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2.8 Bedeutung von ausgewählten Blutparametern im Stoffwechsel und deren Abhängigkeit

2.8.4 Bedeutung von ausgewählten Vitaminen im Stoffwechsel und deren Abhängigkeit von

2.8.4.1 ß-Carotin und Vitamin A

Vitamin A ist natürlicherweise nur in tierischen Futtermitteln enthalten, die Wiederkäuer normalerweise nicht aufnehmen. Misch- und Mineralfuttermitteln wird es in synthetischer Form zugesetzt. Pflanzliche Futtermittel dagegen enthalten Carotinoide, die Vorstufen des Vitamins A.

Blattreiche Grünfutter sind die carotinreichsten Futtermittel und das β-Carotin hat davon die größte Wirksamkeit, da es zwei β-Ionen-Ringe enthält. Gesamtcarotingehalte im Futter von Milchkühen von über 300 mg/kg T sind keine Seltenheit, wobei der β-Carotin-Anteil bis zu 80 % betragen kann (FLACHOWSKY 1999). Der tägliche Bedarf von Vitamin A bei 40 l Milchleistung liegt bei etwa 5000 IE pro kg T. Obwohl ß-Carotin eine Vorstufe von Vitamin A ist, werden dem ß-Carotin eigene und Vitamin-A-unabhängige Effekte zugeschrieben, weshalb pro Tag > 15 mg ß-Carotin/kg T in Milchviehrationen enthalten sein sollten (GFE 2001). Carotinoide werden im Dünndarm resorbiert und dann im Blut an Chylomikronen gebunden transportiert (SCHWEIGERT 1988). Aus 250 mg ß-Carotin können 100.000 IE Vitamin A gebildet werden (GROPPEL 1996). Die Leber gilt als Speicherorgan und enthält etwa 90 % der Körperreserven (GOODMAN 1984), weshalb eine Beurteilung der Vitamin A-Versorgung mittels einer Leberbiopsie möglich ist. Ein Mangel an Vitamin A kann zu Störungen der Sehkraft, des Immunsystems, der Spermatogenese, des Knochenwachstums und der Embryonalentwicklung führen (SCHWEIGERT 2000). Bei Milchkühen werden zusätzlich Auswirkungen auf die Milch- und Reproduktionsleistung sowie die Eutergesundheit diskutiert. Während OLDHAM et al. (1991) steigende Milchmengen bei steigender Supplementierung von Vitamin A und ß-Carotin fanden, konnten MICHAL et al. (1994) dies nicht bestätigen. LEBLANC et al. (2003) konnten zeigen, dass ein Anstieg der Vitamin A-Konzentration im Blut um 100 ng/ml eine Woche vor der Kalbung das Risiko in der frühen Laktation an einer klinischen Mastitis zu erkranken um 60 % senkte. Intoxikationen sind möglich und zeigen dieselben Symptome wie ein Mangel (SCHWEIGERT 2000). Nach Angaben des NRC (1987) beträgt die maximal tolerierbare Dosis für Milchkühe 66.000 IE Vitamin A je kg T. Eine Unterversorgung mit Vitamin A bzw. β-Carotin tritt häufiger im Winter auf, da der Gehalt der Pflanzen mit zunehmendem Alter und durch Lagerung sowie Konservierung abnimmt (FLACHOWSKY 1999).

Sie wird aber auch im peripartalen Zeitraum beobachtet (LEBEDA 1986, GOSSEN 2003) und auf

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die verstärkte Einlagerung ins Kolostrum zurückgeführt. Weitere Theorien für das Absinken der Blutkonzentrationen im peripartalen Zeitraum sind die peripartale Futteraufnahmedepression und die Tatsache, dass trockenstehende Kühe weniger fettreiches Futter erhalten, weshalb die Lipoproteinkonzentration und damit die Vitaminkonzentrationen im Blut abfallen (WEISS et al.

1994). Eine Zufütterung von 200 g Fett täglich an trockenstehende Kühe zeigte nach WEISS et al.

(1994) steigende Blutkonzentrationen von ß-Carotin von etwa 50 µg/dl gegenüber einer nicht fett-supplementierten Gruppe. RAKES et al. (1985) zeigten, dass durch eine Zufütterung von ß-Carotin die Zeit von der Geburt bis zum ersten Östrus verkürzt wird. IWANSKA und STRUSINSKA (1997) stellten fest, dass die Zufütterung von 300 mg ß-Carotin pro Tag die Anzahl der Besamungen senkt. In Tabelle 14 ist eine Übersicht über verschiedene ß-Carotin-/ Vitamin A-Zulagen und daraus resultierende Blutkonzentrationen gegeben. Durch ß-Carotin-A-Zulagen (bis zu 600 mg/Tag) sind Erhöhungen der Vitamin A-Konzentration im Blut im Vergleich zur Kontrolle (ohne Zulage) festzustellen (MICHAL et al. 1994). Darüber hinaus ist die ß-Carotin-Konzentration im Blut bei ß-Carotin-Zulage höher als bei Vitamin A-Zulage (DUCKER et al. 1984, AKORDOR et al. 1986, Tabelle 14). Die Höhe der ß-Carotin-Zulage hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Vitamin A-Konzentration. Allerdings wurde die ß-Carotin-Konzentration im Blut durchaus durch die Höhe der ß-Carotin-Zulage beeinflusst (FOLMAN et al. 1987, MICHAL et al. 1994, Tabelle 14).

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Tabelle 14: Einfluss verschiedener ß-Carotin- und Vitamin A-Gehalte (mg/Tag und IE/Tag) im Futter von Kühen auf die Konzentration im Blut (µg/dl und mg/l)

Autoren Gehalte im Gesamt- Zeitdauer Blutkonzentration ß- Futter tierzahl in Tagen Car. (µg/dl)/Vit. A (mg/l) AKORDOR 300 mg ß-Carotin/Tag 56 10.-100. 100-191/- - et al. (1986) 160.000 IE Vit A/Tag Tag p. p. 80-62/- - DUCKER et 300 mg ß-Carotin/Tag 160 130 300-650 (Tag 0-130)/- - al. (1984) 60.000 IE Vit A/Tag 300-213 (Tag 0-130)/- - FOLMAN et Vit. A (69)/Vit. A(96) 98 35 Tage a. 236-106/0,32-0,40 al. (1987) ß-Car.(500)/Vit. A(96) p. bis 84 551-143/0,38-0,42 ß-Car.(500)/ß-Car.(700) Tage p. p. 555-656/0,32-0,39 vor/nach der Kalbung, (Menge in mg/Tag)

MICHAL et 0 mg ß-Carotin/Tag 56 28 Tage a. 450-240/0,46-0,42 al. (1994) 300 mg ß-Carotin/Tag p. bis 28 420-240/0,49-0,48 600 mg ß-Carotin/Tag Tage p. p. 500-430/0,49-0,52 120.000 IE Vit A/Tag 510-240/0,48-0,51 OLDHAM et 50.000 IE Vit A/Tag 82 42 Tage a. 1000-250/0,48-0,41 al. (1990) 170.000 IE Vit A/Tag p. bis 42 1000-250/0,51-0,42 50.000 IE Vit A/Tag + Tage p. p. 1000-350/0,45-0,42 300 mg ß-Carotin/Tag

2.8.4.2 Vitamin E

Der Bedarf von Milchkühen beträgt 25 mg/kg T und bei Trockenstehern wird die doppelte Menge empfohlen (GFE 2001). Vitamin E kommt in Ölsaaten, Grünfutter und Getreide in größeren Mengen vor. Durch Silierung und Trocknung kann es zu Verlusten von 20-80 % der Ausgangsmenge kommen (FLACHOWSKY 1999). Vitamin E ist ein Überbegriff über die Gruppe der Tocopherole, von denen das α–Tocopherol die höchste biologische Aktivität aufweist. Vitamin E ist ein fettlösliches Vitamin, das antioxidative Eigenschaften hat. Es wird ausschließlich von Pflanzen synthetisiert mit höchsten Konzentrationen in Pflanzenölen. Es wird im Fettgewebe gespeichert, aber auch in der Leber, der Skelettmuskulatur und im Blut abgelagert (SCHWEIGERT 2000). Es wird aus dem Dünndarm resorbiert und mittels Chylomikronen und Lipoproteinen transportiert (FLACHOWSKY et al. 1997). WEISS et al. (1994) konnten durch Zulage von 200g

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Fett täglich die Blutkonzentration an Vitamin E um etwa 0,7 mg/l steigern. Vitamin E schützt die mehrfach ungesättigten Fettsäuren der Zellmembranen, die Lipoproteine und das Depotfett vor oxidativer Schädigung durch Sauerstoffradikale, indem es sehr reaktionsträge Radikale bildet und so die Kettenreaktion der Lipidperoxidation unterbricht (FLACHOWSKY et al. 1997). Die Regeneration von Vitamin E erfolgt durch Vitamin C und die selenhaltige Glutathionperoxidase, weshalb ein Synergismus der Substanzen beim Schutz der Zelle vor Lipidperoxidation besteht (SCHWEIGERT 2000). Ein Vitamin-E-Mangel kann Encephalomalazien, Myopathien, exsudative Diathesen und Sterilität bei männlichen Individuen verursachen (SCHWEIGERT 2000). Außerdem erhöht ein Mangel an Selen und Vitamin E nach HARRISON et al. (1984) das Risiko von Mastitiden, Zysten und Gebärmutterverhaltungen bei Kühen nach der Kalbung. Nach WEISS et al.

(1997) bekamen Kühe mit Vitamin-E-Blutkonzentrationen < 3 µg/ml 9,4 Mal so häufig eine Mastitis wie Tiere mit Konzentrationen über 3 µg/ml. LEBLANC et al. (2003) fanden heraus, dass ein Anstieg der Blutkonzentration eine Woche vor der Kalbung um 1 µg/ml das Risiko der Gebärmutterverhaltung um 20 % reduzierte. CAMPBELL und MILLER (1998) konnten niedrige mittlere Plasma-Vitamin-E-Konzentrationen bei Tieren mit Retentio secundinarum finden (0,83 mg/l gegenüber gesunden Tieren mit 1,02 mg/l) und beobachteten zusätzlich, dass eine Zufütterung von 1000 IE Vitamin E pro Tag und Tier die Zeitspanne bis zum Östrus bzw. zur ersten Besamung verkürzten. Mit steigender Vitamin E Aufnahme steigt auch der Gehalt in der Milch und im Blut, was LATTEMANN et al. (2001) in zwei Versuchen demonstrieren konnten (Tabelle 15).

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Tabelle 15: Einfluss zusätzlicher Vitamin E-Gaben während der Trockenstehzeit auf den Vitamin E-Gehalt im Blutserum und in der Milch von Kühen (LATTEMANN et al. 2001)

α –Tocopherol-Konzentration (mg/l)

im Serum in der Milch Versuch

vor/nach Kalbung Kolostrum/4 Wo. p. p.

1 Kontrolle 2,90/1,12 6,64/0,84

n = 9 3g α–Toc./Tag 3,08/2,12 9,08/0,91

2 Kontrolle 3,01/2,84 6,60/1,48

n = 15 3g α–Toc./Tag 5,72/3,63 16,01/0,64

LACETERA et al. (1996) konnten durch Zufütterung von 25 IE Vitamin E pro 100 kg KGW und 5 mg Selen pro 100 kg Körpergewicht (KGW) ab drei Wochen vor der Kalbung die Kolostrummenge um 22 % steigern. Ein Mangel an Vitamin E tritt bei Rindern am häufigsten im Winter auf, wenn der Gehalt der Futtermittel infolge der Lagerung nur noch gering ist. Zusätzlich wird ein Absinken der Blutkonzentration im peripartalen Zeitraum beobachtet. CHATTERJEE et al. (2003) fanden am Tag der Kalbung Blutkonzentrationen, die 30-50 % niedriger waren als einen Monat vor der Kalbung. WEISS et al. (1997) konnten ein Absinken der Vitamin-E-Konzentration zur Kalbung verhindern, indem sie in den ersten 46 Tagen der Trockenstehzeit 1000 IE Vitamin E supplementierten, zwei Wochen vor der Kalbung auf 4000 IE erhöhten und nach der Kalbung 2000 IE zufütterten (Tabelle 16). Nach MEGLIA et al. (2004) sollen in der Mitte der Trockenstehzeit gemessene Vitamin E-Blutkonzentrationen sogar auf die zu erwartenden Konzentrationen bei der Kalbung Rückschlüsse zulassen. Demnach sinken die Serum-Vitamin-E-Konzentrationen zur Kalbung zu 90 % nicht unter den Referenzbereich, wenn die Serumkonzentrationen in der Mitte der Trockenstehzeit ≥ 5,4 mg/l betragen. Ebenfalls signifikant niedrigere Vitamin E Konzentrationen (0,42 ± 0,38 mg/l) im Blut wurden von MUDRON et al. (1999) bei Tieren mit Lebererkrankungen gefunden. Einflüsse der Fütterung auf die Vitamin E-Konzentration im Blut zeigt Tabelle 16.

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Tabelle 16: Einfluss verschiedener Vitamin E-Gehalte (IE/Tag) im Futter von Kühen auf die Konzentration im Blut (mg/l)

Autoren Vitamin E-Gehalt im Tierzahl Zeitdauer Blutkonzentration

Futter (IE/Tag) n in Tagen in mg/l

BRZEZINSKA- 0 64 42 a. p. bis 2,4-1,3

SLEBODZINSKA 1.000 Kalbung 1,8-1,9

et al. (1994)

CAMPELL & 0 144 42 a. p. bis 1,25-0,73

MILLER (1998) 1.000 Kalbung 1,25-1,15

CHATTERJEE 1.000 20 Kalb.-21 p.p. 1,5-1,9

et al. 1.000 15 a.p.-21 p.p. 2,7-2,9

(2003) 1.000 30 a.p.-21 p.p. 4,4-3,5

1.000 60 a.p.-21 p.p. 3,9-3,1

HARRISON 0 78 21 a. p. bis im Mittel 1,7

et al. (1984) 7.000 Kalbung im Mittel 2,9

WEISS et al. 100/100 66 14 a. p. 3,1-3,0

(1997) 1.000/500 bis 30 p. p. 3,1-3,1

4.000/2.000 3,1-5,3

vor/nach der Kalbung