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KRAFT (1999) erläuterte verschiedene Möglichkeiten zur Berechnung von Referenzwerten:

- Die Spannweite („Range“): hier werden alle gemessenen Werte mit in den Referenzbereich einbezogen. Das kann zu einem sehr großen Messbereich führen, wenn Extremwerte darunter sind, wodurch die spätere Nutzung zur Beurteilung anderer Tiere entfällt.

- Der klassische oder parametrische Referenzbereich: dieser beschreibt den Bereich zwischen dem mathematischen Mittelwert minus bis plus der doppelten Standardabweichung, also x ± 1,96s.

Bei dieser Berechnung sollte aber eine Normalverteilung der Werte vorliegen, was bei biologischen Daten meist nicht der Fall ist. Diese Kurven sind meist linkssteil, also rechtsschief verteilt. Durch Transformationen (bei Linkssteilheit logarithmieren, bei der selteneren Rechtssteilheit Nutzung der e-Funktion) kann eine annähernde Normalverteilung der Werte erzwungen werden. Im Falle der Linkssteilheit kann dies aber dazu führen, dass auf der linken Seite, im Bereich der niedrigen Werte zu viele Daten berücksichtigt und dafür auf der rechten Seite zu viele eliminiert werden (Abbildung 1). Zur Erstellung von Referenzwerten ist diese Methode daher nur bei normalverteilten Werten geeignet.

- Der nicht-parametrische Referenzbereich: dieser ist unabhängig von der Verteilung der Daten, es muss daher keine Normalverteilung zu Grunde liegen. Hierbei nutzt man nur Datenbereiche, in diesem Fall das 95 %-Perzentil-Intervall. Dazu werden die gemessenen Daten aufsteigend rangiert sowie 2,5 % der höchsten und niedrigsten Werte eliminiert, wodurch die zentralen 95 % der Werte genutzt werden. Bei normalverteilten Werten entsprechen die 95 % der Werte den gleichen Werten, die sich innerhalb der doppelten Standardabweichung befinden (Abbildung 1).

Die Rechenformel dafür lautet: (n+1) x 0,025 für die unteren und (n+1) x 0,975 für die oberen 2,5

% der Werte. Das Ergebnis gibt die Beobachtung wieder, die als 2,5 %- oder 97,5 %-Perzentil (untere und obere Grenze des Referenzbereiches) gilt. Ist das Ergebnis keine ganze Zahl, müssen die Beobachtungen davor und danach interpoliert werden. Beim einseitigen Referenzbereich, also wenn nur eine Obergrenze festgelegt wird, wie es z. B. bei den meisten Enzymen der Fall ist, werden nur die oberen 2,5 % der Werte ausgeschlossen und als Referenzwert gilt dann das 97,5

%-Perzentil.

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Abbildung 1: Grafische Darstellung von normalverteilten und linkssteil verteilten Werten

Die Streuung bei nicht-normalverteilten Daten wird in Form von Quantilen angegeben, da diese bestimmte Anteile der Messwerte enthalten und somit wiederum unabhängig von der Verteilung der Werte sind. Bestimmte Quantile sind Quartile und Perzentile, wobei z. B. Quartile den Häufigkeitsbereich in 4 Teile teilen, in denen dann 25 % der Werte liegen und Perzentile unterteilen den Bereich in 100 Teile zu je 1 % (RICHTER 2004).

Zur Erstellung von Referenzbereichen lieferten LUMBSDEN und MULLEN (1978) eine genaue Anleitung, die bei ausreichend großer Stichprobenzahl und nicht-normalverteilten Werten auch die Ermittlung durch das nicht-parametrische Verfahren favorisierte. Durch die IFCC (1983) wurde die Berechnung von Referenzwerten zu einem standardisierten Verfahren und somit international anerkannt. Hier wurden sowohl das Vorgehen mittels parametrischer als auch mittels nicht-parametrischer Berechnung vorgestellt, das nicht-parametrische aber aufgrund seiner Einfachheit und Unabhängigkeit von der Verteilungsform empfohlen. Der nicht-parametrische Referenzbereich wird auch in der Humanmedizin zur Ermittlung von Referenzbereichen genutzt (Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes 1996). Auch FARVER (1997) erklärte dieses Verfahren für attraktiv, da es sowohl bei normalverteilten, als auch bei nicht-normalverteilten Werten gleichermaßen genutzt werden kann.

Das nicht-parametrische Verfahren erfordert eine ausreichend große Stichprobenanzahl, um eine statistische Sicherheit gewährleisten zu können. Die kleinstmögliche Stichprobenanzahl n lässt sich

-2s +2s

x

95%

-2s +2s

x

95%

-2s +2s

x

-2s +2s

x

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nach der IFCC (1987a) aus der Formel 1/n < 0,025 (0,025 = 2,5 % Abzug) berechnen und beträgt demnach n = 40 (1/40 = 0,025). Allerdings werden weit mehr Stichproben empfohlen und erst ab n

= 120 ist laut HENRY und REED (1974) eine statistisch sichere Berechnung des 95 %-Perzentilintervalls möglich. Auch LUMBSDEN und MULLEN (1978) legten besonderes Augenmerk auf eine möglichst große Anzahl von Stichproben, um eine größtmögliche statistische Sicherheit zu erhalten. Auch sie gaben die minimale Stichprobenanzahl beim nicht-parametrischen Verfahren mit n = 120 an und zeigten für kleinere Stichprobengrößen andere Berechnungsmethoden auf.

Während die IFCC (1983) und andere namhafte Autoren der Referenzwertberechnung (HENRY und REED 1974, LUMBSDEN und MULLEN 1978) bei n von Probengröße und Anzahl der Beobachtungen sprechen, definiert FARVER (1997) n ausdrücklich als Anzahl der Tiere. Nach dieser Definition müsste jeder Messwert von einem anderen Individuum stammen und Mehrfachmessungen wären nicht möglich.

Eine weitere Möglichkeit zur Angabe der statistischen Sicherheit ist die Angabe von 90 % Konfidenzintervallen um die Perzentile. In diesem auch Vertrauensbereich oder Fehlergrenze genannten Bereich, liegt der gesuchte Wert dann mit 90 %-iger Wahrscheinlichkeit (LUMBSDEN 2000a). Die Größe der Vertrauensbereiche ist dabei von der jeweilgen Stichprobenzahl n abhängig (Abbildung 2). Je größer n, desto kleiner sind die Vertrauensbereiche und desto größer ist damit die statistische Sicherheit. Eine vorgefertigte Liste zur Anzahl der Werte im Vertrauensbereich in Abhängigkeit vom jeweiligen n lieferte die IFCC (1987a).

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Abbildung 2: Grafische Darstellung der Vertrauensbereiche (Konfidenzintervalle) in Abhängigkeit von der Stichprobenanzahl (nach IFCC 1983)

Strittig sind die Verfahren zur Elimination von extremen Werten, so genannten Ausreißern.

Während die IFCC (1987a) mehrere Möglichkeiten der Detektion und Elimination angibt, sprechen sich andere Autoren (PLONAIT 1980, STÄMPFLI und ITTIG 1982) gegen eine Elimination von ohne ersichtlichen Grund stark abweichenden Messwerten aus, da ohne klinische Symptome eine Krankheit nicht immer bewiesen werden kann und der Wert dann ungerechtfertigter Weise ausgeschlossen würde. Einigkeit besteht darüber, dass Werte von Ausreißern wenn möglich erneut gemessen werden sollten, um technische Fehler auszuschließen (IFCC 1987a). Auch sollte das entsprechende Referenzindividuum noch einmal auf eventuelle subklinische Erkrankungen untersucht werden. Bleibt der extreme Wert trotz allem bestehen, wird von der IFCC (1987a) empfohlen, Ein- oder Ausschluss nach bestem Wissen und Urteilskraft vorzunehmen und das Verfahren aufzuzeichnen.

Um Referenzwerte zu erstellen, muss zunächst die Verteilung der Messwerte betrachtet werden.

Dies geschieht optisch am besten mithilfe von Histogrammen. Hier werden Ausreißer und auch eine n=50

n=500 n=50 n=500

2,5 97,5

n=50 n=500 n=50 n=500

2,5 97,5

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eventuelle Normalverteilung sichtbar. Ausreißerwerte müssen überprüft, wenn möglich wiederholt und dann eventuell aus- oder eingeschlossen werden. Die Normalverteilung sollte zusätzlich mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test statistisch geprüft werden und bei Vorliegen einer solchen Verteilung kann eine Berechnung nach dem parametrischen Verfahren genutzt werden. Liegt keine Normalverteilung vor, was bei den meisten biologischen Daten der Fall ist, sollte eine Berechnung durch nicht-parametrische Verfahren genutzt werden (IFCC 1987a).