Repertoire des Intuitiven Elternverhaltens), und weniger auf Techniken, mit denen einzelne kommunikative Zielverhaltensweisen direkt hervorgerufen werden können (z. B.

durch Prompting).

Folgende Förderprinzipien und Techniken werden bei sozial-pragmatischen Förder-ansätzen eingesetzt (Rogers & Dawson, 2010; Doil, 2012):

 Nutzung von Lernanlässen, die im Verlauf einer natürlichen Interaktion spontan entstehen und für das Kind bedeutsam sind

 Gestaltung emotional lebendiger und reichhaltiger Interaktionen zwischen Kind und Bezugsperson, die häufige Episoden von Turn-taking und wechselseitiger Bezugnahme ermöglichen

 Ritualisierung von Interaktionen

 Gestaltung von Kommunikationssituationen, die verschiedenen pragmatischen Funktionen dienen (Fordern, Protestieren, Hilfe wünschen, Begrüßen, Benennen, Kommentieren etc.)

 Responsives Beantworten aller emotionalen und kommunikativen Signale des Kindes

 Orientierung der sprachlichen Äußerungen am Aufmerksamkeitsfokus des Kindes und angepasster Sprachinput (Motherese)

 Sprachförderliches Beantworten von kindlichen Äußerungen (Sprachlehr-strategien)

o Handlungsbegleitendes Sprechen o Imitieren und Weiterführen

o Sätze auseinander nehmen (Breakdown) und wieder zusammen bauen (Build-up)

o Expansionen, Extensionen, strukturelle Umformungen (Recasts)

 Gewähren zusätzlicher Hilfen und Kontextinformationen (z. B. durch visuelle Hinweise wie Gebärden) in komplexen sozialen Situationen (anstatt einer Ver-einfachung oder Reduzierung dieser Situationen)

Im folgenden Kasten sind zunächst verschiedene Förderprogramme aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum aufgeführt, die sich einem entwicklungsorientierten, sozial-pragmatischen Ansatz verpflichtet fühlen. Im deutschsprachigen Raum sind sys-tematische Therapieprogramme mit sozial-pragmatischer Orientierung noch rar, ob-wohl die praktische Arbeit in den Autismustherapiezentren häufig entwicklungspsycho-logisch beeinflusst ist und oft stark interaktionsorientiert erfolgt. Hartmann (1986) ge-hört zu den wenigen deutschsprachigen Autoren, die ein sozial-pragmatisch orien-tiertes Förderprogramm veröffentlicht haben; in seinem Ansatz der Aufmerksamkeits-Interaktions-Therapie steht der Aufbau von Motivation für einen nicht-sprachlichen Dialog zwischen Kind und Bezugsperson im Vordergrund, die über verschiedene Techniken schrittweise entwickelt wird.

Sozial-pragmatisch orientierte Förderprogramme

 Aufmerksamkeits-Interaktions-Therapie - AIT (Hartmann, 1986)

 Denver Model – DM (z. B. Rogers & DiLalla, 1991)

 DIR®/Floortime™ (z. B. Weider & Greenspan, 2003; Hess, 2013)

 Focused Playtime Intervention – FPI (z. B. Siller, Hutman & Sigman, 2013)

 Focus parent training - FPT (z. B. Drew, Baird, Baron-Cohen, Cox, Slonims, Wheelwright et al., 2002)

 Hanen’s More than Words – HMTW (z. B. Sussman, 2001)

 Milton and Ethel Harris Research Initiative Treatment Program – MEHRIT (z. B.

Casenhiser et al., 2011)

 Parent mediated communication-focused treatment in children with autism - PACT (z. B. Green, Charman, McConachie, Aldred, Sloniws, Howlin et al., 2010)

 The Child’sTalk project (z. B. Aldred, Pollard & Adams, 2001)

 Training Autismus Sprache Kommunikation – TASK (Fröhlich, Noterdaeme, Jooss

& Buschmann, im Druck)

Das Setting, in dem sozial-pragmatische Ansätze zur Kommunikations- und Sprach-förderung realisiert werden, ist sehr unterschiedlich. Es reicht von Interventionen, die im Therapiezentrum stattfinden, über tägliche Förderangebote in Tagesbetreuungsein-richtungen bis hin zum Elterntraining in Elterngruppen oder individualisiert zuhause (s.

auch Rogers et al., 2006). Auch die Breite der Programme variiert: Während z. B.

DIR®/Floortime™ oder das Denver Model übergreifende Förderprogramme darstellen und somit nicht nur auf die Förderung von Sprache und Kommunikation abzielen, fokussieren andere Programme (z. B. More than words) ausschließlich auf den kommunikativ-sprachlichen Entwicklungsbereich.

Stärken und Schwächen

Die Stärke dieser Ansätze besteht darin, dass ihre theoretische Basis eine gute Über-einstimmung mit dem aktuellen Forschungsstand zur typischen Sprachentwicklung sowie zum Wissen über die Kerndefizite bei Kindern mit ASS aufweist. Allerdings liegen wesentlich weniger empirische Studien zur Wirksamkeit sozial-pragmatischer Interventionsansätze bei Kindern mit ASS als Studien zu verhaltenstherapeutischen Programmen vor; ferner sind die vorliegenden ersten Ergebnisse widersprüchlich.

Viele ältere Studien, die zur Evaluation von sozial-pragmatischen Förderprogrammen durchgeführt wurden, weisen zudem methodische Schwächen auf:

 So legten z. B. Greenspan und Wieder (1979) eine systematische Aufstellung über die langfristige Entwicklung von 200 Kindern vor, die zwei Jahre lang nach dem DIR®/Floortime™-Programm gefördert worden waren. In dieser Fallüber-sicht wird berichtet, dass immerhin 58% der untersuchten Kinder eine sehr gute Entwicklung genommen hatten, die nach einem klinischen Beurteilungsprozess als „good to outstanding outcome“ bewertet worden war. Das Erfolgsmaß einer klinischen Klassifikation in die Kategorien „good to outstanding outcome“ vs.

„medium outcome“ vs. „onging difficulties“ war jedoch sehr grob, und die Klassifikation erfolgte nicht verblindet. Auch fehlen bei Greenspan und Wieder Angaben zum genauen Interventionsprocedere sowie eine Kontrollgruppe.

 In den 1980er Jahren untersuchte eine Forschergruppe um Sally Rogers das Denver Model in verschiedenen Studien (Zusammenfassung bei Rogers, 2006).

Hier konnte z. B. für eine Gruppe 2- bis 6jähriger Kinder mit ASS, die an einem täglichen Gruppenförderprogrammen nach diesem Modell teilnahmen, nach 6 Monaten signifikante Beschleunigungen ihrer individuellen Entwicklungskurven in den Bereichen Sprache, Kognition und soziale Entwicklung nachgewiesen werden (z. B. Rogers & DiLalla, 1991; Rogers & Lewis, 1989). Allerdings gab es auch hier keine Kontrollgruppe und wurden die Follow-up-Untersuchungen nicht verblindet durchgeführt.

In jüngster Zeit sind verschiedene sozial-pragmatisch orientierte Elterntrainings-programme entwickelt und mit methodisch anspruchsvolleren Untersuchungsdesigns evaluiert worden. Diese Programme sind darauf ausgerichtet, die Fähigkeit der Eltern zu verbessern, entwicklungsförderliche und responsive kommunikative Interaktionen mit ihren Kindern aufzubauen. Den Hintergrund für diese Entwicklung bilden Studien, in denen aufgezeigt werden konnte, dass junge Kinder mit ASS, deren Eltern in der Lage waren, die eigenen sprachlichen Äußerungen responsiv am Aufmerksamkeitsfokus und an den Spielaktivitäten ihrer Kinder auszurichten (Siller & Sigman, 2002, 2008;

Perryman, Carter, Messinger, Stone, Ivanescu & Yoder, 2013), sich langfristig