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Bedeutung der Zivilgesellschaft

Gemeinsame Sicherheit für Europa – Inhalte, Irrwege und Institutionen

5. Bedeutung der Zivilgesellschaft

Außen- und Sicherheitspolitik ist keine ausschließliche Aufgabe von PolitikerInnen und Militärs auf nationaler und internationaler Ebene. Eine Entscheidung über mi-litärische Auslandseinsätze ist auch eine Frage der öffentlichen Debatte. Kriege ohne UNO-Mandat scheiden aus friedenspolitischen und juristischen Gründen aus. Dies

lässt jedoch nicht den Umkehrschluss zu, dass UN-mandatierte Einsätze automatisch ein besonderes Engagement in dem entsprechenden Konflikt nahe legt. Die ange-sprochene öffentliche Debatte sei hier auch als unabdingbare Voraussetzung für ei-nen UN-Militäreinsatz im Ausland genannt. Dies führt automatisch zu einer Diskus-sion über den adäquaten Auslandseinsatz per se. Das bedeutet mitunter die intensivere Auseinandersetzung mit nichtmilitärischen und präventiv wirkenden chanismen der Krisenbewältigung. Eine fruchtbare Weiterentwicklung dieser chanismen im Spannungsfeld zwischen Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Me-dien und Bevölkerung wäre eine wünschenswerte Folge (Roithner 2008: 238). Die Zusammensetzung des EU-Konvents war dabei ein denkbar schlechtes Beispiel.

Die Debatte um den Verfassungs- bzw. Lissaboner Vertrag der EU hat die frie-denspolitische Bedeutung der Zivilgesellschaft offenkundig gemacht. In Öster-reich hat keine parlamentarische Partei auf die Gefahr einer zunehmend interven-tionistischeren Sicherheitspolitik, einer Beistandsverpflichtung, auf die Gefahr von »Kerneuropa« oder die Aufrüstungsverpflichtung hingewiesen. Nur die FPÖ hat – auch wenn sie die Beistandsverpflichtung im Parteiprogramm hat – auf den Wert der Neutralität hingewiesen, um diese nationalistisch zu besetzen.

Die Zivilgesellschaft hat in vielen anderen Fragen wesentliche friedenspoliti-sche Impulse gesetzt. Man denke dabei an das Verfassungsgesetz für ein »atom-freies Österreich« (Republik Österreich 1999), die Kampagne zur Abschaffung von Anti-Personen-Minen oder den öffentlichen Druck gegen einen NATO-Bei-tritt Österreich und zum Erhalt der Neutralität (Pecha, Roithner, Walter 2002).

Was kann die Zivilgesellschaft zur Herausbildung von Institutionen und Instru-menten zur gemeinsamen Sicherheit beitragen? Neben den staatlichen Netz-werken haben sich auf europäischer Ebene auch zahlreiche Netzwerke gebildet, die auf gewaltfreiem Weg Konflikte bearbeiten bzw. Lobbyarbeit zur Entsendung von zivilen Fachkräften leisten. Das European Network for Civil Peace Services (EN.CPS) ist ein Netzwerk von NGOs, die sich für den Ausbau des Zivilen Frie-densdienstes (ZFD) als Instrument einer gewaltfreien Konfliktlösung auf nationa-ler und europäischer Ebene einsetzen. Die Mitgliedsorganisationen kommen aus den Bereichen Forschung, Training, Lobbyarbeit, Rekrutierung und Entsendung von Fachpersonal. Das European Peacebuilding Liaison Office (EPLO) – eben-falls als Plattform europäischer NGOs und think tanks organisiert – ist dafür aktiv, dass die EU sich für zivile Friedenspolitik einsetzt und sich an die selbst einge-gangenen Verpflichtungen zur Sicherung von Frieden innerhalb und außerhalb der Union hält. In Österreich setzt sich das Konsortium Ziviler Friedensdienst (ZFD) – ein Netzwerk mehrerer NGOs – für die Entsendung von FriedensdienerInnen in Krisen- und Konfliktgebiete ein.1

1 European Network for Civil Peace Services: http://www.en-cps.org, European Peacebuilding Liaison Office:

http://www.eplo.org, Nonviolent Peaceforce: http://www.nonviolentpeaceforce.org, Konsortium für Zivile Friedensdienste: http://www.zfd.at.

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